TE Bvwg Erkenntnis 2019/11/7 L516 2105150-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.11.2019
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Entscheidungsdatum

07.11.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

L516 2105150-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Dr. Peter LECHENAUER & Dr.in Margit SWOZIL, Rechtsanwälte, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2015, 820047306/2024291, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2019 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I und II des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs 1 und § 8 Abs 1 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG teilweise stattgegeben und es wird festgestellt, dass gemäß § 9 BFA-VG die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

Gemäß § 55 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 AsylG wird XXXX der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 11.01.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 16.03.2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§§ 57 und 55 AsylG", erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 26.03.2015.

Verfahrensablauf

Am 21.07.2011 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am selben Tag statt, eine Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 10.05.2012 und 11.10.2012.

Am 14.06.2012 wurde der Beschwerdeführer von einem Facharzt für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen, untersucht.

Das BFA gewährte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.01.2015 schriftlich Parteiengehör zu Länderinformationen über Pakistan, zu seinem aktuellen Privat- und Familienleben sowie Gesundheitszustand und der Beschwerdeführer gab dazu mit Schreiben vom 25.01.2015 eine Stellungnahme ab.

Am 21.03.2015 wurde der gegenständlich angefochtene Bescheid vom 16.03.2015 dem Beschwerdeführer zugestellt. Gleichzeitig stellte das BFA dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite (§ 52 Abs 1 BFA-VG).

Am 26.03.2015 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des BFA Beschwerde.

Am 13.06.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer im Beisein eines Vertreters teilnahm; die belangte Behörde erschien nicht. In der Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer Länderinformationen zu Pakistan ausgefolgt und eine Frist für die Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme gewährt.

Mit Eingabe vom 04.07.2019 gab der Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1.1 Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen und sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört der Volksgruppe Butt sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht fest.

1.2 Der Beschwerdeführer wurde in XXXX im Distrikt Gujranwala in der Provinz Punjab. Er lebte dort bis September 2011 in seinem Elternhaus und besuchte bis 2008 sechs Jahre die Schule in seinem Heimatort. Der Vater, seine Mutter und sein einziger Bruder leben nach wie vor in Pakistan. Ebenso leben mehrere Onkel und Tanten väterlicher- wie mütterlicherseits mit ihren Familien in Pakistan.

1.3 Der Beschwerdeführer verließ Pakistan im September/Oktober 2011 und reiste im Jänner 2012 in Österreich ein, wo er sich seither ununterbrochen in Österreich auf. Er bezieht seit Jänner 2012 Leistungen aus der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (GVS), ist jedoch arbeitsfähig und arbeitswillig. Er verfügt bereits über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag über eine Anstellung bei einem Gastronomiebetrieb bei Erhalt einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung, die ihm eine legale Erwerbstätigkeit ermöglicht. Im Zeitraum vom Oktober 2015 bis März 2016 hat er sich freiwillig und unentgeltlich caritativ engagiert. Er hat in Österreich den Führerschein für die Klasse B erworben. Er ist unverheiratet, lebt nicht in einer Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Er hat in Österreich bereits Freundschaften mit österreichischen Staatsangehörigen sowie mit hier lebenden Nichtösterreichern geschlossen, ist in Österreich Mitglied und Vizepräsident des Jugendflügels XXXX der in XXXX situierten Organisation " XXXX " sowie Mitglied des Vereins " XXXX " in XXXX . Am 07.02.2018 hat er die Sprachprüfung "ÖSD Zertifikat A2" für die Sprache Deutsch "gut" bestanden. Der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten. Zu seinen Angehörigen in Pakistan hält er telefonischen Kontakt.

1.4 Der Beschwerdeführer erstattete zu seinen Fluchtgründen und seiner Rückkehrbefürchtung im Verfahren zusammengefasst folgendes Vorbringen:

