Entscheidungsdatum
21.08.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
L504 2214942-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .1990, StA. Türkei, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 68 Abs 1 AVG idgF iVm §§3, 8 AsylG idgF (Spruchpunkt I. u. II.) als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich der Spruchpunkte III. - VI. wird der Beschwerde stattgegeben und werden diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
1. Antrag auf internationalen Schutz:
Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte nach Einreise auf Grund eines am 16.02.2015 von der deutschen Botschaft in Ankara ausgestellten Visum C am 24.02.2015 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu den Gründen der Ausreise befragt, führte die bP aus, am 08.07.2009 in Istanbul eine Person in Notwehr getötet zu haben. Diese Person habe damals einen Freund von ihm vergewaltigen wollen. Aufgrund einer gerichtlichen Anordnung sei sie nach sieben Monaten und zehn Tagen freigelassen worden. Anschließend habe sie ihren fünfzehnmonatigen Wehrdienst bei der türkischen Armee abgeleistet. Danach hätten die Angehörigen des Getöteten begonnen, die bP mit dem Umbringen zu bedrohen. Aus Angst vor Blutrache habe sie eineinhalb Jahre im Irak, eineinhalb Monate in Zypern und zum Schluss etwa zwanzig Tage in Bulgarien untertauchen müssen, weil die Familie des Getöteten einer mächtigen Sippe angehöre. Während ihrer Untersuchungshaft habe ihr Vater eine Anzeige bei der türkischen Staatsanwaltschaft erstattet. Es sei ihnen mitgeteilt worden, dass man die bP erst beschützen könne, nachdem etwas passiert sei. Auch ihre Familie habe während ihrer Haft aus Istanbul nach XXXX ziehen müssen, um zur Ruhe zu kommen. Bei einer Rückkehr in die Türkei sei ihr Leben in Gefahr.
Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2015 wurde der Antrag der bP auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Bunderepublik Deutschland gemäß Artikel 12 Absatz 2 Dublin III-Verordnung für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Absatz 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Absatz 2 FPG eine Abschiebung in die Bunderepublik Deutschland zulässig sei (Spruchpunkt II.). Die Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2016 gemäß § 22 Absatz 12 AsylG 2005 als verspätet zurückgewiesen. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 22.09.2016 wurde die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.01.2016 aufgehoben, weil der Beschwerdeführer durch diese Entscheidung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde.
Im fortgesetzten Verfahren wurde sodann mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.11.2016 der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.10.2015 gemäß § 21 Absatz 3 BFA-VG stattgegeben, der Asylantrag zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
Nach Zulassung des Verfahrens am 28.12.2016 wurde der Beschwerdeführer am 01.06.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, im Beisein eines geeigneten Dolmetschers und der rechtsfreundlichen Vertretung in türkischer Sprache niederschriftlich von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter einvernommen.
Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Z 13 AsylG 2005 wurde sein Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei ebenso abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Absatz 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte IV. und V.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
Am 25.05.2018 wurde nach Beschwerdeerhebung vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Beschwerdeführers und einer Vertrauensperson sowie eines Dolmetschers für die türkische Sprache durchgeführt. Im Verlauf dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer einerseits Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen sowie die aktuelle Lageentwicklung in der Türkei anhand aktueller länderkundlicher Berichte erörtert, welche dem Beschwerdeführer bereits zuvor mit Schreiben vom 15.05.2018 zur Stellungnahme übermittelt wurden. Ferner wurde seitens des erkennenden Richters eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage von Christen in der Türkei vom 26.01.2018 verlesen, als Beilage zur Verhandlungsschrift genommen und dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, hiezu eine Stellungnahme abzugeben. Schließlich wurden eine Gewerbeanmeldung vom 01.12.2017, ein Leihwagenvertrag, eine XXXX -Vereinbarung vom 29.11.2017 und eine von der Erzdiözese der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in der Schweiz und Österreich ausgestellte Taufurkunde vorgelegt.
Das BVwG hat im Folgenden die Beschwerde in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen.
Das BVwG traf dabei nachfolgende Feststellungen:
"2.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch angegebenen Namen, ist Staatsangehöriger der Türkei, gehört der ethno-religiösen Gruppe der Assyrer an und bekennt sich zum syrisch-orthodoxen Glauben. Er ist ledig und kinderlos. Der Beschwerdeführer beherrscht Türkisch in Wort und Schrift und spricht etwas Kurmanci. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX .1990 in Istanbul geboren und wuchs dort auf. Er besuchte in den Jahren 1997 bis 2007 die Grundschule und ein Lyzeum. Im Anschluss an den Schulbesuch trat der Beschwerdeführer in das Erwerbsleben ein und arbeitete bei einem Juwelier in Istanbul bis zur Inhaftierung im Jahr 2009. In den Jahren 2009 und 2010 verbrachte der Beschwerdeführer siebeneinhalb Monate in Istanbul in Haft. Anschließend leistete er in den Jahren 2010 und 2011 seinen Wehrdienst ab. Von 2011 bis zum Jahr 2014 hielt sich der Beschwerdeführer legal an verschiedenen Orten in der autonomen Region Kurdistan auf und ging dort einer Erwerbstätigkeit nach. Nach einem Aufenthalt von drei Monaten im türkischen Teil Zyperns im Jahr 2014 kehrte der Beschwerdeführer in die Türkei zurück, ebenso nach einem einmonatigen Aufenthalt in Bulgarien (der Beschwerdeführer erlangte dafür am 05.11.2014 in Istanbul ein bulgarisches Visum C, er beabsichtigte, illegal nach Österreich weiterzureisen, die Schleppung konnte jedoch nicht durchgeführt werden und kehrte er deshalb legal in die Türkei zurück), bis er zuletzt am 24.02.2015 seinen Herkunftsstaat legal unter Verwendung eines von der deutschen Botschaft in Ankara am 16.02.2015 ausgestellten Visums C im Luftweg verließ und mittels Direktflug nach Schwechat gelangte, wo er in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. In der Zeit zwischen der Rückkehr aus dem Irak und der Ausreise am 24.02.2015 hielt sich der Beschwerdeführer wiederholt in der Türkei auf, etwa bei seinen Eltern in XXXX oder in Istanbul oder auch in Ankara, wo er sein Visum abholte.
