TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/7 W192 2228051-1

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Veröffentlicht am 07.02.2020
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Entscheidungsdatum

07.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W192 2228051-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ruso als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.12.2019, Zahl: 1255290700-191278343, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 15b, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG i.d.g.F. und §§ 52, 55 FPG i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Usbekistans, wurde am 12.12.2019 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Bundesgebiet aufgegriffen und nach Feststellung der Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes gemäß § 40 BFA-VG festgenommen. Im Zuge ihrer nach Einlieferung in ein Polizeianhaltezentrum am 13.12.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgehaltenen Einvernahme zur Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gab die Beschwerdeführerin an, einen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen, da ihr in Usbekistan aufhältiger Ehegatte sie misshandelt und ihr mit dem Tod gedroht hätte.

Anlässlich ihrer am gleichen Datum vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgehaltenen niederschriftlichen Erstbefragung gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, sie sei Angehörige der usbekischen Volksgruppe, bekenne sich zum moslemischen Glauben, sei verheiratet und im Herkunftsstaat als Schneiderin tätig gewesen. In Usbekistan würden noch die Adoptiveltern, die beiden minderjährigen Kinder sowie der Ehemann der Beschwerdeführerin leben. Die Beschwerdeführerin habe den Entschluss zur Ausreise im Jänner 2019 gefasst und sei im Februar 2019 mit Hilfe eines Schleppers über eine ihr unbekannte Route nach Österreich gelangt, wo sie sich seit rund einem Monat aufgehalten und in dieser Zeit auf der Straße und in U-Bahn-Stationen geschlafen hätte. Ihre Flucht aus dem Herkunftsstaat sei erfolgt, da ihr Mann sie geschlagen und gequält hätte. Sie sei zwei- bis dreimal gemeinsam mit ihren Kindern vor ihm geflohen, er habe sie jedoch jedes Mal gefunden. Deshalb habe sie nunmehr unter Zurücklassung ihrer Kinder flüchten müssen. Im Falle einer Rückkehr fürchte sie sich vor ihrem Mann, welcher sie töten werde.

Mit Verfahrensanordnung vom gleichen Datum wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 15b AsylG 2005 aufgetragen, in einer näher bezeichneten Bundesbetreuungseinrichtung in Niederösterreich Unterkunft zu nehmen.

Am 27.12.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Rechtsberaterin. Die Beschwerdeführerin gab zusammengefasst an, ihre bisher getätigten Angaben seien wahrheitsgemäß gewesen, sie sei gesund, stünde nicht in ärztlicher Behandlung, sei erstmals im Februar 2019 nach Österreich eingereist und halte sich seither durchgehend im Bundesgebiet auf. In Usbekistan habe die Beschwerdeführerin zuletzt acht Jahre lang im Haushalt ihres Ehemannes gelebt, zuvor habe sie in einer anderen Gemeinde im Haushalt einer Frau gelebt, welche sie infolge des Todes ihrer Mutter aufgezogen hätte. Den Kontakt zu ihren Adoptiveltern hätte sie zwischenzeitlich verloren. Die Beschwerdeführerin sei nicht im Besitz identitätsbezeugender Dokumente und habe ihren Herkunftsstaat mit Unterstützung eines Schleppers verlassen. Im Herkunftsstaat lebe noch eine Tante der Beschwerdeführerin, zu welcher diese jedoch keinen Kontakt habe. Wo sich ihre Kinder derzeit befänden, sei ihr nicht bekannt. Zuletzt hätten sich ihre Kinder im Haushalt ihres Ehemannes befunden, es gebe keine Möglichkeit für sie, Kontakt mit ihren Kindern aufzunehmen. Die Beschwerdeführerin habe acht Jahre lang die Grundschule besucht, von ihrer Adoptivmutter das Nähen erlernt und bis zu ihrer Ausreise zu Hause als Schneiderin gearbeitet. Eine darüberhinausgehende Berufsausbildung besitze sie nicht.

