Entscheidungsdatum
30.01.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L515 2219108-1/16E
Schriftliche Ausfertigung des am 22.8.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA der Republik Armenien, vertreten durch Dr. PAYA Farhad, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.4.2019, Zl. XXXX zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 1 iVm 6 Abs. 1 Z 4, 8 Abs. 1 Z 2, § 57 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idgF, § 10 AsylG iVm § 9 BFA-VG BGBl I Nr. 87/2012 idgF und §§ 46, 52 Abs. 2 und 9, 53 55 FPG BGBl 100/2005 idgF als unbegründet abgewiesen, mit der Maßgabe, dass die Dauer des erlassenen Einreiseverbotes 10 Jahre beträgt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter in der Beschwerdesache des XXXX , geb. am XXXX , StA der Republik Armenien, vertreten durch Dr. PAYA Farhad, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.4.2019, Zl. XXXX beschlossen:
A) Der Antrag des Vereins Menschenrecht Österreich auf schriftliche Ausfertigung des am 22.8.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 26.8.2019 wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
I.1.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge als "bP" bezeichnet), ist Staatsangehöriger der Republik Armenien und stellte am 18.12.2001 über ihre gesetzliche Vertretung einen Antrag auf Gewährung von Asyl.
I.1.1. Aufgrund der übersichtlichen Zusammenfassung der bisherigen Verfahrenshergänge im angefochtenen Bescheid wird hieraus wie folgt zitiert:
"...
- Zusammengefasst ist festzuhalten, dass Ihre Mutter als Ihre gesetzliche Vertretung für Sie am 18.12.2001 einen Asylantrag stellte.
- Mit Bescheid des Bundesasylamtes XXXX vom 24.04.2002, Zl. XXXX , wurde Ihr Asylantrag abgewiesen und Ihre Abschiebung nach Armenien für zulässig erklärt. Der dagegen eingebrachten Berufung wurde durch den Unabhängigen Bundesasylsenat stattgegeben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
- Mit Bescheid vom 27.03.2007, Zl. XXXX , hat das Bundesasylamt XXXX Ihren Asylantrag bezüglich den Status eines Asylberechtigten gem. § 7 AsylG 1997 abgewiesen und Ihnen subsidiären Schutz erteilt. Dagegen brachten Sie ebenfalls Berufung ein. Dieser wurde durch den Unabhängigen Bundesasylsenat wiederum stattgegeben und die Angelegenheit nochmals zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
- Mit Bescheid vom 19.10.2007 wurde Ihnen durch das Bundesasylamt XXXX Asyl gewährt.
- Nach 4 Verurteilungen im Zeitraum von 2008 bis 2011 wurden Sie am 26.11.2014 von Landesgericht XXXX , wegen der Verbrechen des Raubes und schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Die Rechtskraft ist am 02.12.2014 eingetreten.
- Nach Einleitung eines Aberkennungsverfahren[s] wurden Sie am 23.05.2018 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter zum gegenständlichen Aberkennungsverfahren einvernommen und gaben im Wesentlichen folgendes an:
"...
F: Sind Sie in ärztlicher Behandlung, nehmen Sie irgendwelche Medikamente?
A: nein
...
Ihnen wurde mit 07.11.2007 rechtskräftig der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Aufgrund Ihrer mehrfachen Straffälligkeit, insbesondere bezüglich der letzten Verurteilung zu 7 Jahren Haft, beabsichtigt das BFA, Ihnen den Asylstatus abzuerkennen und eine Rückkehrentscheidung in Ihren Herkunftsstaat zu erlassen. Weiters beabsichtigt die Behörde, gegen Sie ein Einreiseverbot zu verhängen, da nicht von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden kann.
F: Haben Sie bisher alles verstanden, möchten Sie vor der weiteren Befragung dazu etwas angeben?
A: Ich habe alles verstanden, wir können gleich mit der Befragung beginnen.
F: Wie ist Ihr aktueller Familienstand?
A: Ich bin ledig, ich hatte eine Beziehung, aber jetzt in Haft haben wir die Beziehung unterbrochen. Wir verstehen uns gut, haben auch Kontakt, aber ich möchte nicht, dass sie ihr Leben nicht leben kann, wenn ich in Haft bin.
F: Haben Sie Kinder?
A: [N]ein
F: Wo leben Ihre Eltern, Geschwister und sonstige Verwandten?
A: [M]einen Vater kenne ich nicht, meine Mutter hat mich großgezogen. Meine Mutter lebt hier in Österreich, in XXXX . Ich habe von Anfang an immer zusammengelebt. Meiner Mutter geht es gesundheitlich nicht gut. Sie hat Probleme mit ihren Beinen, es fällt ihr schwer, alleine zu gehen. Geschwister habe ich nicht. Seit ich hier bin, habe ich mit niemanden in Armenien geredet. Auch meine Mutter hat mir nichts darüber erzählt. Ich weiß auch nicht, ob es noch Verwandte in Armenien gibt.
F: Haben Sie Verwandte in Österreich? (Wie eng ist die Beziehung zu diesen, finanzielle Abhängigkeit, Betreuung wegen gesundheitlichen Problemen?)
A: [N]ein, ich habe nur meine Mutter hier.
F: Haben Sie Freunde in Österreich? Welche
A: [I]ch habe Freunde aus meiner Hauptschulzeit, die Kontakt sind geblieben.
F: Wie gestaltet sich diese Freundschaft? Unternehmungen, wie oft treffen, gegenseitige Unterstützungen
A: Ich habe mit meinen Freunden Sport gemacht, gemeinsam Dinge gemacht, gemeinsam etwas trinken gehen. Wir waren immer sehr aktiv.
F: Besteht irgendeine Abhängigkeit zu einem Ihrer Freunde?
A: [N]ein, wir haben ganz normale Freundschaften.
F: Sind Sie bei Vereinen oder gemeinnützigen Organisationen tätig?
A: [I]ch war Profisportler, ich war Boxer, bis zu meiner Inhaftierung. Davor habe ich Fußball gespielt. Ich hatte immer etwas mit Sport zu tun. Früher habe ich mich bei einem Altersheim engagiert. Ich habe fast jedes Wochenende im Heim geholfen. Ich habe dort im Garten gearbeitet oder den alten Menschen geholfen, wenn diese etwas gebraucht haben.
F: Welche Schul- oder Berufsausbildung haben Sie vor Ihrer Einreise nach Österreich absolviert?
A: [I]ch habe in Armenien nie die Schule besucht.
