TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/9 L527 2184222-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.01.2020
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Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L527 2184222-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.11.2019, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und Fatemeh XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist die volljährige - leibliche - Tochter des Ehepaares XXXX (L527 2184223-1) und XXXX (L527 2184221-1).

Im Gegensatz zu ihrem Vater reisten die Beschwerdeführerin und ihre Mutter legal aus dem Iran aus. Nach der unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet stellten die damals minderjährige Beschwerdeführerin und ihre Eltern am 05.12.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 07.12.2015 fand die Erstbefragung der Beschwerdeführerin und ihrer Eltern statt und am 27.09.2017 die Einvernahme des Vaters vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde). Die Mutter wurde am 28.09.2017 und die Beschwerdeführerin am 29.09.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Ihren Antrag auf internationalen Schutz begründete die Beschwerdeführerin - auf das Wesentliche zusammengefasst - wie folgt: Sie habe mit ihren Eltern im Iran eine Hauskirche besucht. Anschließend habe ihr Vater wegen des Glaubens Probleme bekommen. So sei dieser kurz vor ihrer Ausreise für zwei Tage angehalten und misshandelt worden. Zudem sei ihrem Vater mit der Entführung ihrer Person gedroht worden. Weder sie noch ihre Mutter seien bedroht worden. Bei einer Rückkehr in der Iran befürchte sie, wegen ihres christlichen Glaubens festgenommen, inhaftiert und getötet zu werden.

Die belangte Behörde erachtete das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wegen einer Konversion zum Christentum im Iran einer Gefährdung ausgesetzt zu sein, für nicht glaubhaft. Es sei nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin zum christlichen Glauben konvertiert sei. Es habe nicht festgestellt werden können, dass sie wegen einer Konversion zum christlichen Glauben oder aus sonstigen Gründen der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt (gewesen) sei. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkte III bis VI).

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses hielt am 07.11.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung ab, in der es neben der Beschwerdeführerin und ihren Eltern auch XXXX (als Zeugen) im Beisein eines Vertreters der belangten Behörde und der rechtsfreundlichen Vertretung einvernahm. Obwohl das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin in der über ein Monat vor der Verhandlung zugestellten Ladung um Mitwirkung am Verfahren ersucht hatte (Geltendmachung/Vorlage von bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen und Beweismitteln, wesentliche Änderungen/Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bis spätestens drei Wochen vor der Verhandlung), legte die Beschwerdeführerin erst mit Schriftsatz vom 29.10.2019 (ERV-Eingabe vom 05.11.2019) Urkunden/ Unterlagen "zum Beweis der innerlichen Überzeugung zum Christentum" vor. In der mündlichen Verhandlung legte der Rechtsvertreter zwei weitere Bestätigungsschreiben von Freunden der Familie zum Nachweis des regelmäßigen Kirchenbesuchs vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Beschwerdeführerin:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Ihre Identität steht nicht fest. Sie ist iranische Staatsangehörige. Die Beschwerdeführerin reiste legal Anfang November 2015 aus dem Iran aus und Anfang Dezember 2015 unrechtmäßig in Österreich ein. Am 05.12.2015 stellte sie den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.1.2. Die Beschwerdeführerin war ursprünglich muslimischen Glaubens. Sie hat sich bereits im Iran für den christlichen Glauben interessiert und kam nach ihrer Ausreise aus dem Iran in Österreich verstärkt mit dem Christentum in Berührung. Nach ihrer Einreise ins österreichische Bundesgebiet nahm die Beschwerdeführerin regelmäßig dienstags an Bibelstunden bei der " XXXX Lebenshilfe- XXXX ", einem sozialdiakonischen Verein, teil und besuchte fallweise auch Veranstaltungen der römisch-katholischen Kirche, der Life Church Österreich, der Adventisten und der Zeugen Jehovas. In der Folge fand sie 2017 schließlich Zugang zur evangelischen Kirche A.B. XXXX . Nach dem Tod des dortigen Pfarrers und wegen der leichteren Erreichbarkeit besucht die Beschwerdeführerin seit ca. Juni 2019 die evangelische Kirche A.B. XXXX . Am 08.07.2017 wurde die Beschwerdeführerin nach dem Ritus der evangelischen Kirche A.B. getauft und ist seither Mitglied der Religionsgesellschaft der evangelischen Kirche A.B.

