TE Bvwg Beschluss 2020/1/3 L515 1426340-3

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Veröffentlicht am 03.01.2020
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Entscheidungsdatum

03.01.2020

Norm

VwGG §25a Abs2 Z1
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3

Spruch

L515 1426340-3/11E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER über den Antrag von XXXX , am XXXX geb., vertreten durch Dr. Wolfgang LANG der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.11.2019, Zl. L515 1426340-3/2Z erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:

Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die revisionswerbende Partei ist ein sich rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältiger Fremder, welcher nach rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz und der rechtskräftigen Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ihrer Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes über einen mehrjährigen Zeitraum nicht entsprach.

Mit im Akt ersichtlichen Bescheid wurde der revisionsführenden Partei aufgetragen, gem. § 57 Abs. 1 FPG bis zur Ausreise durchgängig in der von der Behörde genannten Betreuungseinrichtung Unterkunft zu nehmen. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Behörde ging davon aus, dass aufgrund des bisherigen Verhaltens zur Erreichung des angestrebten fremdenpolizeilichen Zwecks die Voraussetzungen des § 57 vorliegen und wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 VwGVG dem erlassenen Bescheid die aufschiebende Wirkung abzuerkennen sei.

Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Die revisionswerbende Partei brachte im Wesentlichen vor, die beauftragte Wohnsitznahme sei zur Erreichung des fremdenpolizeilichen Zwecks, nämlich die Ausreise der bP nicht erforderlich. Ebenso liegen die Voraussetzungen zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht vor, zumal die in § 13 Abs. 2 VwGVG genannte Gefahr im Verzuge nicht vorliege.

Es wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Mit im Spruch genannten ho. Erkenntnis wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Das ho. Gericht ging davon aus, dass dem hoch einzuschätzenden öffentlichen Interesse nach einem geordnetem Vollzug des Fremdenrechts und einem ehestmöglichen Zustand des restmäßigen Zustandes das private Interesse an einer Rückkehr in ihren bisherigen Lebensbereich gegenübersteht und zeigte das Verhalten der revisionswerbenden Partei in der Vergangenheit, dass während ihres Aufenthalts in ihrem bisherigen Lebensbereich der rechtswidrige Aufenthalt der bP im Bundesgebiet nicht beendet werden konnte. Auch stehe die Vermutung im Raum, dass die revisionswerbende Partei unter falscher Identität und Staatsbürgerschaft auftritt. Es ist zweifelsfrei von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen im Lichte der oa. Interessensabwägung auszugehen. Es ist im gegenständlichen Fall im Lichte des bisherigen Verhaltens seit dem rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens und der Erlassung einer Ausweisung die Annahme gerechtfertigt, dass durch eine unterlassene Aberkennung der aufschiebenden Wirkung die Verwirklichung des Zwecks der Amtshandlung gefährdet ist und gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl im Sinne einer Vereitelung eines geordneten Vollzugs des Fremdenrechts mit sich bringen könnte.

Eine inhaltliche Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid erging bis dato seitens des ho. Gerichts nicht.

Im Rahmen einer nunmehr eingebrachten außerordentlichen Revision führte der Rechtsfreund ua. aus, dass mit ho. Erkenntnis vom 18.11.2019, Zl. L515 1426340-3/2Z bereits inhaltlich über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4.10.2019, Zl. XXXX entschieden wurde ("Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 18.11.2019, L515 1426340- 3/2Z die Beschwerde (Freiheitsbeschränkung: Wohnsitzauflage) des Revisionswerbers als unbegründet abgewiesen."). Es wurde beantragt, dieser Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies wurde wie folgt begründet (Formatierungen und Hervorhebungen nicht im Original wiedergegeben):

" ...

Dieser vorliegende Antrag ist deshalb begründete, weil der Revisionswerber damit, dass ihm, sollte seiner Revision stattgegeben werden, ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (und somit Entlassung aus der Wohnsitzauflage) "nicht gedient" wäre, weil er trotzdem ohne rechtskräftige Entscheidung (!) eine Freiheitsentziehung erleiden würde. Sein Rechtsschutz wäre deswegen vereitelt, weil er bis zum Entscheidungszeitpunkt rechtswidrig in Haft wäre und so schwere private und psychische Nachteile erleiden würde.

Zwingende öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen, weil dem Revisionswerber keine Handlungen vorzuwerfen seien, die die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden könnten. Bei der Interessenabwägung wiegen die Nachteile des Revisionswerbers jedenfalls unverhältnismäßig schwerer als das fragliche öffentliche Interesse an einer Freiheitsentziehung des Revisionswerbers.

..."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Sachverhalt:

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrenshergang und den nachfolgenden Ausführungen.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus der außer Zweifel stehenden und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage.

Rechtliche Beurteilung:

Die Revision hat gemäß § 30 Abs 1 Satz 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Nach § 30a Abs. 7 VwGG sind Abs. 1 bis 6 leg cit nicht anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 VwGG dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

Entgegen Gruber § 30 VwGG Rz 4, in: Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 (2017) geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass das Verwaltungsgericht (auch) in Fällen außerordentlicher Revisionen zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung so lange zuständig ist, bis die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wird; vgl. etwa VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Verfahren über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung nach § 30 VwGG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern - wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst, im Provisorialverfahren, von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Demnach ist die aufschiebende Wirkung nur zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potenzieller, sondern ein evidenter ist. Vgl. mwN VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493.

In dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof ferner zum wiederholten Male ausgesprochen, dass der Revisionswerber - um die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können - schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen hat, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falls die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.

Schließlich kommt dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens für die nach § 30 Abs 2 VwGG vorzunehmende Interessenabwägung wesentliche Bedeutung zu; vgl. abermals VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493. In diesem Sinne sprach der Verwaltungsgerichtshof am 30.05.2019, Ra 2019/22/0104, bei der Interessenabwägung nach § 30 Abs 2 VwGG aus, die dortige Revisionwerberin beinträchtige durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, und gab dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht statt.

Weder aus der zitierten Begründung, noch aus dem Ergebnis des ho. Ermittlungsverfahrens lassen sich Gründe ableiten, welche die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gebieten würden:

Im gegenständlichen Fall stammt die revisionswerbende Partei aus einem sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG, für den der Grundsatz der normativen Vergewisserung der Sicherheit gilt. Es wurde rechtskräftig festgestellt, dass die revisionsführende Partei in ihrem Herkunftsstaat keiner Gefahr iSd Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK, Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt wären und aufenthaltsbeendende Maßnahmen keinen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht- auf ein Privat- und Familienleben darstellen. Weiters wurde rechtskräftig eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen.

Im Anschluss an die oa. rechtskräftigen Entscheidung kam die revisionwerbende Partei ihrer Verpflichtung, das Bundesgebiet nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens und der Erlassung einer Rückkehrentscheidung beharrlich nicht nach, tauchte unter und erwies sich im Lichte dieses Verhaltens aus fremdenrechtlicher Sicht als nicht vertrauenswürdig, weshalb die Behörde den Bescheid vom 4.10.2019, Zl. XXXX erließ und einer Beschwerde gegen diesen die aufschiebende Wirkung aberkannte. Die im Beschwerdeverfahren beantragte aufschiebende Wirkung wurde vom ho. Gericht nicht zuerkannt.

Durch die unterlassene Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision hat die revisionswerbende Partei den Ausgang des inhaltlichen Beschwerdeverfahrens gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4.10.2019, Zl. XXXX in der ihr zugewiesenen Unterkunft bzw. in deren Nahebereich abzuwarten. Dass dies für die revisionsführende Partei ein psychisches Ungemach mit sich bringen kann und eine Lockerung der Bindungen in ihrem bisherigen Lebensbereich -welche sie jedoch nicht zwangsläufig lösen muss, sondern brieflich, telefonisch, elektronisch oder durch den Empfang von Besuchen weiterhin aufrecht erhalten kann- liegt im Wesen der Sache und ist von ihr hinzunehmen. Dies stellt für die revisionswerbende Partei keinen unverhältnismäßigen Nachteil dar.

Im Lichte der oa. Ausführungen wird auch auf den Beschluss des VfGH vom 11.12.2019, E 4412/2019-5 verwiesen, in dem er die Behandlung der Beschwerde gegen das den angefochtenen Bescheid bestätigende und in Beschwerde gezogene ho. Erkenntnis -diesem lag eine von der Behörde angeordnete Unterkunftnahme zu Grunde und wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt- ablehnte und hierzu -sichtlich in der Annahme, dass die aufgetragene Unterkunftnahme keine unverhältnismäßige Maßnahme darstelle- ausführte:

"Es ist dem Gesetzgeber nicht entgegenzutreten, dass er die Behörde nach Vornahme einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK im Einzelfall ermächtigt, am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens bei Verstoß gegen die Ausreiseverpflichtung die Unterkunftnahme in einem be-stimmten Quartier des Bundes anzuordnen, wenn anzunehmen ist, dass der Drittstaatsangehörige seiner Ausreiseverpflichtung weiterhin nicht nachkommen wird."

Weiters ergibt sich aus dem Umstand, dass die bisherigen fremdenpolizeilichen Maßnahmen im Lichte des Persönlichkeitsbildes nicht ausreichten um den rechtmäßigen Zustand herzustellen, bzw. aus dem Umstand, dass die revisionswerbende Partei bereits in der Vergangenheit ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes ignorierte und untertauchte, um der Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu entgehen, ein zwingendes öffentliches Interesse, das der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision entgegensteht, zumal im Lichte des bisherigen Verhaltens der revisionsführenden Partei sich diese aus fremdenrechtlicher Sicht als nicht vertrauenswürdig erwies und Gründe für die Annahme bestehen, dass sie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung neuerlich nützen wird, um sich aufenthaltsbeenden Maßnahmen zu entziehen. Hieran ändert auch das Vorbringen der revisionsführenden Partei anlässlich einer Beschwerde gem. § 22a BFA-VG, es wäre von einem Dritten beim Anwalt ein namhafter Betrag hinterlegt worden nichts, weil sich durch diese Hinterlegung für die revisionswerbende Partei weder bei rechtskonformen Verhalten ein Vor-, noch bei rechtswidrigen Verhalten ein Nachteil ergibt.

Aus diesen Erwägungen war dem Antrag darauf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall außerordentliche Revision

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L515.1426340.3.00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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