Die Beschwerdeführerin sei nie von Problemen mit den Behörden ihres Herkunftsstaates betroffen gewesen, lediglich ihr Mann hätte sie bedroht. Sollte er sie finden, würde er die Beschwerdeführerin umbringen. Die Beschwerdeführerin habe im Herkunftsstaat nie um Hilfe durch die dortigen Behörden angesucht, da viele Polizisten ihren Mann sehr gut kennen würden. Er trinke viel Alkohol und streite oft mit anderen Privatpersonen. Aus diesem Grund seien des öfteren Polizisten zu ihnen nach Hause gekommen, welche jedoch nichts gegen ihn machen hätten könnten und Angst vor ihm hätten. Ihr Mann werde nie aufhören, auch wenn sich die Polizei einmischen würde. Die Beschwerdeführerin sei wegen ihres Mannes aus dem Herkunftsstaat geflüchtet. Dieser hätte sie jeden Tag geschlagen und mit dem Tod bedroht. Sie habe so lange Zeit gelitten und wolle jetzt in Ruhe und Frieden leben. Sie habe sich aus Angst nicht scheiden lassen. Ihr Mann habe sie acht Jahre lang mit dem Tod bedroht und sie auch mit einem Stein auf den Kopf geschlagen. Die Beschwerdeführerin habe mehrmals den in jeder kleinen Gemeinde bestehenden Gemeinderat namens Mahalla, welcher sich in Familiensituationen einmischen würde, aufgesucht und sich über ihren Mann beschwert. Diese Leute seien auch bei ihnen zuhause gewesen und hätten mit ihrem Mann geredet. Sie hätten sich bei der Beschwerdeführerin auch jedes Mal erkundigt, ob sich die Situation verbessert hätte, wenn sie diese auf der Straße getroffen hätten. Es habe sich aber nichts geändert, ihr Mann hätte sie nach wie vor geschlagen. Bei ihrem Mann handle es sich um keinen einflussreichen Menschen, dieser sei lediglich Alkoholiker. Deshalb habe die Polizei öfter zu ihnen nach Hause kommen müssen und ihr Mann sei der Polizei daher bereits bekannt gewesen. Sie habe ihren Mann im Sommer 2019 gemeinsam mit den Kindern verlassen und sei zu einem entfernten Verwandten gegangen, welcher sieben bis acht Bushaltestellen von ihrer Anschrift entfernt gelebt hätte. Ihr Mann habe sie jedoch auch dort gefunden und wieder zurückgebracht. Ihr Mann habe ihr damals gedroht, er würde sie ausfindig machen und umbringen, egal wohin sie flüchte. Eine Ausreise gemeinsam mit ihren Kindern sei, auch aus finanziellen Gründen, unmöglich gewesen. Bei ihrem letzten Streit, der etwa acht Stunden gedauert hätte, habe sie einfach weggewollt. Infolge des ihr vorgehaltenen zuvor vorgebrachten Zeitpunkts der Ausreise im Februar 2019 korrigierte die Beschwerdeführerin, dass die beiden Fluchtversuche aus dem Zugriffsbereich des Ehemannes gemeinsam mit ihren Kindern bereits im Sommer sowie im November des Jahres 2018 stattgefunden hätten. Sie sei beide Male zu dem erwähnten Verwandten geflüchtet und wisse nicht, wie ihr Mann sie bereits nach kurzem habe ausfindig machen können. Außer den geschilderten Problemen mit ihrem Mann habe die Beschwerdeführerin keine Probleme im Herkunftsstaat erlebt. Auf die Frage, ob sie sich je an die Polizei oder andere Einrichtungen wie NGOs gewandt hätte, gab die Beschwerdeführerin an, sie habe sich nur an die zuvor erwähnten Mahallas gewandt und auch nicht gewusst, an wen sie sich sonst wenden könnte. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie, von ihrem Mann umgebracht zu werden.

Angesprochen auf die ihr gemeinsam mit der Ladung zur Einvernahme übermittelten schriftlichen Feststellungen zur Lage in Usbekistan, welche auch eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.01.2017 betreffend Schutz vor Gewalt gegen Frauen und Kinder beinhalten, gab die Beschwerdeführerin an, sie hätte die Feststellungen nicht gelesen und könnte dazu nicht viel sagen; sie wisse nur, dass es in Usbekistan keine Stellen gebe, an die sich Frauen um Schutz und Hilfe wenden könnten.

