TE Bvwg Beschluss 2020/6/17 W212 2184810-1

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Veröffentlicht am 17.06.2020
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Entscheidungsdatum

17.06.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
VwGG §33
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W212 2184810-1/4E

beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Eva SINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, vertreten durch Marschall &Heinz Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulats Istanbul vom 23.08.2017:

A)

Das Verfahren wird gemäß §§ 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG als gegenstandslos eingestellt.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 15.12.2016 beim Österreichischen Generalkonsulat Istanbul (GK Istanbul) einen Antrag auf Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde die Ehefrau des Beschwerdeführers, die in Österreich asylberechtigt ist, genannt.

Mit angefochtenem Bescheid vom 23.08.2017 verweigerte das GK Istanbul die Erteilung des beantragten Visums mit Verweis auf die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des BFA.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 20.09.2017 Beschwerde erhoben.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 01.02.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt übermittelt.

Der Beschwerdeführer stellte am 26.04.2018 einen neuerlichen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005. Diesem Antrag wurde stattgegeben und dem Beschwerdeführer am 14.05.2018 ein Visum D erteilt. Er stellte am 05.06.2018 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und ihm wurde der Status des Asylberechtigten am 28.06.2018 zuerkannt.

Der Beschwerdeführer ist seit 07.06.2018 aufrecht im Bundesgebiet gemeldet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 57/2018, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren - hier: das Beschwerdeverfahren - einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichts durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich aber auch, dass eine bloß formlose Beendigung (etwa durch Einstellung mittels Aktenvermerkes) eines nach dem VwGVG vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens nicht in Betracht kommt. Handelt es sich doch bei der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht weiterzuführen, um eine Entscheidung iSd § 31 Abs. 1 VwGVG (vgl. zur Bejahung der Notwendigkeit der Fällung eines Beschlusses über die Verfahrenseinstellung auch Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, § 28 VwGVG Anm 5 und § 31 VwGVG Anm 5, sowie Schmid in Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, § 28 VwGVG Anm K 3 und § 31 VwGVG Anm K 2) [ vgl. VwGH vom 29.04.2015, Zl. Fr 2014/20/0047].

In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des Beschwerdeführers (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs, als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (Art. 132 B-VG) (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5, Vgl VwGH, 28.1.2016, Ra 2015/11/007; 31.1.208, Ra 2018/10/0022).

Auf den gegenständlichen Sachverhalt finden diese allgemeinen Erwägungen Anwendung wie folgt:

Mit Bescheid des GK Istanbul vom 23.08.2017 wurde die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die ursprüngliche Verweigerung des Visums besteht nicht mehr; dies aufgrund folgender Erwägungen:

Dem Beschwerdeführer wurde am 14.05.2018 ein Visum D zur Einbeziehung in das Familienverfahren erteilt und reiste dieser in weiterer Folge legal in das Bundesgebiet ein, wo er einen Asylantrag stellte und seit 28.06.2018 asylberechtigt ist.

Das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses ist immer dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des einzelnen keinen Unterschied macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles keinen objektiven Nutzen hat (Vgl. VwGH Ro 2016/21/0008 v. 30.06.2016). Der Beschwerdeführer konnte gegenständlich legal in das Bundesgebiet einreisen und den Status des Asylberechtigten im Familienverfahren erlangen, was mit dem gegenständlichen Antrag vom 15.12.2016 auch angestrebt worden war.

Die Beschwerde ist infolge materieller Klaglosstellung des Beschwerdeführers als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich im vorliegenden Fall auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Diese wird durch die Erläuterungen (ErlRV 2009 BlgNR XXIV. GP, 7) gestützt, wonach eine Einstellung des Verfahrens durch Beschluss zu erfolgen hat.

Schlagworte

Asylgewährung Einreisetitel Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Flüchtlingseigenschaft Gegenstandslosigkeit Klaglosstellung Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses Wegfall rechtliches Interesse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2184810.1.00

Im RIS seit

13.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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