Entscheidungsdatum
05.12.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I422 2208009-1/14E
I422 2208007-1/14E
I422 2208012-1/14E
I422 2208010-1/14E
Ausfertigung des am 15.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , der XXXX , geb. XXXX (alias XXXX ), des XXXX , geb. XXXX und des XXXX , geb. XXXX , StA. jeweils Irak, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, jeweils vom 07.09.2018, Zl. 1092807908-151648923, 1092808404-151648842, 1127163400-161158877 und 1178862004-180044495, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer reisten unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellten am 29.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei die Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Wesentlichen vorbrachten, aus familiären Gründen ihren Herkunftsstaat verlassen zu haben.
2. Der Drittbeschwerdeführer wurde am 07.08.2016 und der Viertbeschwerdeführer am 03.01.2018 geboren und stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer für sie ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.
3. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden am 20.03.2018 durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. Erneut nach ihrem Fluchtvorbringen befragt, brachten die Beschwerdeführer ergänzend im Wesentlichen vor, dass der Erstbeschwerdeführer eine Beziehung zur Zweitbeschwerdeführerin gehabt habe und sie heiraten habe wollen. Die Familien der Beschwerdeführer seien damit jedoch nicht einverstanden gewesen und seien sie von der Familie der Zweitbeschwerdeführerin mit dem Tod bedroht worden. Daraufhin hätten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer heimlich geheiratet und beschlossen den Irak zu verlassen.
4. Mit Bescheid vom 07.09.2018, zu Zl. 1092807908-151648923, Zl. 1092808404-151648842, Zl. 1127163400-161158877 und Zl. 1178862004-180044495 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des Status des Subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab und erteilte sie ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Sie erließ über die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), erklärte ihre Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt V.) und gewährte ihnen eine Frist für ihre freiwillige Ausreise von 14 Tagen (Spruchpunkt VI.).
5. Gegen den Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 08.10.2018 fristgerecht Beschwerde.
6. Am 15.11.2019 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht. In dieser wurde das Fluchtmotiv der Beschwerdeführer nochmals eingehend erörtert und nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens die Entscheidung unter Darlegung der wesentlichen Entscheidungsgründe mündlich verkündet.
7. Mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung vom 18.11.2019 beantragten die Beschwerdeführer die Vollausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zu den Personen der Beschwerdeführer:
Die volljährigen Erst- und Zweitbeschwerdeführer und die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak, Angehörige der Volksgruppe der Araber, sprechen arabisch als Muttersprache und bekennen sich zur schiitisch-islamischen Glaubensgemeinschaft. Die Identität der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer steht nicht fest. Die Identität der Dritt- und Viertbeschwerdeführer ist geklärt.
Der Erstbeschwerdeführer ist gesund, er leidet weder an derartigen psychischen oder physischen Beeinträchtigungen die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen, noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Die Zweitbeschwerdeführerin leidet seit rund 16 Jahren an Diabetes Typ 1. Sie wurde diesbezüglich bereits in ihrem Herkunftsstaat medizinisch behandelt und befindet sich diesbezüglich auch in Österreich in medizinischer Betreuung. Die Zweitbeschwerdeführerin leiden somit an keiner derartigen Krankheit, die ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegensteht, noch ist sie längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer sind vollkommen gesund. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind erwerbsfähig.
Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer reisten illegal und schleppergestützt in das Bundesgebiet ein und stellten am 29.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Für die am 07.08.2016 und am 03.01.2018 in Österreich geborenen Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden auf Grundlage des Familienverfahrens jeweils Anträge auf internationalen Schutz eingebracht.
Der Erstbeschwerdeführer wurde in Basra geboren, wuchs dort auf und besuchte in Basra von 1996 bis 2008 die Schule. Anschließend arbeitete er von 2008 bis zu seiner Ausreise bei einem Unternehmen für Telefon- und Computerreparaturen. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde ebenfalls in Basra geboren, wuchs dort auf, absolvierte dort neun Jahre lang die Schule. Rund sieben bis acht Monate vor ihrer Ausreise arbeitete die Zweitbeschwerdeführerin in einem Friseursalon in Basra.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer sind miteinander nach islamischen Ritus verheiratet. Aus der Beziehung entstammen die im Jahr 2016 und 2018 in Österreich geborenen Dritt- und Vierbeschwerdeführer. Zudem haben sie familiäre Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsstaat. So leben die Eltern und die vier Brüder sowie vier Schwestern des Beschwerdeführers nach wie vor in Basra. Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt in Form ihrer Eltern sowie von drei Brüdern und vier Schwestern über familiäre Anknüpfungspunkte im Irak.
Abgesehen voneinander haben die Beschwerdeführer in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte. Ein Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich ist gegeben. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sprechen auf einfachem, rudimentärem Niveau Deutsch und haben der Erstbeschwerdeführer die Deutschprüfung im Niveau B1 und die Zweitbeschwerdeführerin im Niveau A1 bestanden. Der Erstbeschwerdeführer ist im örtlichen Fußballverein aktiv und engagierte sich zeitweise ehrenamtlich als Übersetzer beim Roten Kreuz und als Putzhilfe in einem Altersheim. Er nahm einen Dienstleistungscheck in Anspruch und verfügt über eine Einstellungszusage bei einer oberösterreichischen Leinenweberei, datierend vom 05.11.2019. Vor ihrer zweiten Schwangerschaft besuchte die Zweitbeschwerdeführerin einen Sportkurs. Nunmehr kümmert sie sich primär um den Haushalt und die Familie. Der Drittbeschwerdeführer besucht seit September 2019 den örtlichen Kindergarten. Eine sonstige maßgebliche tiefgreifende Integration der Beschwerdeführer in kultureller, sozialer und beruflicher Hinsicht ist nicht gegeben.
Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer gehen in Österreich keiner Beschäftigung nach und beziehen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.
1.2 Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, einer politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder verfolgt werden.
Weder der Erst-, noch die Zweitbeschwerdeführer vermochten glaubhaft machen, dass sie in ihrem Herkunftsstaat einer Verfolgung durch ihre Familien – insbesondere der Familie der Zweitbeschwerdeführerin – ausgesetzt waren bzw. sind.
Für die Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtvorbringen geltend gemachten und beziehen sich deren Fluchtmotive auf jene der Erst- und Zweitbeschwerdeführer.