In der Türkei leben die Eltern, der Bruder sowie drei der fünf Schwestern des Beschwerdeführers. Seine Eltern leben gemeinsam mit dem Bruder und einer Schwester in der Stadt XXXX in der gleichnamigen Provinz. Zwei Schwestern des Beschwerdeführers leben in Istanbul, eine in Australien und eine ist Asylwerberin in Österreich. Der Vater des Beschwerdeführers ist Pensionist und bezieht ein zusätzliches Einkommen aus der Vermietung von Immobilien und seine Mutter führt den Haushalt. Der Bruder des Beschwerdeführers arbeitet im Transportgewerbe und eine Schwester in einer Textilfabrik. Zwei Schwestern besuchen die Schule. Der Beschwerdeführer steht in Kontakt mit seinen Familienangehörigen im Herkunftsstaat. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über weitere Verwandte im Herkunftsstaat, darunter seine Großmutter väterlicherseits und seinen Großvater mütterlicherseits sowie Onkel und Tanten, Cousinen und Cousins.
Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2009 in Istanbul zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten verurteilt, da er im Zuge einer Nothilfehandlung am XXXX .2009 den Tod des XXXX verschuldete. Nach Verbüßung einer Haftstrafe von sieben Monaten und 10 Tagen sowie der Bezahlung einer Geldstrafe wurde er entlassen und der Rest von zwei Dritteln der verhängten Strafe bedingt nachgesehen.
Der Beschwerdeführer gehört keiner politischen Partei oder politisch aktiven Gruppierung an und hatte in seinem Herkunftsstaat keine Schwierigkeiten aufgrund seines Religionsbekenntnisses zu gewärtigen. Der Beschwerdeführer gehört nicht der Gülen-Bewegung an und war nicht in den versuchten Militärputsch in der Nacht vom 15.07.2016 auf den 16.07.2016 verstrickt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit durch Familienangehörige des von ihm Getöteten psychischer und/oder physischer Gewalt aus dem Motiv der Blutrache ausgesetzt ist. Ferner kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Religionszugehörigkeit Defiziten beim Zugang zu staatlichem Schutz ausgesetzt ist. Die türkischen Behörden sind willens und fähig, der Begehung von Gewaltverbrechen wirksam mit sicherheitsbehördlichen Maßnahmen sowie im Wege der Strafjustiz zu begegnen. Dem Beschwerdeführer steht im Falle einer Rückkehr in die Türkei im Übrigen auch eine zumutbare und taugliche Aufenthaltsalternative in Großstädten wie Ankara, Izmir oder Adana oder in einer Touristenregion wie Antalya oder in XXXX zur Verfügung und er hat dort ebenfalls nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe durch Familienangehörige der von ihm getöteten Person zu befürchten. 2.3. Dem Beschwerdeführer droht im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht die Todesstrafe. Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des Beschwerdeführers festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie kriegerische Ereignisse oder extremistische Anschläge in der Türkei.
Der Beschwerdeführer ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit bestehenden Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage. Er verfügt über Berufserfahrung als Angestellter bei einem Juwelier und hat seinen Wehrdienst bereits abgeleistet. Dem Beschwerdeführer ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zur Sicherstellung seines Auskommens möglich und zumutbar. Ihm steht im Falle einer Rückkehr in die Türkei auch eine zumutbare und taugliche Aufenthaltsalternative in Großstädten wie Istanbul, Izmir oder Adana oder in einer Touristenregion wie Antalya, zur Verfügung, zumal in der Türkei Niederlassungsfreiheit herrscht und er insbesondere in Istanbul über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Der Beschwerdeführer verfügt über ein türkisches Ausweisdokument (Reisepass) im Original.
Der Beschwerdeführer hält sich seit dem 24.02.2015 in Österreich auf. Er reiste rechtsmäßig in Österreich ein, ist seither Asylwerber und verfügt über keinen anderen Aufenthaltstitel. Der Beschwerdeführer ist alleinstehend und pflegt normale soziale Kontakte, vorwiegend zu seinen hier aufhältigen Verwandten. Im Bundesgebiet halten sich drei Onkel des Beschwerdeführers mit deren Familien auf, sie sind den Angaben des Beschwerdeführers zufolge österreichische Staatsbürger. Der Beschwerdeführer lebt seit dem 11.06.2015 unentgeltlich bei seinem Onkel XXXX und dessen Familie in Wien. Der Beschwerdeführer steht außerdem in Kontakt mit seinen zwei weiteren Onkeln und auch seiner Schwester sowie seinen Cousins, zumal sämtliche Familienangehörige im 21. Bezirk in Wien wohnhaft sind. Das Asylverfahren seiner Schwester XXXX , geb. XXXX , wurde am 20.07.2017 zugelassen und ist seither beim Bundesamt anhängig. Der Beschwerdeführer engagiert sich bei der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien in Wien, wurde dort am 09.03.2016 getauft und nimmt dort an pfarrlichen Aktivitäten teil und besucht das dortige Jugendzentrum sowie den Gottesdienst. Er unterstützte außerdem Bewohner eines Altersheims bei Übersiedelungen.