In Österreich habe die Beschwerdeführerin auf der Straße gebettelt, nunmehr wohne sie bei einem Mann, welcher sie unterstütze. Auf Vorhalt der angeordneten Unterkunft in einer Bundesbetreuungseinrichtung erklärte die Beschwerdeführerin, sie habe diese Anordnung damals missverstanden. In Österreich sei sie bislang keiner Arbeit nachgegangen, habe keine Kurse oder Ausbildungen absolviert und beherrsche die deutsche Sprache erst wenig. Sie hätte keine Verwandten in Österreich.

Die anwesende Rechtsberaterin beantragte, der Beschwerdeführerin den Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen, da diese als von häuslicher Gewalt betroffene Ehefrau, die nicht mit staatlichem Schutz rechnen könne und keinen Zugang zu Einrichtungen hätte, die vor häuslicher Gewalt schützen, asylrelevant verfolgt werde.

Der Beschwerdeführerin wurde im Anschluss eine Verfahrensanordnung ausgehändigt, in welcher ihr mitgeteilt wurde, dass die Gründe für die Anordnung der Unterkunftnahme in der Betreuungsstelle Traiskrichen weggefallen seien und diese Anordnung vom 13.12.2019 mit sofortiger Wirkung aufgehoben werde.

Mit weiterer Verfahrensanordnung wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 15b AsylG 2005 iVm § 7 Abs. 1 VwGVG aufgetragen, binnen drei Tagen in einer Betreuungseinrichtung in Kärnten Unterkunft zu nehmen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.) und die Frist für deren freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.). In Spruchpunkt V. wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, ab dem 27.12.2019 in einer Grundversorgungseinrichtung Unterkunft zu nehmen.

Im Rahmen der Entscheidungsbegründung wurde ausgeführt, es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland staatlicher Verfolgung oder Gefährdungen, vor welchen sie die Behörden ihres Heimatlandes nicht schützen könnten bzw. wollten, ausgesetzt gewesen wäre respektive nach einer Rückkehr sein würde. Ihr Vorbringen, wonach sie Usbekistan verlassen hätte, da ihr Mann sie acht Jahre lang geschlagen, misshandelt und mehrmals mit dem Tod bedroht hätte, stelle keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Die Beschwerdeführerin habe eine drohende Verfolgung durch eine Privatperson beschrieben, es ergebe sich aus ihrem Vorbringen jedoch keine mangelnde Schutzwilligkeit oder Schutzfähigkeit des usbekischen Staates. Vielmehr ließe sich den Länderfeststellungen entnehmen, dass Gewalt gegen Frauen unter Strafe stehe, dies in der Praxis mit Einschränkungen bezogen auf häusliche Gewalt, und dass Einrichtungen für Opfer von häuslicher Gewalt zur Verfügung stünden. Es könne keinesfalls erkannt werden, dass die Beschwerdeführerin gezwungen wäre, sich nach einer Rückkehr in ihr Heimatland wieder zu ihrem Gatten zu begeben, zumal sie in der Vergangenheit selbst berufstätig gewesen wäre und den Lebensunterhalt für sich und ihre minderjährigen Kinder habe bestreiten können. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin auf sich alleine gestellt in eine Notlage geraten würde. Demnach sei von ausreichenden innerstaatlichen Fluchtalternativen in Usbekistan auszugehen, sodass die Beschwerdeführerin innerhalb ihres Herkunftsstaates entsprechend Schutz vor ihrem Gatten finden könnte. Die Beschwerdeführerin könnte nach einer Rückkehr in einer der in den Länderberichten angeführten Einrichtungen für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden wären, unterkommen und sich neuerlich am Arbeitsmarkt integrieren.

Es sei nicht amtsbekannt, dass in Usbekistan derzeit eine solch extreme Gefahrenlage bestünde, die gleichsam jeden Rückkehrer einer Gefährdung im Sinne der Art. 2, 3 EMRK aussetzen würde oder dass eine derartige humanitäre Katastrophe vorherrschte, welche das Überleben sämtlicher Einwohner mangels Nahrung und Wohnraums tatsächlich in Frage stellen würde. Ebensowenig könne festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Notlage gedrängt würde oder den Verlust ihrer Lebensgrundlage zu befürchten hätte. Der Beschwerdeführerin, einer jungen, gesunden Frau im erwerbsfähigen Alter, werde es, wie bereits vor der Ausreise, möglich sein, ihren Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu sichern.