Zusammenfassend wird in Bezug auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer und aufgrund der allgemeinen Lage im Land festgestellt, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein werden.
1.3 Zur Lage im Herkunftsland:
Zur allgemeinen Sicherheitslage im Irak:
Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003. Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert.
So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen.
Laut Angaben von UNAMI, der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak, wurden im September 2018 im Irak insgesamt 75 irakische Zivilisten durch Terroranschläge, Gewalt und bewaffnete Konflikte getötet und weitere 179 verletzt. Insgesamt verzeichnete UNAMI im Jahr 2017 3.298 getötete und 4.781 verwundete Zivilisten. Nicht mit einbezogen in diesen Zahlen waren zivile Opfer aus der Provinz Anbar im November und Dezember 2017, für die keine Angaben verfügbar sind. Laut UNAMI handelt es sich bei den Zahlen um absolute Mindestangaben, da die Unterstützungsmission bei der Überprüfung von Opferzahlen in bestimmten Gebieten eingeschränkt ist. Im Jahr 2016 betrug die Zahl getöteter Zivilisten laut UNAMI noch 6.878 bzw. die verwundeter Zivilisten 12.388. Auch diese Zahlen beinhalten keine zivilen Opfer aus Anbar für die Monate Mai, Juli, August und Dezember.
Sicherheitslage im Südirak:
Der gesamte südliche Teil des Irak, einschließlich der Provinz Babil, steht nominell unter der Kontrolle der irakischen Regierung. Vielerorts scheinen die Regierungsbehörden gegenüber lokalen Stämmen und Milizen noch immer in einer schwächeren Position zu sein. Die irakische Regierung war gezwungen, dem Kampf gegen den IS im Zentral- und Nordirak in den letzten Jahren Vorrang einzuräumen und bedeutende militärische und polizeiliche Ressourcen aus dem Süden abzuziehen und in diese Gegenden zu entsenden. Vor diesem Hintergrund sind Stammeskonflikte, eskalierende Gesetzlosigkeit und Kriminalität ein Problem der lokalen Sicherheitslage. Die Bemühungen der Regierung, die Kontrolle wieder zu übernehmen, scheinen noch nicht zum entscheidenden Erfolg geführt zu haben. Regierungsnahe Milizen sind in unterschiedlichem Maße präsent, aber der Großteil ihrer Kräfte wird im Norden eingesetzt.
Terrorismus und Terrorismusbekämpfung spielen im Süden nach wie vor eine Rolle, insbesondere in Babil, aber im Allgemeinen in geringerem Maße als weiter im Norden. Noch immer gibt es vereinzelte Terroranschläge.
In der Provinz Basra kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bewaffneter Gruppierungen. In Basra und den angrenzenden Provinzen besteht ebenfalls das Risiko von Entführungen. Seit 2015 finden in allen Städten des Südirak regelmäßig Demonstrationen statt, um gegen die Korruption der Regierung und die Arbeitslosigkeit zu protestieren und eine bessere Infrastruktur zu fordern. Gewöhnlich finden diese Demonstrationen in Ruhe statt, sie haben jedoch auch schon zu Zusammenstößen mit der Polizei geführt, zu Verletzten und Toten. Dies war auch im Juli und September 2018 der Fall, als Demonstranten bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet wurden.
Protestbewegung:
Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus. Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss. Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormen Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit.
Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus. So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren. Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad. Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet. Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da‘wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen. Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen. Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen. Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet.
Versorgungslage:
Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Die Iraker haben eine dramatische Verschlechterung in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Strom, Wasser, Abwasser- und Abfallentsorgung, Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehr und Sicherheit erlebt. Der Konflikt hat nicht nur in Bezug auf die Armutsraten, sondern auch bei der Erbringung staatlicher Dienste zu stärker ausgeprägten räumlichen Unterschieden geführt. Der Zugang zu diesen Diensten und deren Qualität variiert demnach im gesamten Land erheblich.
Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten schwierig. Die genannten Defizite werden durch die grassierende Korruption zusätzlich verstärkt. Nach Angaben des UN-Programms „Habitat“ leben 70 Prozent der Iraker in Städten, die Lebensbedingungen von einem großen Teil der städtischen Bevölkerung gleichen denen von Slums.
In vom IS befreiten Gebieten muss eine Grundversorgung nach Räumung der Kampfmittel erst wiederhergestellt werden. Einige Städte sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt.
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt (AA 12.2.2018). Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen.
Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung. Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore.
Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD. Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind dann noch zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen.
In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen. Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren.
Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich. Hinzu kommt, dass durch die Kampfhandlungen nicht nur eine Grundversorgung sichergestellt werden muss, sondern auch schwierige Schusswunden und Kriegsverletzungen behandelt werden müssen.
Behandelbarkeit Diabetes:
Im Irak leiden rund 7,5 % der erwachsenen Bevölkerung an Diabetes. Diabetes ist im Irak sowohl stationär als auch ambulant behandelbar. Für Personen, die an Diabetes erkrankt sind, sind die nötigen Medikamente in allen öffentlichen Krankenhäusern in Bagdad erhältlich. In privaten Apotheken ist zB Insularin glargin 100 iE (5 Stifte) zum Preis von 145.000 IQD (ca. 113,43 Euro) erhältlich. Insulin Aspart steht in öffentlichen Einrichtungen kostenlos zur Verfügung, wenn das Medikament von einem Diabetologen oder Endokrinologen verschrieben wird.
Lage von Kindern in Basra:
Im Gouvernement Basra besuchen 90,7 Prozent der Kinder die Grundschule, 59,6 Prozent der Kinder die Sekundarstufe I und 22,9 Prozent eine Oberstufenschule.
In Basra gab es im Jahr 2015 1.800 öffentliche Schulen für etwa 800.000 Schüler, weitere 700 Schulen wurden [2015] laut dem irakischen Bildungsministerium benötigt. Die Überbelegung führte zu Schichtbetrieb von Klassen. Es wird berichtet, dass im Oktober 2018 unter anderem für 500 Schüler aus Basra beim Bildungsministerium der Kurdischen Autonomieregierung ein Antrag auf Schulwechsel gestellt wurde. Während Kinder aus Familien der unteren und mittleren Schichten öffentliche Schulen besuchen, hat der Anteil an Privatschulbildung zugenommen. Im Jahr 2015 besuchten etwa 20 Prozent der Kinder in Basra Privatschulen. Einer der Quellen zufolge erteilte die Regierung im Jahr 2017 die Genehmigung zur Eröffnung einer privaten, gemischten christlichen Schule in Basra. Gemischt christliche Kindergärten existieren bereits.