Er habe, nachdem er mit der Schule aufgehört habe, einen neuen Freund Namens XXXX kennen gelernt. Jener sei Mitglied der Lashkar-e-Taiba gewesen und habe den Beschwerdeführer zu einem Trainingslager jener Gruppierung nach XXXX mitgenommen. Er habe seine Eltern darüber nicht informiert. Obwohl sie zwei Monate dort aufhältig gewesen seien, habe man ihnen nicht beigebracht, mit dem Gewehr umzugehen. Sie hätten nur den ganzen Tag herumlaufen müssen. Einer der Burschen habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass man sie nicht ausbilde, sondern aus ihnen Selbstmordattentäter machen werde. Als sie dies erfahren hätten, hätten sie versucht, von dort zu fliehen. Sie seien jedoch erwischt und gefesselt worden. Mit Hilfe von XXXX sei es ihnen dann gelungen, von dort mit einem der Fahrzeuge der Lashkar-e-Taiba zu flüchten. Sie seien zu viert gewesen. Nach einer kurzen Weile seien sie verfolgt worden und es sei dabei zu einem Unfall gekommen. Zwei der Geflüchteten seinen ums Leben gekommen, zwei hätten überlebt, er und ein anderer Freund von XXXX . Sie seien ins Spital gebracht worden. Er sei für ungefähr eineinhalb Monate bewusstlos gewesen, seine Wunden seien genäht und ihm Metallplatten eingesetzt worden. Er sei sehr lange bettlägrig gewesen, sei mehrere Monate im Spital gewesen. Nach einiger Zeit sei er von seinem Vater vom Spital abgeholt worden und als er wieder in der Lage gewesen sei, gehen zu können, habe sein Vater die Flucht organisiert. Er habe Angst vor der Lashkar-e-Taiba, die wolle, dass er für diese als Selbstmordattentäter arbeite. Er habe Angst, bei einer Rückkehr von jener entführt werde. Er sei vom Spital nicht nach Hause zu seinen Eltern, sondern zu einem Onkel nach XXXX gebracht worden, wo er ungefähr ein Jahr bis 14 Monate gelebt habe. Anschließend sei er zu seiner Familie nach Hause, um sie zu treffen und das Land zu verlassen. Er sei ungefähr zwei Monate bei seiner Familie geblieben und habe während dieser Zeit auch auf einer Tankstelle in seinem Wohnviertel gearbeitet. Er sei die letzten beiden Monate wieder in das Elternhaus zurückgekehrt, da er gedacht habe, dass das Problem gelöst sei. Da danach jedoch von Leuten der Lashkar-e-Taiba nach ihm gefragt worden sei, habe ihn sein Vater ins Ausland geschickt. Der Vater habe ihm aber davon erst erzählt, als er bereits in Österreich gewesen sei. Bis dahin habe der Vater ihm nicht erzählt, weshalb er plötzlich seine Heimat verlassen sollte und er habe seinen Vater auch nicht gefragt (AS 37, 89-95; 255 ff).

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, sich an die Zeit in jenem Lager und den Unfall überhaupt nicht erinnern zu können.

1.5 Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem angegebenen Fluchtgrund und seiner Rückkehrbefürchtung ist nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer hat damit nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre. Er leidet auch an keiner unmittelbar lebensbedrohlichen und stationär behandlungsbedürftigen Erkrankung. Es droht dem Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer schweren, rapiden und irreversiblen Gesundheitsverschlechterung, die mit intensivem Leiden oder mit einer signifikanten Verkürzung der Lebenserwartung verbunden wäre, wenn er nach Pakistan zurückkehrt.

1.7 Zur Lage in Pakistan

Sicherheitslage allgemein

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt 5] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas - FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Sicherheitslage - Punjab und Islamabad

Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).

Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut (SAV 29.6.2018). Mehrere militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben, sind im Punjab aktiv (EASO 10.2018 S 63-64; vgl. SAV 29.6.2018). In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017); beispielsweise wurden bei einem Bombenanschlag durch die TTP-Splittergruppe Hizbul-Ahrar auf Polizeieinheiten vor einem Sufi-Schrein in Lahore am 8.5.2019 zehn Personen getötet. (Guardian 8.5.2019; vgl. Reuters 8.5.2019). Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (EASO 10.2018 S 63-64).

Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban (PIPS 7.1.2019 S 49). Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018).

Polizei

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte variiert von Bezirk zu Bezirk und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 13.3.2019). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u.a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen. Zum geringen Ansehen der Polizei tragen die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei wie häufige unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam und Misshandlungen gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die festgehaltene Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen, oder um ein Geständnis zu erpressen. Die Polizeikräfte sind oft in lokale Machtstrukturen eingebunden und dann nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden Strafanzeigen häufig gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 21.8.2018).

Die Polizeikräfte versagen oftmals dabei, Angehörigen religiöser Minderheiten - wie beispielsweise Ahmadis, Christen, Schiiten und Hindus - Schutz vor Übergriffen zu bieten. Es gibt jedoch Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Einzelne lokale Behörden demonstrierten die Fähigkeit und den Willen, unter großer eigener Gefährdung Minderheiten vor Diskriminierung und Mob-Gewalt zu schützen (USDOS 13.3.2019).

Grundversorgung und Wirtschaft

Pakistans Wirtschaft hat wegen einer günstigen geographischen Lage, Ressourcenreichtum, niedrigen Lohnkosten, einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht Wachstumspotenzial. Dieses Potenzial ist jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender makroökonomischer sowie politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten Korruption, ineffiziente Bürokratie, ein unsicheres regulatorisches Umfeld, eine trotz Verbesserungen in den letzten Jahren relativ teure bzw. unzureichende Energieversorgung und eine - trotz erheblicher Verbesserung seit 2014 - teils fragile Sicherheitslage (AA 5.3.2019).

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört unter anderem bei Getreideanbau und Viehzucht zu den weltweit größten Produzenten (AA 5.3.2019; vgl. GIZ 2.2019a).