In Österreich habe die Beschwerdeführerin keine Angehörigen, sie bestreite ihren Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und habe keine maßgebliche Integrationsverfestigung erlangt. Die Anordnung der Unterkunftnahme sei aufgrund des öffentlichen Interesses an einer zügigen Bearbeitung des gegenständlichen Verfahrens erforderlich, zumal die Beschwerdeführerin keine asylrelevanten Fluchtgründe habe glaubhaft machen können und bereits vor erfolgter Antragstellung wegen des Verdachts auf Ladendiebstahl auffällig geworden sei.

3. Gegen diesen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation am 23.01.2020 fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde ein, in welcher begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, die Beschwerdeführerin sei Opfer von jahrelanger häuslicher Gewalt durch ihren alkoholkranken gewalttätigen Ehemann, welcher sich fast täglich betrunken, die Beschwerdeführerin und deren Kinder im Alter von 8 und 5 Jahren geschlagen und das Haus verwüstet hätte. Die Beschwerdeführerin sei so strak geschlagen worden, dass sie bewusstlos geworden wäre und mehrmals in Krankenhaus habe müssen. Der Ehemann habe der Beschwerdeführerin mehrmals gedroht, dass er sie umbringen und überall in Usbekistan finden würde. Die Beschwerdeführerin habe von ihrem Ehemann mehrmals mit den Kindern flüchten und sich verstecken können, sei jedoch jedes Mal vom Ehegatten gefunden worden. Die Polizei sei aufgrund des gewalttätigen Verhaltens ihres Mannes gegenüber seiner Familie und anderen Menschen, welche er im betrunkenen Zustand ebenfalls attackiert hätte, zwar öfter bei der Beschwerdeführerin zuhause gewesen. Die Polizei sei jedoch machtlos gegenüber dem Ehemann gewesen, welcher jeweils nach kurzen Zeiträumen freigelassen und neuerlich gewalttätig geworden wäre. Auch eine Vorsprache der Beschwerdeführerin beim Gemeinderat habe zu keiner Besserung der Situation geführt. Der Beschwerdeführerin sei keine Organisation, welche Hilfe hätte bieten können, wie Frauenhäuser, bekannt gewesen. Im Falle einer Rückkehr würde sie von ihrem Mann gefunden werden, welcher bereits mehrfach gedroht hätte, sie umzubringen. Zudem wäre die Beschwerdeführerin als alleinstehende Frau in Usbekistan in Gefahr, weitere Gewalt und Diskriminierung zu erfahren. Weiters leide die Beschwerdeführerin an psychischen Problemen und habe keine Berufsausbildung, wodurch eine Rückkehr unzumutbar sei. Die belangte Behörde habe keine umfassenden, aktuellen fallbezogenen Länderfeststellungen zur Situation von Frauen in Usbekistan, zu häuslicher Gewalt sowie zu Rechtschutzmöglichkeiten für diese Gewaltopfer getroffen. Ergänzend angeführte Berichte würden die prekäre Situation von Frauen in Usbekistan belegen. Die Länderberichte im Bescheid würden aufzeigen, dass häusliche Gewalt nicht strafbar sei und weiterhin ein Problem darstelle. Polizei und Beamte würden Täter häuslicher Gewalt selten aus Häusern wegweisen oder inhaftieren Die Bedingungen in den vereinzelt betriebenen Krisenunterkünften für Frauen seien bezüglich Lebensmitteln und Hygiene nicht optimal. Die Behörde habe keine Angaben über flächendeckende Verfügbarkeit und effektiven Zugang zu Frauenhäusern in Usbekistan gemacht. Die Beschwerdeführerin sei Opfer lebensbedrohlicher häuslicher Gewalt geworden. Sie hätte sich zwar an die Polizei und den Gemeinderat gewandt, jedoch hätten