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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des K A, vertreten durch Dr. Klaus Schimik, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Anastasius Grün-Gasse 23/5, gegen das am 13. Dezember 2019 mündlich verkündete und am 4. Februar 2020 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, L521 2204236-1/15E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger sunnitischen Glaubens aus Bagdad, stellte am 15. Oktober 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte zusammengefasst vor, in seinem Herkunftsstaat von der schiitischen Miliz Kata’ib Hizbullah verfolgt worden zu sein, da er sunnitische Vertriebene in Bagdad mit Hilfsgütern versorgt habe. Er habe deshalb einen Drohbrief erhalten und den Irak verlassen müssen.
2 Mit Bescheid vom 1. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Irak fest und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Revisionswerber wie behauptet von der schiitischen Kata’ib Hizbullah-Miliz bedroht worden sei oder im Fall einer Rückkehr in seine Herkunftsregion Bagdad einer individuellen Gefährdung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt sei. Aufgrund näher genannter Widersprüche sowie Unplausibilitäten sei das Vorbringen in sich nicht schlüssig und daher nicht glaubhaft gewesen. Zur Nichtgewährung subsidiären Schutzes erwog das BVwG, dem jungen und gesunden Revisionswerber, der über eine grundlegende Schulbildung, eine Berufsausbildung und familiäre Anknüpfungspunkte in Bagdad verfüge, drohe im Falle einer Rückkehr nach Bagdad keine Art. 2 oder 3 EMRK widersprechende Behandlung. Im Rahmen der Rückkehrentscheidung führte das BVwG eine näher begründete Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG durch und kam zu dem Ergebnis, dass die individuellen Interessen des Revisionswerbers nicht so ausgeprägt seien, dass sie das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung überwögen.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, die nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2020, E 625/2020-9, dem Verwaltungsgerichtshof unter einem zur Entscheidung abgetreten wurde.
6 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, die Rechtsprechung zu § 8 AsylG 2005 sei uneinheitlich. Zudem beanstandet die Revision - als Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die vom BVwG im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung durchgeführte Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK.
7 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Soweit die Revision vorbringt, die Rechtsprechung zu § 8 AsylG 2005 sei uneinheitlich, wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, weil die Revision in der Folge lediglich auf eine vermeintliche Abweichung zwischen einer genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes einerseits und einer solchen des BVwG andererseits hinweist, nicht aber - wie dies der entsprechende Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG verlangt - auf uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
12 Was die Beanstandung der Rückkehrentscheidung betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie, wie vorliegend der Fall, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt ist und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 22.7.2020, Ra 2020/18/0090, mwN).
13 Im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigte das BVwG die etwas über vier Jahre andauernde Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers, seine in Österreich gewonnene Berufserfahrung, seine fortgeschrittenen Kenntnisse der deutschen Sprache sowie sozialen Kontakte und stellte diese privaten Interessen den öffentlichen Interessen gegenüber. Dabei kam das BVwG zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und der Einhaltung der aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen gegenüber den - durch den unsicheren Aufenthaltsstatus des Revisionswerbers relativierten - persönlichen Interessen des Revisionswerbers überwiege. Dass diese Interessenabwägung unvertretbar wäre, zeigt die Revision nicht auf.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180347.L00Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020