Entscheidungsdatum
17.01.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L515 2172322-2/5Z
L515 2172325-2/5Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA der Republik Armenien (alias Republik Aserbaidschan alias staatenlos) vertreten durch RA Dr. Martin DELLASEGA und Dr. Max KAPFERER gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A) Gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF und § 18 (5) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF wird festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde XXXX , StA der Republik Armenien (alias Republik Aserbaidschan, alias staatenlos) vertreten durch Dr. Max KAPFERER gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Gemäß 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF und § 18 (5) BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 idgF wird festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu recht erfolgte. Der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als "bP1" und "bP2" bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Armenien und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich am im Akt ersichtlichen Datum bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") Anträge auf internationalen Schutz ein.
I.2. Die weibliche bP1 ist die Mutter der ebenfalls weiblichen und volljährigen bP2. Der ausgewiesene Vertreter ist der gerichtlich bestellte Erwachsenenvertreter der nicht handlungsfähigen bP2.
In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal wird auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid verwiesen, welche wie folgt wiedergegeben werden (Wiedergabe an dem angefochtenen Bescheid in Bezug auf bP1):
"...
Am 24.11.2013 stellten Sie beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, wobei Sie angaben, dass Sie den Namen XXXX führen, staatenlos sind und am XXXX geboren wurden.
...
Am 11.07.2017 stellte die Behörde eine Anfrage an die Staatendokumentation. Das Ergebnis langte am 09.08.2017 bei der Behörde ein.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2017 wurde Ihr Antrag gem. § 3 AsylG abgewiesen, Ihnen gem. § 8 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und Ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 29.08.2018 erteilt.
Gegen Spruchpunkt I haben Sie fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.11.2017 wurde der bekämpfte Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
...
Mit Schriftsatz vom 18.06.2018 seitens Ihrer gewillkürten Vertretung wurde für Sie und Ihre Tochter ein abweichender Name, ein abweichendes Geburtsdatum und eine abweichende Staatsangehörigkeit bekannt gegeben.
Am 20.06.2018 wurden Sie aufgefordert original Dokumente in Vorlage zu bringen.
...
Am 06.09.2018 wurde eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt.
Mit Schreiben vom 06.09.2018 wurde Ihnen Parteiengehör zur Wiederaufnahme des Verfahrens gewährt.
Am 24.09.2018 langte die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation bei der Behörde ein.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018 wurde das Asylverfahren vom 24.11.2013 von Amts wegen wiederaufgenommen. Dieser Bescheid erwuchs am 31.12.2018 in erster Instanz in Rechtskraft.
...
Am 14.03.2019 langte der Strafantrag der Staatsanwaltschaft XXXX bei der Behörde ein.
Am 18.03.2019 wurde Anklage wegen § 223 StGB und § 228 (1) StGB erhoben.
..."
Die bP führten aus, ursprünglich aus Aserbaidschan zu stammen und Staatsbürger der Republik Aserbaidschan zu sein, sich die letzten Jahre jedoch in der Russischen Föderation aufgehalten zu haben, diese jedoch verließen, weil sie sich dort einer unmittelbaren Bedrohungssituation ausgesetzt sahen. Hierzu wird auszugsweise auf die Angaben der bP1 bei den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. der bB verwiesen:
"...
Eines Nachts bin ich aufgestanden und sah, dass draußen mehrere fremde Autos stehen. Die Leute haben die Tiere aufgeladen und mitgenommen. Das war am 20. dieses Monats, nachts. Ein russischer Mann mit seiner Frau hat auch im selben Haus gewohnt und für den jezidischen Mann gearbeitet.
Als ich das draußen sah, war dieser russische Mann auch dabei, die Tiere mitzunehmen.
Er hat mich gesehen und bedrohte mich mit der Pistole, dass ich nicht weiter sagen soll was ich gesehen habe.
Dann hat dieser Russe mich und meine Tochter in einem Bus gesteckt, wo weitere nicht bekannte Personen drinnen waren.
Der russische Mann wollte uns vernichten und irgendwo "wegschmeißen". Wir wurden mit Zwang in den Bus gebracht. Sie brachten uns zu einem mir unbekannten Ort und wollten uns, meine Tochter und mich umbringen.