F: Welche Schulbildung haben Sie in Österreich gemacht?
A: Ich habe die Volks- und Hauptschule abgeschlossen.
F: Haben Sie in Österreich eine Ausbildung gemacht?
A: Ich habe eine Lehre als KFZ-Mechaniker begonnen, konnte diese aber nicht beenden, da ich zum damaligen Zeitpunkt noch keine Aufenthaltsberechtigung hatte.
F: Haben Sie die Lehre irgendwann einmal abgeschlossen?
A: [N]ein
F: Welche Beschäftigungen haben Sie in Österreich ausgeübt? Wie viele, wie lange
A: [I]ch hatte mehrere Jobs: Ich habe in einer Bäckerei zuerst als Hilfsarbeiter, dann als Bäcker, gearbeitet. Ich habe auch in einer Glasfabrik gearbeitet, auch dort habe ich als Hilfsarbeiter gearbeitet. [I]ch war immer über Leasingfirmen beschäftigt.
F: Welche Bindungen bestehen noch zu Ihrem Heimatland?
A: Gar keine. Meine Heimat ist hier. Ich spreche zwar noch Armenisch, aber ganz schlecht.
F: Wo werden Sie nach Entlassung aus der Haft wohnen?
A: Ich werde wieder bei meiner Mutter in XXXX wohnen. Ich habe für meine Zukunft auch schon alles geplant. Da ich im offenen Vollzug bin, konnte ich auch schon einige Male in XXXX fahren. Dabei habe ich mit meinem Boxverein gesprochen, ich könnte dort auch wieder arbeiten, eventuell als Trainer. Ich möchte meine Lehre beenden. Ich habe Pläne für meine Zukunft. Derzeit arbeite ich bei der Firma XXXX , sie stellt XXXX her. Dort arbeite ich in der Abteilung XXXX . Es werden für die Firma XXXX hergestellt. Diese Firma hat mich gefragt, ob ich auch nach der Entlassung für sie weiter arbeiten würde.
...
F: Haben Sie zu dem bisher Gesagten noch etwas hinzuzufügen?
A: Ich möchte nur sagen, dass ich hier in Österreich aufgewachsen bin, meine ganzen Freunde sind hier, ich möchte hier meine Zukunft aufbauen."
..."
Im Rahmen einer Stellungnahme brachte die bP vor, dass keine negative Zukunftsprognose getroffen werden kann. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden aufgrund des Umstandes, dass es sich bei Österreich um ihren Lebensmittelpunkt handelt, zu einer sozialen Entwurzelung führen.
Die bP legte weiters ein Dienstzeugnis seines Arbeitgebers vor, wonach er "zuverlässig und gewissenhaft" arbeite.
In einer weiteren Stellungnahme führte die bP aus, dass sie aus einer gemischt-ethnischen Beziehung stamme, zumal ihre Mutter ethnische Armenierin und ihr Vater ethnischer Azeri ist. Aufgrund dieses Umstandes wäre sie in Armenien der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt.
Die bP sei kein Armenier, sondern Aseri, lebe seit ihrer Kindheit in Österreich, habe keinen Bezug zu Armenien und wäre in Armenien ein "Fremdkörper", weil es de facto keine aserische Minderheit in Armenien gebe.
Die Mutter der bP gab in dem sie betreffenden Asylverfahren an, die armenische und russische Sprache zu beherrschen, der armenischen Volksgruppe anzugehören und dass sie, als die bP vier oder fünf Jahre alt war, vom Kindesvater verlassen worden sei und die bP alleine aufgezogen hätte. Aufgrund des Umstandes, dass der Vater der bP ein Aseri gewesen sei, hätte man sie auf der Straße beschimpft und mit dem Finger auf sie gezeigt. Sie wären in ihrer Umgebung nicht gerne gesehen gewesen, zu Handgreiflichkeiten wäre es nie gekommen. Im Falle einer Rückkehr hätten sie mit dem Staat keine Probleme, sie würden aber wieder von den Leuten auf der Straße beschimpft werden. Die Angaben der Mutter würden auch für die bP gelten.
I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen. Aus diesen geht hervor, dass in Armenien von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen und der armenische Staat gewillt und befähigt ist, auf seinem Territorium befindliche Menschen vor Repressalien Dritter wirksam zu schützen. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich hieraus in Bezug auf die bP ein im Wesentlichen unbedenkliches Bild ergibt. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass in der Republik Armenien die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden. Abkömmlinge von armenisch/aserischen Eltern haben in Armenien mit keinen Repressalien zu rechnen, weder von staatlicher noch von privater Seite.
I.2.3. Die bB ging davon aus, dass der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 1 iVm § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vorliegt. Weiters ging die bB davon aus, dass keine Gründe bestünden, aufgrund derer der bP der Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG zuzuerkennen wäre. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben, stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK dar und sei die Abschiebung in die Republik Armenien zulässig.
Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgesetzt (§ 55 FPG).
Gemäß § 53 FPG wurde ein zeitlich unbefristetes Einreiseverbot verhängt.
In Bezug auf die bP stellte die bB folgenden Sachverhalt fest:
"...
Ihre Identität steht nicht fest. Sie werden in Österreich mit der Verfahrensidentität XXXX , geboren am XXXX in Jerewan in Armenien, geführt. Sie sind Staatsangehöriger von Armenien. Ihre Muttersprache ist Armenisch, weiters sprechen Sie fließend Deutsch. Sie sind ledig und haben keine Kinder.
Ihnen wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes XXXX vom 19.10.2007, GZ XXXX , der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Der Bescheid erwuchs am 07.11.2007 in Rechtskraft.
Sie sind als 11jähriger nach Österreich eingereist, haben hier die Hauptschule abgeschlossen sowie eine Lehre als KFZ-Mechaniker begonnen, diese jedoch nicht abgeschlossen. Sie weisen keine längerfristigen durchlaufenden legalen Beschäftigungsverhältnisse auf. Sie waren zumindest in den Jahren 2005 und 2006 als Sportboxer Mitglied des XXXX Boxvereines XXXX .
Sie sind mehrfach strafrechtlich verurteilt worden.
Sie leiden an keiner schwerwiegenden lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankung oder sonstigen Beeinträchtigung.
Nach 4 Vorstrafen wurden Sie letztmalig mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 26.11.2014, XXXX , wegen des Verbrechens des schweren Raubes gemäß § 143 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Das Urteil erwuchs am 02.12.2014 in Rechtskraft.