auch diese sie nicht zu schützen vermocht. Die Rechte der Frauen würden in Usbekistan oft nicht gewahrt, die Behörden blieben ineffektiv und reagieren oftmals unangemessen; bestehende Gesetze zum Schutz von Frauen bzw. Gewaltschutz würden nicht effektiv umgesetzt werden, sodass Frauen nicht den notwendigen Schutz und Unterstützung erhielten. Eine Rückkehr in den Heimatort sei der Beschwerdeführerin aufgrund der Geschehnisse mit ihrer Familie nicht möglich, diese würde abermals Gewalt durch ihren Ehemann erleiden und es bestünde auch die Gefahr der angedrohten Ermordung. Bei einer Ansiedelung in einem anderen Gebiet Usbekistans könnte ihr Mann sie durch das Meldewesen in Usbekistan leicht finden. Die Beschwerdeführerin hätte niemanden, der sie in Usbekistan unterstützt und könnte aufgrund ihres schlechten psychischen Gesundheitszustandes, vor allem ohne die notwendige Behandlung, nur eingeschränkt Arbeit nachgehen. Sie besitze keine Berufsausbildung und habe in der Vergangenheit bloß zu Hause als Schneiderin mit geringem Einkommen gearbeitet. Die Beschwerdeführerin hätte mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keinen tatsächlichen Zugang zu Medikamenten und Behandlung und würde nach einer Rückkehr nach Usbekistan binnen kürzester Zeit in eine existenzbedrohliche Lage geraten. Die Beschwerdeführerin werde aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen in Usbekistan asylrelevant verfolgt. Es sei nicht davon auszugehen, dass diese sich einer Verfolgung durch einen einfachen Ortswechsel innerhalb Usbekistans entziehen könnte, insbesondere da Opfer häuslicher Gewalt landesweit keinen ausreichenden Schutz seitens der nationalen Sicherheitskräfte erhielten, die staatlichen Sicherheitsbehörden im gesamten Staatsgebiet unzureichend gegen Gewalt gegen Frauen vorgingen und nur unzureichende Schutzeinrichtungen vorhanden wären. In Österreich wohne die Beschwerdeführerin bei einem Mann in Wien, den sie in einer Moschee kennengelernt hätte. Die Beschwerdeführerin werde von der Familie dieses Mannes mit Nahrung und Unterkunft unterstützt und helfe im Gegenzug im Haushalt. Die Beschwerdeführerin habe österreichische FreundInnen und befinde sich auf der Warteliste für einen Deutschkurs. Aufgrund ihrer Integration in Wien würde die angeordnete Unterkunftnahme an einem anderen Ort in ihr Recht auf Privatleben gemäß Art. 8 EMRK eingreifen. Es werde daher beantragt, den entsprechenden Spruchteil zu beheben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin, deren präzise Identität nicht zweifelsfrei feststeht, führt die im Spruch ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehörige Usbekistans, Angehörige der usbekischen Volksgruppe und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Die Beschwerdeführerin stellte infolge eines polizeilichen Aufgriffs und Feststellung der Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes am 13.12.2019 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz. Eigenen Angaben zufolge hielt sie sich zuvor seit ihrer im Februar 2019 erfolgten illegalen Einreise durchgehend unrechtmäßig und unangemeldet im Bundesgebiet auf. Die Beschwerdeführerin stammt aus einem Dorf der Region Samarkand, wo sie zuletzt in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Ehemann und den beiden gemeinsamen minderjährigen Kindern lebte und einer Heimarbeit als Schneiderin nachging.

