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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §68 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/08/0524Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache des M in S, gegen die Kärntner Landesregierung (Amt der Kärntner Landesregierung) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, gelegen in der Nichterledigung von Einsprüchen gegen die Bescheide der Kärntner Gebietskrankenkasse vom 14. August 1996, Zl. 2 MVBW 01/96, und vom 19. November 1996, Zl. 2 MVBW 20/1996, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, er habe gegen die Bescheide der Kärntner Gebietskrankenkasse vom 14. August und 19. November 1996 jeweils betreffend Pflichtversicherung in der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG fristgerecht jeweils einen Einspruch erhoben. Mit Schreiben vom 19. März 1997 habe er beim Landesamtsdirektor des Amtes der Kärntner Landesregierung "Beschwerde wegen nicht fristgerechter Bearbeitung (seiner) Einsprüche" erhoben. Da seine Einsprüche noch immer nicht erledigt seien, erhebe er nunmehr (vor dem Verwaltungsgerichtshof) Beschwerde wegen nicht fristgerechter Erledigung seiner Einsprüche "durch die Kärntner Landesregierung".
Die Beschwerde erweist sich aus folgenden Erwägungen als unzulässig:
Nach Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.
Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der Unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Die Säumnisbeschwerde kann nicht wegen Säumigkeit irgendeiner zu einer Sachentscheidung berufenen Behörde jeder beliebigen Organisationsstufe ergriffen werden, sondern nur wegen der Säumnis der obersten Instanz, die der Beschwerdeführer anzurufen rechtlich in der Lage war. Es muß also die Behörde, die nach dem organisatorischen Aufbau der Verwaltung an höchster Stufe steht und von der Partei noch angerufen werden kann, durch mehr als sechs Monate untätig gewesen sein (vgl. z.B. den Beschluß vom 3. April 1950, Zl. 1621/49) "Sachlich in Betracht kommende Oberbehörde" ist in jedem Fall die Berufungsbehörde, darüber hinaus auch jede sonstige Behörde, die - bei Ausschluß eines ordentlichen Rechtsmittels - durch Ausübung des Weisungs- oder Aufsichtsrechts den Inhalt der unterbliebenen Entscheidung hätte bestimmen können. Ob eine Behörde "Oberbehörde" ist, richtet sich nur nach der Rechtslage, die in bezug auf das konkret gestellte und unerledigt gebliebene Sachbegehren gegeben ist. Unerheblich ist hingegen, ob die "Oberbehörde" im Organisationsaufbau der Behörde zu der zunächst säumig gewordenen Behörde - allgemein gesehen - in einem Verhältnis eines vorgesetzten zum nachgeordneten Organ steht (vgl. dazu etwa den Beschluß vom 13. September 1983, VwSlg. 11131/A).
Aufgrund der wiedergegebenen Rechtslage ist davon auszugehen, daß eine Säumnisbeschwerde nach Art. 132 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof erst erhoben werden könnte, wenn vom Beschwerdeführer der zuständige Bundesminister angerufen worden wäre und nicht binnen sechs Monaten entschieden hätte. Diese Voraussetzung ist nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers allerdings nicht gegeben. Es kann daher auf sich beruhen, ob die vorliegende Beschwerde auch deshalb zurückzuweisen wäre, weil der Beschwerdeführer die Landesregierung (anstelle des Landeshauptmannes) als säumige Behörde bezeichnet hat.
Die vorliegende Säumnisbeschwerde mußte daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückgewiesen werden. Eine Entscheidung über die beantragte Verfahrenshilfe war dabei entbehrlich.
Schlagworte
Anrufung der obersten Behörde Organisationsrecht Instanzenzug VwRallg5/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997080523.X00Im RIS seit
11.07.2001