Sie wurden rechtskräftig verurteilt, Ihre Straftaten sind unter den Tatbestand eines besonders schweres Verbrechens zu subsumieren und Sie sind als ein gemeingefährlicher Täter anzusehen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr nach Armenien eine Gefährdung durch die Polizei, staatliche Organe oder Behörden droht. Weiters konnte keine wie auch immer geartete, sonstige besondere Gefährdung Ihrer Person bei einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat festgestellt werden. Überdies konnte weder eine wirtschaftliche noch eine finanzielle ausweglose Lage im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Herkunftsland festgestellt werden."
I.3. Gegen den genannten Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die Voraussetzungen zur Aberkennung des Status eines Asylberechtigten nicht vorliegen, zumal die bP keine Gefahr für die Gemeinschaft dar bzw. ging die bB irrig von einer negativen Zukunftsprognose aus. Darüber hinaus stelle die Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben dar, da die bP ihren Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet hat. Die bP hätte in Armenien keine Existenzgrundlage und würden die Gründe, warum sie Armenien verließ, nach wie vor vorliegen.
I.3. Am 22.8.2019 führte das ho. Gericht eine Beschwerdeverhandlung durch, deren wesentliche Verlauf wie folgt wiedergegeben wurde.
"...
RI: Wollen Sie ihre Angaben zu Ihrem Gesundheitszustand vor der belangten Behörde oder in der Beschwerdeschrift ergänzen?
P: Nein.
RI: Sie wurden bereits beim BFA zu Ihren privaten und familiären Verhältnissen befragt und haben im Verfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt. Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern?
P: Es hat sich nichts geändert. Ich bin nicht verheiratet. Ich lebe mit meiner Mutter zusammen.
RI erörtert das Strafregister und die vorliegenden rechtskräftigen Verurteilungen der P, insbesondere das Urteil des LG XXXX vom 26.11.2014 (rk. Verurteilung wegen des Verbrechens des schweren Raubes zu einer unbedingten Freiheitstrafe von 7 Jahren).
P: Ich habe wegen guter Führung "ein Drittel" bekommen. Ich gebe zu, dass es falsch war. Vor der halben Strafe hatte ich schon die Möglichkeit raus zu gehen. Ich war Freigänger und habe dann schon in diversen Firmen gearbeitet. Ich war zum Wochenende zu Hause und unter der Woche habe ich gearbeitet in Haft.
RI: Haben Sie noch zu jemanden in ihrem Herkunftsstaat Kontakt?
P: Nein, ich persönlich nicht.
RI: Wissen Sie, ob Ihre Mutter zu jemanden Kontakt hat?
P: Im ständigen Kontakt ist sie mit niemanden, auch keine gelegentlichen Kontakte.
RI: Das ho. Gericht kann sich nunmehr ein Bild über Ihre privaten und familiären Bindungen in Österreich machen und erscheinen hierzu seitens des ho. Gerichts keine weiteren Fragen offen. Wollen Sie sich noch weitergehend zu Ihren privaten und familiären Bindungen in Österreich bzw. der Integration äußern?
P: Ich bin wieder mit meiner Freundin zusammen. Als ich in Haft war, waren wir getrennt, weil ich ihr das nicht antun wollte. Mein Leben besteht momentan nur aus arbeiten gehen, meiner Freundin, meiner Mutter und trainieren. In der Arbeit wollen sie von mir, dass ich ins Ausland fahre, das geht aber momentan nicht. Es wäre gut für mich, weil ich gut verdienen würde. Ich weiß, dass es ein schwerer Fehler war, und ich viel verloren habe. Jetzt habe ich den richtigen Weg gefunden für mich, ich möchte mir eine Zukunft aufbauen. Hier ist für mich meine Heimat.
RI: Welche Staatsangehörigkeit hat Ihre Freundin?
P: Sie ist Österreicherin, von Geburt an. Sie hat keinen Migrationshintergrund. Sie will mich unterstützen.
RI: Ihnen wurde der zuerkannte Status eines Asylberechtigten seitens der belangten Behörde aberkannt und wurde im angefochtenen Bescheid die Entscheidung begründet. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde entgegen.
P: Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe. Ich finde, jeder hat eine 2. Chance verdient. Ich würde darum bitten, eine 2. Chance zu bekommen. Ich möchte mir hier in Österreich eine Familie aufbauen, weiterarbeiten gehen und mein Leben weiter aufbauen. Es ist für mich sehr wichtig. Ich habe nur meine Mutter. Es geht ihr sehr schlecht. Sie kann ohne Gehhilfe nicht mehr gehen. Ich pflege sie. Als ich in Haft war, wurde meine Mutter zwar unterstützt, aber das ist nicht das gleich, als wenn ich sie unterstütze. Ihr geht es auch wegen meiner Sache nicht sehr gut, sie leidet unter Stress. Meine Mutter würde es nicht überleben. Sie wollte heute mit zum Gericht kommen, aber das ist nicht möglich gewesen, wegen ihrem gesundheitlichen Zustand.
RI: Was würde Sie im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat konkret erwarten?
P: Ich weiß nicht, was mich dort erwarten würde. Ich wäre auf der Straße. Wie ein Hund würde ich leben müssen, auf der Straße, ich hätte nichts. Ich kenne niemanden. Es würde nicht funktionieren, auch wenn sie erfahren, woher ich abstamme.
RI: Ihnen wurden Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien und in Ergänzung Feststellungen über mögliche Unterstützungsleistungen für Rückkehrer zur Kenntnis gebracht. Wollen Sie sich hierzu äußern?
P: Davon weiß ich nichts. Ich habe es von meinem Rechtsvertreter nicht erfahren. Ich habe zwar mit ihm telefoniert, war aber wegen meiner Arbeit nicht dort.
RI: Die Lage von Abkömmlingen gemischt-ethnischer Eltern (armenisch/aserisch) ist in Berichten, welche die Lage der Menschenrechte in Armenien beobachten, schlicht kein Thema mehr und wird auch vom ho. Gericht nicht mehr als problematisch betrachtet (vgl. ho. Erk. vom vgl. exemplarisch ho. Erk. vom 5.10.2015, L515 2122270-1/11E oder vom 27.6.2016, L515 2005972-2/10E). Ein dem RI bekannter armenischer Rechtsanwalt berichtete auch von einem Freund, welcher aus einer solchen Mischehe stammt und Bürgermeister eines armenischen Dorfes ist.