1.2. Die Beschwerdeführerin begründete ihre Flucht aus dem Herkunftsstaat mit einer fortgesetzten Gewaltausübung durch ihren alkoholkranken Ehegatten, welcher sie während ihrer achtjährigen Beziehung regelmäßig körperlich misshandelt und zudem mit dem Umbringen bedroht hätte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat bezüglich der Gewaltausübung durch ihren Ehegatten keinen Zugang zu effektivem staatlichen Schutz haben wird. Im Falle der Trennung von ihrem Ehemann und Niederlassung außerhalb ihres früheren Wohnortes besteht für diese nicht die Gefahr, Opfer weiterer Misshandlungen durch ihren Ehegatten zu werden. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

1.3. Es besteht für die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Diese liefe auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Im Herkunftsstaat halten sich Angehörige der Beschwerdeführerin auf, zu welche sie den Kontakt wiederherstellen könnte und welche sie nach einer Rückkehr unterstützen könnten.

Die Beschwerdeführerin leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und hat im Bundesgebiet keine ärztliche Behandlung in Anspruch genommen. Diese brachte vor, fallweise an Depressionen zu leiden.

1.4. Die unbescholtene Beschwerdeführerin geht im Bundesgebiet keiner legalen Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Arbeit nach, ist in keinem Verein Mitglied und hat keine Verwandte oder sonst enge soziale Bezugspunkte in Österreich. Sie hat keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt. Die Beschwerdeführerin lebt im Haushalt einer Privatperson in Wien, die sie in Österreich kennengelernt hat und unterhält darüber hinaus Kontakt zu Bekannten im Bundesgebiet.

1.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Rechtsschutz / Justizwesen

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).

Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 1.2018).

Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfunden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).

Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).

Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4.2018a).

Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4.2018a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).

Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).

Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018). Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).

Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz "Über den Staatlichen Sicherheitsdienst" und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).

Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).

Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).

Geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahalla) dienen als Informationsquelle über potenzielle "Extremisten". Diese Ausschüsse bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten in der lokalen Gesellschaft für die Regierung und Strafverfolgung. Mahallas in ländlichen Gebieten waren in der Regel einflussreicher als in Städten (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- IWPR - Institute for War and Peace Reporting (4.4.2018): Uzbek President Reigns In Security Service, https://www.ecoi.net/en/document/1429539.html, Zugriff 29.10.2018

- Novastan (9.4.2018): Usbekistans innere und äußere Bedohungen, https://www.novastan.org/de/usbekistan/innere-und-ausere-bedrohungen-usbekistans/, Zugriff 12.11.2018

- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (2018): OSCE Project Co-ordinator in Uzbekistan - Policing, https://www.osce.org/uzbekistan/106127, Zugriff 13.11.2018

- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (21.5.2018): Specialized anti-trafficking training course for regional branches of police in Uzbekistan held in Urgench with OSCE support, https://www.osce.org/project-coordinator-in-uzbekistan/382117, Zugriff 13.11.2018

- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (6.11.2018): Project Co-ordinator in Uzbekistan conducts training course for police investigators on protecting rights of alleged victims and accused persons during preliminary investigations, https://polis.osce.org/project-coordinator-uzbekistan-conducts-training-course-police-investigators-protecting-rights, Zugriff 13.11.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).

Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI-Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).

Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN-Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).

Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).

Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4.2018a).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (4.2018a): Usbekistan, Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206826, Zugriff 15.10.2018

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Relevante Bevölkerungsgruppen

Frauen

Gesetze und Verordnungen verbieten die Diskriminierung in Bezug auf Beschäftigung und Beruf aufgrund von ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Sprache (USDOS 20.4.2018; vgl. BTI 2018). Chancengleichheit wird weitgehend erreicht. Frauen und Angehörige ethnischer oder religiöser Gruppen haben nahezu gleichen Zugang zu Bildung, öffentlichem Amt und Beschäftigung (BTI 2018). Frauen genießen formal gleiche politische Rechte, sind aber nicht in der Lage, sich selbstständig zu organisieren, um ihre politischen Interessen zu vertreten. Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert (FH 1.2018).

Obwohl Frauen rechtlich den Männern gleichgestellt sind, gibt es viele Branchen, die Männern vorbehalten sind (USDOS 20.4.2018). Bestimmte Berufszweige, besonders im Gesundheits- und Bildungswesen wurden hingegen "feminisiert" und werden geringer entlohnt (GIZ 9.2018c).

Entsprechend den ideologischen Vorgaben wird die Teilhabe von Frauen an gesellschaftlichen Organisationen, lokaler Selbstverwaltung und Volksvertretungen gefördert. Geschlechtertrennung besteht jedoch nach wie vor in bestimmten Bereichen, wie bei Festen und religiösen Riten und im ländlichen Milieu. Ein kleines Kopftuch ist auf dem Lande und in konservativeren Schichten üblich (GIZ 9.2018c).

Vergewaltigung, einschließlich der Vergewaltigung eines "nahen Verwandten", ist gesetzlich verboten, jedoch wird Vergewaltigung in der Ehe im Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich erwähnt. Die Gerichte haben keine Vergewaltigungsverfahren verhandelt. Kulturelle Normen hinderten Frauen und ihre Familien daran, offen über Vergewaltigung zu sprechen, und die Presse berichtet selten darüber. Auch häusliche Gewalt ist nicht ausdrücklich gesetzlich verboten und stellt weiterhin ein Problem dar. Polizei und Beamte weisen Täter häuslicher Gewalt selten aus ihren Häusern weg oder inhaftiert diese. Die Behörden betonten, dass die Versöhnung zwischen Mann und Frau Vorrang gegenüber einem Vorgehen gegen den Missbrauch habe (USDOS 20.4.2018).