Im Gouvernement Basra sind 3,3 Prozent der Kinder unter 5 Jahren für ihr Alter moderat bis schwer untergewichtig sind, 0,6 Prozent der Kinder sind schwer untergewichtig. 8,3 Prozent sind im Wachstum bez. in der Körpergröße unterentwickelt, 1,3 Prozent schwerwiegend. Laut derselben Quelle sind im Gouvernement Basra 75,3 Prozent der Kinder zwischen 3 und 4 Jahren in ihrer Entwicklung in Bezug auf die untersuchten Indikatoren auf Kurs. Außerdem wurden im Gouvernement Basra 3,3 Prozent der Kinder unter 5 Jahren in der vorhergegangenen Woche alleine gelassen, 5,9 Prozent wurden unter Aufsicht eines weiteren Kindes unter 10 Jahren gelassen.
Ebenso den Quellen ist zu entnehmen, dass Kinder das höchste Armutsrisiko in allen Altersgruppen der Bevölkerung haben.
Eine weitere Quelle gibt an, dass je nach Quelle 16 Prozent, bis zu über ein Drittel der Bevölkerung von Basra unterhalb der Armutsgrenze von 2,50 USD (2,22 EUR) pro Tag leben. Die Rate der Kinderarmut in Basra wird mit etwa 19 Prozent angegeben. Im Gouvernement Basra hatte der Distrikt Basra im Jahr 2015 die höchste Armutsrate, gefolgt von den Distrikten Al Zubair, Al Khaseeb, Al Qurna, Al Hartha, Al Deer und Shatt al Arab.
Einer der in den Quellen zitierten Studien ist zu entnehmen, dass im Gouvernement Basra die Ernährung von 31,6 Prozent der Kinder der „Minimum dietary diversity“ nach den Kriterien der Studie entspricht. 84,1 Prozent der Kinder bekommen die „Minimum meal frecuency“, und 26,7 Prozent der Kinder bekommen die „Minimum acceptable diet“.
Laut einer der Quellen sind in Basra die meisten Nahrungsmittel für den Grundbedarf verfügbar, die Märkte sind funktionstüchtig. Die Preise auf den Märkten von Basra sind vergleichsweise höher als im Umland, insbesondere für lokal angebaute Produkte, bedingt durch eine Reduktion des Anbaus von Nutzpflanzen wegen der Wasserknappheit seit 2018.
Mehreren Quellen zufolge herrscht im Gouvernement Basra seit den Sommermonaten des Jahres 2018 eine Wasserkrise und Wasserknappheit, verursacht durch stromaufwärts gelegene Dämme, Dürren und Umweltverschmutzung. Aufgrund der Wasserknappheit konnte salziges Meerwasser aus dem Persischen Golf in die Hauptsüßwasserquelle, den Shatt al-Arab einsickern, wodurch das Wasser zu salzig wurde um es als Trinkwasser oder für die Landwirtschaft zu nutzen.
Vier der sieben Distrikte in Basra, einschließlich Basra City, sind betroffen. Mehreren Quellen zufolge wurden im Jahr 2018 über 100.000 Fälle von durch Wasser und Lebensmittel übertragenen Krankheiten gemeldet, darunter Typhus, Ruhr, Hepatitis B und Cholera, verursacht durch Viren, Parasiten, Bakterien und toxische Stoffe. Einer der Quellen zufolge sind über 277.000 Kinder in Basra gefährdet, sich in Basras Schulen durch über Wasser übertragbare Krankheiten anzustecken.
Die Bewohner von Basra müssen sauberes Trinkwasser kaufen, wobei die Kosten den ärmeren Teil der Bevölkerung am härtesten treffen. Einer der Quelle zufolge braucht der Zugang zu sauberem Wasser 120 bis 140 USD (106 bis 124 EUR) des monatlichen Haushaltseinkommens.
2. Beweiswürdigung:
2.1 Zum Sachverhalt:
Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde samt den sich darin befindlichen Erstbefragungs- und Einvernahmeprotokollen, den angefochtenen Bescheiden sowie dem Beschwerdeschriftsatz sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt. Zudem fand am 15.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung statt. Ergänzend wurde auch eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Irak „Diabetes“ datierend 08.02.2017, die Home Office - Country Policy and Information Note „Iraq. Medical and healthcare issues“ betreffend die Behandelbarkeit von Diabetes, datierend vom Mai 2019 sowie eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Lage der Kinder in Basra“ datierend vom 21.10.2019 berücksichtigt und deren Inhalte im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert. Des Weiteren wurden Auskünfte aus dem Melderegister (ZMR), dem Strafregister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) eingeholt.
2.2 Zu den Personen der Beschwerdeführer:
Die Feststellung zur Volljährigkeit der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer sowie der Minderjährigkeit der Dritt- und Viertbeschwerdeführer, deren Staatsangehörigkeit, deren Volksgruppen- und Glaubenszugehörigkeit sowie deren Muttersprache resultiert aus den glaubhaften Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer vor der belangten Behörde und der diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im Rahmen ihrer mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019. Die Identität der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer steht in Ermangelung der Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten nicht fest. Die Identität der in Österreich geborenen Dritt- und Viertbeschwerdeführer steht aufgrund der sich in den Verwaltungsakten befindlichen österreichischen Geburtsurkunden fest.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers ergeben sich zunächst aus seinem Vorbringen im Administrativverfahren. Hierbei brachte er auf Nachfragen durch die belangte Behörde vor, dass er gesund sei und vereinte er die Fragen, ob er sich in ärztlicher Behandlung befinde oder zurzeit Medikamente nehme. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019 führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass er an keinen chronischen Krankheiten leide. Vor der mündlichen Verhandlung habe er allerdings nicht schlafen können und Kopfschmerzen bekommen, weswegen ihm von seiner Hausärztin die Einnahme von Trittico retard verschrieben worden sei. Zudem leide er an Haarausfall im Bereich des Halses und habe ihm die Hausärztin die Arznei Advantan verschrieben. Einen ärztlichen Befund oder ein Rezept legte der Erstbeschwerdeführer nicht vor. Dass die Zweitbeschwerdeführerin an Diabetes, Typ 1 leidet, ergibt sich bereits aus dem Erstbefragungsprotokoll vom 29.10.2015, wo sie angab, dass sie Zuckerkrank sei und dagegen Medikamente nehme. Auch im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde vom 20.03.2018 bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie sich gegenwärtig in ärztlicher Behandlung befinde und wegen ihrer Zuckerkrankheit regelmäßig Insulinspritzen nehme. Zudem legte sie einen Laborbefund einer Ärztin für Allgemeinmedizin, datiert vom 18.10.2019 vor. Ergänzend brachte sie diesbezüglich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2019 vor, dass sie bereits seit rund 16 Jahren an Diabetes erkrankt sei und sie bezüglich ihrer Diabetes-Erkrankung bereits im Irak mit Insulin behandelt worden sei. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin auch, dass die Dritt- und die Viertbeschwerdeführer vollkommen gesund seien.