Der Beschwerdeführer bezog seit der Einreise bis zum 31.01.2018 (in unterschiedlicher Höhe) Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Seit dem 01.12.2017 übt er am Standort XXXX , das Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt, aus. Zuvor war der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig. Er bringt mit seiner Erwerbstätigkeit eigenen Angaben zufolge derzeit ca. EUR 900,00 bis 1000,00 netto monatlich ins Verdienen. Der Beschwerdeführer hat einen Leihwagenvertrag und eine "Partner-Vereinbarung" mit der XXXX GmbH (die Verwandten des Beschwerdeführers gehört) abgeschlossen und bezieht auf diesem Wege seine Aufträge als Kraftfahrer, die er mit einem gemieteten Renault Master verrichtet. Er kann auch auf andere Fahrzeuge dieses Unternehmens zurückgreifen. Der Beschwerdeführer besuchte keine sprachlichen Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache und hat keine Prüfungen abgelegt. Er beherrscht die deutsche Sprache erst in geringem Ausmaß. Anderweitige Integrationsschritte hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht ergriffen. 2.6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten. Sein Aufenthalt war nie nach § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG geduldet. Sein Aufenthalt ist nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Er wurde nicht Opfer von Gewalt im Sinn der §§ 382b oder 382e EO.
[...]"
Des Weiteren traf das BVwG Feststellungen zum Herkunftsstaat auf Basis des Länderinformationsblattes, Stand 18.04.2018.
Hinsichtlich der dargelegten "Fluchtgründe" kam das BVwG zum Ergebnis, dass diesbezügliche eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgung bzw. reale Gefahr der Beeinträchtigung eines der hier relevanten Rechtsgüter nicht glaubhaft gemacht worden sei.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs am 25.05.2018 in Rechtskraft.
Die bP kam ihrer auferlegten Ausreiseverpflichtung nicht nach.
2. Antrag auf internationalen Schutz
Am 10.01.2019 wurde die bP von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen und dabei der nicht rechtmäßige Aufenthalt festgestellt. Auf Vorhalt der fremdenpolizeilichen Übertretung gab sie an:
"Ich weiß, dass ich nicht in Österreich sein darf, aber ich bin trotzdem hier".
Hinsichtliche eines bei der Leibesvisitation gefundenen Schlagringes wurde sie wegen Besitz einer verbotenen Waffe zur Anzeige gebracht. Ebenso wurde die bP der LPD wegen § 120 Abs 1a FPG angezeigt.
Auf Grund des Besitzes des Schlagringes und wegen der aufrechten Rückkehrentscheidung wurde die bP am 10.01.2019, 20.10 Uhr, festgenommen.
Am 11.01.2019 stellte die bP im Polizeianhaltezentrum anlässlich des Parteiengehörs zur Schubhaft gegenständlichen 2. Antrag auf internationalen Schutz: "Ich möchte nicht in die Türkei zurück. Ich suche neuerlich um Asyl an."
Im Zuge der am 12.01.2019 durchgeführten Erstbefragung gab sie zum Grund der neuerlichen Antragstellung an:
"Der Fluchtgrund ist gleich geblieben. Die Gefahr besteht nach wie vor, sogar noch viel größer".
Sie sei seit 4 Jahren in Österreich, habe sich integriert und wolle nicht in die Türkei zurück.
Bei der folgenden Einvernahme beim Bundesamt gab sie zu ihrer Problemlage in der Türkei im Wesentlichen Folgendes an:
"[...]
LA: Wann sind Sie erstmals nach Österreich eingereist?
VP: Das war im Februar 2015. Ich befinde mich seither durchgehend in Österreich.
LA: Bestehen Ihre Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch?
VP: Natürlich, es ist aber schlimmer geworden. Ich wurde in meiner Abwesenheit in der Türkei zu 10 Jahren Haftstrafe verurteilt. Diese Änderung ist dann später passiert.
LA: Wann war die Verhandlung und welches Gericht hat die Haftstrafe verhängt?
VP: Ich wurde 2009 angeklagt. Ich war 7 1/2 Monate in Untersuchungshaft und wurde dann freigesprochen. Die Gegnerseite ging aber dann nach Ankara. Ich nehme an, dass Sie gegen Bezahlung das Verfahren wieder aufgenommen haben. Zwischen 2016 und 2017 wurde ich zu 10 Jahren Haftstrafe verurteilt. Ich möchte mir das Urteil von meinem Anwalt in der Türkei nachschicken lassen und sobald ich es habe, werde ich es vorlegen.
LA: Wer hat Ihnen mitgeteilt, dass Sie verurteilt worden sind?
VP: Mein Anwalt und mein Vater haben es mir mitgeteilt.