P: Für die Europäer wird immer alles gut dargestellt. Es ist nicht so, wie es in den Medien oder so dargestellt wird. Es passieren immer noch Morde und es verschwinden immer noch Leute. Ich würde dort nicht überleben. Ich habe nichts dort. Ich bin mit 11 Jahren nach Österreich gekommen. Ich habe viele Fehler begangen. Die letzte Strafe hat mir die Augen geöffnet, jetzt möchte ich den richtigen Weg gehen. Ich fühle mich als Österreicher, es ist meine Heimat. Ich bin hier aufgewachsen. Ich brauche hier nicht lügen, Sie wissen alles, ich weiß auch alles, was ich gemacht habe. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt.
RI: Im Falle der Abweisung Ihrer Beschwerde ist gesetzmäßig eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise festgelegt. Beim Überwiegen besonderer Umstände kann eine längere Frist festgesetzt werden. In diesem Fall sind von Ihnen diese Umstände nachzuweisen und gleichzeitig ist von Ihnen ein Termin für die freiwillige Ausreise bekannt zu geben.
P: Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass ich zurück nach Armenien gehe. Ich wäre lieber tot, als wieder in Armenien.
...
RI fragt den RV um seine Stellungnahmen zu dieser Beurteilung.
RV: Ich ersuche das Gericht zu berücksichtigen, dass die P den Großteil seines Lebens hier in Österreich verbracht hat, die lange Haftstrafe war ihm eine Lehre, es wird um eine positive Zukunftsprognose ersucht.
RI fragt den RehV um seine Stellungnahmen zu dieser Beurteilung.
BehV: Zu den Verurteilungen. Die Qualität der begangenen Straftaten wurde immer schwerer. Die letzten begangenen Straftaten waren keine Jugendstraftaten mehr. Von einer positiven Prognose kann man hier nicht ausgehen. Laut einem Versicherungsauszug hat die P zwischen 28.02.2014 - 07.04.2019 nicht gearbeitet.
BehV nimmt den Einwand der P, dass man dann, wenn man im Gefängnis arbeitet, nicht versichert ist, zur Kenntnis.
RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen will.
P: Ich weiß, dass ich sehr viele Fehler gemacht habe, ich bitte um eine 2. Chance um mein Leben hier aufzubauen. Ich bin bereit, dafür alles zu machen.
..."
Am Ende der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.
Mit Schriftsatz vom 23.8.2019 kündigte der nunmehrige Rechtsfreund der bP das Vollmachtsverhältnis zum bisherigen Vertreter (VMÖ) und beantragte gleichzeitig die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
Mit Schriftsatz vom 26.8.2019 beantragte der bisherige Vertreter (VMÖ) die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
I.4. Der weitere Verfahrenshergang bzw. Akteninhalt wird, soweit er für das gegenständlichen Verfahren relevant ist, an den entsprechenden Stellen des gegenständlichen Erkenntnisses erörtert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
II.1.1. Die beschwerdeführende Partei
Die bP ist Staatsbürger der Republik Armenien.
Laut Annahme der bB und Angaben der bP war der Vater der bP Aseri. Deren Mutter ist Armenierin. Die Muttersprache der bP ist Armenisch, sie führt laut ihren eigenen Angaben einen armenischen Namen, verbrachte ihre Kindheit in der armenischen Hauptstadt, welche überwiegend von Armenier bewohnt ist. Sie wurde in ihren ersten und prägenden Lebensjahren in Armenien sozialisiert und stellt die armenische Sprache ihre Muttersprache dar. Die bP verließ Armenien als ca. Elfjähriger, seither lebt sie in Österreich.
Die bP hat bis zum Verlassen Armeniens mit ihrem Lebensumfeld sichtlich in der armenischen Sprache kommuniziert und ist davon auszugehen, dass sie diese Sprache zumindest in Wort beherrscht und steht es ihr frei, die armenische Schrift, welche eine Lautschrift mit einer übersichtlichen Anzahl an Buchstaben ist zu erlernen.
Die bP ist nach ihrem äußeren Erscheinungsbild in Armenien von einem Angehörigen der Titularethnie augenfällig nicht zu unterscheiden.
Die beschwerdeführende Partei ist ein junger, gesunder, arbeitsfähiger, Mann mit einer -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherten Existenzgrundlage in Armenien.
Die bP hatte zumindest bis November 2019 insbesondere die in der Beschwerdeverhandlung erörterten familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich. Laut ZMR verfügt die bP seit November 2019 im Bundesgebiet über keine Meldeadresse und gab sie dem ho. Gericht ihren aktuellen Aufenthalt nicht bekannt.
Die Identität der bP steht nicht fest.
Im Strafregister der Republik Österreich scheinen in Bezug auf die bP folgende Vormerkungen auf:
" ...
01) BG XXXX vom 21.02.2008 RK 26.02.2008
PAR 83/1 StGB
Datum der (letzten) Tat 03.03.2007
Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe, Probezeit 3 Jahre
Jugendstraftat
Vollzugsdatum 02.01.2009
02) BG XXXX vom 15.10.2008 RK 28.10.2008
PAR 134/1 StGB
Datum der (letzten) Tat 17.03.2008
Geldstrafe von 40 Tags zu je 2,00 EUR (80,00 EUR) im NEF 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Straffestsetzung zum Schuldspruch von BG XXXX 26.02.2008
Jugendstraftat
Vollzugsdatum 02.01.2009
03) BG XXXX vom 13.01.2011 RK 17.01.2011
PAR 146 127 83/1 StGB
Datum der (letzten) Tat 27.06.2010
Geldstrafe von 180 Tags zu je 4,00 EUR (720,00 EUR) im NEF 90 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Junge(r) Erwachsene(r)
Vollzugsdatum 27.06.2011
04) LG XXXX vom 07.06.2011 RK 11.06.2011
PAR 83/1 85/2 StGB
Datum der (letzten) Tat 23.08.2010
Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf BG XXXX 17.01.2011
Junge(r) Erwachsene(r)
zu LG XXXX 11.06.2011
Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 31.10.2011
LG XXXX vom 01.11.2011
05) LG XXXX vom 26.11.2014 RK 02.12.2014
§§ 142 (1), 143 1. Satz 2. Fall StGB
Datum der (letzten) Tat 09.06.2014
Freiheitsstrafe 7 Jahre
zu LG XXXX RK 02.12.2014
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 03.04.2019, bedingt, Probezeit 3 Jahre
LG XXXX vom 31.01.2019
..."
Das Urteil des LG XXXX vom 26.11.2014 wurde wie folgt begründet (Formatierung, Heraushebungen etc. nicht mit dem Original übereinstimmend):
"...