Dann habe ich ein Gebet gemacht. Damals habe ich die Telefonnummer meines Sohnes von einem Freund von ihm bekommen. Ich wusste, dass er in Österreich lebt.
Einer von den fremden Männern im Bus war Armenier und fragte mich, ob ich Armenierin bin. Ich sagte ihm, dass ich Kurdzin/Yezidin bin. Ich bat ihn uns nicht zu töten.
Weiters habe ich ihm Geld angeboten. Ich bat ihn, mich zu meinem Sohn zu bringen.
Dann haben sie uns wieder in denselben Bus gesteckt, sie brachten uns nach Österreich. Wie sie das gemacht haben und wie sie den Kontakt zu meinem Sohn hergestellt haben, weiß ich nicht.
....
Ein Freund von meinem Sohn hat uns dann 2010 nach Russland gebracht. Dort haben wir, ich und meine Tochter dann bei einer yezidischen Familie gelebt und gearbeitet. Das Leben in Armenien war schwierig ohne Dokumente. Deswegen hat mein Sohn entschieden, dass er weg geht. Mein Sohn hat eigentlich zu mir gesagt, er geht Dokumente holen, ist aber dann nie wieder zurückgekommen. Dann haben Polizisten nach meinem Sohn gefragt und warum er weg gegangen ist. Aufgrund dessen hat uns dann der Freund meines Sohnes nach Russland gebracht. Das war 2010.
Es war ein russischer Mann der auch bei der yezidischen Familie gearbeitet hat. Ich hörte in der Nacht, am 20.11.2013 Geräusche und bin aufgestanden um nachzusehen. Da habe ich gesehen, dass dieser Russe Tiere auf einen LKW lädt. Er hat dann gesehen, dass ich gesehen habe, was er macht. Er hat gemeinsam mit seiner Frau in diesem Hof auch gelebt.
Er kam dann zu mir. Er war bewaffnet und hat die Waffe an meine Stirn gehalten. Er sagte, wenn ich jemand davon was erzähle, würde er mich und meine Tochter töten. Der Russe hat uns dann gezwungen in ein Auto zu steigen. Ich und meine Tochter sind eingestiegen. Ich habe unterwegs sehr viel geweint. In diesem Auto saßen noch zwei andere Männer. Einer war Armenier und er hat mich verstanden. Ich habe ihn gebeten uns zu helfen. Ich habe ihm viel Geld angeboten, damit er uns am Leben lässt. (AW weint). Ich sagte ihm, dass mein Sohn in Österreich ist. Sie haben uns mit dem Auto dann nach Österreich gebracht. Dann ist mein Sohn gekommen und hat uns dann zur Polizei gebracht und wir haben um Asyl angesucht. Das sind meine Gründe.
..."
Zur den nunmehrigen Rückkehrhindernissen führten die bP aus, dass die bP2 aufgrund ihrer geistigen Behinderung -sie befindet sich auf dem geistigen Niveau eines Kleinkindes- qualifiziert pflegebedürftig ist und einer ständigen Aufsicht bedarf, darüber hinaus leide sie an Diabetes Mellitus Typ II. Die bP1 führte an, dass sie an Bluthochdruck und Migräne leide und eine adäquate Behandlung in Armenien nicht gewährleistet ist. Ebenso sei sie aufgrund ihrer angegriffenen Gesundheit nicht mehr in der Lage, die bP2 alleine zu pflegen und zu beaufsichtigen. Sie sei hier auf die Unterstützung ihres in Österreich anwesenden Sohn und dessen Familie angewiesen.
In Armenien hätten die bP keinerlei soziale Anknüpfungspunkte und fehle es ihnen an einer Existenzgrundlage.
Die bB führte Erhebungen durch, in deren Verlauf sich herausstellte, dass die medikamentöse Versorgung der bP in Armenien gesichert ist. Ebenso existieren Pflegeheime sowohl für ältere, als auch für geistig behinderte Menschen, die Unterbringungs- und Betreuungskosten werden von der öffentlichen Hand finanziert. Eine in Armenien existierende Hauskrankenpflege ist mit Kosten verbunden.