Die pakistanische Wirtschaft wächst bereits seit Jahren mit mehr als vier Prozent. Für 2018 gibt der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar ein Plus von 5,6 Prozent an. Das Staatsbudget hat sich stabilisiert und die Börse in Karatschi hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Erreicht wurde dies durch einschneidende Reformen, teilweise unterstützt durch den IWF. In der Vergangenheit konnte Pakistan über die Jahrzehnte hinweg jedoch weder ein solides Wachstum halten noch die Wirtschaft entsprechend diversifizieren. Dies kombiniert mit anderen sozioökonomischen und politischen Faktoren führte dazu, dass immer noch etwa ein Drittel der pakistanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt (GIZ 2.2019a).

Das Programm Tameer-e-Pakistan soll Personen bei der Arbeitssuche unterstützen (IOM 2018). Das Kamyab Jawan Programme, eine Kooperation des Jugendprogrammes des Premierministers und der Small and Medium Enterprises Development Authority (SMEDA), soll durch Bildungsprogramme für junge Menschen im Alter zwischen 15 und 29 die Anstellungsmöglichkeiten verbessern (Dawn 11.2.2019).

Sozialbeihilfen

Der staatliche Wohlfahrtsverband überprüft an Hand spezifischer Kriterien, ob eine Person für den Eintritt in das Sozialversicherungssystem geeignet ist. Die Sozialversicherung ist mit einer Beschäftigung im privaten oder öffentlichen Sektor verknüpft (IOM 2018). Das Benazir Income Support Program und das Pakistan Bait-ul-Mal vergeben ebenfalls Unterstützungsleistungen (USSSA 3.2017).

Pakistan Bait-ul-Mal ist eine autonome Behörde, die Finanzierungsunterstützung an Notleidende, Witwen, Waisen, Invalide, Kranke und andere Bedürftige vergibt. Eine Fokussierung liegt auf Rehabilitation, Bildungsunterstützung, Unterkunft und Verpflegung für Bedürftige, medizinische Versorgung für mittellose kranke Menschen, der Aufbau kostenloser medizinischer Einrichtungen, Berufsweiterbildung sowie die finanzielle Unterstützung für den Aufbau von selbständigen Unternehmen (PBM o.D).

Das Benazir Income Support Programme zielt auf verarmte Haushalte insbesondere in abgelegenen Regionen ab. Durch Vergabe von zinsfreien Krediten an Frauen zur Unternehmensgründung, freie Berufsausbildung, Versicherungen zur Kompensation des Verdienstausfalles bei Tod oder Krankheit des Haupternährers und Kinderunterstützungsgeld sollen insbesondere Frauen sozial und ökonomisch ermächtigt werden (ILO 2017).

Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie gewährt u.a. Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Heilbehelfe, Dienstleistungen für Behinderte sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.).

Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) bietet Mikrofinanzierungen und andere soziale Leistungen zur Entwicklung der ländlichen Gebiete an. Sie ist in 70 Distrikten der vier Provinzen - inklusive Azad Jammu und Kaschmir - aktiv. NRSP arbeitet mit mehr als 3,4 Millionen armen Haushalten zusammen, welche ein Netzwerk von ca. 217.000 kommunalen Gemeinschaften bilden (NRSP o.D).

Medizinische Versorgung

In Islamabad und Karatschi ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem hohen Niveau und damit auch teuer (AA 13.3.2019). In modernen Krankenhäusern in den Großstädten konnte - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die am weitesten verbreiteten Krankheiten festgestellt werden. Auch die meisten Medikamente, wie z. B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden und sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 21.8.2018).

In staatlichen Krankenhäusern, die i.d.R. europäische Standards nicht erreichen, kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen, nicht zu. Hier können zum Teil gemeinnützige Stiftungen die Kosten übernehmen (AA 21.8.2018).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung (USDOS 13.3.2019). Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019, HRCP 3.2019). Es gibt einzelne rechtliche Einschränkungen, Wohnort, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu wechseln (FH 1.2019).

2. Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:

2.1 Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers (oben 1.1) ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben, an denen auf Grund seiner Orts- und Sprachkenntnisse nicht zu zweifeln war. Aufgrund des in der Verhandlung vorgelegten österreichischen Führerscheins konnte seine Identität festgestellt werden (Verwaltungsverfahrensakt des BFA, Aktenseite (AS) 81, 83, Beilage zur Verhandlungsschrift (VHS); zur Identitätsfeststellung mittels eines österreichischen Führerscheins siehe VwGH 16.11.1988, 88/02/0113).

2.2 Die Feststellungen zu seinen Lebensverhältnissen in Pakistan vor seiner Ausreise und den in Pakistan lebenden Familienangehörigen und Verwandten (oben 1.2) beruhen auf seinen Angaben im Verfahren vor dem BFA und in der Verhandlung, welche insofern im Wesentlichen stringent waren und keine Anhaltspunkte für die Annahme boten, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte (AS 83, 85, 87, VHS, Seite (S) 8 f).