[Die bP hat] am 9. Juni 2014 in XXXX mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB), den verfügungsberechtigten Angestellten der XXXX Filiale in der XXXX , XXXX und XXXX , Bargeld im Betrag von EUR 19.681,50 unter Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz weggenommen bzw. abgenötigt, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er vor den Augen von XXXX die verglaste Schiebetür einschlug, dann auf diesen mit einer Tränengaspistole zuging, sie ihm vor das Gesicht hielt, und ihm einen wuchtigen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch dieser eine Schädelprellung, verbunden mit einer Quetschrissverletzung im Bereich der Oberlippe erlitt, sodann XXXX die Tränengaspistole vor das Gesicht hielt und ihm einen wuchtigen Faustschlag in das Gesicht versetzte, ehe er ihn mit an die Brust gehaltener Waffe zwang, den Tresor zu öffnen und ihn schließlich neuerlich in das Gesicht schlug, wodurch dieser eine Prellung des Schädels und des Gesichts erlitt.
Er hat hiedurch das Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 (erster Satz, zweiter Fall) StGB begangen.
Er wird hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 7 (sieben) Jahren; sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die Vorhaft in der Zeit vom 11. Juli 2014, 15.04 Uhr bis 12. November 2014, 8.00 Uhr auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.
Gemäß § 369 Abs 1 StPO ist der Angeklagte ist schuldig, an XXXX EUR (für psychische Alteration) und EUR 330,00 (für die erlittene Körperverletzung) sowie an die Jarz GmbH EUR 9.446,50 (restliche Beute die nicht sichergestellt wurde) sowie EUR (für Entgeltfortzahlung für XXXX in derzeit von 16. Juni 2014 bis 26. August 2014) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2.) den Beschluss gefasst:
Gemäß § 494a Abs 1 Z 2 StPO wird vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu 13 Hv 38/11a des Landesgerichtes XXXX abgesehen.
BEGRÜNDUNG:
Zur Person:
Der am XXXX in Jerevan/Armenien geborene Angeklagte flüchtete Ende des Jahres 2001 zusammen mit seiner Mutter von Armenien nach Österreich. Er besuchte sodann die Hauptschule und begann den Beruf eines Mechanikers zu erlernen Er verfügt jedoch über keinen Lehrabschluss. Danach arbeitete er bei mehreren Security-Firmen und wurde im Frühjahr 2014 arbeitslos. Zuletzt verfügte er weder über ein Vermögen, noch über ein Einkommen. Der Angeklagte hat keine Sorgepflichten zu tragen.
XXXX weist in Österreich bereits vier - auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende - strafgerichtliche Verurteilungen auf. Vorerst wurde er mit Urteil des
Bezirksgerichtes XXXX vom 21. Februar 2008, XXXX , wegen des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt, jedoch der Ausspruch der Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren Vorbehalten. Bereits am 15. Oktober 2008 erfolgte mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX zu XXXX eine weitere Verurteilung wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB. Die Verurteilung zu einer Geldstrafe erfolgte unter nachträglichen Straffestsetzung zum vorangegangenen Schuldspruch. Die dritte Verurteilung erfolgte durch das Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13. Jänner 2011 zu XXXX . Der Angeklagte wurde wegen des Vergehens der Körperverletzung, des Vergehens des Diebstahles und des Vergehens des Betruges nach §§ 83 Abs 1, 127, 146 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Rund ein halbes Jahr zuvor, nämlich am 23. August 2010 fügte der Angeklagte in XXXX einer männlichen Person eine Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen im Sinne des §§83 Abs 1, 85 Z 2 StGB zu. Für diese Straftat wurde er zuletzt mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 7. Juni 2011, XXXX , verurteilt, wobei bei aufgrund des Vorliegens eines Bedachtnahmeverhältnisses nach §§ 31, 40 StGB zum Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 13. Jänner 2011, XXXX , eine Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten ausgesprochen wurde. Ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten wurde dem Angeklagten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Den unbedingten Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Monaten verbüßte der Angeklagte bis zum 31. Oktober 2011. Die Probezeit der bedingten Strafnachsicht dieser Verurteilung ist am 11. September 2014 abgelaufen.
Zur Sache:
Vor dem Hintergrund seiner tristen finanziellen Situation und bestehender Spielschulden, entschloss sich der Angeklagte noch am Abend des XXXX 2014, das Geld durch einen unter Anwendung von Waffengewalt zu verübenden Raubüberfall zu verschaffen. Der Angeklagte verfügte zum damaligen Zeitpunkt über mehrere Waffen, die er in seinem Zimmer verwahrte. So besaß er ein Klappmesser, ein Bowlemesser, ein Butterflymesser und ein Springmesser, diverse Knallpatronen, eine Knall- und Schreckschusspistole, eine CO2 Waffe, einen Tränengaspistole und zwei Schlagringe. Mit Ausnahme der Tränengaspistole, die der Angeklagte schließlich beim nachfolgenden Raubüberfall verwendete, konnten alle genannten Gegenstände bei ihm sichergestellt werden. Bei den Schlagringen handelt es sich um verbotene Waffen, deren Besitz - ungeachtet eines Waffenverbotes - nach §§ 17 Abs 1 Z 6, 50 Abs 1 Z 2 WaffG verboten ist.
ln Umsetzung seines Tatplanes verließ der dunkel bekleidete Angeklagte am Abend des XXXX 2014 mit seiner Tränengaspistoe und einer eingesteckten schwarzen Sturmhaube die Wohnung und begab sich in die Innenstadt. Gegen 2.00 Uhr des 9. Juni 2014 befand sich der Angeklagte vor der Filiale der Firma XXXX in der XXXX . Zu dieser Zeit befanden sich noch der XXXX XXXX und der Hausmeister XXXX in der Filiale. Während XXXX im Büro den Tagesabschluss durchführte, war XXXX im Küchenbereich mit Putzarbeiten beschäftigt. Der Angeklagte begab sich zur verglasten Eingangstüre des Lokals und begann kräftig gegen die Scheibe zu schlagen. Nach mehreren Schlägen gelang es ihm diese soweit aus der Verankerung zu bringen, dass er durch die Öffnung in das Lokal gelangen konnte. XXXX hatte sich wegen der Geräusche in den Lokalbereich begeben. Der Angeklagte zog sodann seine Waffe, ging damit auf XXXX zu und hielt sie ihm vor das Gesicht. Er schrie ihn an, die Hände hoch zu nehmen und schlug fast gleichzeitig so kräftig mit der Faust in das Gesicht seines Opfers, dass dieser durch die Wucht des Schlages zu Boden ging. Der Angeklagte boxt seit 10 Jahren in einem Verein. XXXX erlitt durch den Schlag eine Prellung des Schädels, wobei bei ihm auch eine Quetschrissverletzung im Bereich der Oberlippe, resultierend vom Faustschlag, sichtbar war.