Aus den Angaben der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich ihrer bisherigen Tätigkeit, ergibt sich in Zusammenschau mit deren Gesundheitszustand und deren Alter die Feststellung über ihre Erwerbsfähigkeit.
Die Einreise der Erst- und Zweitbeschwerdeführer und deren Antragsstellung auf internationalen Schutz sowie die Geburt der Dritt- und Viertbeschwerdeführer sowie deren nachgereichte Antragsstellung resultiert aus der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und den sich darin befindlichen Erstbefragungsprotokollen betreffend die Erst- und Zweitbeschwerdeführer, Geburtsurkunden der Dritt- und Viertbeschwerdeführer und deren beiden Anträge auf internationalen Schutz, datierend vom 18.08.2016 und vom 12.01.2018.
Die Feststellungen zur Geburt, zur Schul- und Berufsausbildung sowie der bisherigen beruflichen Tätigkeiten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer ergibt sich aus ihren diesbezüglich Angaben im Administrativverfahren und den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben bei der mündlichen Verhandlung, welche als glaubhaft erachten werden.
Dass die Erst- und die Zweitbeschwerdeführer miteinander verheiratet sind und aus dieser Beziehung die beiden in Österreich geborenen Söhne entstammen, ergibt sich ebenso wie die Feststellungen zu ihren familiären Anknüpfungspunkten in ihrem Herkunftsstaat aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und zuletzt vor dem Bundesverwaltungsgericht und den sich im Verwaltungsakt befindlichen Geburtsurkunden der Dritt- und Viertbeschwerdeführer.
Im Zuge ihrer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht bestätigten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer, dass sie – abgesehen voneinander und den beiden minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführern – im Bundesgebiet keine weiteren Familienangehörige haben. Aus dem rund vier Jahre andauernden Aufenthalt der Beschwerdeführer ergibt sich schon dem Grunde nach ein Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer in Österreich. Der erkennende Richter konnte sich in der mündlichen Verhandlung selbst ein Bild von den Ausprägungen der Deutschkenntnisse der Erst- und Zweitbeschwerdeführer machen. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer legten bei mündlichen Verhandlung zwei Unterstützungserklärungen datiert vom 09.11.2019 und vom 10.11.2019, das ÖSD Zertifikat über die bestandene Deutschprüfung A1 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, datiert vom 16.04.2019, die Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs der WKO betreffend den Erstbeschwerdeführer, datiert vom 04.03.2019, das Zeugnis des ÖIF über die absolvierte Integrationsprüfung auf Niveau B1 betreffend den Erstbeschwerdeführer, datiert vom 11.07.2019, der Bestätigung über einen eingelösten Dienstleistungscheck der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau vom 11.02.2019 und ein Empfehlungsschreiben und Einstellungszusage der Leinenweberei V[...] GmbH, datiert vom 05.11.2019 vor. Dass der Erstbeschwerdeführer im örtlichen Fußballverein aktiv ist bestätigte der Erstbeschwerdeführer auf Nachfragen durch den erkennenden Richter und resultiert die Feststellung bezüglich seiner zeitweisen ehrenamtlichen Tätigkeit als Übersetzer beim Roten Kreuz und als Putzhilfe in einem Altersheim aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Administrativverfahren. Die Zweitbeschwerdeführerin gab auf Nachfragen des Richters an, dass sie vor ihrer zweiten Schwangerschaft einen Sportkurs besucht habe und dass sie sich nunmehr primär um den Haushalt und die Familie kümmere. Sie führte auch glaubhaft aus, dass der Drittbeschwerdeführer seit September 2019 den örtlichen Kindergarten besuche. Die Feststellung, dass eine sonstige maßgebliche tiefgreifende Integration der Beschwerdeführer in kultureller, sozialer und beruflicher Hinsicht nicht gegeben ist, resultiert aus dem Umstand, dass sich die integrativen Bemühungen der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Dauer ihres Aufenthaltes in ein überschaubares Ausmaß erschöpfen.
Die Feststellung, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Österreich keiner Beschäftigung nachgehen und Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehen, bestätigten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung und leitet sich dies zudem auch aus der Einsichtnahme in die Auszüge der GVS ab.
Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik.
2.3 Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:
In einem Asylverfahren stellt die Aussage eines Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle dar und stützt sich das erkennende Gericht vor allem auf die unmittelbaren Angaben eines Beschwerdeführers, weshalb die Angaben eines Beschwerdeführers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubhaftigkeit überprüft werden müssen. Zur Glaubhaftigkeit eines Vorbringens ist generell auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; ein Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn ein Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich ein Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.
Grundsätzlich ist ein Verfolgungsschicksal von einem Antragsteller glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Es ist anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche in wesentlichen Fluchtaspekten (VwGH 23.01.1997, 95/20/0303, 25.01.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (VwGH 22.02.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Im Rahmen einer ganzheitlichen Würdigung der individuellen Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer geht der erkennende Richter aufgrund einer Gesamtschau des Akteninhaltes, den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer vor der belangten Behörde und aufgrund des gewonnenen Eindrucks in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass das Fluchtvorbringen der Erst-und Zweitbeschwerdeführer nicht glaubhaft ist. Dies aufgrund folgender Überlegungen:
Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer haben bei ihren Einvernahmen, insbesondere in der Gegenüberstellung der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2018 in wesentlichen Punkten des Fluchtmotives widersprüchliche, nicht nachvollziehbare und unplausible Angaben gemacht. Die Widersprüche und Unplausibilitäten vermochten sie weder in ihren Angaben im Beschwerdeschriftsatz, noch im Rahmen ihrer Ausführungen in der der mündlichen Verhandlung aufzuklären.
