TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/13 L524 2117691-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.01.2020
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Entscheidungsdatum

13.01.2020

Norm

AsylG 2005 §3
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L524 2117691-2/53E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Irak, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.08.2016, Zl. 1046354407-140203799/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, reiste am 23.11.2014 illegal unter Verwendung eines fremden Reisepasses von Kiew kommend über den Flughafen Wien in das österreichische Bundesgebiet ein. Im Zuge der bei der Grenzkontrolle erfolgten Amtshandlung stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 25.11.2014 gab der Beschwerdeführer an, dass er Schiit und Araber sei. Er habe die Grundschule, die Mittelschule und die Polizeischule absolviert. Seine Eltern seien bereits verstorben. Im Irak würden noch seine Frau und die beiden Töchter sowie seine drei Schwestern leben. Er habe in XXXX , Stadt XXXX , in der Provinz Babil gelebt. Den Entschluss zur Ausreise habe er vor zwei Jahren gefasst. Am 14.11.2014 sei er legal mit dem Flugzeug aus dem Irak ausgereist. Zu seinem Fluchtgrund gab er an, dass er von 2004 bis 2010 bei den Amerikanern als Ausbildner gearbeitet habe. Im Jahr 2007 sei ein hochrangiger Milizführer der Jaish Al Mahdi, namens XXXX , verhaftet worden und habe vor ca. vier Monaten aus dem Gefängnis flüchten können. Dieser habe erfahren, dass der Beschwerdeführer bei der Verhaftung dabei gewesen sei. Am 10.11.2014 seien bewaffnete Milizen in zwei Pick-ups gekommen und hätten das Haus des Beschwerdeführers gestürmt. Er habe rechtzeitig durch die hintere Türe des Hauses flüchten können. Sein Haus sei in die Luft gesprengt und sein Auto angezündet worden. Der Milizführer sei entschlossen, den Beschwerdeführer zu töten, weshalb dieser geflohen sei.

2. Am 13.08.2015 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG an das Bundesverwaltungsgericht. Diese wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.03.2016, L507 2117691-1/6E, gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 8 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

3. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 23.06.2016 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er 2004 zur Spezialeinheit XXXX gekommen sei und er ein Ausbildner gewesen sei. Die Armee Al-Mahdi habe Briefe ausgeschickt und jedem verboten, für die Amerikaner zu arbeiten. Beim Freitagsgebet sei auch über Lautsprecher verkündet worden, dass jeder, der mit Amerikanern arbeite, des Todes sei. Es sei XXXX festgenommen worden, der für den Bezirk XXXX zuständig und der Kopf der Milizen vor Ort gewesen sei. Vor seinem Haus habe es einen großen LKW mit Waffen gegeben. XXXX sei von September 2007 bis Juli 2014 inhaftiert gewesen. Seit seiner Gefangennahme hätten die Bedrohungen begonnen. Er habe auch ein Kuvert erhalten, in dem sich eine Gewehrkugel befunden habe. Im Brief sei er aufgefordert worden, die Arbeit aufzugeben oder er werde getötet. Im Jänner 2013 sei sein Haus beschossen worden. Der vordere Bereich sei beschädigt und die Fenster und Türen zerstört worden. Am nächsten Tag um 5 Uhr in der Früh sei er dann mit seiner Familie nach Bagdad gefahren. Seine Frau und sein Schwager hätten gemeint, dass er den Irak verlassen müsse. Ende Jänner 2013 sei er in die Türkei gereist und dort einige Tage geblieben. Am 5.2. sei er nach Larnaka nach Zypern gereist aber wieder in die Türkei zurückgeschoben worden, woraufhin er mit dem Bus wieder nach Bagdad gefahren sei. Er sei ca. 40 Tage beim Schwager geblieben, wo auch seine Frau gewesen sei. Dann sei er benachrichtigt worden, dass er zu seiner Arbeitsstelle zurückmüsse. Der zuständige Direktor, ein Offizier, habe zu ihm gesagt, er könne am Militärsitz schlafen. Dort sei er einen Monat geblieben und habe die Kaserne nie verlassen. Sein Schwager habe gemeint, sie sollten wieder in ihr Haus in XXXX ziehen. Sie hätten alles wieder hergerichtet, die Fenster und die Türen, und wieder dort gewohnt. Im Juli 2014 sei XXXX entlassen worden. Ziemlich zur gleichen Zeit seiner Entlassung sei der Beschwerdeführer angerufen worden. Es habe sich eine Miliz mit dem Namen Maktab Al-Haji Asaib Ahl-Haqq gemeldet. XXXX habe mit ihm persönlich gesprochen. Er habe zu ihm gesagt, dass er wisse, wo er wohne und er auch wüsste, dass er für die Einheit arbeite. Er habe gesagt, er solle zu ihm ins Büro kommen und er würde ihm den Kopf abschneiden. Es sei besser, wenn er selbst komme, damit seiner Familie nichts passiere. Am 10.11.2014 um halb zwei in der Früh habe er Schüsse eines Maschinengewehrs gehört. Er sei mit seiner Familie geflüchtet. Seine Frau sei bei den Nachbarn geblieben, er selbst sei zu seinem Freund XXXX gegangen, der in der Gegend XXXX gelebt habe. Seine Frau sei von ihren Brüdern abgeholt und am nächsten Tag zu ihm gebracht worden. Sein Schwager habe ihm dann ein Ticket besorgt und er sei am 14.11.2014 von Najaf in die Türkei geflogen. Von dort sei er über Kiew nach Österreich gekommen.

4. Mit Bescheid des BFA vom 19.08.2016, Zl. 1046354407-140203799/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

6. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 18.12.2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilgenommen hat. Die belangte Behörde entsandte keinen Vertreter. Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung seinen Fluchtgrund geschildert.

7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.01.2018, L524 2117691-2/19E, wurde die Beschwerde gemäß § 3 AsylG als unbegründet abgewiesen. Vom Verfassungsgerichtshof wurde die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 12.06.2018, E 651/2018-8, abgelehnt. Der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts erhobenen ao. Revision wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.03.2019, Ra 2018/18/0446-5, stattgegeben und das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

8. Am 10.01.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Beschwerdeführer und ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Der Beschwerdeführer wurde zu seinen Fluchtgründen befragt, die eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation wurde erörtert und dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten, zur Lage im Irak Stellung zu nehmen.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist Schiit. Er ist verheiratet und lebte mit seiner Frau und den beiden Töchtern in XXXX in der Provinz Babel. Seine Frau und die Kinder leben beim Bruder der Frau in Babel, von dem sie unterstützt werden. Die drei Schwestern des Beschwerdeführers sind berufstätig (eine ist Lehrerin, zwei sind Ingenieure) und leben ebenfalls in Babel. Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben.