XXXX wollte sich wegen der Geräusche im Lokalbereich zu XXXX begeben, als er den Angeklagten wahrnahm, Dieser kam sofort in seine Richtung und richtete die Waffe auch gegen ihn. XXXX schlug XXXX mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser zu Boden fiel. Der Angeklagte erfasste XXXX am Hemd, zog ihn wieder vom Boden auf, schrie ihn an und stieß ihn in Richtung des Büros. Dort forderte er ihn unter vorgehaltener Waffe auf, ihm das Geld zu geben. Unter dem Eindruck des Verhaltens des Angeklagten und der verwendeten Waffe sperrte XXXX den Tresor auf. Der Angeklagte hielt ihm die von ihm mitgebrachte schwarze Umhängetasche vor, in die XXXX das bereits abgepackte Bargeld hineingab. Schließlich versetzte er XXXX neuerlich einen Faustschlag ins Gesicht, sodass dieser wieder zu Boden ging. XXXX erlitt beim Vorfall eine Schädelprellung mit einer Prellmarke im Bereich der linken Schläfe sowie eine Gesichtsschädelprellung mit einer Prellmarke über dem rechten Jochbogen.
Der Angeklagte wendete durch das Versetzten mehrerer Faustschläge in das Gesicht seiner Opfer Gewalt an, um damit ihren Widerstand zu brechen und so sein Ziel, nämlich Bargeld zu erbeuten, zu erreichen. Aus dem selben Grund hielt er ihnen die Waffe vor und führte seinen Opfern so" verbunden mit seiner verbalen Aufforderung, ihm Geld zu überlassen, - vor Augen, zum sofortigen Vollzug eines konkludent angedrohten Übels, nämlich der Gefährdung von Leib oder Leben, gewillt zu sein. Er hat sie durch Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) teilweise zur Übergabe von Bargeld genötigt bzw. es ihnen weggenommen, nachdem er den möglicherweise bestehenden Widerstand durch sein Verhalten ausgeschaltet hatte. Zudem war er gewillt, sich durch die widerrechtliche Zueignung des Bargeldes unrechtmäßig zu bereichern und einen strafrechtlich relevanten Erfolg herbeizuführen, mit dessen Eintritt er sich abfand.
Der Angeklagte flüchtete sodann aus der Filiale der Firma XXXX nach Hause. Unterwegs verlor er drei 100-Euroscheine und warf sowohl seine Maskierung, als auch die Tränengaspistole in die XXXX , wobei beide Gegenstände nicht gefunden werden konnten. XXXX erbeutete beim Raubüberfall insgesamt EUR 19.681,50, die er großteils in seinem Zimmer verwahrte.
Der Angeklagte konnte aufgrund einer durchgeführten molekulargenetischen Untersuchung der Blutanhaftungen an der von ihm eingeschlagenen Schiebetüre der Täterschaft überführt werden. Im Zuge seiner polizeilichen Einvernahme und seiner weiteren Einvernahme vor dem Haft- und Rechtsschutzrichter zeigte er sich angesichts des erdrückenden Beweismaterials zum Tatvorwurf umfänglich geständig. Er gab insbesondere als Grund für den Raubüberfall an, dass er Geld für die Operation seiner Mutter benötigte. Im Zuge seiner Festnahme konnten in seinem Zimmer noch EUR 9.300,00, resultierend aus der Raubbeute vorgefunden werden. Weiters trug er EUR 635,00 bei seiner Anhaltung am Körper und EUR 300,00 verlor er auf der Flucht von der XXXX Filiale nach Hause. Der Restbetrag der Raubbeute in Höhe von EUR 9.446,50 wurde vom Angeklagten für diverse Rückzahlungen, unter anderem von Spielschulden, verwendet.
Der Angeklagte hat in rechtlicher Hinsicht das Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 (erster Satz, zweiter Fall) StGB zu verantworten. Der Angeklagte gibt zwar an, dass die verwendete Tränengaspistole funktionsunfähig und ungeladen war. Dies steht jedoch der Annahme eines Raubes unter Verwendung einer Waffe im Sinne des § 143 (erster Satz, zweiter Fall) StGB nicht entgegen. Als Waffen im Sinne des § 143 StGB werden alle verwendungsfähigen Waffen im technischen Sinn, also Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt und geeignet sind, durch unmittelbare Einwirkung die Angriffs- und Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusehen, angesehen. Darunter fallen auch funktionsunfähige und ungeladene Waffen, zu denen eine Tränengaspistole zweifelsohne zu zählen ist. Auch die Drohung mit einer ungeladenen oder funktionsuntüchtigen Schusswaffe stellt ein wirksames Mittel dar, um bei den Bedrohten den Eindruck der unmittelbaren Verwirklichung des angedrohten Übels zu erwecken.
Dadurch, dass der Angeklagte als Mittel zur Bekräftigung seiner Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben der Angestellten benützte, verwendete er diese Waffe auch im Sinn des § 143 StGB.
Wenngleich beide Opfer durch das Raubgeschehen verletzt wurden, so traten in medizinischer Hinsicht keine schweren Verletzungen im Sinne des § 84 Abs 1 StGB ein.
Bei der Strafbemessung ist von einem Strafrahmen von fünf bis zu fünfzehn Jahren auszugehen.
Erschwerend wirken die drei einschlägigen Vorstrafen, die äußerst brutale Vorgangsweise und die Tatsache, dass zwei Personen bedroht wurden bzw. Gewalt gegen zwei Personen angewandt wurde um die Beute zu erlangen. Mildernd hingegen ist das reumütige Geständnis, das allerdings nicht zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Teilweise konnte der Schaden durch Sicherstellung der Beute gutgemacht werden (etwa die Hälfte). Darüber hinaus hat der Angeklagten durch seinen Verteidiger in der Hauptverhandlung den beiden Opfern jeweils EUR 500,00 als Teilschmerzengeldzahlung zukommen lassen.
..."
Die zitierten Feststellungen des Strafgerichts werden zu den Feststellungen des ho. Gerichts erhoben.
II.1.2.1. In Bezug auf die Lage in der Republik Armenien schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der bB an.