2.3 Die Feststellungen zu seinen Lebensverhältnissen in Österreich (oben 1.3) beruhen auf den Angaben im Verfahren vor dem BFA, in der Verhandlung sowie in der Stellungnahme vom 04.07.2019, welche insofern stringent waren und keine Anhaltspunkte für die Annahme boten, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte (AS 83, 85; VHS, S 7, 10, 11, 12). Mit diesen Angaben stehen auch die in der Verhandlung vorgelegten und als unbedenklich erachteten Bescheinigungsmittel in Einklang, insbesondere der arbeitsrechtliche Vorvertrag eines Gastronomiebetriebes, die Bestätigungen über die Vereinsmitgliedschaften, Unterstützungsschreiben, Bestätigung über die ehrenamtliche Betätigung, der Nachweis über die absolvierte Sprachprüfung sowie der österreichische Führerschein (Beilage zur VHS). Die Feststellung zum Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung sowie zur strafrechtlichen Unbescholtenheit beruhen auf den Datenbankauszügen aus dem GVS-Betreuungsinformationssystems über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich sowie dem Strafregister der Republik Österreich, an deren Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind (OZ 14).

2.4 Die Feststellungen zu der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Verfolgung vor seiner Ausreise und seiner Rückkehrbefürchtung sowie seinem diesbezüglichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung (oben 1.4) beruhen auf den Niederschriften zu der Erstbefragung und den Einvernahmen vor der belangten Behörde sowie zur mündlichen Verhandlung am 13.06.2019 (AS 37, 89-95; 255 ff; VHS, S 14 -16). Einwendungen gegen die Richtigkeit jener Niederschriften wurden vom Beschwerdeführer nicht behoben.

2.5 Die Feststellungen dazu, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Fluchtgrund und seiner Rückkehrbefürchtung nicht glaubhaft ist sowie zu einer mangelnden Gefährdung seiner Person im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan (oben 1.5) waren aus den folgenden Gründen zu treffen:

2.5.1 Im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten Aufenthalt in einem Ausbildungscamp der Lashkar-e-Taiba und der anschließenden Verfolgung weisen seine Angaben bei den beiden Einvernahmen vor dem Bundesasylamt im Jahr 2012 das Kerngeschehen betreffend wesentliche Abweichungen auf. Erstens, er gab am 10.05.2012 an, dass sie bei der Verfolgungsjagt mit dem Auto auf der Hauptstraße - "einer sehr breiten Straße" - sehr schnell gefahren seien, da sie sich hätten retten wollen (AS 97), während er am 11.10.2012 ausgesagt hatte, dass auf sie gefeuert worden sei, wodurch XXXX die Kontrolle über das Auto verloren hätte und sie vom Berg hinuntergefallen seien, "die Straße sehr schmal" gewesen sei. Er gab auch am 11.10.2012 an, sich sehr genau daran zu erinnern, wie das Auto den Abgrund hinuntergefallen sei, er habe es selbst gesehen (AS 263). Zweitens, er gab am 11.10.2012 an, dass er nach seinem Krankenhausaufenthalt und der anschließenden Zeit bei seinem Onkel in XXXX wieder zu seinen Eltern ins Elternhaus zurückgekehrt sei und dort an einer Tankstelle zu arbeiten begonnen habe und während seines zweimonatigen Aufenthaltes im Elternhaus Leute "jeden Tag", "immer jemand anderer" "fünf bis sechs Mal an einem Tag" zu ihm nach Hause gekommen seien und nach ihm gesucht und bei seiner Familie nach ihm gefragt hätten. Jene Leute hätten gefragt, wo er - " XXXX " - sei und seine Familie habe geglaubt, es habe sich um einen Freund gehandelt (AS 265). Davon abweichend hatte er am 10.05.2012 angegeben, dass jene Leute nie zu ihm nach Hause gekommen seien, sondern in seinem Wohnviertel nach ihm gefragt hätten, was ihm sein Vater erzählt habe, der dies wiederum von dessen Freunden erfahren habe (AS 93). Diese beiden Versionen können nicht in Übereinstimmung gebracht werden.

Das BFA hat die soeben dargestellten Widersprüche im Zuge der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides aufgezeigt (Bescheid, S 56-58). In der Beschwerde wurde jenen Ausführungen des BFA nicht entgegengetreten und auch nicht die Gelegenheit wahrgenommen, diese Widersprüche aufzuklären oder zum bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers individuelle, nähere und präzisere Angaben zu machen.

Des Weiteren brachte der Beschwerdeführer zur Anzahl der Fluchtversuche Unterschiedliches vor. So gab er bei der Einvernahme am 11.10.2012 an, dass er bis zu jener Flucht aus dem Lager mit dem Auto keine Probleme im Ausbildungslager gehabt habe, es davor keinen Fluchtversuch gegeben habe, der gescheitert wäre (AS 269). Dem entgegenstehend hatte er jedoch bei der Einvernahme am 10.05.2012 vorgebracht, dass sie zunächst einmal versucht hätten, zu fliehen, sie dabei jedoch erwischt und gefesselt worden wären (AS 89). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der zweiten Einvernahme auch auf die konkrete Frage nach Fluchtversuchen den bei der ersten Einvernahme noch geschilderten Fluchtversuch, bei dem er erwischt und gefesselt worden sein soll, nicht anführte, spricht gegen die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens, wäre doch zu erwarten gewesen, dass er sich an ein derart einschneidendes Ereignis spätesten dann, wenn er dahingehend befragt wird, wieder erinnert.