Der Beschwerdeführer verließ im November 2014 legal den Irak und reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 23.11.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Für seine Einreise nach Österreich verwendete der Beschwerdeführer einen fremden belgischen Reisepass. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 07.01.2016, 6 U 83/2015w, wegen des Gebrauchs fremder Ausweise gemäß § 231 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat (bedingt, Probezeit 3 Jahre) verurteilt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2014 bei der Polizei war und dass er bei einer Spezialeinheit tätig war, die mit den Amerikanern zusammengearbeitet hat. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bei der Festnahme eines Milizführers dabei war, dass er nach dessen Freilassung aus dem Gefängnis von diesem bedroht wurde und eine Verfolgung von der Miliz zu befürchten hat.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus.

Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser. 97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus. Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Doura, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.

Der Konflikt mit dem IS hat die Wirtschaft des Irak erheblich geschwächt. Die irakische Wirtschaft ist weiterhin stark vom Öl abhängig und ihr wirtschaftliches Vermögen hängt eng mit den globalen Ölpreisen zusammen. Die Weltbank prognostiziert, dass sich die Wirtschaft durch den Wiederaufbau nach Konflikten und die Verbesserung der Sicherheitslage erholen wird.

Die Verfassung garantiert das Recht auf Gesundheitsfürsorge und es gibt ein staatliches Gesundheitswesen und Behandlungsmöglichkeiten sind vom Staat bereitzustellen. Der Irak verfügt über öffentliche und private Krankenhäuser. Die medizinische Grundversorgung erfolgt sowohl in privaten als auch in öffentlichen Kliniken. Die Gesundheitsinfrastruktur hat unter jahrzehntelangen Konflikten gelitten. Das Gesundheitswesen ist begrenzt, insbesondere in von Konflikten betroffenen Gebieten und in Gegenden mit einer großen Anzahl von Binnenvertriebenen.

Die Verfassung sieht eine obligatorische Grundschulausbildung vor. Für Kinder in der Region Kurdistan besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren. Der Irak war einst regional führend in der Bildung, aber jahrelange Konflikte haben zu sinkenden Bildungsergebnissen geführt. Kinder, die sich derzeit in der Schule befinden, werden ca. 10,1 Jahre Schulunterricht erhalten. Die durchschnittliche Schulzeit der derzeit über 25-Jährigen lag bei 6,6 Jahren. Mädchen hatten mit 9,7 Jahren eine niedrigere erwartete Schulzeit, verglichen mit Knaben mit 11,5 Jahren. Rund 80 Prozent der Iraker im Alter von über 15 Jahren sind gebildet. Trotz Lehrermangels und der Zerstörung und Beschädigung von Bildungseinrichtungen werden Schulen, einschließlich Schulen und Universitäten, in von Konflikten betroffenen Gebieten, von den Gemeinschaften wieder aufgebaut. Wohlhabende Familien in Bagdad haben Zugang zu höherer Bildung von privaten und internationalen Schulen. Die privaten Schulgebühren in Bagdad betragen durchschnittlich rund 1.300 USD pro Monat.

Der öffentliche Sektor ist bei weitem der größte Arbeitgeber und der private Sektor ist unterentwickelt. Während die Regierung den größten Teil ihrer Einnahmen aus Ölexporten erwirtschaftet, beschäftigt die Ölindustrie nur wenige Mitarbeiter. Die Regierung beschäftigt schätzungsweise 40 Prozent der irakischen Arbeitskräfte. Im UNDP-Bericht 2016 wurde eine Arbeitslosenquote von 16,9 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 35,1 Prozent geschätzt.

Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status.

Mehrere Faktoren beeinflussen die Sicherheitslage im Irak, einschließlich der Aktionen verbliebener IS-Kämpfer (oder anderer extremistischer Kämpfer, die seit der Niederlage des IS aufgetaucht sind) und anderer bewaffneter Gruppen (einschließlich der staatlich sanktionierten Popular Mobilization Forces) und historische Spannungen innerhalb der Schiiten und innerhalb der Sunniten. In der Region Kurdistan wird die Sicherheitslage durch Spannungen zwischen der Bundesregierung und der KRG, Spannungen zwischen verschiedenen kurdischen politischen Blöcken und Maßnahmen der Türkei und des Irans beeinflusst. Die verbleibenden IS- und andere extremistische Kämpfer sowie der zunehmende Einfluss der PMF sind die akutesten Probleme, die die gegenwärtige Sicherheitslage im gesamten Irak beeinflussen. Zu den zahlreichen schiitischen bewaffneten Gruppen im Irak gehören Saraya Al-Salam (SAS, auch Friedensbrigaden genannt, die zum Teil aus ehemaligen Mahdi-Armeekämpfern bestehen), Asaib Ahl al-Haq (AAH), Kataib Hizbullah (KH) und das Badr Corps. SAS und das Badr Corps sind die militärischen Waffen der politischen Bewegungen Sadrist und Badr.

Ethnische Minderheiten haben im Irak eine politische Vertretung und nehmen am öffentlichen Leben teil. Die Verfassung erkennt sowohl Arabisch als auch Kurdisch als Amtssprachen an und verankert das Recht des Einzelnen, seine Kinder in Minderheitensprachen wie turkmenisch, syrisch und armenisch zu erziehen. Personen sind aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit einem geringen Risiko einer offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Es besteht möglicherweise ein mäßiges Risiko gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt zu sein, wenn sie in einem Gebiet leben, in dem ihre ethnische Zugehörigkeit in der Minderheit ist.

Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Es garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabäer-Mandäer. Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt. Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist.

Als Mehrheitsbevölkerung im Irak mit einer dominierenden Rolle in der Regierung werden Schiiten kaum oder gar nicht diskriminiert. Die Schiiten haben traditionell im ganzen Irak gelebt. Durch die starke Zunahme sektiererischer Gewalt seit 2003 haben einige Schiiten sunnitische Gebiete verlassen. Der Aufstieg des IS im Jahr 2014 führte dazu, dass viele Turkmenen und Shabak in andere Gebiete umsiedelten. Die Gewalt gegen Schiiten hat sich im Jahr 2018 nach der Niederlage des IS verringert. Es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen schiitischen Milizen, die häufiger in schiitischen Gebieten wie Bagdad und dem Südirak auftreten. Schiiten sind keiner offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Sie sind auch keiner gesellschaftlichen Diskriminierung ausgesetzt, obwohl sie bei bedeutenden schiitischen Festen und Pilgerfahrten einem mäßigen Gewaltrisiko ausgesetzt sind. (Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018)