In Bezug auf die Lage der ethnischen Minderheiten wird Folgendes festgestellt:
Die armenische Bevölkerung setzt sich aus ca. 96% armenischen Volkszugehörigen und ca. 4% Angehörigen von Minderheiten (vor allem Jesiden, Russen, Kurden und Assyrer, denen nach der neuen Verfassung als den vier größten Minderheitengruppen jeweils ein Parlamentssitz zusteht) zusammen. Die Volkszugehörigkeit wird in armenischen Reisepässen nur eingetragen, wenn der Passinhaber dies beantragt. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten das Recht, ihre kulturellen Traditionen und ihre Sprache zu bewahren, in der sie u.a. studieren und veröffentlichen dürfen. Zugleich verpflichtet ein Gesetz alle Kinder zu einer Schulausbildung in armenischer Sprache. Weder Jesiden noch andere Minderheiten sind Ziel systematischer und zielgerichteter staatlicher Repressionen (AA 7.4.2019).
Die größte Herausforderung für Minderheiten in Armenien ist ihre schiere Unsichtbarkeit in der Gesellschaft. Alle Minderheitengruppen zusammen machen weniger als 2% der armenischen Bevölkerung aus. Hinzu kommt, dass keine Minderheit in irgendeinem Teil des Landes die Mehrheit ausmacht und stattdessen in ganz Armenien verstreut lebt. Während die jüngsten Verfassungsänderungen dazu geführt haben, dass 2017 vier Minderheitenvertreter in das Parlament gewählt wurden, werden alle Regierungsgeschäfte weiterhin auf Armenisch geführt. Infolgedessen stehen Minderheiten nach wie vor Schwierigkeiten gegenüber, an Entscheidungen teilzunehmen, die ihr tägliches Leben betreffen, zumindest auf nationaler Ebene. Sie sind weiterhin größtenteils nur auf lokaler Regierungsebene vertreten (MRGI 2019).
Quellen:
?AA - Auswärtiges Amt (7.4.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien
?MRGI - Minority Rights Group International (2019): Armenia, https://minorityrights.org/country/armenia/, Zugriff 27.3.2019
In der aktuellen und in der Beschwerdeverhandlung erörterten Berichtslage ergeben sich keinerlei Hinweise, dass sich die Lage der Aseris bzw. der Nachkommen von Aseris in Armenien signifikant schlechter darstellt, als die Lage der Angehörigen der sonstigen Ethnien, welche nicht der Titularethnie zuzuzählen sind (Zur Lage der Angehörigen oder Abkömmlinge armenisch/aserischer Mischehen vgl. auch das ho. Erkenntnis vom 27.6.2016, L515 2005972-2/10E).
Aus dem in der Beschwerdeverhandlung erörterten Quellenlage (vgl. insbes. Anfragebeantwortung des Vertrauensanwaltes des ho. Gerichts in Armenien vom 17.7.2019, sowie Anfragebeantwortung der Staatendokumentation der bB zur Lage insbesondere auch von mittellosen Rückkehrern ohne familiäre Anknüpfungspunkte) ergibt sich, dass die bP Zugang zu medizinischer Grundversorgung, zum armenischen Sozialsystem, Arbeits- und Wohnungsmarkt, sowie zu in Armenien tätigen NGOs hat und Rückkehrer Beratung und Unterstützung finden, welche allenfalls auch die Unterbringung in einem Notquartier umfasst.
II.1.2.2. Armenien ist ein sicherer Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG.
II.1.2.3. Wenn die bB die armenische Staatsbürgerschaft anzweifelt bzw. in der Vergangenheit anzweifelte, ist festzuhalten, dass vor der Erlangung der Eigenstaatlichkeit Armeniens in der ArSSR das Staatsbürgerschaft der UdSSR galt. Dieses Unionsgesetz blieb bis zur Beendigung der UdSSR spätestens am 26.12.1991 in Geltung und galt darüber hinaus noch nach der Trennung der Republik Armenien von der UdSSR in der Republik Armenien bis zum Inkrafttreten eines eigenen Staatsbürgerschaftsgesetz im Jahr 2005 fort und ist davon auszugehen, dass vor dem Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsgesetzes 1995 in der Verwaltungspraxis in der Regel alle ehemaligen Bürger der Sowjetunion mit einer "Propiska" in Armenien oder mit dem Nationaleintrag "Armenier/in" als Armenier betrachtet wurden und ist aufgrund der Geburt der bP in der ArSSR und der Wohnsitznahme bis zum Jahr 2001 in der Republik Armenien schon deshalb von der armenischen Staatsbürgerschaft der bP auszugehen.
Selbst wenn man davon ausginge, dass die bP nicht dem oa Personenkreis zuzurechnen ist, fällt die bP jedenfalls unter den in Art. 10 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes genannten Personenkreis und ist somit als armenischer Staatbürger anzusehen (zu dessen Wortlaut siehe http://www.legislationline.org/topics/country /45/topic/2).
Das ho. Gericht geht somit davon aus, dass die bP jedenfalls armenischer Staatsbürger ist.
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der bP ergeben sich -vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität- aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen, sowie den Angaben ihrer Mutter im Asylverfahren zu ihrer eigenen Herkunft und der Herkunft der bP.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der bP nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der bP als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der tatsächlichen Identität etwa im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet.
Anzuführen ist, dass es der volljährige bP aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit möglich wäre, ihre Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren durch die Vorlage von unbedenklichen Unterlagen zu bescheinigen, zumal sie aus einem Staat stammt, welcher die Existenz seiner Bürger, sowie Personenstandsfälle dokumentiert und deren Identität durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt.
Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte, ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung der bP an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen -etwa die dadurch allfällig entstehenden faktischen Abschiebehindernisse- daher von der bP zu vertreten.
Wenn die bP vorbringt, nur mehr schlecht armenisch zu sprechen, wird seitens des ho. Gerichts als notorisch bekannt angesehen, dass ein psychisch gesunder Mensch eine Muttersprache nicht mehr verlernt (vgl. hierzu eine Vielzahl von öffentlichen Quellen, wie etwa https://www.welt.de/print/welt_kompakt/print_wissen/article134526935/Gehirn-verlernt-Muttersprache-nicht.html, oder auch periodisch stattfindende Medienauftritte von prominenten "Exilösterreichern", die in ihrer frühen Jugend Österreich verließen und auch im fortgeschrittenen Alter noch der deutschen Sprache mächtig sind). Ebenso wird es angezweifelt, dass die bP die armenische Schrift überhaupt nicht beherrscht, zumal sie in Armenien bereits der Schulpflicht unterlag und die gesetzliche Vertreterin der bP im frühen Stadium des Asylverfahren nie vorbrachte, dass der bP in Armenien der Schulbesuch nicht möglich gewesen wäre.
