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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des W M, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 70/2/1.1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Februar 2020, I422 2174502-1/16E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist ein irakischer Staatsangehöriger, der zuletzt in Bagdad wohnhaft war. Er studierte am dortigen Al-Ma’amoun University College Informatik und schloss dieses Studium am 23. Juni 2015 ab.
2 Er stellte am 13. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er im Wesentlichen aus, er habe an der Universität an einer Diskussion über die irakische Armee und deren Leistung teilgenommen. In der Folge seien der Revisionswerber und seine Freunde deshalb von „Uni-Kollegen“ mit dem Tod bedroht worden. Sie hätten ein Kuvert mit einem Drohbrief, einem Foto und einer Patrone erhalten. Als der Revisionswerber am 12. Juli 2015 sein Abschlusszeugnis von der Universität habe abholen wollen, sei er gemeinsam mit einem Freund entführt worden. Schlussendlich sei er der Polizei übergeben und inhaftiert worden. Da es ihm in der Haft sehr schlecht gegangen sei, habe ihn die Polizei in ein Krankenhaus gebracht und freigelassen. Sein Onkel und seine Mutter hätten ihn dann abgeholt. Anschließend sei er noch ein paar Tage in der Wohnung in der Nähe der Universität geblieben und sodann ausgereist.
3 Mit Bescheid vom 5. Oktober 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und setzte eine vierzehntägige Frist ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für seine freiwillige Ausreise fest.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.
5 Das BVwG stellte zu den Fluchtmotiven insbesondere fest, der Revisionswerber sei nicht durch einen Brief bedroht und auch nicht entführt worden, sondern habe seinen Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Motiven verlassen. Beweiswürdigend legte das BVwG detailreich dar, dass der Revisionswerber die behaupteten Vorfälle vor dem BFA einerseits und während der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG andererseits nicht gleichbleibend geschildert hatte. Außerdem wies das BVwG auf zahlreiche einzelne Unplausibilitäten hin und schloss daraus insgesamt, dass die behauptete Verfolgung nicht glaubhaft sei.
6 Was die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz betrifft, handle es sich beim Revisionswerber um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann, der über eine mehrjährige Schul- und Hochschulbildung verfüge. Es sei daher davon auszugehen, dass er dazu in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt auch im Irak sicherzustellen. Darüber hinaus lebten nach wie vor Verwandte des Revisionswerbers im Irak und stehe er (zumindest) mit seinem Bruder sowie seiner Mutter in Kontakt. Ganz allgemein bestehe im Irak derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinn des Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
7 Zur Rückkehrentscheidung nahm das BVwG eine näher begründete Abwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK vor.
8 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in deren Zulässigkeitsbegründung lediglich vorgebracht wird, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf das Vorliegen einer Bedrohungssituation für den Revisionswerber im Irak. Das BVwG habe aufgrund eines mangelhaft durchgeführten Verfahrens verkannt, dass dem Revisionswerber bei einer allfälligen Rückkehr in den Irak eine individuelle Verfolgung drohen würde, die er auch explizit in der Einvernahme vorgebracht habe. Er sei von gezielten Verfolgungshandlungen betroffen gewesen, habe konkrete Drohungen gegen sein Leben von einer bewaffneten Miliz erhalten und könne keinen Schutz seitens der irakischen Behörden erwarten.
9 Damit wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzung nicht (vgl. VwGH 28.5.2020, Ra 2020/18/0161, mwN).
14 Die Zulässigkeitsbegründung der Revision entfernt sich begründungslos von den - auf eine vertretbare Beweiswürdigung gestützte - Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses, wonach das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers nicht glaubhaft sei. Welche Verfahrensmängel dem BVwG vorzuwerfen wären, legt sie nicht einmal ansatzweise dar.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180342.L00Im RIS seit
02.11.2020Zuletzt aktualisiert am
02.11.2020