Im Juni 2019 wurden die letzten Betonblöcke um die Grüne Zone in Bagdad, der Regierungsbezirk, abgebaut. Die Bevölkerung hat jetzt freien Zugang zu den gut zehn Quadratkilometern, die bis dahin No-Go-Zone war: Der "Hochsicherheitstrakt" im Zentrum von Bagdad ist Vergangenheit. Mit der Öffnung der Grünen Zone hat Iraks Premierminister Adel Abdul Mahdi sein Versprechen eingelöst, das er bei seinem Amtsantritt im Oktober letzten Jahres gegeben hat. Der Bezirk soll ein normales Stadtviertel von Bagdad werden. Seit November wurde Schritt für Schritt abgebaut: Checkpoints aufgelöst, Stacheldraht entfernt, Betonblöcke auf Tieflader geladen und abgefahren. Hundertausende sollen es gewesen sein. Allein in den letzten zwei Monaten hat Bagdads Stadtverwaltung 10.000 Mauerteile abfahren lassen, wie ein Angestellter berichtet. Die Betonblöcke wurden zum Militärflughafen Al-Muthana im Zentrum von Bagdad gefahren und dort abgekippt. Einige von ihnen finden Wiederverwertung in einem Ring, der derzeit um Bagdad gezogen wird, um Terroristen vor dem Eindringen zu hindern. Andere dienen dem Hochwasserschutz. Wieder andere werden als Baumaterial für Silos verwendet. (Mauerfall in Bagdad: Das Ende der Grünen Zone, Wiener Zeitung, 05.06.2019)

Ende Oktober 2019 kam es erneut zu Protesten, wobei acht Menschen in Bagdad starben, als Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen Demonstranten in der Nähe des Regierungsviertels vorgingen. In Bagdad hatten am 25.10.2019 Tausende Demonstranten versucht, in die besonders geschützte Grüne Zone zu gelangen. Dort liegen viele der Regierungsgebäude und Botschaften. Die Lage hatte sich am folgenden Tag zunächst beruhigt. Auf dem zentralen Tahrir-Platz errichteten jedoch Hunderte Demonstrierende Zelte, um weiter zu protestieren. (42 Tote bei erneuten regierungskritischen Protesten, Zeit.de, 25.10.2019)

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner illegalen Einreise nach Österreich, zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes, zum Wohnort und zu den Familienverhältnissen ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren sowie aus den Verwaltungsakten. Es ist kein Grund ersichtlich, daran zu zweifeln.

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem eingeholten Strafregisterauszug vom 21.03.2019.

Der Beschwerdeführer schilderte, dass er am 10.11.2014 in der Nacht auf Grund eines Überfalls mit seiner Frau und den Kindern überstürzt sein Haus verlassen habe und am 14.11.2014 aus dem Irak ausgereist sei. In der Türkei habe er einen Schlepper getroffen, der ihn gegen Bezahlung von ? 15.000,-- seine Reise nach Europa organisiert habe. Dass der Beschwerdeführer in dieser kurzen Zeit in der Lage ist, eine derart hohe Summe aufzubringen, spricht nicht dafür, dass er aus Furcht vor Verfolgung seine Heimat verlassen hat, sondern es sich vielmehr um eine länger geplante Ausreise des Beschwerdeführers handelte, die nicht auf einem Verfolgungsszenario beruht. Würde es ihm tatsächlich um Schutz vor Verfolgung gehen, ist auch anzunehmen, dass er in der Türkei geblieben wäre.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund ist aus folgenden Erwägungen auch nicht glaubhaft:

Es fällt auf, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA davon gesprochen hat, dass es einen Vorfall im Jänner 2013 gegeben habe, bei dem sein Haus beschossen worden sei. Daraufhin habe er alles zurückgelassen und sei am nächsten Tag mit seiner Familie nach Bagdad gefahren. Ende Jänner 2013 habe er dann den Irak verlassen, sei in die Türkei gereist und am 05.02. weiter nach Zypern. Er sei jedoch in die Türkei zurückgeschoben worden, weshalb er auch wieder nach Bagdad zurückgekehrt sei (AS 215 und 217). Diese Angaben des Beschwerdeführers sind jedoch insofern nicht stimmig, als sich aus dem im Reisepass des Beschwerdeführers befindlichen Visum ergibt, dass dieses für den Zeitraum 21.01.2014 bis 21.04.2014 ausgestellt wurde und der Beschwerdeführer tatsächlich am 05.02.2014 in Zypern eingereist ist (AS 49). Dieses widersprüchliche Vorbringen ist offenbar auch dem rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers aufgefallen, der in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, noch bevor der Beschwerdeführer aufgefordert wurde, seinen Fluchtgrund zu schildern, von sich aus angab, dass es im Einvernahmeprotokoll des BFA zu einer falschen Protokollierung gekommen sei. Der vom Beschwerdeführer geschilderte Vorfall habe sich nicht im Jänner 2013, sondern im Jänner 2014 ereignet. Damit würde dann das Vorbringen des Beschwerdeführers mit dem im Pass befindlichen Visum in Einklang stehen. Dieser Erklärungsversuch des Vertreters des Beschwerdeführers überzeugt jedoch nicht. Diesbezüglich ist ihm entgegenzuhalten, dass gemäß § 15 AVG - soweit nicht Einwendungen erhoben wurden - eine gemäß § 14 leg. cit. aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis liefert, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zulässig bleibt. Ungeachtet des Umstandes, dass Protokollrügen bei Rückübersetzung der Niederschrift grundsätzlich im Rahmen derselben Amtshandlung vorzubringen sind (§ 14 Abs. 3 und 4 AVG), vermochte der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter mit seiner Erklärung der Beweiskraft der Niederschrift vom 23.06.2016 nichts Entscheidendes entgegen zu setzen bzw. keinen erfolgreichen Gegenbeweis anzutreten. Der Beschwerdeführer hat in der Einvernahme vor dem BFA nämlich mehrfach angegeben, dass sich der von ihm geschilderte Vorfall im Jänner 2013 ereignet habe. Er gab auch ausdrücklich an, Ende Jänner 2013 in die Türkei gereist zu sein (AS 215 und 217). Dass es sich daher bloß um eine falsche Protokollierung handeln würde, ist somit nicht glaubhaft. Schließlich hat der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Niederschrift mit seiner Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt und angegeben, dass er die Dolmetscherin einwandfrei verstanden habe. Zudem brachte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch nicht vor, dass es zu einer falschen Protokollierung gekommen wäre; im Gegenteil, er wiederholte vielmehr, dass sich der Vorfall im Jänner 2013 ereignet habe (AS 327). Zweifel an der Richtigkeit des Inhalts der Niederschrift bestehen daher nicht. Wenn der nunmehrige Vertreter des Beschwerdeführers daher in der mündlichen Verhandlung behauptet, es wäre falsch protokolliert worden, versucht er damit bloß die offenkundige Widersprüchlichkeit im Vorbringen des Beschwerdeführers zu erklären, was jedoch - wie dargestellt - nicht gelungen ist.