Zusammengefasst wandten die bP gegen das Ermittlungsergebnis ein, dass ihnen eine Rückkehr nach Armenien nicht zumutbar sei. Sie würden über keine Grundversorgung und auch über keine Unterkunft verfügen. Ebenso sei die bP2 auf die bP1 dermaßen fixiert, dass eine Trennung der beiden nicht zumutbar ist und sich aus dem Ermittlungsergebnis nicht ableiten lässt, dass beide bP in der selben Pflegeeinrichtung untergebracht würden. Die bP2 bräuchte eine Betreuung rund um die Uhr und wurde ihr in Österreich Pflegegeld gemäß der Pflegestufe 2 gewährt.
I.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Der Beschwerde wurde gem. § 18 (1) Z 1 und Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht gewährt.
Weiters wurde ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren erlassen und der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen.
I.2.1. Die bB ging davon aus, dass in Bezug auf die bP in Armenien die Grundversorgung gesichert ist. Sie verfügen über einen Zugang zum armenischen Gesundheits- und Sozialsystem, welches im Falle der Bedürftigkeit Pflegeheime für die bP bereitstellt.
Ebenso ging die bB davon aus, dass die bP in Österreich einen erheblichen Zeitraum unter falscher Identität lebten und einen falschen Herkunftsstaat angaben. Auch der Sohn der bP1 lebte in Österreich jahrelang und falscher Identität.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige -wenn auch überschießende- Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen ist. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Ebenso ist davon auszugehen, dass im Herkunftsstaat die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Aus den getroffenen Feststellungen geht ebenfalls hervor, dass die bP Zugang zum armenischen Sozial- und Gesundheitssystem finden und ihnen dieses die benötigte Medikation, sowie im Bedarfsfall die Unterbringung in Pflegeheimen zur Verfügung stellt.
Weiters ging die bB davon aus, dass es sich beim Herkunftsstaat der bP um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt.
I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar und stelle sich die Abschiebung als zulässig dar. Da die bP aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (§ 18 (1) 1 BFA-VG).
I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde das bisherige Vorbringen wiederholt und bekräftigt und wurden die Angaben der bP1 zu ihrem Gesundheitszustand, wie er bereits vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides bestand konkretisiert. Insbesondere wurde auf den hohen Blutdruck, ein in der Vergangenheit behandeltes Blutgerinsel und den Verdacht des Nachwachsens einer bereits in Armenien operativ entfernten Leberzyste verwiesen. Ebenso bestünde ein chronischer Reflux ("Sodbrennen"), Flankenschmerzen beiderseits und von der Wirbelsäule ausgehende Schmerzen. Die Belastbarkeit der bP1 sei in psychischer und physicher Hinsicht herabgesetzt. bP2 leide neben ihrer schweren psychischen Störung im Rahmen einer frühkindlichen Hirnschädigung an Diabetes Mellitus Typ II und Adipositas. Die bP wiesen auch darauf hin, dass ihnen ursprünglich auf den -fälschlicherweise- vorgetragenen Herkunftsstaat Aserbaidschan der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und sich die soziale Lage in Armenien in Bezug auf die bP jedenfalls nicht besser darstellt, als jene in Aserbaidschan.
Es wurde angeregt, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Seitens des ho. Gerichts wurden dem Rechtsfreund eine Auskunft eines armenischen Rechtsanwaltes und eine Auskunft der Staatendokumentation der belangten Behörde über mögliche und Rückkehrern zugängliche Unterstützungsleistungen zur Kenntnis gebracht. Aus diesen ergibt sich ua., dass bedürftigen Rückkehrern eine Notunterkunft vorübergehend zur Verfügung gestellt werden kann. Hierzu wurde innerhalb der eingeräumten Frist eine Stellungnahme eingebracht, in welcher das bisherige Vorbringen im Wesentlichen wiederholt bzw. bekräftigt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. Die beschwerdeführende Partei
Bei den bP handelt es sich um armenische Staatsbürger, welcher der zahlenmäßig größten ethnischen Minderheit angehören und sich zur Religion des Jezidentums bekennen.