LA: Wieso sollten Sie wegen einer Straftat neuerlich verurteilt werden, wenn bereits ein Urteil in dieser Angelegenheit verkündet wurde?
VP: Nachdem ich freigelassen wurde tauchte ich unter. Die Gegnerseite hat nach mir gesucht, um mich umzubringen. Sie haben noch ein Verfahren eröffnet und ich wurde neuerlich angeklagt.
LA: Wieso sollten Sie aus der Haft entlassen werden, wenn das verhängte Urteil noch gar nicht rechtskräftig war?
VP: Nachdem das Gericht mich freigesprochen hat, wurde ich sofort aus der Haft entlassen. Die Gegenseite ist hat allerdings eine Beschwerde beim Kassationsgericht eingebracht. Ich bin in dieser Zeit untergetaucht. Ich habe nach der Haftentlassung eine oder zwei Wochen nach der Freilassung meinen Wehrdienst angetreten. Im Mai 2010 wurde ich vom Wehrdienst entlassen. Im Oktober 2010 bin ich in den Irak gefahren. Ich war dort ca. 2 1/2 Jahre, dann bin ich in die Türkei zurückgekehrt. Nach 2 bis 3 Monaten fuhr ich nach Zypern in den türkischen Teil. Ich war dort ca. 1/2 Jahr und bin danach wieder in die Türkei zurückgekehrt. Ich bin danach nach Bulgarien gefahren. Ich hatte vor von Bulgarien direkt nach Österreich zu reisen, da es nicht geklappt hat, musste ich wieder in die Türkei zurückkehren nach ca einem Monat bin ich dann aus der Türkei dierekt mit einem Visum nach Österreich gekommen. Nach ca 1 1/2 Jahren nachdem ich in Österreich war, ist das Urteil verhängt worden.
LA: Welche Straftat wird Ihnen vorgeworfen?
VP: Mord.
LA: Wen haben Sie ermordet?
VP: Ich habe einen Mann ermordet, der meinen Freund vergewaltigen wollte.
LA: Das heißt, dass Sie Nothilfe geleistet haben?
VP: Er bedrohte meinen Freund mit einer Waffe und ich wollte sowohl mich als auch meinen Freund beschützen. Das Messer mit welchen ich den Mann getötet habe gehörte auch dem Mann, welche ich getötet habe. Der Vorfall ist im Internet zu sehen. Ich hatte nicht die Absicht jemanden umzubringen. Ich habe das Messer durch die Tür gestochen. Wir wollten nur weglaufen. Zu dem Zeitpunkt hat er noch gelebt. Er wollte das Messer, welches ich durch die Tür gestochen hatte aus seinem Körper ziehen und er hat dabei seine Adern aufgeschnitten, wenn er das nicht gemacht hätte, dann wäre er nicht verstorben. Er ist dann im Krankenhaus verstorben.
LA: Sie haben bereits eine Verfahrensanordnung gem. § 29 Abs. 3 Z 4 und 6 AsylG erhalten, womit Ihnen mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf internationalen Schutz gem. § 68 AVG zurückzuweisen und den faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie haben nunmehr Gelegenheit zur geplanten Vorgangsweise des Bundesamtes Stellung zu nehmen. Was spricht gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahme, über die bereits rechtkräftig abgesprochen worden ist?
VP: Im Falle einer Rückkehr droht mir die Haftstrafe. Ich habe mit einer großen Sippe zu tun. Mehrere Personen von der Großfamilie der Gegenseite sind kriminell und befinden sich in Haft. Sie werden sich an mir rächen und mich umbringen.
LA: Möchten Sie zur Lage in der Türkei etwas angeben?
VP: Man gibt zwar an, dass es sich bei der Türkei um ein demokratisches Land handelt, so ist es aber nicht. Bevor ich nach Zypern führ war ich 2 bis 3 Monaten in der Türkei. Die Gegenseite hat mir eine Falle gestellt und sie wollten mich erschießen. Ich war sofort bei der Polizei und wollte eine Anzeige erstatten. Nachdem Sie in meinem Personalausweis gelesen haben, dass ich Christ bin haben Sie mich ohne eine Vernehmung wieder nach Hause geschickt. Mein Bruder und meine Eltern mussten von Istanbul nach XXXX ziehen um meinen Gegnern zu entkommen. Zu diesem Zeitpunkt war ich im Gefängnis. Mein Bruder musste im Jahr 2018 nach Gaziantep ziehen, weil die Gegenfamilie ihn verfolgt hatte. In dieser Situation ist es für mich sehr gefährlich zurückzukehren. Ich bin hier integriert und lebe seit 4 Jahren in Österreich.
Anmerkung: Der Rechtsberatung wird die Möglichkeit eingeräumt, Fragen anzuregen oder eine Stellungnahme abzugeben.
Es werden keine Anträge gestellt und wird auch keine Stellungnahme abgegeben.
Anmerkung: Die Partei gibt an, dass er Montag oder Dienstag in der nächsten Woche das besagte neue Urteil abgeben werde.
[...]
LA: Ich beende jetzt die Einvernahme. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?
VP: Ich möchte nichts hinzuzufügen.
[...]"
Im Folgenden hat das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz gem. § 12a Abs 2 AsylG aufgehoben und diese Entscheidung dem BVwG zur Überprüfung vorgelegt. Mit Beschluss vom 27.02.2018 [richtig: 2019] hat das Bundesverwaltungsgericht die Aufhebung des Abschiebeschutzes für zulässig erklärt und dabei ua. ausgeführt:
"[...]