Der Beschwerdeführer schilderte dann auch - nachdem sein Vertreter obiges Vorbringen erstattete -, dass sich der Anschlag auf sein Haus im Jänner 2014 ereignet hätte. Auffällig ist dabei, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, das konkrete Datum dieses Anschlags zu benennen, obwohl es sich dabei um ein derart einschneidendes Erlebnis gehandelt hätte, das ihn dazu veranlasst habe, mit Frau und Kindern am folgenden Tag nach Bagdad zu flüchten (Seiten 6 und 7 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Im Verhältnis dazu unwichtige Daten, wie die Ausreise in die Türkei und die Weiterreise nach Zypern konnte der Beschwerdeführer angeben. Allerdings sind diese Daten auch durch Aus- bzw. Einreisestempel im Pass des Beschwerdeführers belegt (AS 49). Dass der Beschwerdeführer nicht angeben kann, wann sich der behauptete Vorfall im Jänner 2014 ereignet habe, spricht vielmehr dafür, dass es diesen gar nicht gegeben hat, weshalb sich der Beschwerdeführer auch derart unkonkret dazu geäußert hat. Der Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung auch aufgefordert, den Vorfall im Jänner 2014 näher zu schildern, doch blieben seine Angaben äußerst dürftig. Er gab nur an, dass er um 5 Uhr früh Lärm gehört habe, das Fenster kaputtgegangen sei und er dann etwas Ähnliches wie Schüsse gehört habe (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Von einer plastischen Schilderung, die annehmen lässt, dass der Beschwerdeführer persönlich Erlebtes geschildert hat, kann keinesfalls gesprochen werden.

Als Grund für seine Flucht gab der Beschwerdeführer an, dass unter seiner Mitwirkung ein Milizangehöriger im September 2007 verhaftet und im Juli 2014 freigekommen sei. Daraufhin sei er von ihm bedroht worden und am 10.11.2014 habe es einen Angriff beim Beschwerdeführer zu Hause gegeben, woraufhin er am 14.11.2014 den Irak verlassen habe. Die Schilderungen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung waren dergestalt, dass der Eindruck entstanden ist, der Beschwerdeführer hat die in der Einvernahme vor dem BFA präsentierte Geschichte samt Eckdaten auswendig gelernt. Der gesamte Erzählstil des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vermittelte den Anschein, als habe der Beschwerdeführer das vom ihm geschilderte Vorbringen keinesfalls persönlich erlebt. Das gesamte Fluchtvorbringen war chronologisch und frei von jeglichen Emotionen geschildert und wirkte einstudiert. Dieser Eindruck bestätigte sich dann auch durch die in der mündlichen Verhandlung gestellten Nachfragen. Auf die Aufforderung, die Festnahme von XXXX zu schildern, blieben die dann getätigten Angaben des Beschwerdeführers sehr allgemein gehalten und machte er schließlich ganz allgemeine Angaben zu Milizen im Irak. Auch die erneut verlangte Schilderung des Angriffs im November 2014 war ebenso auf wenige Tatsachen beschränkt und frei von jeglichen Emotionen geschildert (Seiten 8 und 9 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Es ist dem Beschwerdeführer daher keinesfalls gelungen, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu schildern.

Darüber hinaus ergaben sich im Vorbringen des Beschwerdeführers auch Widersprüche, weshalb es dem Beschwerdeführer auch auf Grund dessen nicht gelungen ist, seinen Fluchtgrund glaubhaft zu machen. Vor dem BFA gab er - nach seiner Funktion bei der Festnahme von XXXX befragt - nur ausweichend an, dass es überall die Milizen gegeben habe, weshalb alle zusammengeholfen hätten und er auch als Polizist eingesetzt worden wäre. Was konkret der Beschwerdeführer getan hat, lässt sich seinem gesamten Vorbringen nicht entnehmen. Er gab nur einmal an, dass sie ihn fixiert hätten ["Wir haben ihn fixiert."] (AS 219). Vor dem Bundesverwaltungsgericht stellte der Beschwerdeführer seine Person zentral in das Vorbringen und behauptete plötzlich, dass er XXXX die Handschellen angelegt hätte (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017).

Auch zur Freilassung von XXXX machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben, die nahelegen, dass das von ihm Geschilderte nicht den Tatsachen entspricht. In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, XXXX sei aus dem Gefängnis geflüchtet (AS 37). Vor dem BFA erklärte der Beschwerdeführer, XXXX sei aus dem Gefängnis entlassen worden. Die Milizen hätten eine hohe Kaution hinterlegt und so sei er freigekommen (AS 217 und 221). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht meinte der Beschwerdeführer, nachdem ihm vorgehalten wurde, dass er in der Erstbefragung angegeben habe, XXXX sei geflüchtet, er hätte immer gesagt, dass XXXX gegen Bezahlung von Schmiergeld entlassen worden sei (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Dieser Behauptung steht jedoch der eindeutige Wortlaut des Protokolls der Erstbefragung entgegen, in der wörtlich festgehalten wurde: "Er konnte vor ca. vier Monaten aus dem Gefängnis flüchten.". Dass eine Flucht und eine Entlassung - egal ob gegen Bezahlung einer Kaution oder von Schmiergeld - nicht dasselbe sind, ist offenkundig.

Es wurde auch eine Anfrage an die Staatendokumentation hinsichtlich der Festnahme und Entlassung von XXXX gerichtet. Aus der Anfragebeantwortung (Seite 13 und 14) geht hervor, dass zu einer Festnahme keine Berichte gefunden werden konnten. Betreffend eine Freilassung wurde ein Artikel vom August 2014 gefunden, wonach eine unbekannte Gruppierung das Krankenhaus für XXXX in XXXX überfiel und einen Verwundeten, der auf der im Krankenhaus befindlichen Polizeistation untergebracht war, aus dem Krankenhaus brachte. Bei dem Verwundeten habe es sich um einen Mann namens XXXX gehandelt, der des Terrorismus beschuldigt werde. Damit handelt es sich aber offenbar nicht um jene vom Beschwerdeführer genannte Person. Es konnte somit das Vorbringen des Beschwerdeführers auch durch Recherchen mit verifiziert werden.

Der Beschwerdeführer behauptete auch, Drohbriefe bekommen zu haben. Aber auch diesbezüglich konnte er vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht keine übereinstimmenden Angaben machen. Vor dem BFA erklärte er, etwa seit Beginn der Haft von XXXX [September 2007] hätte er auch Bedrohungen bekommen und in einem Kuvert habe sich auch einmal eine Gewehrkugel befunden (AS 215). Insgesamt hätte er vier oder fünf Briefe bekommen (AS 219). Demgegenüber behauptete der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2005 oder 2006 hätte er erstmals Drohbriefe bekommen und es seien fünf oder sechs Briefe gewesen. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer an, er hätte sämtliche Drohbriefe weggeschmissen, weil ihm niemand helfen würde. Dieses Vorbringen ist jedoch nicht glaubhaft, es spricht vielmehr dafür, dass es besagte Drohbriefe nie gegeben hat (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017).