Bei der Einvernahme am 10.05.2012 wurde der Beschwerdeführer auch gefragt, woher er wisse, dass sie auf der Flucht vom Trainingslager verfolgt worden seien, woraufhin der Beschwerdeführer diese Frage zunächst nicht beantwortete und dann nach Wiederholung der Frage angab, es sei "ja offensichtlich, dass sie uns verfolgen werden." Erst im Zuge der fachärztlichen Untersuchung am 14.06.2012 führte er aus, dass auf sie geschossen worden sei, sie jedoch nicht getroffen worden seien (AS 97, 143). Auch hier wäre zu erwarten gewesen, dass der Beschwerdeführer ein denkwürdiges Ereignis wie einen Beschuss auf der Flucht bereits in der Einvernahme vor der belangten Behörde davor berichtet hätte, hätte ein solches Ereignis tatsächlich stattgefunden.

Der Beschwerdeführer gab bei der Erstbefragung und vor der belangten Behörde des Weiteren an, dass er mit seinem Freund in das eineinhalb Tage Busfahrt entfernte Trainingslager aufgebrochen sei, um dort für zwei bis drei Monate zu "trainieren", ohne seinen Eltern irgendetwas davon gesagt oder diese sonst über seinen Verbleib informiert zu haben (AS 39, 89). Zumal der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, zu seinen Eltern ein gutes Verhältnis gehabt zu haben (Verhandlungsschrift 13.06.2019 (VHS), S 13) und damit nicht auf konfliktbeladene oder zerrüttete Familienverhältnisse zu schließen ist, erweist sich jene Darstellung des Beschwerdeführers auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zu dem von ihn genannten Zeitpunkt noch jugendlich war, als völlig unplausibel und damit unglaubhaft.

Der Beschwerdeführer brachte gegenüber der belangten Behörde schließlich noch vor, dass sein Vater ihm vor seiner Ausreise in Pakistan nicht gesagt und nicht begründet habe, aus welchem Grund er Pakistan verlassen soll, der Beschwerdeführer auch nicht seinen Vater danach gefragt habe, weshalb er ausreisen soll, und der Vater ihm erst den Grund genannt habe, nachdem sich der Beschwerdeführer erst in Österreich befunden habe (AS 93, 95). Es erweist sich jedoch - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer zum Ausreisezeitpunkt erst siebzehn Jahre war - als völlig lebensfremd, dass der Beschwerdeführer aus seiner Heimat, aus seinem gewohnten und kulturellen Umfeld, in der er sein ganzes bisheriges Leben lang sozialisiert wurde und er seine engsten Familienangehörigen und Freunde hat, herausgerissen und in ein fernes Land geschickt wird, ihm sein Vater dies vor der Ausreise in keiner Form erklärt und auch er selbst keine Erklärung für diesen Schritt von seinem Vater erfragt hat, zumal er auch in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, zu seinen Eltern ein gutes Verhältnis gehabt zu haben (Verhandlungsschrift 13.06.2019 (VHS, S 13).

