TE Vwgh Beschluss 2020/9/7 Ra 2020/18/0321

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Veröffentlicht am 07.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des H I, geboren am 19. September 1981, vertreten durch Rast & Musliu, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2020, W195 2209654-1/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, stellte am 13. Jänner 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, in Zusammenhang mit seiner seit dem Jahr 2013 bestehenden Mitgliedschaft zur oppositionellen Bangladesh Nationalist Party (BNP) lägen zwei (offenbar politisch motivierte) Anzeigen aus den Jahren 2013 und 2018 gegen ihn vor. Der Anzeiger, der durch viele falsche Anzeigen das Leben seiner Mitmenschen erschwere, sei Mitglied der regierenden Awami League (AL). Deshalb befürchte der Revisionswerber, im Falle seiner Rückkehr inhaftiert und gefoltert zu werden.

2        Mit Bescheid vom 9. Oktober 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei, und legte eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Beweiswürdigend führte es - soweit gegenständlich von Relevanz - aus, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubhaft. In einer Gesamtschau seiner Ausführungen habe er letztlich den Eindruck vermittelt, eine individuelle Verfolgungsgefährdung seiner Person auf Grundlage des in Bangladesch vorherrschenden Spannungsverhältnisses der beiden großen Parteien BNP und AL konstruieren zu wollen. Diese Beurteilung habe alleine auf Grund der vom Revisionswerber vor dem BFA bzw. dem BVwG getätigten - wenig substantiierten und teilweise widersprüchlichen bzw. nicht plausiblen - Angaben im Rahmen der freien Beweiswürdigung vorgenommen werden können. Von einer näheren Verifizierung der von ihm vorgelegten und übersetzten Unterlagen (insbesondere der Anzeigen) bzw. von Vor-Ort-Recherchen habe daher Abstand genommen werden können.

5        In rechtlicher Hinsicht gelangte das BVwG zum Ergebnis, es lägen keine Umstände vor, denen zu Folge es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Revisionswerber in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre. Aus diesem Grund sei die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten durch das BFA nicht zu beanstanden.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7        In deren Zulässigkeitsbegründung wird vorgebracht, das BVwG habe dem Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich seiner politischen Tätigkeit und der gegen ihn laufenden politisch motivierten Anzeigen in keiner Weise Beachtung geschenkt. Das Vorbringen des Revisionswerbers sei im Allgemeinen durchgehend gleich geblieben und habe es sich dabei um eine detaillierte und ausführliche Beschreibung sowohl seiner Tätigkeit bei der BNP als auch des gegen ihn laufenden Strafverfahrens gehandelt. Dem BVwG sei es zuzumuten, mit Recherchen vor Ort durch einen Vertrauensanwalt sowohl die ehemalige politische Funktion des Revisionswerbers als auch die gegen ihn gerichteten Anzeigen auf ihre Authentizität zu überprüfen. Das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Unzulässigkeit einer antizipierenden Beweiswürdigung ab.

8        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

9        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       Der Revisionswerber wendet sich gegen die Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses zu seinem Fluchtvorbringen.

13       In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nach der ständigen hg. Rechtsprechung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. jüngst VwGH 16.7.2020, Ra 2020/18/0085, mwN).

14       Dem BVwG kann ein solcher Fehler nicht vorgeworfen werden, weil es in seiner Beweiswürdigung schlüssig dargelegt hat, weshalb es das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers für nicht glaubhaft erachtet. Den diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts wird in der Revision nicht entgegengetreten, sondern nur pauschal gegenteilig behauptet, der Revisionswerber habe sein Fluchtvorbringen im Verfahren gleichbleibend, detailliert und ausführlich geschildert. Eine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird damit fallbezogen nicht konkret aufgezeigt.

15       Soweit die Revision geltend macht, das BVwG hätte (amtswegige) Ermittlungen im Herkunftsstaat anstellen müssen, zeigt sie nicht auf, dass diese fallbezogen „erforderlich" im Sinne des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsyIG 2005 gewesen wären (vgl. dazu VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100, 0101, Rn. 11).

16       In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 7. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180321.L00

Im RIS seit

02.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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