Weitere Divergenzen ergaben sich im Zusammenhang mit dem Anruf von XXXX beim Beschwerdeführer. Vor dem BFA gab der Beschwerdeführer zwei Versionen an, wann er diesen Anruf erhalten hätte. Zunächst behauptete er, "ziemlich zur gleichen Zeit seiner Entlassung wurde ich angerufen", was somit im Juli 2014 gewesen wäre (AS 217). Später wurde der Beschwerdeführer noch einmal explizit danach gefragt, wann er den Anruf erhalten hätte. Hier behauptete er dann, dass dies sei ca. zwei Wochen vor dem Beschuss des Hauses gewesen sei, also Ende Oktober/Anfang November 2014 (AS 219). Dem Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung vorgehalten, dass er vor dem BFA erklärte, zur Zeit der Entlassung von XXXX den Anruf erhalten zu haben. Daraufhin wiederholte er, dass er vier Monate nach dessen Entlassung den Anruf bekommen hätte. Auf Wiederholung des Vorhalts meinte der Beschwerdeführer nun: "Das kann ein Missverständnis sein." (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Seine widersprüchlichen Angaben konnte der Beschwerdeführer damit aber nicht erfolgreich ausräumen.

Auch hinsichtlich seines Autos machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. Während er in der Erstbefragung angab, sein Haus sei in die Luft gesprengt und sein Auto sei angezündet worden (AS 37), gab er in der mündlichen Verhandlung an, dass sein Auto in die Luft gesprengt worden sei. Dass sein Haus in die Luft gesprengt worden sei, behauptete er hier nicht. Auf den Vorhalt seiner unterschiedlichen Angaben meinte der Beschwerdeführer ausweichend, dass das Auto neben dem Haus gestanden sei. Er wisse nicht, ob es eine Bombe gewesen sei, aber es sei ein Anschlag gewesen und das Auto sei verbrannt (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Eine plausible Erklärung für seine abweichenden Angaben ist das nicht. Soweit der Beschwerdeführer auch ein Foto eines zerstörten Hauses im Laufe des Verfahrens vorlegte, kann daraus nicht auf die Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers geschlossen werden, da einerseits nicht hervorgeht, wessen Haus dies ist, andererseits wie das Haus zerstört wurde.

Hinsichtlich seiner Rückkehr zu seinem Arbeitsplatz - nach seiner Ausreise aus dem Irak im Jänner 2104 und der anschließenden Wiedereinreise - machte der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben. So gab er vor dem BFA an, dass er nach der Rückkehr in den Irak 40 Tage in Bagdad gewesen sei und "dann wurde ich benachrichtigt, dass ich zu meiner Arbeitsstelle zurück muss." (AS 217). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer konträr dazu an: "Ich hatte Kontakt zum Leiter der Abteilung aufgenommen. Ich hatte gesagt, dass ich wieder zurück zur Arbeit möchte." (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Auch diese widersprüchlichen Angaben sprechen gegen eine Glaubhaftung.

Außerdem sind auch Ungereimtheiten zur Tätigkeit des Beschwerdeführers aufgetreten. So meinte er zwar, dass er Polizist gewesen sei, führte aber aus, dass er im Jahr 2014 (nach der Rückkehr aus der Türkei), nachdem er sich zunächst 40 Tage in Bagdad aufgehalten habe, zu seiner Arbeitsstelle in die Kaserne zurückgekehrt sei. Er habe am Militärsitz geschlafen und die Kaserne nie verlassen (AS 215 und 217, Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 18.12.2017). Dass sich die Arbeitsstelle eines Polizisten in einer Kaserne befindet, ist nicht glaubhaft.

Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er für eine Spezialeinheit im Irak tätig gewesen sei. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer genannten Spezialeinheit wurde eine Anfrage an die Staatendokumentation gerichtet. Zum Teil decken sich die Angaben des Beschwerdeführers mit der Anfragebeantwortung. Zum überwiegenden Teil stimmen sie jedoch nicht überein und lassen sich auch die Angaben des Beschwerdeführers nicht mit den vorgelegten Bildern und Ausweisen in Einklang bringen, weshalb es schließlich nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer in der von ihm genannten Spezialeinheit tätig war. Dazu im Einzelnen wie folgt:

Zu dieser Einheit befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass die Einheit 2004 vom US-Militär gegründet worden sei und zunächst mit elf Personen, darunter der Beschwerdeführer, begonnen habe. Es seien laufend weitere Personen hinzugekommen und noch im Jahr 2004 habe die Einheit 400 Personen umfasst. Auch in den Jahren danach seien es immer um die 400 Personen gewesen. Der offizielle Name der Einheit sei XXXX gewesen. Die Einheit habe weiße Autos gehabt, auf denen seitlich ein XXXX abgebildet und darunter " XXXX " gestanden sei. Die Einheit sei in XXXX stationiert gewesen (Seiten 3 bis 5 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020).

Aus der Anfragebeantwortung geht hervor, dass es eine Einheit, die XXXX bezeichnet wurde, in XXXX gab und deren Logo ein XXXX war. Hinsichtlich der weiteren Details weichen die Angaben des Beschwerdeführers aber von der Anfragebeantwortung ab.

Aus der Anfragebeantwortung (Seiten 4, 5 und 8) geht hervor, dass das XXXX -Kommando mit der Ankunft der Amerikaner im Jahr 2003 von General XXXX gegründet worden sei. Der Beschwerdeführer gab hingegen an, dass er ab dem Jahr 2004 bei der Einheit gewesen sei und seit der Gründung bei der Einheit gewesen sei. Die Einheit sei außerdem vom US-Militär gegründet worden. Der Beschwerdeführer erwähnte aber auch General XXXX , der seinen Angaben zufolge der Kommandant gewesen sei (Seiten 3 und 4 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020).