Gegen den Fremden besteht seit der Entscheidung des BVwG, rechtskräftig seit 25.05.2018, eine aufrechte Rückkehrentscheidung. Der Ausreiseverpflichtung kam er widerrechtlich nicht nach und ist die Rückkehrentscheidung noch aufrecht.
Am 11.01.2019 stellte der Fremde gegenständlichen Folgeantrag.
Der Fremde verfügt über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz ist nachvollziehbar voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, da kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorgebracht wurde und sich dieser auf die schon im Erstverfahren behandelten Fluchtgründe bezog, bzw. das Vorbringen keinen glaubhaften Kern hatte.
Auch hat sich die allgemeine Lage im Herkunftsstaat seit der rk. Entscheidung des BVwG nicht entscheidungswesentlich nachteilig geändert. Dies ergibt sich weder aus den herkunftsstaatlichen Quellen der Staatendokumentation noch auf konkrete Weise durch das Vorbringen der Partei.
Bereits im Vorverfahren wurde festgestellt, dass bei einer Rückkehr bzw. Abschiebung in das Herkunftsland keine Verletzung ihrer hier maßgeblichen Rechtsgüter droht. Da sich die allgemeine Lage wie auch die persönlichen Verhältnisse und gesundheitliche Zustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich nachteilig geändert hat, kann davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Türkei für sie zu keiner relevanten Bedrohung der angeführten Rechtsgüter führen wird.
Die Feststellung der Zulässigkeit der in Rechtskraft erwachsenen Rückkehrentscheidung ist nach wie vor nicht anzuzweifeln.
Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Vorbringen kann somit davon ausgegangen werden, dass keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben, droht. Ebenso sind seit der rechtskräftigen Entscheidung keine privaten bzw. familiären Bindungen in Österreich entstanden wodurch es bei einer Rückkehr zu einer Verletzung von Art 8 EMRK kommen würde.
Es liegen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, sodass die Rechtmäßigkeit derselben zu bestätigen war.
[...]"
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 18.07.2019 hat das Bundesamt entschieden:
"I. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 11.01.2019 wird hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
II. Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 11.01.2019 wird hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.
IV. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.
V. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Türkei zulässig ist.
VI. Gemäß § 55 Absatz 1a FPG besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise."
Dagegen wurde innerhalb offener Frist durch die gewillkürte Vertretung Beschwerde erhoben. Nach kurzer Wiederholung und Verweis auf die bisherigen Angaben werden / wird
* ohne konkrete Bezugnahme zum Fall Auszüge von Berichten zur allg. Sicherheitslage, Rechtsschutz/Justizwesen sowie Folter und unmenschliche Behandlung zitiert;
* angeführt, dass die bP seit 2015 im Bundesgebiet aufhältig sei, gute Deutschkenntnisse habe, seit 16.04.2019 mit Frau T. M. G. verheiratet sei und die Gattin in Österreich lebe, die bP in Österreich bei der Familie bleiben wolle, um sie zu unterstützen, sie bereits am 14.06.2019 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte (Angehörige eines EWR Bürgers) gestellt habe;
* kurz und ohne nähere Ausführungen angesprochen, dass die Behörde die "Fluchtgründe nicht ausreichend ermittelt" habe, es der Behörde möglich gewesen wäre den Vater als Zeuge zu laden und ihn "näher hinsichtlich seiner Fluchtgründe zu befragen".
Der Verwaltungsakt langte am 06.08.2019 bei der zuständigen Geschäftsabteilung L504 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Hiezu wird auf I. verwiesen. Weiters wird festgestellt:
Die bP stützt ihren Folgeantrag auf einen Sachverhalt den sie im Wesentlichen bereits beim 1. Antrag auf internationalen Schutz darlegte und Gegenstand der Entscheidung war. Soweit sie nunmehr durch Bescheinigungsmittel belegt, dass sie auf Grund einer erhobenen Revision von einem türkischen Gericht nunmehr wegen Mordes zu 10 Jahren Haftstrafe verurteilt wurde, so erging dieses Urteil bereits am 25.04.2016, also zu einer Zeit wo das erste Asylverfahren noch anhängig war. Die bP hat diesen Umstand auch zuletzt bei der Verhandlung vor dem BVwG am 18.05.2018 nicht vorgebracht. Die bP war beim Bundesamt geständig die ihr vorgeworfene Tathandlung begangen zu haben.
Im Falle der Rückkehr befürchtet sie die drohende Haftstrafe wegen der von ihr begangenen Tathandlung antreten zu müssen. Sie fürchtet sich vor Repressalien durch die Familie des von ihm Ermordeten.
Hinsichtlich der Haft- und Lebensbedingungen äußerte sie beim Bundesamt für den Fall der Rückkehr in die Türkei keine Befürchtungen (AS 83).
Es kann amtswegig nicht festgestellt werden, dass sich die hier maßgebliche Lage in der Türkei im Vergleich zur rk. Entscheidung des BVwG vom 18.05.2018 entscheidungsrelevant nachteilig verändert hätte, was auch seitens der bP gar nicht behauptet bzw. dargelegt wurde.