Die bP2 ist aufgrund ihrer geistigen Behinderung arbeitsunfähig und auf Pflege angewiesen. Die bP1 war in der Vergangenheit arbeitsfähig und übte offenbar -neben der Beaufsichtigung der bP2- eine Erwerbstätigkeit in der Russischen Föderation aus, indem sie in einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeitete. Gegenwärtig wird aufgrund des fortschreitenden Alters und der eingeschränkten Gesundheit der bP von einer herabgesetzten Erwerbstätigkeit der bP1 auszugehen sein.
Die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.
In Bezug auf die bP ist zwar einzuräumen, dass von einer gewissen Vulnerabilität auszugehen ist, andererseits ist jedoch auf die Berichtslage zu verweisen, aus der sich ergibt, dass Menschen in Armenien, welche sich in einer ähnlichen Lage befinden, ebenfalls in der Lage sind, ihre dringendsten Lebensbedürfnisse zu befriedigen, bzw. werden Ihnen diese bereitgestellt.
Die bP1 befindet sich aufgrund einer geistigen Behinderung auf dem geistigen Niveau eines Kleinkindes. In Österreich wurde ihr die Pflegestufe 2 zuerkannt, woraus sich ergibt, dass sie 95 - 119 Stunden Pflege im Monat, bzw. ca. 3 - 4 Stunden Pflege am Tag benötigt.
Die bP1 und bP2 leiden weiters an den bereits beschriebenen Erkrankungen bzw. gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Die von bP1 genannten Erkrankungen sind in Armenien behandelbar und hat sie auch Zugang zum armenischen Gesundheitssystem und fanden sie in der Vergangenheit bereits Zugang zum armenischen Gesundheitssystem. Ebenso bietet der armenische Staat im Falle der Bedürftigkeit den bP die Unterbringung in Pflegeheimen.
Die bP1 hätte Zugang zum armenischen Arbeitsmarkt und stünde es ihr -soweit es ihr Gesundheitszustand zulässt- frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen.
Ebenso haben die bP Zugang zum -wenn auch minder leistungsfähige als das österreichische- Sozialsystem des Herkunftsstaates und könnten dieses in Anspruch zu nehmen.
Ebenso kam hervor, dass die bP in Österreich über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Die in Österreich aufhältigen Angehörigen verfügen über eine Existenzgrundlage und waren sie in der Vergangenheit gewillt und befähigt, die bP -auch finanziell- zu unterstützen.
Die bP stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird (vgl. hierzu ho. Erk. vom 31.10.2017, L515 2174691-1/2E mwN) und können die bP daher auch zukünftig Unterstützung durch ihre Familie, etwas durch Geldüberweisungen erwarten.
Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
Die bP verfügen im Rahmen einer Gesamtschau über eine wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich gesicherten Existenzgrundlage. Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.
Das ho. Gericht weist darauf hin, dass nach ho. Ansicht, die wirtschaftliche Existenz auch dann gesichert ist, wenn die Angehörigen in Österreich keine weitere Hilfe leisten und bzw. oder die bP1 in Armenien keiner Beschäftigung nachgehen kann, wenngleich sich diese in einem solchen Fall auf entsprechend niedrigerem Niveau darstellt, insbesondere die Unterkunftnahme, medizinische Versorgung und die Grundversorgung mit Lebensmitteln ist aber auch in diesem Falle gegeben.
Ob Familienangehörige noch in Armenien leben, kann nicht festgestellt werden.
In Österreich sind der Sohn der bP1 bzw. Bruder der bP2 und dessen Familie aufhältig. Diese erhielten sichtlich ein Aufenthaltsrecht, nachdem deren Anträge auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, sie ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nicht entsprachen und die Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen aufgrund ihrer falschen Angaben zu ihrer Identität nicht möglich waren. Die bP leben mit dem Sohn der bP1 bzw. Bruder der bP2 und dessen Familie in enger Verbindung bzw. im gemeinsamen Haushalt, beteiligen sich diese insbesondere an der Pflege der bP2 und unterstützen sie die bP finanziell.