So ergeben sich Ungereimtheiten bereits bei der Schilderung ihres Kennenlernens. Laut Erstbeschwerdeführer habe er die Zweitbeschwerdeführerin über eine App namens „Wechat“ kennengelernt. Dies sei im Sommer 2014 gewesen [BF1: AS 92]. Demgegenüber schildert die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie den Erstbeschwerdeführer bereits Anfang 2014 kennengelernt habe [BF2: AS 69 und AS 71]. Sie habe ihre Freundin anrufen wollen, sich dabei vertippt und irrtümlich den Zweitbeschwerdeführer angerufen [BF2: AS 71]. Ein erstes Kennenlernen über „WeChat“ – wie sie es im Rahmen der mündlichen Verhandlung schildert – bleibt vollkommen unerwähnt.
Am Auffallendsten sind die Abweichungen in den Ausführungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich des Kontaktes des Erstbeschwerdeführers mit der Familie der Zweitbeschwerdeführerin bzw. den Schilderungen des „Brautwerbens“. Der Erstbeschwerdeführer führt zB aus, dass es sich um eine heimliche Beziehung gehandelt habe. Die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin habe sie jedoch einmal gemeinsam vor der Haustüre gesehen und dem Erstbeschwerdeführer daraufhin eine Ohrfeige verpasst und gemeint, dass sie dies den Brüdern der Zweitbeschwerdeführerin berichten werde [BF1: AS 91 und AS 92]. Die Umstände hinsichtlich der besagten Ohrfeige schildert die Zweitbeschwerdeführerin vollkommen anders. So gibt sie an, dass ihre Mutter dem Erstbeschwerdeführer die Ohrfeige im Wohnzimmer des Hauses der Zweitbeschwerdeführerin verpasst habe, nachdem der Erstbeschwerdeführer das erste Mal um die Hand der Zweitbeschwerdeführerin angehalten habe [BF2: AS 71].
Auch in Hinblick auf das „um die Hand anhalten“ gibt es gravierende Abweichungen in den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer: So ergibt sich aus den Schilderungen, dass der Erstbeschwerdeführer lediglich einmal bei der Zweitbeschwerdeführerin zu Hause war, als er sie abholen habe wollen [BF1: AS 92]. Demgegenüber gibt die Zweitbeschwerdeführerin an, dass der Erstbeschwerdeführer zwei Mal bei ihr zu Hause gewesen wäre und um ihre Hand angehalten habe. Das erste Mal er alleine und das zweite Mal sei er mit seinem Onkel dagewesen [BF2: AS 72]. Diesem Vorbringen widerspricht der Erstbeschwerdeführer explizit, wenn er angibt, dass er persönlich nie um ihre Hand angehalten habe, sondern Freunde von ihm vier bis fünf Mal bei den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin gewesen seien und sie diese von der Beziehung bzw. einer Zustimmung zu einer Ehe hätten überzeugen wollen [BF1: AS 93]. Eine plausible Erklärung für diese Widersprüche vermochten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer in ihrem Beschwerdeeinwand nicht liefern, sondern führen lediglich erneut aus, dass der Erstbeschwerdeführer einmal persönlich um die Hand der Zweitbeschwerdeführerin angehalten habe und anschließend Freunde geschickt habe.
In weiterer Folge sind auch die Angaben der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer hinsichtlich des Verlassens des Hauses der Zweitbeschwerdeführerin wenig stringent. Auf diesbezügliches Nachfragen, wie die Zweitbeschwerdeführerin es geschafft habe, von zu Hause wegzukommen und in die neue Wohnung zu ziehen, vermeint der Erstbeschwerdeführer, dass sie sich dies vorab am Telefon ausgemacht hätten. Er habe sie um 10.30 Uhr mit dem Taxi abgeholt und sie seien anschließend weitergefahren [BF1: AS 91]. Die Zweitbeschwerdeführerin schildert ebenfalls, dass sie sich dies telefonisch ausgemacht hätten und er sie mit dem Taxi abgeholt hätte und sie zur Moschee weitergefahren seien. Konkret nachgefragt durch die belangte Behörde, habe er sie bereits in der Früh um 07:00 Uhr abgeholt [BF2: AS 71]. Die klare Fragestellung seitens der belangten Behörde und die eindeutigen Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer lassen keinen anderen Rückschluss zu, daher geht auch der spätere dahingehende Beschwerdeeinwand, dass die Zweitbeschwerdeführerin das Haus um 10:30 Uhr verlassen habe und sie dies um 07:00 Uhr früh telefonisch mit dem Erstbeschwerdeführer vereinbart hätte, ins Leere. In diesem Zusammenhang lässt der erkennende Richter auch nicht außer Acht, dass der Zweitbeschwerdeführer sein Vorbringen rund um das Verlassen des Hauses durch die Erstbeschwerdeführerin steigert bzw. sie sich widersprechen. Zunächst ist dahingehend auszuführen, dass im Beschwerdeschriftsatz erstmals vorgebracht wird, dass zum Zeitpunkt des Verlassens des Hauses durch die Zweitbeschwerdeführerin lediglich deren „Mutter und die Schwägerin“ anwesend gewesen seien [BF1: AS 351]. In diesem Zusammenhang ist es widersprüchlich, wenn die Zweitbeschwerdeführerin bei der mündlichen Verhandlung dahingehend angibt, dass sie warten habe müsse bis ihre „Eltern“ beschäftigt gewesen seien und sie das Haus verlassen habe, nachdem „diese“ geschlafen hätten [VHP S 19]. Dass die Erst- bzw. Zweitbeschwerdeführer jemanden beim Verlassen angetroffen hätte oder dabei beobachtet worden sei, wird weder im Administrativverfahren, noch im Beschwerdeschriftsatz behauptet. Daher wertet es der erkennende Richter als Steigerung, wenn der Erstbeschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung erstmals vorbringt, dass ihn ein Verwandter von ihm mit der vollverschleierten Zweitbeschwerdeführerin gesehen habe und dieser daraufhin den Eltern des Erstbeschwerdeführers davon berichtet hätte und der Erstbeschwerdeführer daraufhin von seinem Vater und seinem Onkel unter Beobachtung gestanden sei [VHP S 9], zumal auch dieses „unter Beobachtung stehen“ in den Ausführungen bislang keine Erwähnung fand (VwGH 30.09.2019, Ra 2019/20/0455).