Die bP hat während des gegenständlichen Asylverfahrens am 16.04.2019 in Wien die rumänische Staatsangehörige XXXX in Rumänien geboren, geheiratet. Diese scheint seit 2008 durchgehend im ZMR mit Wohnsitz in Österreich auf. Zuletzt wurde ihr am 17.05.2016 zur Dokumentation des Aufenthaltsrechtes ein Lichtbildausweis für EWR-Bürger ausgestellt. In der Datenbank der Sozialversicherung scheint sie mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung auf.
Am 14.06.2019 hat die bP zur Dokumentation ihres Aufenthaltsrechtes einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte (Angehöriger eines EWR-Bürgers) gestellt.
Zum Herkunftsstaat Türkei:
Das Bundesamt stellte im Bescheid das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation mit letzter Kurzinformation vom 28.01.2019 dar.
Aus dem vom Bundesamt zur Beurteilung der Lage herangezogenen und vor Bescheiderlassung zu Gehör gebrachten Länderinformationsblattes der Staatendokumentation und den darin ersichtlichen Berichten ergibt sich zusammengefasst Folgendes:
In der Türkei sind ca. 99% der Bevölkerung muslimischen Glaubens, 77,5% davon sind schätzungsweise Sunniten der hanafitischen Rechtsschule. Es gibt einen beträchtlichen Anteil an Aleviten. Die Türkei hat weltweit den größten Anteil an Aleviten. Man geht von 15 bis 25 Millionen Aleviten aus. Vor allem die Provinzen Tunceli, Elazig, Bingöl, Sivas, Erzincan, Malatya, Kaysereri, Adana und Tokat sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Zaza sind eine Bevölkerungsgruppe va. in Ostanatolien. Sie zählen ungefähr drei bis vier Millionen Personen. Der private Gebrauch der in der Türkei gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmandschi und des weniger verbreiteten Zaza ist in Wort und Schrift keinen Restriktionen ausgesetzt.
Die Kurden (ca. 20% der Bevölkerung) leben v.a. im Südosten des Landes sowie, bedingt durch Binnenmigration und Mischehen, in den südlich und westlich gelegenen Großstädten
(Istanbul, Izmir, Antalya, Adana, Mersin, Gaziantep). Mehr als 15 Millionen türkische Bürger haben einen kurdischen Hintergrund und sprechen einen der kurdischen Dialekte (USDOS 20.4.2018).
Wenngleich es Mängel im Sicherheits-und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Misshandlungen in Haftanstalten werden vereinzelt verzeichnet, wobei zuletzt in erster Linie Personen, die unter dem Anti-Terror-Gesetz festgehalten werden, als Opfer verzeichnet wurden.
Es ergibt sich auf Grund der Berichtslage und dem aktuellen Amtswissen (www.ecoi.net) nicht, dass im Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei eine Lage herrschen würde, die für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit (infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes) mit sich bringen würde.
Es kann auf Grund der aktuellen Berichtslage und dem aktuellen Amtswissen nicht festgestellt werden, dass derzeit quasi jede Person mit dem Persönlichkeitsprofil der beschwerdeführenden Partei (insbes. ethnische, konfessionelle Zugehörigkeit) in der Türkei einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung aus asylrelevanten Motiven unterliegen würde.
Es kann ebenso nicht festgestellt werden, dass für solche Personen in der Türkei eine allgemeine Sicherheitslage herrschen würde, wonach sie per se einer realen Gefahr einer Gefährdung der persönlichen Unversehrtheit ausgesetzt wären
Es kann auf Grund der Berichtslage und dem aktuellen Amtswissen nicht festgestellt werden, dass aktuell in der Türkei eine derart schlechte Versorgungslage herrschen würde, dass nicht das zur Existenz unbedingt Notwendige erlangbar wäre.
Die Gesundheitsversorgung ist grds. gewährleistet und zugänglich.
2. Beweiswürdigung
Das Bundesamt führte aus, dass sich die bP im Wesentlichen auf die gleichen Gründe stützte, die schon Gegenstand im Erstverfahren waren. Das nunmehr neu vorgelegte Urteil aus dem Jahr 2016 erachtete die Behörde als authentisch. Die Höhe der Strafe sei aus der Urteilsbegründung nachvollziehbar und werde angesichts der Tat mit ihren Folgen als angemessen erachtet. Es sei auch im Zuge eines erhobenen Rechtsmittelverfahrens ergangen, was ein Hinweis auf rechtstaatliche Verfahren sei. Der bP wäre dieser Weg auch offen gestanden. Bei allfälligen Problemen in der Haft durch die "Gegenseite" könne sie sich an die Leitung der jeweiligen Justizanstalt wenden um Hilfe zu erlangen.
Die Haftbedingungen seien nicht generell als schlecht zu bezeichnen und habe die bP dazu selbst auch keine Bedenken erhoben.
Die bP habe ihren neuerlichen Antrag im Wesentlichen auf die gleichen Gründe gestützt. Es sei von einem unveränderten Sachverhalt auszugehen.
Der Umstand, dass die bP während des Asylverfahrens schon geheiratet hat, wäre bereits für das Bundesamt vor Bescheiderlassung zumindest aus dem ZMR oder auch dem IZF ersichtlich gewesen, wurde jedoch von der Behörde nicht aufgegriffen bzw. dazu im Bescheid keine Feststellungen getroffen.