Seit 2016 nimmt die Beschwerdeführerin regelmäßig öffentlichkeitswirksam am Leben dieser christlichen Gemeinden, vor allem der evangelischen Kirche A.B., teil und befasst sich intensiv weiter mit dem christlichen Glauben. Die Beschwerdeführerin besucht regelmäßig den Gottesdienst am Sonntag in der evangelischen Kirche A.B. XXXX und übernimmt dort die Lesungen in ihrer Muttersprache. Des Weiteren absolviert sie einen Glaubenskurs bei einem Flüchtlingsbeauftragten der Evangelischen Kirche A.B. Österreich. Sie nimmt ferner an Aktivitäten der Gemeinde teil und engagiert sich in der Gemeinde XXXX -Stadtpark, z. B. bringt sie sie sich als Dolmetscherin und Lebensbegleiterin hilfreich für das Gemeinwohl ein und hilft bei Bedarf bei Aufräumarbeiten. Bereits zuvor fungierte sie bei den Bibelstunden 2016/ 2017 bei der " XXXX Lebenshilfe- XXXX " als Dolmetscherin und engagiert(e) sich im Rahmen des Projekts "Teebus" (Glaubensarbeit mit Jugendlichen) der Evangelikalen Gemeinde XXXX . Diese ist Mitglied im Bund Evangelikaler Gemeinden, welcher wiederum zu den als Kirche (Religionsgesellschaft) anerkannten "Freikirchen in Österreich" zählt (BGBl II 250/2013).

Die Beschwerdeführerin lebt und bezeugt ihren christlichen Glauben konsequent und ist praktizierende Christin.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und dementsprechend im Falle der Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christin bleiben und ihren Glauben aktiv leben würde.

Es kann vor dem Hintergrund der unten angeführten Länderfeststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran wegen des Glaubenswechsels mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen seitens iranischer Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen hat.

1.2. Zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird im Iran als Abtrünnigkeit vom Islam gewertet (Apostasie), ist verboten und mit langen Haftstrafen und Todesstrafe bedroht. Trotzdem nimmt die Zahl der Konversionen weiter zu. Zumeist werden Konvertierte allerdings nicht wegen Apostasie bestraft, sondern wegen anderer Delikte, z. B. "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit".

Konkret werden christliche Konvertiten normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen. Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gegen christliche Konvertiten hohe Haftstrafen auch tatsächlich verhängt werden.

Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten folgen (z. B. Missionierung oder Unterricht im Glauben), kann das zu einem Problem führen.

Ebenso wenig kann in jedem Fall ausgeschlossen werden, dass ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Welche Konsequenzen Iraner, die im Ausland zum Christentum konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, erwarten, hängt vom konkreten Einzelfall ab (insbesondere von der religiösen und konservativen Einstellung des Umfelds). Die Rückkehr in den Iran ist kein Problem, wenn die betreffende Person den Behörden nicht bereits bekannt war. Außerdem werden konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, für die Behörden nicht von Interesse sein; bei Konvertiten, die bereits vor ihrer Ausreise den Behörden bekannt waren, ist das anders zu beurteilen. Im Übrigen hängt es auch vom Verhalten des konvertierten Rückkehrers ab, ob die Behörden auf ihn aufmerksam werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die betreffende Person über ihre Konversion sehr freimütig in den sozialen Medien berichtet. Dann kann es bei der Rückkehr zu Verhaftungen und Befragungen kommen. Die weiteren Konsequenzen hängen wiederum vom Einzelfall ab, namentlich davon, was der Rückkehrer den Behörden erzählt. Harsche Strafen sind zumindest bei missionarischen Tätigkeiten oder anderen Aktivitäten, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, nicht ausgeschlossen. Ansonsten kann eine Veröffentlichung der Konversion in den sozialen Medien die Beobachtung durch die Behörden zur Konsequenz haben, zu einer Verfolgung führt sie jedoch nicht. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um z. B. Nachteile des Islams mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden.