Vernachlässigbar sind die unterschiedlichen Angaben, wonach laut Erstbeschwerdeführer bei der Trauung der Scheich und zwei Zeugen [BF1: AS 92] und laut Zweitbeschwerdeführerin der Scheich und ein Zeuge [BF2: AS 71] gewesen sei. Aus dem Amtswissen des erkennenden Richters ergibt sich, dass zur Unterfertigung eines Ehevertrages nach islamischen Ritus die Anwesenheit zweier männlicher Zeugen erforderlich ist und liegt hier wohl eine semantische Unschärfe in der Übersetzung bzw. deren Niederschrift vor.
Hinsichtlich der Eheschließung lässt der erkennende Richter auch nicht außer Acht, dass der Erstbeschwerdeführer hierbei angibt, dass die Ehe am 23.11.2014 stattgefunden habe [BF1: AS 87], wohingegen die Zweitbeschwerdeführerin ausführt, die Ehe sei im April 2014 geschlossen worden [BF2: AS 65]. Die anfängliche Vermutung, dass es sich hierbei ebenfalls um einen möglichen Fehler in der Übersetzung der Angaben der Zweitbeschwerdeführerin handelt, war vor allem auch deshalb auszuschließen, weil die Zweitbeschwerdeführerin in derselben Einvernahme zu einem späteren Zeitpunkt angibt, dass sie im Sommer 2014 geheiratet hätten [BF2: AS 69]. Hierfür spricht auch der Umstand, dass die Zweitbeschwerdeführerin in der Einvernahme ausführt, dass sie den Erstbeschwerdeführer Anfang des Jahres 2014 kennengelernt bzw. das erste Mal persönlich gesehen habe [BF2: AS 69 und AS 71]. Unter Berücksichtigung ihrer weiteren Angaben, wonach sie mit ihm nicht rausgehen habe könne, er aber zwei Mal bei ihr gewesen sei und bei ihrer Familie um ihre Hand angehalten habe, lässt den von ihr behaupteten Hochzeitstermin mit April 2014 für sich gesehen durchaus plausibel wirken. Berücksichtigt man zudem auch das Klima in Bagdad (https://www.wetter.com/reise/klima/klimatabelle/irak-basra-IQ0BA0001.html), liegt der angegebene Termin Mitte/Ende April von den Temperaturen dem Sommer näher, als der Termin Mitte/Ende November. Daraus lässt sich schließen, dass die Angabe der Zweitbeschwerdeführerin, dass die Hochzeit im April 2014 stattgefunden habe, durchaus korrekt angegeben war und es sich hierbei nicht um einen Übersetzungsfehler handelt.
Auch die weiteren Ausführungen über die Wohnsitzbegründung(en) sind geprägt von massiven Abweichungen in den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. So gibt der Erstbeschwerdeführer auf konkretes Nachfragen der belangten Behörde an, dass er nach der Hochzeit mit der Zweitbeschwerdeführerin einem Mietshaus in Basra, in Khemsa Mil, in der Nähe der Tischlerei gewohnt habe. Dort habe er für rund ein Jahr mit der Zweitbeschwerdeführerin gelebt [BF1: AS 87]. Diese Angaben des Erstbeschwerdeführer lassen unmissverständlich keinen Zweifel aufkommen, dass es lediglich eine gemeinsame Wohnung gegeben habe. Der Umstand eines mehrfachen Wohnungswechsels bleibt vom Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme durch die belangte Behörde vollkommen unerwähnt und wird vom Erstbeschwerdeführer erstmals im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Es ist für den erkennenden Richter nicht plausibel, dass der Erstbeschwerdeführer ein derartig wesentliches Detail erstmals in der Beschwerde vorbringt bzw. diesen Punkt bei der Einvernahme durch die belangte Behörde völlig anders schildert. Die Zweitbeschwerdeführerin bestätigte zwar ebenfalls, dass sie nach ihrer Hochzeit insgesamt rund ein Jahr mit ihrem Mann gemeinsam gelebt habe, allerdings habe sie in dieser Zeit zwei bis drei Mal die Wohnung gewechselt. Lediglich die letzten vier Monate vor ihrer Ausreise aus dem Irak hätten sie in der Wohnung in Khemsa Mil gelebt [BF2: AS 65 und AS 66]. Für den erkennenden Richter ist es nicht nachvollziehbar, dass die Erst- und Zweitbeschwerdeführer erst im Beschwerdeschriftsatz bzw. im Rahmen der mündlichen Verhandlung erstmals übereinstimmende Ausführungen zu den weiteren Wohnsitznahmen und den Gründen für die Wohnungswechsel geben, insbesondere auch deshalb, weil sie nicht plausibel darlegen, weshalb sie sich dahingehend widersprochen haben.
Abgesehen von diesem Widerspruch, lässt der erkennende Richter auch nicht außer Acht, dass der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung das gemeinsame Zusammenleben mit der Zweitbeschwerdeführerin im Vergleich zu seinen bisherigen Angaben vollkommen differenziert schildert. So führt er vor der belangten Behörde aus, dass er immer nach der Arbeit um 18:00 Uhr in die angemietete Wohnung zur Zweitbeschwerdeführerin gegangen sei. Er habe Lebensmittel mitgenommen, sei dort etwa bis Mitternacht geblieben und anschließend zu sich nach Hause gegangen [BF1: AS 90]. In der mündlichen Verhandlung schildert der Erstbeschwerdeführer, dass er die Zweitbeschwerdeführerin nach der Heirat wenig besuchen habe können, da er immer nach Hause gehen habe müssen [VHP S 9]. Dem Beschwerdeeinwand, wonach ein weiterer mehrmonatiger, unbehelligter Aufenthalt in Basra nicht möglich gewesen sei und sie mehrfach die Wohnung hätten wechseln müssen, wird infolge der Widersprüchlichkeiten der Angaben kein Glauben geschenkt.