Die diesbezüglich getroffenen Feststellungen des BVwG ergeben sich aus dem ZMR, dem IZF, einem Auszug aus dem Sozialversicherungsregister sowie in der Beschwerde gemachte Ausführungen unter Beilage der Heiratsurkunde unzweifelhaft. Das Bundesamt trat diesen Fakten im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs auch nicht entgegen.
3. Rechtliche Beurteilung
A)
Zur Abweisung gem. § 68 Abs. 1 AVG
Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, außer in den Fällen der §§ 69 und 71 AVG und wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.
§ 68 Abs 1 AVG soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Bei der Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig ausgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich gebliebener Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhaltes nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können in der Berufung nicht neu geltend gemacht werden oder im Berufungsverfahren von der Partei ausgewechselt werden (s. z.B. VwSlg. 5642 A, VwGH 28.11.1968, 571/68, 23.5.1995, 94/04/0081; zu Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. aber VwSlg. 12799 A).
Identität der Sache im Sinne des § 68 Abs 1 AVG liegt auch dann vor, wenn sich das neue Parteibegehren von dem mit rechtskräftigem Bescheid bereits abgewiesenen nur dadurch unterscheidet, dass eine bisher von der Partei nicht ins Treffen geführte Rechtsfrage aufgegriffen wird oder die Behörde in den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren die Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hat (VwGH 30.1.1989, 88/10/0150).
Ob der nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen haben soll, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.3.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit dem zweiten Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 7.6.2000, 99/01/0321).
Ob ein neuerlicher Antrag wegen geänderten Sachverhaltes zulässig ist, darf nur anhand jener Gründe geprüft werden, welche die Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht hat (bzw. welche als allgemein bekannt anzusehen sind, vgl. z.B. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321); in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid dürfen derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (vgl. zB VwSlg. 5642 A/1961; 23.05.1995, 94/04/0081; 15.10.1999, 96/21/0097; 04.04.2001, 98/09/0041; 25.04.2002, 2000/07/0235), wobei für die Prüfung der Zulässigkeit des Zweitantrages von der Rechtsanschauung auszugehen ist, auf die sich die rechtskräftige Erledigung des Erstantrages gründete (VwGH 16.7.2003, 2000/01/0237, mwN).
Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (Hinweis EB E 26.4.1995, 92/07/0197, VwSlg 14248 A/1995); die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus § 69 Abs 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Erk. d. VwGH v.26.2.2004, 2004/07/0014; 12.12.2002, 2002/07/0016; 15.10.1999; 9621/9997). Identität der Sache i.S.d. § 68 Abs. 1 AVG liegt selbst dann vor, wenn die Behörde in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren etwa eine Rechtsfrage auf Grund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens oder einer unvollständigen oder unrichtigen rechtlichen Beurteilung entschieden hätte (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 08.04.1992, Zl. 88/12/0169, ebenso Erk. d. VwGH v. 15.11.2000, 2000/01/0184).
Da sich der Antrag auf internationalen Schutz nicht nur auf den Status eines Asylberechtigten, sondern "hilfsweise" bei Nichtzuerkennung dieses Status auch auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten richtet, sind bei Folgeanträgen nach dem AsylG 2005 auch Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus einer Prüfung zu unterziehen (VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).
Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft - der also für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen keine Asyl- oder Refoulementrelevanz zukäme, sodass eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages von vornherein ausgeschlossen erscheint -, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl. etwa VwGH vom 04.11.2004, 2002/20/0391; 19.2.2009, 2008/01/0344).
Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. die Erkenntnisse vom 10.06.1998, 96/20/0266, und vom 15. Oktober 1999, 96/21/0097).
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Als Vergleichsbescheid ist im Falle mehrfacher Asylfolgeanträge derjenige Bescheid heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden - und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen - wurde (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom 26.06.2005, 2005/20/0226, mwN).
Wie aus dem gegenständlichen Verfahrensgang hervorgeht, stellt den maßgeblichen Vergleichsbescheid die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.05.2018 dar, womit die Beschwerde gegen die Abweisung des ersten Antrages auf internationalen Schutz in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt darin im Wesentlichen, dass eine entscheidungsrelevante Verfolgung bzw. Gefährdung nicht glaubhaft gewesen ist und sich auch aus der allgemeinen Lage in der Türkei für die bP mit ihrem Profil kein Grund für die Zuerkennung von internationalem Schutz ergibt.
Das BFA legte im gegenständlichen Verfahren nachvollziehbar dar, dass sich die bP im nunmehrigen Verfahren betreffend der Motivation ihr Heimatland verlassen zu haben bzw. der Gründe, weswegen sie nicht mehr in die Türkei zurückkehren könne, auf dieselben Beweggründe wie in dem bereits rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahrensgang bezogen hat. Das von ihr nunmehr ins Treffen geführte Urteil aus dem Jahr 2016, wonach sie nach einer erhobenen Revision durch die Rechtsmittelinstanz zu einer 10jährigen Haftstrafe wegen Mordes verurteilt wurde, war schon während des ersten Asylverfahrens existent. Ob dieser nunmehr vorgetragene Sachverhalt, der sich unzweifelhaft schon lange vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag zugetragen hat, im Erstverfahren auch vorgetragen wurde oder nicht, ist im gegenständlichen Folgeverfahren bei der Prüfung der Rechtskraft ohne belange. Auch ein Sachverhalt, der nicht vorgetragen wurde, ist von der Rechtskraftwirkung des Vorbescheides mitumfasst (vgl. auch Erk. d. VwGH vom 17.9.2008, 2008/23/0684, AsylGH vom 17.4.2009, GZ. E10 316.192-2/2009-8E).