Weiters geht aus der Anfragebeantwortung (Seiten 3 und 6) hervor, dass der Name der Einheit " XXXX war, die unter den Einheimischen als " XXXX " bekannt war. Der Beschwerdeführer erklärte aber, dass " XXXX der offizielle Name gewesen sei. Einen anderen oder weiteren Namen der Einheit brachte er nicht vor (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Als der Beschwerdeführer gefragt wurde, was auf den Autos der Einheit abgebildet gewesen sei, gab er an, dass an den Türen ein XXXX abgebildet gewesen sei und unterhalb das Wort " XXXX " gestanden sei (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Der Beschwerdeführer legte auch ein Foto vor, das ein Auto der Einheit zeigen soll. Allerdings ist auf dem Foto nicht wie vom Beschwerdeführer behauptet, unterhalb des abgebildeten XXXX das Wort " XXXX " zu sehen (AS 227). Auch die Anfragebeantwortung (Seite 6) ist mit den Angaben des Beschwerdeführers zu den Autos nicht vereinbar. Aus dieser geht nämlich hervor, dass auf den Türen der Autos der Schriftzug " XXXX " in schwarzer Farbe angebracht gewesen sei und das Logo, ein schwarzer XXXX . Damit zeigt sich, dass die Angaben des Beschwerdeführers, wenn man das von ihm verwendete Wort " XXXX " als " XXXX " verstehen will, beinahe übereinstimmen, da der Beschwerdeführer nämlich nicht behauptete, dass auch das Wort Iraqi auf den Türen angebracht sei. Mit seinen Angaben ist aber das von ihm vorgelegte Bild, das den Beschwerdeführer in einem solchen Auto zeigen soll, nicht vereinbar, da auf diesem, wie oben erwähnt, keinerlei Schriftzug angebracht ist, sondern nur das Logo. Dies spricht nun erheblich dagegen, dass das Bild den Beschwerdeführer in einem echten Fahrzeug dieser Einheit zeigt. Dem Beschwerdeführer wurde auch vorgehalten, dass seine Angaben nicht mit dem Foto übereinstimmen. Daraufhin änderte er sein Vorbringen ab und meinte nun, dass nicht alle Autos mit dem erwähnten Schriftzug beschriftet worden seien (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Überzeugend ist dieser Erklärungsversuch nicht, da der Beschwerdeführer nämlich schon anlässlich der gezielten Frage nach Aufschriften auf dem Auto dies hätte angeben müssen und nicht erst auf den Vorhalt.

Zu den Autos der Einheit erklärte der Beschwerdeführer auch, dass diese jetzt nicht mehr weiß, sondern grün seien. Diese Information habe er von "einigen ehemaligen Arbeitskollegen", zu denen er noch Kontakt habe (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Etwas später erklärte der Beschwerdeführer aber, dass er nur mehr zu einem Kollegen Kontakt habe (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Dass der Beschwerdeführer in derselben mündlichen Verhandlung nicht in der Lage ist, widerspruchsfrei anzugeben, ob er nun mit "einem" Kollegen oder mit "einigen" Kollegen Kontakt habe, spricht nicht dafür, dass der Beschwerdeführer von wahren Begebenheiten spricht.

Auch zur Größe der Einheit machte der Beschwerdeführer Angaben, die mit der Anfragebeantwortung nicht vereinbar sind. Der Beschwerdeführer erklärte, dass die Einheit ab dem Jahr 2004 und über alle weiteren Jahre hindurch ca. 400 Personen umfasst habe (Seite 5 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Aus der Anfragebeantwortung (Seite 8) ergibt sich, dass die Ausbildung der Einheit im Jahr 2003 mit 41 Rekruten begonnen habe und im Oktober 2004 175 Mitglieder gehabt habe. Im Jahr 2006 habe die Einheit etwa 800 Personen umfasst (Seite 3 der Anfragebeantwortung).

Zur Uniform, welche die Einheit getragen habe, legte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zwei Bilder vor. Diesen Bildern zufolge sei die Uniform zuerst sandfarben gewesen und danach sei es eine Tarnkleidung gewesen. Außerdem habe sich auf dem linken Arm das Logo der Einheit, ein XXXX und das Wort " XXXX " befunden. Es hätte auch Uniformen gegeben, auf denen sich auf der linken oder rechten Brust die irakische Flagge befunden habe (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Auf den Bildern, die der Beschwerdeführer zeigte, sind aber diese von ihm genannten Aufschriften auf den Uniformen nicht zu sehen. Auch auf sämtlichen Bildern, die den Beschwerdeführer in Uniform zeigen, ist weder das von ihm genannte Logo noch der Schriftzug angebracht. Damit stimmen die vom Beschwerdeführer vorgelegten Bilder mit seinen Schilderungen nicht überein. Aus der Anfragebeantwortung (Seite 8) geht außerdem hervor, dass die Uniformen khakifarben gewesen seien und am linken Arm die irakische Flagge abgebildet sei. Zudem sei eine schwarze Sturmhaube getragen worden. Auch damit stimmen die Angaben des Beschwerdeführers nicht überein.

Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er in der Einheit zunächst als Trainer tätig gewesen sei (Seite 5 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Nach der Anfragebeantwortung (Seite 3) haben jedoch die US-amerikanischen Soldaten die Mitglieder der Einheit ausgebildet. Das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner angeblichen Tätigkeit ist daher nicht glaubhaft.

Es ergaben sich auch Unstimmigkeiten zum Verdienst in der Spezialeinheit. Der Beschwerdeführer erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass er 1.400 US-Dollar verdient habe und es auch Provisionen gegeben habe. Am Anfang habe er weniger verdient und mit einem höheren Rang sei auch das Gehalt mehr gewesen (Seiten 8 und 9 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Aus der Anfragebeantwortung (Seite 6) geht hervor, dass die Mitglieder der Einheit etwa 200 Dollar verdient haben. Es ist zwar nachvollziehbar, dass das Gehalt mit einem höheren Rang steigt, ein derart hoher Unterschied von 1.200 US-Dollar erscheint aber, wenn man auch beachtet, dass der Beschwerdeführer gar kein Kommandant in der Einheit war, nicht realistisch.

Auch die Angaben des Beschwerdeführers zum Kommandanten der Einheit waren unplausibel. Er konnte in Übereinstimmung mit der Anfragebeantwortung angeben, dass XXXX der Kommandant der Einheit war und 2006 getötet wurde (Seiten 3 und 5 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Hinsichtlich der nachfolgenden Kommandanten bis zum Jahr 2014 konnte der Beschwerdeführer aber keine konkreten zeitlichen Angaben machen. Er gab nur an, dass alle nachfolgenden Kommandanten etwa zwei Jahre lang Kommandant gewesen seien (Seite 6 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020), was aber mit dem Zeitraum von acht Jahren nicht vereinbar ist. Zumindest hinsichtlich des letzten Kommandanten hätte der Beschwerdeführer konkretere Angaben machen können müssen, da es sich hierbei um die zeitlich am kürzesten zurückliegenden Ereignisse handelt und diese trotz des inzwischen vergangenen Zeitraums noch erinnerlich sein müssten. Die vom Beschwerdeführer genannten drei nachfolgenden Kommandanten finden sich nicht in der Anfragebeantwortung (Seite 4). Dort ist vielmehr die Rede davon, dass nach dem Tod von XXXX Generalmajor XXXX gewählt wurde. Die Angaben des Beschwerdeführers stimmen daher auch in diesem Punkt nicht mit der Anfragebeantwortung überein. Der Beschwerdeführer erwähnte auf Vorhalt zwar einen Mann namens XXXX , doch gab er einen anderen Vornamen an und meinte, dieser habe nichts mit der Einheit des Beschwerdeführers zu tun gehabt (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020).