Die bP möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich seit etwas mehr als 5 Jahre im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein, erstatteten ein falsches Vorbringen zur ihrer Identität und Staatsangehörigkeit, sowie sichtlich zu den Gründen des Verlassens ihres vorgebrachten Herkunftsstaates und wurde ihnen unter der falschen Identität und Staatsangehörigkeit der Status eines subsidiär Schutzberechtigten erteilt. Die bP sind der deutschen Sprache sehr eingeschänkt mächtig. Sie sind in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und sind auf Leistungen der öffentlichen Hand bzw. Dritter angewiesen.
Die bP sind strafrechtlich unbescholten.
Die Identität der bP steht fest.
II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat im Herkunftsstaat der bP
Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat schließt sich das ho. Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an.
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Armenien um einen sicheren Herkunftsstaat gem. § 19 BFA-VG handelt.
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.
Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Armeniens auszugehen ist (vgl. Punkt II.3.1.5. und Unterpunkte).
II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen von ihrem objektiven Aussagekern her in sich schlüssig und stimmig ist.
Die Ausführungen der bB sind für sich als tragfähig anzusehen.
Soweit der Rechtfreund die Kausalität zwischen der Zuerkennung des Status eines Subsidiär Schutzberechtigten und den falschen Angaben der bP insbesondere in Bezug auf deren Staatsangehörigkeit anzweifelt, weil er behauptet, die soziale Lage stelle sich in Armenien nicht besser dar als in Aserbaidschan, handelt es sich hierbei um eine pauschale Behauptung, aus welcher nichts in Bezug auf die individuelle Lage der bP abgeleitet werden kann. Ebenso kommt ihm in Bezug auf die Beurteilung der Lage in Armenien und Aserbaidschan nicht die Stellung eines Sachverständigen zu und nennt er keine Referenzquellen, auf welche er seine Behauptung stützt und kann diese Behauptung letztlich nicht als konkretes Vorbingen qualifiziert werden, sondern stellt sie letztlich ein nicht ausreichend substantiiertes Bestreiten der Feststellungen der bB dar.
Zur Abrundung der Ausführungen der bB wird darauf hingewiesen, dass die bP1 durch ihr Gesamtverhalten, insbesondere in Bezug auf ihre Angaben zur Identität und Staatsangehörigkeit der bP1 und bP2 ihre persönliche Glaubwürdigkeit einbüßte. Hieran ändert auch ihr Vorbringen, sie hätten sich hierzu aufgrund der Angaben des Sohnes der bP1 veranlasst gesehen nichts, weil sie darüber hinaus zu ihrer Staatsangehörigkeit falsche Angaben machte, was mit ihrem Einwand nicht erklärbar ist.
Aus dem Gesamtverhalten und auch aus den Angaben rund um das Verlassen der Russischen Föderation (bei Wahrstellung der Angaben der bP1 würde dies sowohl seherische Fähigkeiten des vom Entführer bzw. Mörders zum Schlepper bzw. Fluchthelfer mutierten Mannes in Bezug auf den Aufenthalt des Sohnes der bP1, als auch in Bezug auf die bP1, welche bei der ihrer Entführung und geplanten Ermordung ihren und den Reisepass ihrer Tochter mitnahm, bzw. unmittelbar vor der behaupteten Entführung die Ausstellung eines Reisepasses erwirkte) ist erschließbar, dass sie im Laufe des Verfahrens sichtlich situationselastisch agierte und dort, wo sie sich einen persönlichen Vorteil erhoffte, im Hinblick auf den erhofften Verfahrenshergang mit der Tatsachenwelt nicht übereinstimmende Angaben tätigte. Umgekehrt zeigt sich, dass das bP1 sichtlich nur dort gewillt war, wahre Angaben zu machen, wo sie sich davon einen Vorteil erhoffte, bzw. wo das Beharren auf falsche Angaben nicht mehr tragbar war.
Im Lichte dieser Ausführungen stellen sich die Angaben der bP1 zum Fehlen von Angehörigen in Armenien als nicht tragbares Bescheinigungsmittel dar, weshalb sie den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden können.
Ebenso ist im Lichte der oa. Ausführungen in Bezug auf seine Feststellungen in Bezug auf die Existenz von Rückkehrhindernissen das ho. Gericht auf die objektive Fakten- und Berichtslage angewiesen und können die Angaben der bP diesen, soweit sie über diese Fakten- und Berichtslage hinausgehen, den Feststellungen nicht zu Grunde gelegt werden.
Letztlich sei festgehalten, dass es nach ho. Ansicht für die bP als armenische Staatsbürger und die bB als Spezialbehörde als notorisch bekannt anzusehen ist, dass in Armenien das Rechtsinstitut der Sachwalterschaft (bzw. Erwachsenenhilfe) existiert (vgl. hierzu auch exemplarisch für eine Mehrzahl von Erkenntnissen, das im RIS veröffentlichte ho. Erkenntnis vom 18.11.2015, L515 1405288-3/32E).
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Sicherer Herkunftsstaat
II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.1.4. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Die gegenständliche Entscheidung ist mittels Erkenntnisses zu treffen (vgl. Erk. d. VwGH GZ. Ra 2017/19/0284 bis 0285-620. September 2017)
II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt der Herkunftsstaat der bP als sicherer Herkunftsstaat.
Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der oa. Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP unter Einbeziehung der unter II.2.3 erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass der Herkunftsstaat die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.20014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.
Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die bB bzw. das ho. Gericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der bP ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der bB bzw. dem ho. Gericht im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen. Diese Obliegenheit wurde seitens der bB erfüllt.
Das Vorbringen der bP war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das ho. Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua. mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher über das Vorbringen der bP hinausgehend noch zu berücksichtigen wäre.
Zu A)
II.3.2. Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:
II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:
§ 18 BFA-VG lautet:
"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."
Art. 8 EMRK lautet:
"(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.
(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."
Art. 2 EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
...
Art. 3 EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
II.3.3.2. Sicherer Herkunftsstaat
Der Herkunftsstaat der bP ist gem. § 1 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF ein sicherer Herkunftsstaat, weshalb der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG erfüllt ist.
II.3.3.3. Zur Frage einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für die bP als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes:
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. (dies kann auch nicht in Bezug auf den mit Aserbaidschan ungelösten Konflikt rund um Berg Karabach angenommen werden).
Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Zur individuellen Versorgungssituation der bP wurde bereits festgestellt, dass diese in Armenien über eine Existenzgrundlage verfügen und aufgrund der bereits getrofffenen Ausführungen im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen ist, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.
Soweit die bP1 ihren Gesundheitszustand und die bP2 ihre geistige Behinderung thematisiert wird festgehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. die Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009, unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien; auch Beschluss des VwGH vom 23.3.2017, Ra 2017/20/0038; siehe auch Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"]; Erk. d. VfGH 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9). Bloß spekulative Überlegungen über einen fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung sind ebenso unbeachtlich wie eine bloße Minderung der Lebensqualität bzw. eine schlichte Verkürzung der Lebenserwartung (Urteil des EGMR (Große Kammer) vom 27. Mai 2008, N. v. The United Kingdom, Nr. 26.565/05).
Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen (EGMR 7702/04 by SALKIC and others against Sweden). Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress") ist nicht entscheidend (EGMR, OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04).
Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Im Gegenständlichen Fall besteht im Lichte der Berichtslage kein Hinweis, dass die bP vom Zugang zu medizinsicher Versorgung in Armenien ausgeschlossen wären und bestehen auch keine Hinweise, dass die seitens der bP beschriebenen Krankheiten nicht behandelbar wären. Auch faktisch Hindernisse, welche das Fehlen eines Zugangs zur medizinischen Versorgung aus in der Person der bP gelegenen Umständen bedeuten würde, kamen nicht hervor. Insbesondere wurde die Existenz entsprechender Pflegeeinrichtungen für die bP1 und bP2 festgestellt. Soweit sich hieraus eine allfällige Trennung der bP und ein psychisches Leiden der bP2 ergeben sollte, ist festzuhalten, dass diesem Umstand durch eine entsprechende, der bP2 in Armenien notorischer Weise bekannte Existenz und der bP2 offen stehender psychiatrischer Behandlung begegnet werden kann. Ebenso ist in Bezug auf einen Teil der Erkrankungen, insbesondere der beschriebene Reflux, die Adipositas, bzw. die Schmerzen im Bewegungsapparat) festzuhalten, dass hiermit jedenfalls keine unmittelbare Lebensgefährdung verbunden ist, diese allenfalls zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität führt und Teile des Leidens sichtlich durch eine Änderung der Lebens- insbesondere der Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten linder-, wenn nicht sogar beseitigbar wäre.