Es gibt von der Regierung betriebene Unterkünfte für Opfer von häuslichem Missbrauch (USDOS 20.4.2018). Es existieren auch Krisenzentren, die von NGOs betrieben werden. Die NGO "Istiqbolli avlod" bietet in der Stadt Taschkent soziale Rehabilitationsdienste für Opfer von Menschenhandel an. Die NGO "Oydin Nur" in der Stadt Buchara stellt soziale Rehabilitationsdienste für Frauen, die Opfer von Familienkonflikten geworden sind, bereit. Die NGO "Rakhmdillik" in Samarkant stellt soziale Rehabilitationsdienste für Frauen aus schwierigen Lebensumständen zur Verfügung. Die Qualität der Lebensmittel und die hygienischen Bedingungen in diesen Zentren sind nicht immer optimal (UNDP 2016).

Polygamie, obwohl gesetzlich verboten, wird in einigen Teilen des Landes praktiziert und mit bis zu drei Jahren Haft und einem Bußgeld bestraft. Die betroffenen Frauen werden nicht bestraft (USDOS 20.4.2018).

Es wird berichtet, dass Regierungsärzte Frauen unter Druck setzten, Geburtenkontrolle zu akzeptieren oder medizinische Maßnahmen, wie z.B. Sterilisation, anzuwenden, um die Geburtenrate zu kontrollieren und die Säuglings- und Muttersterblichkeit zu reduzieren. Es gibt Berichte, dass Sterilisationen ohne informierte Zustimmung stattfinden, wobei unklar ist, ob diese Praxis weit verbreitet ist, und ob hohe Regierungsbeamte damit zu tun haben (USDOS 20.4.2018; vgl. GIZ 9.2018c).

Quellen:

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Uzbekistan Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/UZB/, Zugriff 15.10.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018

- UNDP - United Nations Development Programme (2016): The status and prospects of government support to NGOs that provide social services, http://www.uz.undp.org/content/dam/uzbekistan/docs/Publications/democraticgovernance/Government_support_to_NGOs/un_uzb_government_support_to_NGOs_eng.pdf, Zugriff 15.11.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland, jedoch wird diese in der Praxis eingeschränkt (USDOS 20.4.2018). Für den Umzug in eine neue Stadt ist eine Genehmigung erforderlich und häufig werden Bestechungsgelder gezahlt, um erforderliche Dokumente zu erhalten (FH 1.2018). Für den Umzug nach Taschkent ist beispielsweise eine behördliche Aufenthaltsgenehmigung oder der Erwerb einer Immobilie notwendig. Nicht registrierte Personen in Taschkent erhalten keine städtischen Dienstleistungen, können nicht legal arbeiten, ihre Kinder nicht zur Schule schicken und erhalten keine routinemäßige medizinische Versorgung (USDOS 20.4.2018).

Bürger Usbekistans sind verpflichtet für Reisen außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Ausreisevisa zu beantragen (USDOS 20.4.2018; vgl FH 1.2018). Generell gewährt die Regierung Bürgern und Ausländern mit Daueraufenthaltsberechtigung die erforderlichen Ausreisevisa, um außerhalb der GUS zu reisen oder um auszuwandern. Ein Visum kann jedoch auch verweigert werden, wobei die Bestimmungen dafür schlecht definiert sind und Bescheide nicht angefochten werden können. Der Verstoß gegen die Ein- und Ausreisebestimmungen wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren bedroht (USDOS 20.4.2018). Präsident Mirziyoyev kündigte an, dass die Ausreisevisa bis Jänner 2019 abgeschafft werden sollen (FH 1.2018; vgl. AI 22.2.2018; HRW 18.1.2018).