Strenger als (bloße) Konversion werden missionarische Tätigkeiten unter Muslimen geahndet. Missionarische Tätigkeiten sind generell verboten und können als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden.

Hauskirchen sind im Iran zwar verboten und werden teils überwacht, ihre Anzahl steigt aber. Erlangen Behörden Kenntnis von einer Hauskirche (z. B. durch Nachbarn), wird eine Überwachung veranlasst. Eine dauerhafte flächendeckende Überwachung ist nicht möglich, die Behörden haben jedoch eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen. Ein sofortiges Eingreifen ist unwahrscheinlich, weil die Behörden (zunächst) nähere Informationen gewinnen wollen (über die Mitglieder und deren Aktivitäten). Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Im Fokus der Behörden stehen vor allem die Organisatoren von Hauskirchen; ihnen droht, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Sie werden mit dem Ziel festgenommen, die Gemeinschaft zu schwächen. Aber auch einfache Mitglieder von Hauskirchen werden bisweilen verfolgt. Dabei spielt eine Rolle, welchen Aktivitäten das Mitglied nachgeht und ob es im Ausland bekannt ist. Üblicherweise werden Mitglieder bei ihrer ersten Festnahme nach ca. 24 Stunden wieder freigelassen, mitunter unter der Bedingung, sich vom Missionieren fernzuhalten. Leisten sie der Bedingung Folge, hören die Behörden meist auf, Informationen über die betreffenden Personen zu sammeln. Ansonsten riskieren die Mitglieder von Hauskirchen, von den Behörden zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden. Das Ziel ist, die Personen zu schikanieren und einzuschüchtern. In den letzten Jahren gab es jedenfalls mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet.

Die dargestellte Lage betrifft ausnahmslos den gesamten Iran. Regionale oder lokale Ausnahmen, z. B. dergestalt, dass in bestimmten Gebieten des Irans die Konversion vom Islam zum Christentum erlaubt wäre, sind nicht feststellbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0441, und VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. z. B. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.2. Zu den Feststellungen zur Beschwerdeführerin:

2.2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung (AS 3, 37 ff; OZ 11, S 12 f) in Zusammenschau mit der vor der belangten Behörde vorgelegten Geburtsurkunde in Kopie (AS 95 ff). Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben nicht stimmen sollten, sind nicht hervorgekommen. Da keine (unbedenklichen) Identitätsdokumente im Original vorliegen, konnte die Identität der Beschwerdeführerin jedoch nicht endgültig festgestellt werden. Wann die Beschwerdeführerin den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 3 ff) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Auch gestützt auf die Angaben der Beschwerdeführerin konnte das Bundesverwaltungsgericht Feststellungen zu ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat und ihrer Einreise in Österreich treffen (AS 7 ff, 48; OZ 11, S 19). Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen Anlass, diese Angaben und deren Richtigkeit in Zweifel zu ziehen.

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung der Beschwerdeführerin aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 10, 12).