Mit dem Beschwerdeführer wurde in der mündlichen Verhandlung die Anfragebeantwortung erörtert, insbesondere wurden seine zur Anfragebeantwortung abweichenden Angaben besprochen. Als Grund für die Abweichungen brachte er vor, dass die in der Anfragebeantwortung genannte Einheit im Jahr 2012 oder 2013 neu gegründet worden wäre (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Dieser Erklärungsversuch kann die Unstimmigkeiten und Abweichungen jedoch nicht erklären. Wie sich nämlich aus der Anfragebeantwortung ergibt, stammen die Quellen aus den Jahren 2004, 2006, 2007, 2008 und 2009 und können sich somit nicht auf eine erst im Jahr 2012 oder 2013 gegründete Einheit beziehen.

Ein Dokument, welches die behauptete Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Spezialeinheit belegen würde, konnte der Beschwerdeführer nicht vorlegen. Er verwies bloß auf seine beiden Ausweise, aus denen aber nicht hervorgeht, dass er für die von ihm genannte Einheit tätig gewesen sei (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Zu einem Ausweis, auf dem " XXXX " und XXXX angeführt ist und der als Logo einen XXXX enthält (AS 171f), erklärte der Beschwerdeführer, dass er diesen innerhalb der Kaserne benötigt habe und "diesen musste ich immer dabeihaben". In der Kaserne sei er außerdem von 2004 bis 2014 tätig gewesen. Auf den Vorhalt, dass sein Ausweis aber 2013 abgelaufen sei, änderte der Beschwerdeführer nun sein Vorbringen ab und meinte, dass der Ausweis für die Amerikaner ausgestellt worden sei, damit diese sie erkennen und sichergehen können, dass er in dieser Kaserne tätig sei. Nachdem die Amerikaner die Kaserne verlassen hätten und da der Beschwerdeführer dort schon länger tätig und bekannt gewesen sei, hätten er und seine Kollegen keine neuen Ausweise bekommen (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Dieser Erklärungsversuch überzeugt aber deshalb nicht, da er der zuvor aufgestellten Behauptung, er hätte den Ausweis immer dabeihaben müssen, eklatant widerspricht. Dass sich innerhalb der Kaserne Personen ohne gültigen Ausweis frei bewegen können, erscheint selbst für irakische Verhältnisse undenkbar. Zudem ist noch darauf hinzuweisen, dass der Schriftzug " XXXX " auf dem Ausweis keinerlei Rückschlüsse auf eine Tätigkeit in der vom Beschwerdeführer genannten Spezialeinheit " XXXX " zulässt.

Der zweite vom Beschwerdeführer vorgelegte Ausweis ist vom "Ministry of Interior" ausgestellt (AS 173f). Auf diesem Ausweis ist die Waffe des Beschwerdeführers angeführt, nämlich " XXXX " (AS 174). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er mit einer Pistole, Modell XXXX , bewaffnet gewesen sei. Die genaue Bezeichnung der Pistole konnte er nicht angeben (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Auf den von ihm vorgelegten Bildern ist der Beschwerdeführer jedoch nicht mit einer Pistole zu sehen, sondern mit einem Gewehr (AS 351 und 353). Auf den Vorhalt, weshalb im Ausweis eine Pistole angeführt wird, auf den Bildern jedoch ein Gewehr zu sehen ist, meinte der Beschwerdeführer, dass die Pistole seine private Pistole gewesen sei. Die Anführung seiner privaten Pistole sei eine Art Genehmigung, für den Fall, dass er mit seiner privaten Pistole aufgehalten werde. Er könne dann vorweisen, dass er diese tragen dürfe (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Es erscheint nicht wahrscheinlich, dass in einem Dienstausweis des "Ministry of Interior" eine im privaten Besitz des Beschwerdeführers befindliche Waffe angeführt wird. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass in einem Dienstausweis jene Waffe angeführt wird, die der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Dienstausübung tatsächlich verwendet. Es bestehen daher erhebliche Zweifel an der Echtheit des vorgelegten Ausweises.

Auf dem Ausweis des "Ministry of Interior" ist als Rang "Comm" angeführt (AS 174). Wenn dies übersetzt als Kommandant verstanden werden soll, so lässt sich dies mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht vereinbaren, wonach er eine Stufe unter dem Kommandanten, aber gerade nicht Kommandant gewesen sei. Außerdem war es dem Beschwerdeführer nicht möglich, seinen Rang auf Englisch anzugeben. Dies ist insofern nicht nachvollziehbar, da auf dem von ihm selbst vorgelegten Ausweis der Rang in englischer Sprache angeführt ist. Auch dies spricht dafür, dass der Ausweis nicht echt ist und der Beschwerdeführer nicht tatsächlich die von ihm behauptete Funktion ausgeübt hat, da es ihm andernfalls möglich sein müsste, seinen Rang auf Englisch anzugeben, noch dazu wo dieser ohnehin auf dem Ausweis genannt wird (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020).

In der mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer zu seinem Rang befragt aus, dass er zuerst einen Stern und nach drei Jahren zwei Sterne gehabt habe. Nach der Polizeischule habe er sich in der 2. Stufe befunden. Am Schluss, in der 4. Stufe, habe er dann eine Krone gehabt. Diese Angaben des Beschwerdeführers beziehen sich auf das auf dem Hemd befindliche Abzeichen (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020). Einen Stern hat der Rang Lieutenant, zwei Sterne hat der Rang First Lieutenant. Einen Rang, der eine Krone beinhaltet, gibt es nicht (vgl. betreffend die Polizei: https://en.wikipedia.org/wiki/Iraqi_Police#Ranks und betreffend das Militär: https://en.wikipedia.org/wiki/Military_ranks_of_Iraq). Weiters ist zu beachten, dass die vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausweise den Rang "Constable" und "Comm" anführen. Beide Ränge finden sich weder auf der Liste der Ränge der Polizei noch jener des Militärs. Es bestehen daher erhebliche Zweifel an der Echtheit der vom Beschwerdeführer vorgelegten Ausweise.