Ebenso ergeben sich in Bezug auf die Bedrohung Divergenzen zwischen den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Der Erstbeschwerdeführer führt dahingehend aus, dass die Zweitbeschwerdeführerin rund vier bis fünf Monate, nachdem sie von zu Hause ausgezogen sei, mit ihrem Bruder telefoniert habe. Dieser habe ihr gesagt, dass er ihr und dem Erstbeschwerdeführer die Ermordung angedroht, sobald er sie finden würde [BF1: AS 91]. Demgegenüber führt die Zweitbeschwerdeführerin konkret nach dem Telefonat befragt aus, dass sie rund einem Monat nach der Heirat mit ihrem Bruder telefoniert habe. Dieser habe die Zweitbeschwerdeführerin beschimpft und wissen wollen, wo sie sich aufhalte [BF2: AS 70 und AS 71] und ihr bzw. ihrem Mann im Falle der Rückkehr die Ermordung angedroht [BF2: AS 66]. Somit geht auch der Beschwerdeeinwand, wonach es für die Erst- und Zweitbeschwerdeführer nicht nachvollziehbar sei, wie belangte Behörde auf einen Zeitraum von einem Monat komme, ins Leere. Der erkennende Richter lässt in diesem Zusammenhang auch nicht außer Acht, dass die Zweitbeschwerdeführerin in weiterer Folge bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme angibt, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund der Ehe auch Probleme mit seiner Familie habe [BF2: AS 72], wohingegen der Erstbeschwerdeführer vor der belangten Behörde ausführt, dass er aufgrund der Ehe lediglich Probleme mit der Familie seiner Frau und nicht mit seiner eigenen Familie habe [AS 93 und AS 95]. Abgesehen von der inhaltlichen Abweichung verkennt der erkennende Richter hinsichtlich der behaupteten Verfolgung auch nicht, dass die diesbezüglichen Angaben vage und allgemein gehalten sind und nicht das Erfordernis einer entsprechenden Konkretisierung aufweisen (VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009). Dies lässt sich unter anderem auch daran erkennen, dass zB. der Name des Bruders, mit welchem die Zweitbeschwerdeführerin telefoniert haben wolle und der die Drohung ausgesprochen habe oder der Name der Schwester, die die Zweitbeschwerdeführerin beim Arbeiten angetroffen habe, weder in der Einvernahme vor der belangten Behörde, noch im Beschwerdeschriftsatz erwähnt werden bzw. der Name des Bruders in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erst gegen Ende beiläufig erwähnt wird [EVP S 22].
Ein weiteres Indiz für die mangelnde Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens der Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind auch die abweichenden Angaben bezüglich des Geschäftes des Erstbeschwerdeführers. Dieser bringt im Rahmen seiner Einvernahme vor, dass er sein Geschäft verkauft habe [BF1: AS 93]. Völlig diametral gibt die Zweitbeschwerdeführerin diesbezüglich an, dass er sein Geschäft zurückgelassen habe. Auf konkrete Nachfrage der belangten Behörde, ob er sein Geschäft nicht verkauft habe und bestätigte sie ihre Angabe dadurch, indem sie einen Verkauf explizit verneinte und meinte, dass er es zurückgelassen habe [BF2: AS 70].
Als Versuch dem Fluchtvorbringen mehr Gewichtung zu verleihen, wertet der erkennende Richter, wenn erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wird, dass die Zweitbeschwerdeführerin von ihren Eltern vernachlässigt worden wäre, sie ihr kein Insulin mehr gekauft hätte und hierfür der Zweitbeschwerdeführer aufgekommen wäre [VHP S 9 und S 18]. Dies vor allem deshalb, weil die Zweitbeschwerdeführerin dahingehend im Administrativverfahren bislang keinerlei Angaben oder Andeutungen machte und im Gegenteil darauf verwies, dass sie bereits seit 16 Jahren an Diabetes leide und aus ihren Ausführungen auch hervorgeht, dass neben einer Behandlung in Basra auch eine medizinische Behandlung in Bagdad in Anspruch genommen worden sei.
In einer Gesamtbetrachtung der vorangegangenen Ausführungen und insbesondere aufgrund der abweichenden und widersprüchlichen Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, konnte dem Beschwerdeeinwand – wonach die angeblichen Widersprüche der belangten Behörde konstruiert und willkürlich erscheinen – nicht gefolgt werden (vgl. VwGH 04.11.1992, 92/01/0560). Auf Grundlage der vorangegangenen Ausführungen war ihrem Fluchtvorbringen in Hinblick auf die gegen sie gerichtete Bedrohung die Glaubhaftigkeit zu versagen.
Hinsichtlich des Beschwerdeeinwandes, wonach der Spruch und die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Bescheide in Farsi und nicht in der Muttersprache der Beschwerdeführer verfasst worden sei, wird auf die Entscheidung des VwGH vom 17.09.2003, 2003/20/0073 verwiesen: Mit der Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes an den Asylwerber wurde er diesem gegenüber erlassen; mangels Übersetzung des Spruches in einer ihm verständlichen Sprache zwar nicht mit der Wirkung, dass die Berufungsfrist in Gang gesetzt wurde, doch hinderte dies den Asylwerber nicht an der Erhebung einer Berufung (vgl. in diesem Sinn zu mündlich verkündeten Bescheiden etwa das E vom 24. April 2001, Zl. 2001/11/0031, mwN; siehe auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 262 zu § 63 AVG zitierten weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung). Im gegenständlichen haben die Beschwerdeführer fristgerecht vollumfänglich Beschwerde erhoben und ist die Behandlung der Beschwerde Gegenstand dieser Entscheidung.