Die soeben aufgezeigten Widersprüche, Unplausibilitäten, lebensfremden und unglaubhaften Darstellungen des Beschwerdeführers beruhen auf seinen Angaben, die er bereits im Jahr 2012 bei den Einvernahmen vor der Behörde und im Zuge seiner fachärztlichen Begutachtung und sohin relativ zeitnah zu den von ihm behaupteten Ereignissen gemacht hat. Der Beschwerdeführer machte damals nähere Angaben zum Beginn seiner Probleme, zur Motivation, in das Camp zu fahren, zu den Ereignissen, die sich in jenem Camp zugetragen haben sollen sowie zu seiner vorgebrachten Flucht mit drei anderen Personen und dem näheren Ablauf des Unfallherganges sowie zu den konkreten Etappen seiner Reise von Pakistan nach Österreich (exemplarisch Niederschrift 11.10.2012, AS 263: "Das habe ich selbst gesehen, wie das Auto den Abgrund hinunterfiel. Daran kann ich mich noch sehr genau erinnern." Mit der Stellungnahme vom 04.07.2019 bringt der Beschwerdeführer vor, der Beschwerdeführer sei damals noch sehr jung bzw minderjährig gewesen, er habe sich nach seinem schweren Unfall "nicht mehr an alles" erinnern können und in der Verhandlung am 13.06.2019 habe er bei der Schilderung seiner Fluchtgründe "nicht alle Punkte" beantworten können, was an seinem Gesundheitszustand gelegen sei (OZ 17). Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer 2012 im Zuge des Verfahrens vor der Behörde zwischen den beiden Einvernahmen von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Unfallchirurgie und Sporttraumatologie untersucht wurde. Der begutachtende Facharzt schloss nach der Untersuchung und aufgrund der damaligen Angaben des Beschwerdeführers in seinem Ergebnis eine schwere Schädelhirnverletzung aus, bewertete eine solche als unglaubhaft und stellte dazu - unter anderem - fest, dass beim Beschwerdeführer keine Erinnerungslücken und keine - normalerweise in einem solchen Fall zurückbleibenden - neurologischen Defizite bestehen (Gutachten 22.06.2012, AS 161 ff, insb AS 177). Es bestehen damit keine Zweifel an der Aussagefähigkeit des damals zwar auch jungen, jedoch fast bzw bei der zweiten Einvernahme bereits volljährigen Beschwerdeführers während des Verfahrens vor der Behörde.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass inzwischen mehrere Jahre vergangen sind und daher - zudem unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer in der Verhandlung vorgebrachten Kopfschmerzen - jedenfalls keine vollständigen und völlig unverfälschten Erinnerungen mehr erwartet werden können. Jedoch ist vor dem im Absatz zuvor dargestellten Hintergrund das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 13.06.2019, wonach er sich an "gar nichts" erinnern könne, weder an die Zeit des erstmaligen Betretens jenes Lager, noch an die zwei- bis dreimonatige Zeit im Lager und auch nicht an die Flucht (VHS, S 14-16), sowie die diesbezügliche Rechtfertigung in der Stellungnahme vom 04.07.2019 nicht glaubhaft, falls er tatsächlich derartige Erlebnisse in Pakistan gehabt hätte. Auch stehen seiner Äußerung in der Verhandlung in diesem Zusammenhang, wonach er "nicht einmal versucht" habe, daran zu denken, was in jenem Lager passiert sei, weil es "sehr sehr schlimm" gewesen sei, seine diesbezüglichen Schilderungen entgegen, die er noch im Verfahren vor der belangten Behörde und im Zuge der fachärztlichen Begutachtung gemacht hat (exemplarisch Niederschrift 10.05.2012, AS 89: "... Obwohl wir zwei Monate dort aufhältig waren, wurde uns nicht gelernt, mit dem Gewehr umzugehen. Wir mussten nur den ganzen Tag umherlaufen. Einer der Burschen sagte mir, dass wir nicht ausgebildet werden, sondern würde man aus uns Selbstmordattentäter machen. Als wir das erfuhren, versuchten wir, von dort zu flüchten. Wir wurden dabei erwischt. Sie fesselten uns. ...."). Der Beschwerdeführer war auch in der Verhandlung grundsätzlich dazu in der Lage, Fragen zu in der Vergangenheit liegenden Begebenheiten zu beantworten, wie beispielsweise zu Telefonaten mit seinen Familienangehörigen oder zu Unternehmungen mit seinen Freunden in Österreich (VHS, S 7 ff). Es sind auch dabei keine Zweifel an der grundsätzlichen Aussagefähigkeit des Beschwerdeführers hervorgekommen.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher zu der Überzeugung, dass die erwiesene gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers zwar auf einen erlittenen Verkehrsunfall zurückgeführt werden kann, wie dies auch im fachärztlichen Gutachten für möglich eingeschätzt wurde (Gutachten, AS 179). Es ist jedoch vor dem Hintergrund der zuvor dargelegten Überlegungen im Zuge einer Gesamtbetrachtung nicht glaubhaft, dass jener Unfall das Resultat von Verfolgungshandlungen ist, wie sie vom Beschwerdeführer behauptet wurden und es ist auch sein Vorbringen zu der von ihm behaupteten Verfolgungsgefährdung in Pakistan nicht glaubhaft.

2.5.2 Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in Pakistan vor mehreren Jahren im Jahr 2010 in Folge eines Unfallgeschehens mehrere Knochenbrüche, einen Milzriss sowie Wunden am Schädel erlitten hatte, die in Pakistan auch in einem Krankenhaus medizinisch versorgt und behandelt wurden. Als Folge der Milzentfernung wurde in Österreich im Jänner 2012 noch ein Darmverschluss operiert. Seither war keine weitere Operation erforderlich (vgl medizinische Berichte, AS 179, 221). Beim Beschwerdeführer wurden zuletzt chronische Kopfschmerzen, eine Migräne ohne Aura mit zusätzlicher Spannungskomponente, eine ausgeprägte depressive Symptomatik mit Somatisierungstendenz sowie eine posttraumatische Belastungsstörung und belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des linken Knies diagnostiziert wurde. Wegen der Kopfschmerzen wird der Beschwerdeführer regelmäßig in der Kopfschmerzambulanz der Uniklinik für Neurologie ambulant behandelt. (ärztliche Bestätigung vom 07.06.2019, Beilage zur VHS). Aktuell nimmt der Beschwerdeführer das Schmerzmittel Ibuprofen 400 mg sowie das Antidepressivum Dulasolan (Wirkstoff: Duloxetin) 30 mg (VHS, S 5, 6). Daneben wurde dem Beschwerdeführer regelmäßiger Ausdauersport, Pfefferminzöl für Nacken, Schläfen und Stirn, eine Regelung des Schlaf-/Wachrhythmus verschrieben (Neurologische Ambulanz XXXX 19.11.2018, Beilage zur VHS). Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer an keiner unmittelbar lebensbedrohlichen und stationär behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet. Es droht dem Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund der gestellten Diagnosen keine reale Gefahr einer schweren, rapiden und irreversiblen Gesundheitsverschlechterung, die mit intensivem Leiden oder mit einer signifikanten Verkürzung der Lebenserwartung verbunden wäre, wenn er nach Pakistan zurückkehrt. Der Beschwerdeführer erhielt bereits in Pakistan über mehrere Monate die medizinisch erforderliche Behandlung und er gab in der Verhandlung an, dass aktuell auch sein Vater in einem städtischen Spital in Pakistan versorgt werde und man dort nichts bezahlen müsse (VHS, S 10), sodass gesichert ist, dass der Beschwerdeführer auch in Pakistan die erforderliche Behandlung erhalten wird, falls er eine solche benötigt.