2.2.2. Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. z. B. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0441. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht keineswegs, dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin in der Einvernahme am 29.09.2017, die inklusive Rückübersetzung (AS 51) von 08:47 Uhr bis 14:53 Uhr dauerte, wobei in diesen Zeitraum zwei Pausen von insgesamt 25 Minuten fallen, eingehend befragt hat (insbesondere AS 42 ff). Auch hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Beweiswürdigung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin individuell, konkret, umfassend und im Detail auseinandergesetzt (AS 284 ff). Mit der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist daher keineswegs gesagt, dass die belangte Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung das Vorbringen der Beschwerdeführerin falsch beurteilt hat. Es ist aber grundsätzlich - unabhängig von den Erwägungen der belangten Behörde, auf die im Einzelnen nicht einzugehen ist - zu bedenken, dass zwischen der behördlichen Einvernahme und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.11.2019 mehr als zwei Jahre liegen. Dass sich die religiöse Überzeugung innerhalb dieses Zeitraums verändert oder sich aus Interesse für das Christentum eine Identifikation mit demselben entwickelt, erscheint keineswegs ausgeschlossen; vgl. in diesem Zusammenhang auch die zu Protokoll gegebene Stellungnahme des in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anwesenden Vertreters der belangten Behörde (OZ 11, S 50). Hinzukommt, dass das Bundesverwaltungsgericht, insbesondere durch die eingehende Befragung der Beschwerdeführerin in der Verhandlung, mindestens ebenso gründlich wie die belangte Behörde ermittelt hat, ob die Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel vorliegen (OZ 11, S 19 ff). Im Unterschied zur belangten Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zudem nicht damit begnügt, die aktuelle Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin allein anhand ihrer Aussagen und der von ihr vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sondern das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus - wie im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur im gegenständlichen Fall geboten - den - im Hinblick auf die vorgebrachte Konversion von der Beschwerdeführerin beantragten - ehemaligen Lebensgefährten bzw. Unterstützer der " XXXX Lebenshilfe- XXXX " als Zeugen einvernommen (OZ 11, Beilage Z1 [ehemaliger Lebensgefährte]). Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht die - auch im Hinblick auf die vorgebrachte Konversion von der Beschwerdeführerin beantragte - Bekannte XXXX als Zeugin einvernommen (OZ 11, Beilage Z2 [Bekannte]). Damit kann das Bundesverwaltungsgericht seine Feststellungen aufgrund umfassenderer Ermittlungen und Informationen treffen; das Bundesverwaltungsgericht hat sich von der aktuellen Glaubensüberzeugung ein breiteres Bild verschafft als die belangte Behörde und konnte dementsprechend auch zu einem anderen Ergebnis kommen.

Nach der unter 2.1.2. und 3.1. zitierten Judikatur ist entscheidend, ob (glaubhaft ist, dass) die Beschwerdeführerin bei weiterer Ausführung ihres (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Angesichts dessen erübrigt es sich, näher auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, weshalb sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe, einzugehen. Der Vollständigkeit halber hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Beschwerdeführerin ohnedies nicht behauptet hat, in ihrem Herkunftsstaat von Behörden bedroht oder Übergriffen oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden ausgesetzt gewesen zu sein (AS 41; OZ 11, S 18).

2.2.3. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht verstand die Beschwerdeführerin nicht alle Fragen zu religiösen Themen bzw. ihrer religiösen Einstellung auf Anhieb (z. B. OZ 11, S 27 f) und beantwortete manche Wissensfrage auch nur rudimentär (OZ 11, S 24). Zu bedenken ist aber, dass die Antworten in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht den Schluss zulassen, die Beschwerdeführerin habe sich mit dem christlichen Glauben, der Bibel und ihrem Inhalt sowie dem Protestantismus (zwischenzeitlich) näher befasst (z. B. OZ 11, S 24, 27). Nicht außer Acht zu lassen ist ferner, dass an das Wissen eines (angeblichen) Konvertiten über dessen (angeblichen) neuen Glauben keine überzogene Erwartungshaltung zu stellen ist; vgl. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455.