Zum Beschwerdeeinwand und den Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, dass es ihr am Tag der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde nicht gut gegangen sei, sie einen erhöhten Zuckerspiegel gehabt habe und dieser Umstand nicht protokolliert worden sei, ist auszuführen, dass die Zweitbeschwerdeführerin zu Beginn ihrer Einvernahme befragt wurde, ob sie psychisch und physisch in der Lage sei, wahrheitsgemäße Angaben zu Ihrem Asylverfahren zu machen. Diese Frage beantwortete die Zweitbeschwerdeführerin explizit mit ja und dass sie zur Einvernahme fähig sei. Auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Einvernahmeleiterin von der Zuckerkrankheit der Zweitbeschwerdeführerin offenkundig wusste [BF2: AS 63] und im Zuge der Einvernahme keine weiteren Vermerke über einen auffälligen abweichenden Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin vermerkt, lässt darauf schließen, dass die Zweitbeschwerdeführerin einvernahmefähig war. Ungeachtet dessen, wurde der Zweitbeschwerdeführerin das Einvernahmeprotkoll rückübersetzt und bestätigte sie die Richtigkeit ihrer Angaben. Zum weiteren Beschwerdeeinwand, wonach es sich „lediglich um geringfügige Abweichungen“ gehandelt habe, darf auf die zuvor dargestellten, durchaus gravierenden Widersprüche verwiesen werden.
Zum Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung, wonach der Dolmetscher in der Einvernahme vor der belangten Behörde nicht ausreichend Deutsch gesprochen habe, wird zunächst wie folgt angemerkt. Die Angaben aus den Einvernahmeprotokollen sind schlüssig und nachvollziehbar und gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte seitens der einvernehmenden Referentin, wonach der herangezogene Dolmetscher nicht sprachkundig gewesen sei. Darüber hinaus wird angemerkt, dass die Einvernahmeprotokolle den Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin rückübersetzt wurden. Weder der Erst- noch der Zweitbeschwerdeführer brachten Einwendungen gegen die Niederschriften vor und bestätigten sie mit ihren Unterschriften die Richtigkeit und Vollständigkeit der Einvernahmeprotokolle. Weder unmittelbar nach der Einvernahme, noch in der Beschwerde wurde eine unzureichende Übersetzung durch den Dolmetscher moniert. Wenn nunmehr erstmals in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht wird, dass die Übersetzung unzureichend gewesen sei, wertet der erkennende Richter dies als untauglichen Versuch, dadurch eine Erklärung für die gravierenden Widersprüche abzugeben.
2.4 Zur Lage im Herkunftsland:
Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Irak samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der dort angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die aktuellen Länderberichte wurden Beschwerdeführern auch vorab der mündlichen Verhandlung übermittelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde mit ihnen der Inhalt der Länderberichte und der vorgelegten Anfragebeantwortungen erörtert. Zugleich wurde ihnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. In weiterer Folge verwiesen sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin unsubstantiiet im Wesentlichen auf die gegenwärtige Lage aufgrund der Proteste im Irak sowie auf anhaltende Entführungen und verwiesen darauf, dass iranische Milizen in Basra das Sagen hätten und es auch nicht absehbar sei, dass diese das Land verlassen würden. Im Irak würde die Türkei und der Iran alles Kontrollieren. Die Zweitbeschwerdeführerin verwies darauf, dass sie trotz der medizinischen Versorgung im Irak dort zum Sterben verurteilt wäre und dass auch die Ausführungen in den Länderberichten zum Thema kostenlose Schule nicht der Realität entsprechen würden und man für jeden Unterricht bezahlen müsse. Die Rechtsvertretung der Beschwerdeführer verwies in ihrer Stellungnahme die Anfragebeantwortung vom 21.10.2019, und brachte vor, dass die darin angeführte Wasserkrise einer Rückkehr der Beschwerdeführer entgegenstehe. Des Weiteren verwies sie auf die Länderberichte und die dort aufgezeigte Problematik der Ehrenmorde. Zudem verwies die Rechtsvertreterin auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes. Auf Grundlage dieser Entscheidung – welche ebenfalls eine Familie aus Basra betreffe - sei im gegenständlichen Fall den Beschwerdeführern internationaler Schutz zuzuerkennen. Eine Fluchtalternative komme im gegenständlichen Fall nicht zu tragen, da im gesamten Süden des Iraks und in Bagdad zunehmend „Anarchie“ herrsche.
Den Verweisen im Beschwerdeschriftsatz auf die Accord Anfrage zum Thema Irak: „Aktuelle Lage in Bagdad: Überblick Gebietskontrolle; Sicherheitslage aktuell und Entwicklungen seit 2016, Lage von Sunniten“ datierend vom 27.03.2017; einem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe zum Thema: „Verfolgung durch Schiiten“ datierend vom 04.05.2016 sowie der Accord Anfrage zum Thema: „wirtschaftliche Lage in der autonomen Region Kurdistan-Irak für Rückkehrerinnen“ datierend vom 10.05.2017 und der UNCHR Position zur Rückkehr in den Irak datierend vom 14.11.2016 und der diesbezüglichen Ausführung, wonach sich die allgemeine Sicherheitslage im Irak als derartig schlecht darstelle, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt wären, dass die Opfer willkürlicher Gewalt wären, sind die aktuelleren Ausführungen der Länderberichte datierend vom 30.10.2019 entgegenzuhalten. Aus den Länderberichten leitet sich eindeutig ab, dass sich die Sicherheitslage und die generelle Lage im Irak in den vergangenen Jahren wesentlich entspannt haben und die Grundversorgung gesichert ist. Zudem ergibt sich aus den Länderberichten weder eine explizite Gruppenverfolgung von Sunniten oder Schiiten.
Zum Vorbringen, wonach die Wasserknappheit einer Rückkehr der Beschwerdeführer entgegenstehe, ist auf die Ausführungen der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Lage von Kindern in Basra“ vom 21.10.2019 zu verweisen, aus dem die Gründe für die Wasserkrise in der Sommermonaten 2018 hervorgehen. Aus den Bericht leitet sich allerdings auch ab, dass die Bewohner von Basra Zugang zu sauberen Trinkwasser haben, dieses aber käuflich erworben werden muss.
Zum weiteren Vorbringen, wonach sich im Hinblick auf die Ausführungen im gegenständlichen Fall in Verbindung mit den Länderberichten auch mit der Thematik „Ehrenmord“ auseinandergesetzt werden müsse, ist wie folgt anzumerken: Wie umseits unter II.2.3 ausführlich dargestellt, vermochten die Erst- und die Zweitbeschwerdeführer den erkennenden Richter nicht von der Glaubhaftigkeit ihres Fluchtmotives überzeugen. Eine Verfolgung der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer durch ihre Familien ist nicht gegeben. Deshalb erübrigt sich in weiterer Folge auch die Auseinandersetzung mit der Thematik „Ehrenmord“.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zum Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):
3.1.1 Rechtslage:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich