TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/23 I416 2232064-1

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Veröffentlicht am 23.06.2020
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Entscheidungsdatum

23.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I416 2232064-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2020, Zl. XXXX kommt gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zu.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, ist seit zumindest 19.11.2019, wenn auch anfangs unter einer Aliasidentität und nur mit Nebenwohnsitz im Bundesgebiet melderechtlich erfasst.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.05.2020, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 und Z 7 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer mit einem gefälschten bosnischen Reisepass in den Schengenraum und in weiterer Folge nach Österreich eingereist sei, sich in weiterer Folge gefälschte slowenische Dokumente besorgt habe, um sich einen Arbeitsmarktzugang zu erschleichen und sich seit drei Jahren unrechtmäßig im Schengenraum/Österreich aufhalten würde. Hinsichtlich seinem Privat- und Familienleben wurde ausgeführt, dass die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin zu einem Zeitpunkt entstanden sei, in dem sein Aufenthalt in Österreich weder erlaubt noch gesichert gewesen sei und sei auch der Umstand betreffend seine Vaterschaft in keinster Weise durch Dokumente nachgewiesen worden. Es könne sohin weder von einer beruflichen noch sozialen Verankerung im Bundesgebiet ausgegangen werden. Zur Begründung für die Erlassung des Einreiseverbotes wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass er sich bereits drei Jahre unrechtmäßig im Schengenraum aufhalten würde und sei der Umstand, dass er bis zu seiner Festnahme unentdeckt geblieben wäre, auf seine kriminelle Energie zurückzuführen, da er sich mehrmals (2x) gefälschte Dokumente besorgt hätte, um sich unerkannt im Schengenraum aufzuhalten bzw. sich unerlaubterweise einen Arbeitsmarktzugang beschaffen zu können. Zudem sei er dringend verdächtig, Suchmittel besessen zu haben und nicht in der Lage die Mittel für seinen Lebensunterhalt nachzuweisen, wodurch eine Gefahr für die öffentliche Unsicherheit aufgrund seines Verhaltens eindeutig gegeben sei.

Mit Schriftsatz vom 19.05.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine gewillkürte Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren grob mangelhaft sei, da diese ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Erforschung des maßgebenden Sachverhalts nicht nachgekommen sei. Dazu wurde insbesondere ausgeführt, dass die Rückkehrentscheidung im Hinblick auf das geschützte Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers unzulässig sei, da die Ausübung des für das Kind des Beschwerdeführers notwendigen Kontaktrechtes im Falle einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien nicht mehr möglich wäre, zudem habe die belangte Behörde keine näheren Ermittlungen zur Frage, welche konkreten Auswirkungen eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Bosnien in Bezug auf das Kindeswohl seines Sohnes haben würde getätigt. Darüberhinaus habe die belangte Behörde keine hinreichenden Nachforschungen zu seinem Privat- und Familienleben geführt und habe auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers nicht befragt, weshalb beantragt werde, die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers zeugenschaftlich einzuvernehmen. Hinsichtlich des Einreiseverbotes wurde weiters ausgeführt, dass die belangte Behörde verkennen würde, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sei und dass ihn seine Lebensgefährtin bei der Finanzierung seines Lebensunterhaltes unterstützen würde. Zudem habe die belangte Behörde keine individuelle Gefährdungsprognose durchgeführt, sondern würde sich in ihrer Begründung auf allgemeine Ausführungen betreffend dem öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und an der Verhinderung von Suchtmittelkriminalität beschränken, weshalb sich auch die Erlassung eines Einreiseverbotes als rechtswidrig erweisen würde. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und feststellen, dass die gemäß § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und die Voraussetzung für die Einteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) gemäß § 55 Asylgesetz vorliegenden, in eventu der Beschwerde stattgeben und den Bescheid ersatzlos beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbots verkürzen, in eventu den Bescheid im angefochtenen Umfang beheben und zur Verfahrensergänzung an Behörde erster Instanz zurückverweisen.

Bescheid, Verfahrensanordnung und Beschwerde wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 18.06.2020 vorgelegt.

Feststellungen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina. Der Beschwerdeführer ist seit 06.05.2020 unter seiner Identität XXXX , geb. am XXXX 1996 im Bundesgebiet melderechtlich erfasst.

Der Beschwerdeführer war unter seiner Aliasidentität XXXX , geb. am XXXX 1992, Staatsangehörigkeit Slowenien vom 15.11.2019 bis 14.05.2020 mit Nebenwohnsitz im Bundesgebiet melderechtlich erfasst. Die Lebensgefährtin, eine österreichische Staatsangehörige, ist an dieser Adresse seit 13.01.2020 mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Weitere Feststellungen können nicht getroffen werden.

Der von der belangten Behörde vorgelegte Verfahrensakt ist einer gerichtlichen Nachkontrolle nicht zugänglich.

Der Beschwerdeführer befindet sich derzeit im Polizeianhaltezentrum XXXX . Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten.

Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, sowie den seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Auszügen aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Zentralen Melderegister und dem Strafregister, insbesondere auch hinsichtlich seiner Aliasidentitäten. Ergänzend dazu wurden noch ZMR-Auszüge der Lebensgefährtin und des Kindes eingeholt, sowie eine AJ-Web Auskunft und eine Strafregisterauskunft der Lebensgefährtin.

Dass der vorgelegte Akt der belangten Behörde einer gerichtlichen Nachkontrolle nicht zugänglich ist, ergibt sich aus der Tatsache, dass der vorgelegte Akt lediglich aus Bescheid, Verfahrensanordnung und Beschwerde besteht und die seitens der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und damit verbunden die Beweiswürdigung, mangels nicht vorgelegter Unterlagen, nicht überprüfbar sind.

Rechtliche Beurteilung:

Einer Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und Z 2 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Hinsichtlich der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde normiert § 18 Abs. 5 BFA – VG: Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Es steht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes derzeit keine Aktenlage zur Verfügung, um dies zu beurteilen. Insbesondere fehlen im vorgelegten Akt sämtliche, von der belangten Behörde für die Feststellungen herangezogenen Beweismittel, dahingehend kann auch deren taxative Aufzählung im vorgelegten Bescheid nicht ändern. Zudem wird aufgrund der seitens der belangten Behörde außer Acht gelassenen Tatsache, dass im Zuge einer vorzunehmenden Interessenabwägung, auch das Kindeswohl zu berücksichtigen ist, die zeugenschaftliche Einvernahme der Lebensgefährtin und Kindesmutter erforderlich sein. Weshalb die belangte Behörde dies unterlassen hat, obwohl diese für die belangte Behörde zweifelsfrei greifbar gewesen wäre (siehe ZMR) und sich hinsichtlich der Beziehung Vater und Sohn letztlich nur auf die niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers stützt, ist für den erkennenden Richter nicht nachvollziehbar. Es wird daher im weiteren Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erst nach Vorlage des vollständigen Behördenaktes und Einvernahme der beantragten Zeugin, sowie allfälliger neuerlicher Einvernahme des Beschwerdeführers eine inhaltliche Beurteilung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes möglich sein. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die besondere Bedeutung der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hinzuweisen (siehe dazu etwa VwGH, 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 12, mwN). Da sohin weder der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt von der belangten Behörde abschließend erhoben wurde, noch der für die gerichtliche Nachkontrolle erforderliche Verfahrensakt der belangten Behörde übermittelt wurde und die aufgezählten Ermittlungsschritte innerhalb der normierten Frist (eine Woche ab Vorlage der Beschwerde) nicht durchführbar sind, war der Beschwerde die auf aufschiebende Wirkung zu zuerkennen.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Einreiseverbot illegale Beschäftigung Interessenabwägung Kindeswohl Mittellosigkeit Privat- und Familienleben private Interessen Provisorialverfahren Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I416.2232064.1.01

Im RIS seit

13.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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