TE Vwgh Beschluss 2020/9/10 Ra 2020/18/0301

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Veröffentlicht am 10.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Dr. Sutter und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des E Y, vertreten durch MMag. Simon Herzog, Rechtsanwalt in 5700 Zell am See, Strubergasse 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2020, W260 2179744-1/18E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans aus der Provinz Faryab, stellte am 16. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er zusammengefasst damit begründete, dass in seinem Herkunftsstaat Krieg herrsche und er entweder für oder gegen die Taliban kämpfen müsse. Zudem drohe ihm, Opfer des „bacha-bazi“-Missbrauchs zu werden.

2        Mit Bescheid vom 23. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4        Begründend erwog das BVwG zusammengefasst, es sei dem Revisionswerber nicht gelungen, eine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen. Weder der Revisionswerber selbst noch seine Familie seien in Afghanistan je von den Taliban aufgesucht und bedroht worden. Auch sei der Revisionswerber nie aufgefordert worden, mit den Taliban zusammenzuarbeiten. Zudem drohe ihm auch keine Gefährdung durch die Praxis des „bacha-bazi“-Missbrauchs in Afghanistan. Zur Nichtgewährung subsidiären Schutzes hielt das BVwG fest, dass dem Revisionswerber eine Rückkehr in seine Herkunftsprovinz aufgrund der volatilen Sicherheitslage nicht möglich sei, ihm jedoch eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in Mazar-e Sharif zur Verfügung stehe. Aus näher genannten Gründen sei dem Revisionswerber auch kein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 zu gewähren. Die Rückkehrentscheidung begründete das BVwG damit, dass die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen würden.

5        Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach den Äußerungen des UNHCR bei der Prüfung, ob dem Revisionswerber Asyl oder subsidiärer Schutz zu gewähren sei, besondere Bedeutung zukomme. Nach den einschlägigen Richtlinien des UNHCR - wie auch nach einem aktuellen Bericht von EASO - drohe Personen, die sich der Rekrutierung durch die Taliban widersetzen würden, Verfolgung. Sowohl in seiner Einvernahme vor dem BFA als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG habe der Revisionswerber ausgeführt, dass er Angst vor den Taliban habe und ihm sein Vater nicht erlaubt habe, sich alleine auf die Straße zu begeben. Zudem sei das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es nicht geprüft habe, ob dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 zu erteilen gewesen wäre.

6        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

9        Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

10       Soweit zur Zulässigkeit der Revision die unterbliebene Berücksichtigung der UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 sowie der EASO Country Guidance Notes Afghanistan von Juni 2019 zur Gefährdung von jungen Männern, die sich einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban widersetzten, vorgebracht wird, entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt. Aus diesem ergibt sich, dass der Revisionswerber keinen Kontakt mit den Taliban gehabt habe und auch nie von diesen aufgefordert worden sei, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Diesen Feststellungen des BVwG hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Der festgestellte Sachverhalt stellt jedoch den Ausgangspunkt der Prüfung dar, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, weshalb die Revision mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG darzulegen vermag (vgl. VwGH 21.2.2020, Ra 2020/18/0003, mwN).

11       Auch das weitere pauschale Vorbringen der Revision, das BVwG habe nicht überprüft, ob ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach dem 7. Hauptstück des AsylG 2005 zu erteilen gewesen wäre, ist nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG darzutun. Abgesehen davon, dass das BVwG die Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 und die Erlassung der Rückkehrentscheidung näher begründet hat, präzisiert die Revision mit keinem Wort, welcher Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen ihrer Ansicht nach im gegenständlichen Fall aus welchen Gründen erteilt werden hätte müssen (vgl. in diesem Sinne bereits VwGH 8.10.2019, Ra 2019/18/0399).

12       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 10. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180301.L00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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