Letztlich ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN).
Aufgrund der oa. Ausführungen ist davon auszugehen, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Fall zu keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes führt.
II.3.3.4. Zur Frage einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 8 EMRK:
Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
II.3.4.4. Basierend auf die getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung einen Eingriff in das Recht auf das Privat- und Familienleben darstellt.
II.3.4.5. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl bei der bB als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Art. 8 (1) EMRK geschützten Rechte des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.
II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der seitens gesetzlichen Vorgaben im Lichte der Judikatur Folgendes:
- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:
Die bP sind den bereits genannten Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines auf internationalen Schutz unbegründeten Antrags unter falscher Identität, sowie der Vorgabe eines falschen Herkunftsstaates vorübergehend legalisieren. Hätten sie diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, bzw. hätten sie vom Anfang an wahre Angaben zu ihrer Identität und ihrer Herkunft gemacht, wären sie rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig gewesen und wäre ihnen nicht der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden, bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.
Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Art. 8 EMRK relevant erscheinen zu lassen, ist im gegenständlichen Fall darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Fall vorliegende Aufenthaltsdauer für sich betrachtet zu kurz ist um von einer rechtlich relevanten Integration sprechen zu können.
Mit negativem Abschluss des Asylverfahrens lebt auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, sowie die Strafbarkeit der rechtswidrigen Einreise zumindest in Bezug auf die bP1 wieder auf (vgl. § 120 Abs. 1 iVm Abs. 7 FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. § 120 Abs. 1a leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.
Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Antragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung eines sichtlich unbegründeten Antrages auf internationalen Schutzes vornahm und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.
- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]
Die bP verfügt über die bereits beschriebenen Anknüpfungspunkte
- die Schutzwürdigkeit des Familienlebens [Privatlebens]
Die bP begründete ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern vorerst auf die Dauer des Asylverfahrens und im Anschluss auf die Dauer der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten, welcher unter der Annahme von falschen Tatsachen erfolgte, beschränkt. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es ihr frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es den bP -so wie jedem anderen Fremden auch- sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen, wenn sie die rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Werden diese nicht erfüllt, so ist darauf hinzuweisen, dass der einfache Gesetzgeber bereits bei der Erlassung entsprechender einreise-, aufenthalts- und niederlassungsrechtlicher Bestimmungen eine Interessensabwägung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK vornahm.
Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier auch die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen, aber auch sonstigen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels den Fremden die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet -nämlich im gegenständlichen Fall unverzüglich- zu verlassen. Ebenso zählt es zu den Obliegenheiten der Parteien, im Rahmen allfälliger Verfahren ein wahres Vorbringen zu erstatten und können sie sich im Nachhinein nicht auf die Vorteile berufen, welche ihnen aus der Erstattung eines falschen Vorbringen erwuchsen.
Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt wurden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Art. 18 B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.
Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällten, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt (vgl. hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).
- Grad der Integration
Die beschwerdeführenden Parteien sind -in Bezug auf ihr Lebensalter- erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig. Sie verfügen über die bereits beschriebenen Anknüpfungspunkte.
Es geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. die bP1ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätte. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die bP1 aus eigener Finanzkraft für den Unterhalt der bP2 aufkommen können.
Im Rahmen einer Gesamtschau ist festzuhalten, dass sich die Bindungen der bP über jene, welche sich über den Sohn der bP1 und dessen Familie hinausgehend, als überschaubar darstellen. Sie stellen jedenfalls eine außergewöhnliche Integration dar (vgl. Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
- Bindungen zum Herkunftsstaat
Die bP verbrachten offensichtlich den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert und sprechen die dortige Mehrheitssprache. Das von der bP1 erstattete Vorbringen zur sozialen Entwurzelung kann aus den bereits erwähnten Ausführungen zur fehlenden Glaubhaftigkeit ihrer Angaben nicht den Feststellungen zu Grunde gelegt werden und sind