Zum Nachweis seiner beruflichen Tätigkeit legte der Beschwerdeführer auch weitere Dokumente in Kopie vor. Bei einem Dokument handelt sich um eine Liste jener Personen, die um einen Dienstgrad befördert wurden. Aus dem Schreiben geht hervor, dass die genannten Personen um einen Dienstgrad befördert werden, allerdings kann anhand des Schreibens und der Liste nicht nachvollzogen werden, welchen Dienstgrad der Beschwerdeführer hatte und welchen er bekommen sollte. Dieses Schreiben stammt aus dem Jahr 2010 (AS 195 und 197). Der Beschwerdeführer legte noch ein weiteres Schreiben, betitelt mit "Kommando für Spezialaufgaben" - ohne Nennung eines konkreteren Namens - aus dem Jahr 2007 vor (AS 199). Keines dieser Dokumente kann aber die behauptete Tätigkeit in einer Spezialeinheit belegen. Darüber hinaus stammt das aktuellste Dokument aus dem Jahr 2010. Der Beschwerdeführer konnte kein Dokument vorlegen, welches seine berufliche Tätigkeit im Jahr 2014 belegen würde.

Mit den vorgelegten Ausweisen und Dokumenten ist es dem Beschwerdeführer auf Grund der soeben aufgezeigten Ungereimtheiten nicht gelungen, seine behauptete Tätigkeit für die Polizei bzw. für die Spezialeinheit belegen. Eine Überprüfung der Ausweise im Herkunftsstaat sowie Recherchen im Herkunftsstaat waren nicht möglich, da der Beschwerdeführer dem nicht zugestimmt hat (OZ 47).

In der Anfragebeantwortung (Seite 7) wird auch eine andere Einheit erwähnt, nämlich die " XXXX " der XXXX . Diese Spezialeinheit arbeite seit vielen Jahren mit den US-Truppen zusammen. Sie sei XXXX in XXXX gegründet worden. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Ausweis enthält den Schriftzug XXXX sowie als Logo einen XXXX und könnte somit mit dieser in der Anfragebeantwortung genannten Einheit in Verbindung gebracht werden. Die Quelle, die über diese Einheit berichtet, enthält auch Bilder von Mitgliedern der Einheit. Auf einem dieser Bilder ist zu sehen, dass die Person auf dem linken Oberarm einen Schriftzug mit " XXXX ." enthält und unterhalb ein Logo, bei dem es sich um einen XXXX handelt. Auch auf einem weiteren Bild ist eine Person mit demselben Schriftzug und demselben Logo zu sehen. Die Bilder stimmen somit nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers überein, wonach Mitglieder der Einheit auf dem linken einen XXXX und darunter den Schriftzug " XXXX " tragen (Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 10.01.2020).

Damit bleibt hinsichtlich der Spezialeinheit festzuhalten, dass der Beschwerdeführer Ausführungen zu einer Spezialeinheit " XXXX " - das ausgesprochen wie XXXX klingt - tätigt, deren Logo ein XXXX ist und die zum Teil mit der Anfragebeantwortung zu einem XXXX , das von XXXX gegründet wurde, übereinstimmen. Zu einem großen Teil weichen die Angaben des Beschwerdeführers zu dieser Einheit jedoch von den Ergebnissen der Anfragebeantwortung hinsichtlich dieser Einheit aber ab. Ein vom Beschwerdeführer vorgelegter Ausweis kann dagegen mit einer anderen Einheit, die XXXX bezeichnet wurde, in Einklang gebracht werden. Allerdings tragen der Mitglieder auf dem Oberarm keinen XXXX als Logo und nicht XXXX oder " XXXX " als Schriftzug, sondern " XXXX und einen XXXX . Der erwähnte Ausweis enthält als Logo über dem Schriftzug XXXX und einen XXXX . Das Vorbringen des Beschwerdeführers enthält somit Aussagen zu einer konkreten Spezialeinheit, der vorgelegte Ausweis bezieht sich jedoch auf eine andere Spezialeinheit. Es liegt somit ein widersprüchliches Vorbringen des Beschwerdeführers vor. Recherchen im Herkunftsstaat waren nicht möglich, da der Beschwerdeführer dem nicht zugestimmt hat (OZ 47).

Aufgrund des Aussageverhaltens des Beschwerdeführers, der Vielzahl und Schwere der aufgetretenen Widersprüche, der teils vagen Angaben sowie der erheblichen Unstimmigkeiten und Unplausibilitäten innerhalb des Vorbringens des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA, der Beschwerde und den mündlichen Verhandlungen, ergibt eine Gesamtschau der zur Glaubhaftmachung asylrelevanter Verfolgung getätigten Ausführungen zweifelsfrei, dass durch die Schilderungen des Beschwerdeführers eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft gemacht werden konnte.

UNHCR vertritt die Ansicht, dass in Gebieten mit fortdauernder ISIS-Präsenz Personen, die mit der irakischen Regierung verbunden sind oder diese vermeintlich unterstützen, aufgrund ihrer tatsächlichen oder der ihnen unterstellten politischen Einstellung, ihrer Religion oder andere maßgeblicher Gründe - abhängig von den individuellen Umständen des jeweiligen Falls - wahrscheinlich internationalen Flüchtlingsschutz benötigen. Dazu zählen unter anderem Angehörige der ISF und damit verbundener Kräfte. Ehemalige Angehörige der ISF und damit verbundener Kräfte benötigen - abhängig von den individuellen Umständen des jeweiligen Falls - möglicherweise ebenfalls internationalen Schutz. Dies trifft auf den Beschwerdeführer nicht zu, da er nicht aus einem Gebiet mit fortdauernder ISIS-Präsenz stammt.

UNHCR vertritt die Ansicht, dass in anderen Teilen des Landes Personen, die mit der irakischen Regierung verbunden sind oder diese vermeintlich unterstützen, auf Grund ihrer tatsächlichen oder der ihnen unterstellten politischen Meinung, ihrer Religion oder anderer maßgeblicher Gründe - abhängig von den spezifischen Umständen des jeweiligen Falls - möglicherweise internationalen Flüchtlingsschutz benötigen. Auch dies trifft auf den Beschwerdeführer nicht zu, da er nicht glaubhaft machen konnte, mit der irakischen Regierung verbunden zu sein.

Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf den oben angeführten Berichten. Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist den Feststellungen nicht entgegengetreten. Er verwies im Wesentlichen auf die Demonstration im Oktober 2019 sowie die aktuellen Ereignisse im Irak, die jedoch für die Gewährung von Asyl nicht relevant sind.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht, oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" (Englisch: "for reasons of"; Französisch: "du fait de") der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0047 unter Hinweis auf VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089 unter Hinweis auf VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 24.03.2011, 2008/23/1101 unter Hinweis auf VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119 unter Hinweis auf VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN).

Da der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, nicht vor.

Es gibt bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

Drohungen Glaubwürdigkeit mangelnde Asylrelevanz Miliz Rechtsanschauung des VwGH Terror

European Case Law Identifier (ECLI)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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