Die festgestellte Staatsbürgerschaft der bP ergibt sich basierend auf den Angaben der bP zu ihrem bisherigen Lebensweg im Lichte der bereits getroffenen Ausführungen. Weiters werden die getroffenen Ausführungen zum armenischen Staatsbürgerschaftsrecht für die bP als armenischer Staatsbürger und die bB als Spezialbehörde als notorisch bekannt angesehen. Die entsprechenden Ausführungen wurden auch in einer Mehrzahl von ho. Erkenntnissen bzw. Erkenntnissen des AsylGH veröffentlicht (vgl. hierzu etwa ho. Erk. vom 20.8.2014, L515 2009590-1) und wurde die Annahme der armenischen Staatsbürgerschaft in der Beschwerdeschrift nicht bestritten.
II.2.3 In Bezug auf die Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Armenien schließt sich das ho. Gericht den Ausführungen der bP im objektiven Aussagekern an. Die im Beschwerdeverfahren erörterten Quellen zeigen im Wesentlichen in Bezug auf die bP kein anderes Bild und ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen.
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).
Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen und wird neuerlich darauf hingewiesen, dass die Republik Österreich die Republik Armenien als sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG betrachtet und daher von der normativen Vergewisserung der Sicherheit Armeniens auszugehen ist.
Die bP trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen. Bloßes Bestreiten der getroffenen Feststellungen bzw. das bloße behaupten der Gefahr einer Verfolgung stellt kein substantiiertes Entgegentreten dar.
Soweit sich das ho. Gericht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auf die Auskünfte eines beim ho. Gericht bekannten Vertrauensanwalt beruft, ist festzuhalten, dass der VwGH seinem Erk. vom 15.12.2015, Ra 2015/18/0100-0101 feststellte, dass es sich bei Erhebungen vor Ort über einen Vertrauensanwalt um ein probates Bescheinigungsmittel handeln kann und geht das ho. Gericht geht davon aus, dass den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen dieses Vertrauensanwaltes hohe Beweiskraft zukommt.
Obgleich es sich bei den entsprechenden Ausführungen des Vertrauensanwaltes nach ho. Ansicht nicht um ein Gutachten im eigentlichen Sinne, sondern -in Übereinstimmung mit der bP- um ein "sonstiges Beweismittel" handelt, welches der freien Beweiswürdigung unterliegt, wird ihm dennoch gewichtige Beweiskraft zugemessen. Einerseits ergibt sich aus dem Qualifikationsprofil des Anwalts (welches in der Verhandlung zur Einsicht auflag und erörtert wurde), dass es sich hierbei um eine Person mir hoher fachlicher Reputation handelt, welche in einem Aufgabenfeld tätig ist und war, das eine hohe Fähigkeit zu analytischem Denken und Handeln, sowie die Fähigkeit verschiedene, auch sich widersprechende Informationen auszuwerten und hieraus Schlüsse zu ziehen, sowie verlässliche Personen und Quellen zur Informationsbeschaffung heranzuziehen.
Ebenso steht der Anwalt sichtlich weder in einer qualifiziert engen Verbindung, noch in einer Gegnerschaft zum armenischen Staat, sondern steht er diesem neutral gegenüber. Auch ist dem erkennenden Gericht kein Fall bekannt, in dem sich ho. in Auftrag gegebene Recherchen oder Einschätzungen im Nachhinein als nicht den Tatsachen entsprechend herausgestellt hätte und erstatteten die bP kein konkretes Vorbringen, welche Zweifel an der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen im beschriebenen Umfang hervorkommen ließen.
Der im Verfahren herangezogene Rechtsanwalt wurde auch dem erkennenden Gericht von der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Jerewan empfohlen und wird auch von der genannten Vertretungsbehörde, welche vor Ort tätig ist und sich so über die Arbeit des Anwaltes vor Ort ein unmittelbares Bild machen kann, zu deren Zufriedenheit herangezogen.
Beim Rechtsanwalt handelt es sich um gebürtigen Armenier.
Der Anwalt ist nach wie vor in Armenien ansässig und spricht sein Beruf ebenfalls für die Annahme, dass er mit der allgemeinen Lage im Land und der Beweiskraft aus Armenien stammender Quellen vertraut ist.
Der Anwalt hat kein Interesse am Ausgang des Asylverfahrens, ganz egal in welche Richtung auch immer. Gegenteiliges ist von Asylwerbern zu behaupten, welche ein vitales Interesse am Verfahrensausgang in ihrem Sinne haben.
Ebenso konnte sich der erkennende Richter anlässlich eines Aufenthaltes des genannten Anwaltes in Österreich im Jänner und Juni 2013, sowie im Jänner 2016 von dessen hoher fachlichen Reputation überzeugen.
Die bP traten den Ausführungen des Vertrauensanwaltes auch nicht konkret und substantiiert entgegen und zeigten darin auch keine Unschlüssigkeiten auf bzw. legten sie auch nicht das Gegenteil der Ausführungen des Vertrauensanwaltes bescheinigende Unterlagen vor und konnte auch nicht schlüssig darlegen, warum sie hierzu nicht in der Lage wäre.
Aufgrund der oa. Ausführungen geht das erkennende Gericht davon aus, dass der Anwalt befähigt ist, seine Aussagen auf verlässliche Quellen zu stützen, diese Quellen einer entsprechenden inneren Analyse zu unterziehen, sowie hieraus die richtigen Schlüsse ableiten und wird das Rechercheergebnis deshalb nicht angezweifelt.
Das ho. Gericht geht daher aufgrund der oa. Umstände davon aus, dass die vom Vertrauensanwalt mitgeteilten Umstände den Tatsachen entsprechen und kann es sich den Bedenken bzw. dem Bestreiten der bP nicht anschließen.
II.2.4. Die Feststellungen zu den rechtkräftigen Vorstrafen der bP und des Umstände der Tatbegehung ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich bzw. durch die unmittelbare Einsichtnahme in das bereits genannte und zitierte Urteil. Dass die bP über keine aktuelle Meldeadresse verfügt, ergibt sich aus einer Einsicht in das Zentrale Melderegister der Republik Österreich.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, sicherer Herkunftsstaat
II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
II.3.1.5. Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren. Gemäß § 1 Z 13 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Armenien als sicherer Herkunftsstaat.
II.3.1.5.1. Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur RL sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen
Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.
Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch
a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;
b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;
c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;
d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.
Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:
"1) Um al