Die Feststellungen, wie und wann die Beschwerdeführerin Zugang zur evangelischen Kirche A.B. fand, inwieweit sie an deren Gottesdiensten und Gemeinschaftsleben teilnimmt und sich engagiert, inwieweit sie bereits zuvor in der Vergangenheit bei den Bibelstunden 2016/ 2017 bei der " XXXX Lebenshilfe- XXXX " teilnahm und als Dolmetscherin fungierte und sich im Rahmen des Projekts "Teebus" (Glaubensarbeit mit Jugendlichen) der Evangelikalen Gemeinde XXXX engagiert(e), zur Taufvorbereitung und zur Taufe waren aufgrund der glaubhaften Aussagen der Beschwerdeführerin (AS 43, 47; OZ 11, S 25 ff), des Taufscheins (AS 71; OZ 6), der schriftlichen Bestätigungen des sozialdiakonischen Vereins " XXXX Lebenshilfe- XXXX ", des Leiters des Projekts "Teebus", des - mittlerweile verstorbenen - Pfarrers der evangelischen Gemeinde XXXX und der amtsführenden Pfarrerin der evangelischen Gemeinde XXXX sowie des Flüchtlingsbeauftragten der Evangelischen Kirche A.B. Österreich XXXX (AS 65, 67 ff; OZ 6, 9, 10), der Referenzschreiben zweier Freunde (OZ 11, Beilage A) und der glaubhaften Aussagen der beiden Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 07.11.2019 (OZ 11, Beilage Z1 [ehemaliger Lebensgefährte] und Beilage Z2 [Bekannte]) zu treffen. Diese äußeren Umstände müssen freilich nicht zwingend bedeuten, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich aus innerer Überzeugung dem Christentum angeschlossen hat und sich zu diesem bekennt. Im Zusammenhang mit folgenden Tatsachen und Erwägungen ergibt sich jedoch die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer echten Konversion der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in unterschiedlichen Zusammenhängen einen persönlichen Zugang zum Christentum und insbesondere eine individuelle Bedeutung des christlichen Glaubens und christlicher sowie protestantischer Lehre glaubhaft machen. Antworten auf vom Richter, Vertreter der belangten Behörde und Rechtsvertreter gestellte Fragen ließen nachvollziehbar erkennen, dass und weshalb es für die Beschwerdeführerin von persönlicher Bedeutung ist, den christlichen Glauben zu praktizieren, sowie dass sie eine affektive Bindung zum Christentum hat (OZ 11, S 24, 26 f, 28 f, 32 f).

Im vorliegenden Einzelfall manifestiert sich auch in der konkreten Ausübung des christlichen Glaubens durch die Beschwerdeführerin, dass glaubhaft ist, dass sie sich damit identifiziert. So trat insgesamt, und zwar in den Aussagen und im Aussageverhalten der Beschwerdeführerin sowie in schriftlichen Bestätigungen Dritter, ansatzweise auch in der - unter Wahrheitspflicht - vom ehemaligen Lebensgefährten in der mündlichen Verhandlung am 07.11.2019 gemachten Aussage, mehrfach glaubhaft zu Tage, dass sich der christliche Glaube im Alltag und in der Lebensführung der Beschwerdeführerin niederschlage, dass sie ein wahrhaftiges Interesse am christlichen Glauben habe, sich intensiv damit befasse und bestrebt sei, diesen anderen näherzubringen, sowie dass es ihr tatsächlich ein Bedürfnis sei, sich zu ihrem Glauben zu bekennen (vgl. z. B. AS 65; OZ 11, S 24, 27, 29 f, 32 f, Beilage Z1, S 3). Zwar obliegt es (im Beschwerdeverfahren) grundsätzlich allein dem Bundesverwaltungsgericht, zu beurteilen, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt, und es ist zu bedenken, dass die Aussagen eines Zeugen naturgemäß nur den persönlichen Eindruck, den der Zeuge von der Beschwerdeführerin hat, wiedergeben konnten. Einzelne - individuell auf die Beschwerdeführerin bezogene - Aussagen des Zeugen und Ausführungen etwa im Schreiben des Leiters des Projekts "Teebus" fügen sich aber in das bereits dargelegte Bild, das die Beschwerdeführerin in selbst vermittelte.

Im gegebenen Gesamtkontext (!) sprechen die relevanten Indizien und Umstände aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts dafür, dass sich die Beschwerdeführerin dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen hat, und dass sie nicht lediglich mit dem Ziel, außenwirksam ein (angebliches) Interesse am christlichen Glauben zu dokumentieren, am Leben christlicher Gemeinden in Österreich teilnimmt.

2.2.4. Im Ergebnis konnte die Beschwerdeführerin also im Beschwerdeverfahren eine ernsthafte Konversion zum Christentum glaubhaft machen. Dass in einzelnen Details nach wie vor gewisse Zweifel am Vorbringen der Beschwerdeführerin bestehen mögen, steht dieser Schlussfolgerung nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin erweckte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchaus den Eindruck, sich dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen zu haben. Bei dieser Beurteilung ist insbesondere ihr Aussageverhalten bei der Beantwortung der einzelnen Fragen berücksichtigt.

2.3. Zu den Feststellungen zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Diese Feststellungen waren auf der Grundlage der Ausführungen zu "Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen" im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran (S 47 ff), Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, zu treffen. Die Feststellungen geben freilich die Informationen aus dem Länderinformationsblatt nur insoweit wieder, als sie im konkreten Fall entscheidungsrelevant sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Länderinformationsblatt der Beschwerdeführerin mit der Ladung zur Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin bzw. deren rechtsfreundliche Vertretung nahmen die Länderinformationen zur Kenntnis und die rechtsfreundliche Vertretung legte dar, dass die Situation für Konvertiten im Iran höchst existenzgefährdend sei. Dies vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin ihren Glauben öffentlich praktiziere und zu diesem auch öffentlich stünde, weshalb ihr eine asylrelevante Verfolgung im Iran drohe. Die belangte Behörde, die Länderinformationen der Staatendokumentation ihren Bescheiden selbst zugrunde legt, äußerte sich nicht (OZ 11, S 28). Den angefochtenen Bescheid hatte die Behörde auf eine ältere Version des Länderinformationsblatts zum Iran gestützt. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen erscheinen durchwegs schlüssig, vollständig und richtig, sie sind auch hinreichend aktuell. Sie basieren auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger unbedenklicher Quellen. Die Feststellungen konnten daher darauf gestützt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs 3 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund iSd § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend; vgl. VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544, und VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210, zum Herkunftsstaat Marokko; diese Judikatur scheint mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Einklang zu stehen; siehe EuGH 04.10.2018, C-56/17.

3.2. Nach dem im Iran vorherrschenden islamischen Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem. Wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, hat sich die Beschwerdeführerin (zwischenzeitlich) aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben hingewandt und würde ihn auch im Falle ihrer Rückkehr in den Iran weiterhin leben. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner wiederum folgt, dass die Beschwerdeführerin - unter den konkreten, individuell ihre Person betreffenden Umständen - bei einer Rückkehr in den Iran tatsächlich dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Daher ist für die Beschwerdeführerin von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus religiösen und politischen Gründen, auszugehen.

Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes ihres Herkunftsstaats zu bedienen.

Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen der in Artikel 1 Abschnitt C und F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe und der Ausschlussgründe nach § 6 AsylG 2005 ergeben.

Da der Beschwerdeführerin die genannten Verfolgungshandlungen im gesamten Iran drohen würden, kann eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 nicht erkannt werden.

3.3. Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gegeben. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin bezüglich ihrer Ausreisegründe aus dem Iran näher einzugehen.

Der Rechtsvertreter beantragte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht die zeugenschaftliche Einvernahme des Bruders der Beschwerdeführerin (OZ 11, S 32). Ungeachtet der Frage, ob diesem Beweisantrag nicht schon aus formellen Gründen nicht zu folgen war, kam es - jedenfalls mit Blick auf die getroffenen Feststellungen und das rechtliche Ergebnis - auf die genannten Beweistatsachen nicht (mehr) an, weshalb die Vernehmung des Bruders unterbleiben konnte; vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 48 Rz 7 (Stand 1.7.2005, rdb.at) und kürzlich z. B. VwGH 30.01.2019, Ra 2018/03/0131.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da mit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten die rechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids wegfällt, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz nach dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt der Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs 4 AsylG damit eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung hing in erster Linie davon ab, ob das konkrete Vorbringen der Beschwerdeführerin als glaubhaft zu qualifizieren war. Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Beweiswürdigung im Einzelfall. Die für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen sind entweder durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt oder von Vornherein klar. Vgl. die zitierten Entscheidungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apostasie asylrechtlich relevante Repressionsmaßnahmen Christentum ersatzlose Teilbehebung Flüchtlingseigenschaft Konversion religiöse Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2184222.1.00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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