2.5.3 Zur allgemeinen Lage in Pakistan ist auszuführen, dass fallbezogen der Beschwerdeführer aus keiner der regionalen Problemzonen, sondern aus dem östlichen Punjab stammt. Auf Grundlage der getroffenen Länderfeststellungen (oben 1.7) kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in Pakistan und insbesondere in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich dort aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist. Ebenso kann auf Grundlage dieser Feststellungen die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse als zumutbar angenommen werden. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt an, dass das Leben in Pakistan teilweise von Korruption geprägt ist und eine wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation besteht, in der sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt auch als schwieriger darstellen könnte als in Österreich, zumal auch die Arbeitsplatzchancen als nicht befriedigend bezeichnet werden können. Es geht jedoch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervor, dass die Lage für alle Personen ohne Hinzutreten von besonderen Umständen dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Es ist somit auch aus diesem Umstand keine unmittelbare persönliche Existenzbedrohung des Beschwerdeführers in Pakistan ersichtlich. So ist auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Fremder selbst bei einem etwa acht Jahre dauernden Aufenthalt dadurch nicht gehindert, sich wieder eine existenzielle Grundlage im Herkunftsstaat aufzubauen (VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162).

2.5.4 Vor dem Hintergrund der hier insgesamt getroffenen Ausführungen hat der Beschwerdeführer somit nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt wäre. Er leidet auch an keiner unmittelbar lebensbedrohlichen und stationär behandlungsbedürftigen Erkrankung. Es droht dem Beschwerdeführer keine reale Gefahr einer schweren, rapiden und irreversiblen Gesundheitsverschlechterung, die mit intensivem Leiden oder mit einer signifikanten Verkürzung der Lebenserwartung verbunden wäre, wenn er nach Pakistan zurückkehrt.

2.6 Den hier getroffenen Feststellungen zur Situation in Pakistan (oben 1.7.) wurden dem Beschwerdeführer und seinem anwesenden Vertreter in der Verhandlung ausgefolgt. Es wurde ihm die Gelegenheit eingeräumt, sich zu diesen zu äußeren und er nahm zu diesen mit Schriftsatz vom 04.07.2019 schriftlich Stellung (OZ 17). Er ist dabei diesen Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten. Bei diesen Berichten handelt es sich insbesondere um für den vorliegenden Fall hinreichend aktuelle Berichte verschiedener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und internationaler Medien, wie beispielsweise Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, des US Departement of State, des Pak Institute for Peace Studies und IOM. Mangels einer Bestreitung von Seiten des Beschwerdeführers und angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Plausibilität der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht daher kein Grund, an der Richtigkeit der Länderberichte zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides)

Rechtsgrundlagen

3.1 Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

3.2 Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.3 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

3.4 Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.5 Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).

3.6 Fallbezogen hat der Beschwerdeführer nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine wohlbegründete Furcht vor einer ihm bei seiner Rückkehr in ganz Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sind damit nicht gegeben.

3.7 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides des BFA war daher als unbegründet abzuweisen.

Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides)

Rechtsgrundlagen

3.8 Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.9 Fallbezogen besteht nach dem festgestellten Sachverhalt in Verbindung mit der Beweiswürdigung unter Zugrundelegung der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch kein Hinweis auf solch "außergewöhnliche Umstände", welche eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Pakistan unzulässig machen könnten. Weder vor dem Hintergrund der Erwägungen zur Ländersituation (dazu oben 1.7. und 2.5.2-2.5.4), noch vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seiner Person ist ersichtlich, dass er bei einer Rückführung in seine Heimat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Der im nördlichen Punjab beheimatete Beschwerdeführer ist arbeitsfähig, weshalb nicht erkennbar ist, warum er in eine aussichtslose Lage geraten sollte oder ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, zumal auch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervorgeht, dass die Lage für alle Personen (ohne Hinzutreten von besonderen Umständen) dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. So ist auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Fremder selbst bei einem etwa acht Jahre dauernden Aufenthalt dadurch nicht gehindert, sich wieder eine existenzielle Grundlage im Herkunftsstaat aufzubauen (VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162). Auch eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 MRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/20/0050). Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063), liegt somit nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat möglicherweise schlechter sein wird, als in Österreich; aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art 3 EMRK nicht tangiert ist.

3.10 Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Dergleichen wurde auch vom Beschwerdeführer bis zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Entscheidung nicht konkret vorgebracht.

Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet - derartiges kann trotz der in manchen Landesteilen regional und temporär angespannten Sicherheitslage vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht angenommen werden -, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

3.11 Demnach war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II der angefochtenen Bescheide abzuweisen.

Spruchpunkt II

Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem § 57 AsylG (Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides)

Rechtsgrundlagen

3.12 Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen [...] 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen [...] oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.13 Fallbezogen liegen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor.

3.14 Insoweit war daher auch Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides zu bestätigen.

Teilweise Stattgabe der Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides, Feststellung, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, Erteilung des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten.

3.15 Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

3.16 Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Zum gegenständlichen Verfahren

3.17 Fallbezogen sprechen zunächst gegen den weiteren Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich und für die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung die Umstände, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2012 unrechtmäßig in Österreich eingereist ist und sein seither Aufenthaltsstatus grundsätzlich ein unsicherer war. Für den Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich spricht demgegenüber nach dem festgestellten Sachverhalt, dass der Beschwerdeführer bereits als Minderjähriger nach Österreich gekommen ist, er sich seit Jänner 2012 ununterbrochen in Österreich aufhält und seither knapp unter acht Jahre vergangen sind, wobei sein Aufenthalt in dieser Zeit, obgleich auch auf das Asylgesetz gestützt, so doch rechtmäßig war. Es handelt sich gegenständlich auch um den ersten und einzigen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer hat stets an seinem Verfahren mitgewirkt und sämtlichen Ladungen Folge geleistet, weshalb ihm die bisherige Verfahrensdauer nicht anzulasten ist. Er ist auch strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer bezieht zwar gegenwärtig noch Leistungen aus der Grundversorgung, ist jedoch arbeitsfähig und -willig ist. Er verfügt auch bereits über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag über eine Anstellung bei einem Gastronomiebetrieb bei Erhalt einer aufenthaltsrechtlichen Bewilligung, die ihm eine legale Erwerbstätigkeit ermöglicht. Im Zeitraum vom Oktober 2015 bis März 2016 hat er sich freiwillig und unentgeltlich caritativ engagiert. Er hat in Österreich den Führerschein für die Klasse B erworben. Er hat in Österreich bereits Freundschaften mit österreichischen Staatsangehörigen sowie mit hier lebenden Nichtösterreichern geschlossen und ist in Österreich Mitglied zweier Vereine, während er zu seinen Angehörigen in Pakistan nur noch telefonischen Kontakt hält.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher im konkret zu beurteilenden Fall aufgrund des Inhaltes des vom BFA vorgelegten Verfahrensaktes und des zusätzlich in der mündlichen Verhandlung am 13.06.2019 verschafften persönlichen Eindrucks hinsichtlich der bereits erfolgten Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft und der positiven Zukunftsprognose zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles das private Interesse des Beschwerdeführers an der Fortführung seines Privatlebens in Österreich das öffentliche Interesse an einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme überwiegt. Es ist auch keine ausreichende Rechtfertigung zu erkennen, warum öffentliche Interessen es zwingend erfordern würden, dass der Beschwerdeführer Österreich verlassen müsste.

3.18 Es erweist sich daher die im angefochtenen Bescheid angeordnete aufenthaltsbeendende Maßnahme als unzulässig und eine Rückkehrentscheidung daher auf Dauer unzulässig.

3.19 Gemäß § 81 Abs 36 NAG gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl I Nr 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl I Nr 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren. Die §§ 7 bis 16 Integrationsgesetz, BGBl I Nr 68/2017, mit Ausnahme von § 13 Abs. 2 traten mit 1. Oktober 2017 in Kraft.

Der Beschwerdeführer hat die Sprachprüfung "ÖSD Zertifikat A2" für die Sprache Deutsch nach dem 1. Oktober 2017 bestanden, nämlich am 07.02.2018. Damit gilt das Modul 1 der Integrationsvereinbarung nicht als erfüllt. Er übt auch zum Entscheidungszeitpunkt keine erlaubte Erwerbstätigkeit aus, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird.

Es ist daher im Ergebnis spruchgemäß der Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides teilweise stattzugeben, festzustellen, dass gemäß § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sowie dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs 1 Z 2 AsylG den Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten zu erteilen ist.

3.20 Nach dem zuvor dargestellten Ergebnis liegen auch nicht mehr die gesetzlichen Voraussetzungen für die Abschiebung nach Pakistan und die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise vor.

Zu B)

Revision

3.21 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.22 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

arbeitsrechtlicher Vorvertrag Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltsdauer Deutschkenntnisse Deutschkurs Glaubwürdigkeit Integration Interessenabwägung mangelnde Asylrelevanz Miliz non refoulement öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Sprachkenntnisse Terror Verein

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2105150.1.00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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