Mit ihren Ausführungen in der Beschwerde ist es der bP nicht gelungen, der Beweiswürdigung des BFA substantiiert entgegenzutreten, weshalb auch das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass das nunmehrige Vorbringen der bP bereits Inhalt eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens war.
Im Ergebnis wird daher mit dem gegenständlichen Antrag die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sach- und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs. 1 AVG verhindert werden soll (vgl. VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).
Das BFA hat daher den neuerlichen Antrag der bP auf internationalen Schutz zu Recht wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Zur Behebung von Spruchpunkt III. - VI
Gegenständlich ist zu prüfen, ob es sich bei der bP durch die Heirat mit einer rumänischen Staatsbürgerin nicht um einen begünstigten Drittstaatsangehörigen handelt.
Gegen begünstigte Drittstaatsangehörige kann nämlich eine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG nicht erlassen werden. Vielmehr sind die Bestimmungen des vierten Abschnitts des achten Hauptstücks des FPG, die in § 66 und in § 67 aufenthaltsbeendende Maßnahmen (u.a.) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige (Ausweisung und Aufenthaltsverbot) regeln, einschlägig. Ebenso kommt bei begünstigten Drittstaatsangehörigen die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 von vornherein nicht in Betracht, weil die gesamte Bestimmung des siebenten Hauptstücks gemäß § 54 Abs. 5 AsylG 2005 nicht für diese Personengruppe gilt (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0103, Rn. 10, mwN).
Gem. § 2 Abs 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger ua. der Ehegatte eines EWR-Bürgers , der sein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat, insofern dieser Drittstaatsangehörige, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht. Der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 25. Juli 2008, Rs. C- 127/08, "Metock u.a.", klargestellt und im Beschluss vom 19. Dezember 2008, Rs. C-551/07, "Sahin", bekräftigt, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG dahingehend auszulegen ist, dass sich ein Drittstaatsangehöriger, der der Ehepartner eines Unionsbürgers - der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt - ist und diesen Unionsbürger begleitet oder ihm nachzieht, auf die Bestimmungen dieser Richtlinie unabhängig davon berufen kann, wann oder wo die Ehe geschlossen wurde oder wie der betreffende Drittstaatsangehörige in den Aufnahmemitgliedstaat gelangt ist. Demzufolge haben Drittstaatsangehörige, die Familienangehörige eines Unionsbürgers sind, eine aus dem Gemeinschaftsrecht erfließende Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet auch dann, wenn sie sich schon vor Begründung der familiären Beziehung im Bundesgebiet aufgehalten haben (VwGH 24.11.2011, 2011/23/0302).
Die bP ist der Ehegatte der in Rumänien geboren und laut ZMR seit 2008 in Österreich wohnhaften und dem Auszug aus der Sozialversicherungsdatenbank auch hier berufstätigen rumänischen Staatsangehörigen. Zuletzt wurde der Ehegattin am 17.05.2016 zur Dokumentation des Aufenthaltsrechtes ein Lichtbildausweis für EWR-Bürger ausgestellt. Bei der Ehegattin handelt es sich somit um eine EWR-Bürgerin, welche ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat. Wie sich aus oa. Judikatur (Metoc) ergibt, kommt der bP die Eigenschaft als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu.
Gemäß § 52 Abs 1 Z1 NAG kommt der bP als Angehöriger (Ehegatte) der unionsrechtlich in Österreich aufenthaltsberechtigten rumänischen Staatsangehörigen ein Aufenthaltsrecht für mehr als 3 Monate zu.
Wie sich aus der eingangs zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, ist eine Rückkehrentscheidung für begünstigte Drittstaatsangehörige nicht zulässig. Vielmehr sind gegebenenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen die Bestimmungen des vierten Abschnitts des achten Hauptstücks des FPG, die in § 66 und in § 67 aufenthaltsbeendende Maßnahmen (u.a.) gegen begünstigte Drittstaatsangehörige (Ausweisung und Aufenthaltsverbot) regeln, einschlägig. Auch der Abspruch über § 57 AsylG erfolgte zu Unrecht.
Es waren somit diese und die damit in Konnex befindlichen Spruchpunkte zu beheben.
Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde vom Bundesamt vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und ist bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch als aktuell und vollständig zu erachten. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keine hinreichenden Anhaltspunkte die einer nochmaligen Anhörung der bP und Ergänzung des Verfahrens bedurft hätte. Das Bundesamt hat die, die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und hat das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung geteilt.
In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt konkret und substantiiert behauptet, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Da es sich den Angaben der bP nach bei Deutsch auch um eine für sie verständliche Sprache handelt, konnte eine Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung entfallen.
Schlagworte
begünstigte Drittstaatsangehörige Behebung der Entscheidung Ehepartner entschiedene Sache Erwerbstätigkeit EWR-Bürger Folgeantrag Glaubwürdigkeit Haftstrafe private Streitigkeiten private Verfolgung Rechtskraft der Entscheidung res iudicata Rückkehrentscheidung behoben TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:L504.2214942.2.00Im RIS seit
12.10.2020Zuletzt aktualisiert am
12.10.2020