Dennoch wurde die Reisefreiheit von neu entlassenen Häftlingen, welche aus politischen Gründen verurteilt worden waren eingeschränkt und einige ehemalige Häftlinge wurden daran gehindert, für eine dringende medizinische Behandlung ins Ausland zu reisen (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018

- FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1442529.html, Zugriff 22.10.2018

- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World report 2018 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/document/1422503.html, Zugriff 25.10.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Grundversorgung und Wirtschaft

Auch im 27. Jahr seiner Unabhängigkeit befindet sich Usbekistan noch im Übergang von einer sowjetisch-zentralistischen Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlich orientierten System. Allerdings ist es das erklärte Ziel der Regierung, Wirtschaftsliberalisierung, Privatisierungen und Strukturreformen nun endlich voranzutreiben, um das Land attraktiver für ausländische Investitionen zu machen. Im September 2017 wurde daher u.a. eine Liberalisierung des bislang sehr restriktiven Devisenbewirtschaftungssystems eingeleitet. Außerdem wurden neue Sonderwirtschaftszonen ausgerufen, Zölle und Handelsbeschränkungen abgebaut. Bereits seit Längerem gibt es Förderprogramme für kleinere und mittlere Unternehmen (AA 4.2018b).

Das BIP wuchs 2017 um ca. 5,3 Prozent. Wichtigste Wirtschaftszweige Usbekistans sind die Industrie, der Bergbau und die Landwirtschaft. Der Industriesektor ist offiziellen Angaben zufolge 2017 um 1,5 Prozent gewachsen. Hauptindustriezweige sind die Brennstoffindustrie (Gasverarbeitung), Maschinenbau, Metallverarbeitung, und Elektrotechnik (in dieser Gruppe insbesondere die Auto-Industrie mit ihrem Aushängeschild, dem Werk "GM-Uzbekistan" im Ferganatal), die Leichtindustrie (v.a. Textil) sowie das Hüttenwesen (Metallurgie). Usbekistan ist reich an Bodenschätzen wie Gold, Kupfer, Uran, Kohle und Erdgas. Gleichwohl gehört Usbekistan zu den ärmsten Ländern der GUS. Mit einem Bruttonationaleinkommen pro Kopf von 1.520,5 US-Dollar - das nominelle Bruttoinlandsprodukt betrug laut offizieller usbekischer Statistik im Jahr 2017 48,8 Mrd. US-Dollar - zählt Usbekistan zu den "lower middle income" Ländern der Weltbank-Klassifikation. Größter Handelspartner Usbekistans ist China mit einem Anteil von 18,5 Prozent am gesamten Außenhandel (AA 4.2018b). Wichtigster Wirtschaftszweig ist die Landwirtschaft mit ca. 60 Prozent der Beschäftigten und einem Anteil von ca. 30 Prozent am BIP (GIZ 8.2018a).

Erhebliche Teile der Bevölkerung sind nach wie vor von Armut bedroht. Die staatlichen Gehälter und Renten sind sehr niedrig. Viele Familien würden nicht überleben, wenn sie keine Überweisungen von ihren im Ausland tätigen Verwandten erhalten würden (BTI 2018). Der Lebensstandard der Bevölkerung ist niedrig, etwa 17? Prozent der Einwohner leben unterhalb der Armutsgrenze (Brockhaus 13.11.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (4.2018b): Usbekistan, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/-/206792, Zugriff 15.10.2018

- Brockhaus - Brockhaus Enzyklopädie Online (13.11.2018): Usbekistan, https://brockhaus.at/ecs/permalink/7B601147543D1660B185A39F56101BEA.pdf, Zugriff 13.11.2018

- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Uzbekistan Country Report, https://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/UZB/, Zugriff 15.10.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2018a): Usbekistan, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/usbekistan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 22.10.2018

Sozialsystem

Usbekistan hat versucht trotz des Systemwechsels ein dichtes soziales Netz aufrechtzuerhalten. Zwischen 1991 und 1994 fand eine schrittweise Umgestaltung des sozialen Sicherungssystems statt, in deren Verlauf die Ausgaben den verminderten finanziellen Möglichkeiten des Staates angepasst wurden. Seit 1995 ist der Staat bemüht, die Zielgenauigkeit der Sozialleistungen zu verbessern, d.h. allgemeine staatliche Zuwendungen aufzugeben zugunsten von Hilfen für wirklich bedürftige Gruppen. Diese Ziele wurden v.a. durch vier sozialpolitische Komponenten verfolgt (GIZ 9.2018c).

1. Das Mahalla-System

Die usbekische Regierung schuf das Mahalla-System zur dezentralisierten Unterstützung von bedürftigen Familien. Dabei handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten, um diese weiter zu verteilen (GIZ 9.2018c).

2. Unterstützung für Mütter und Kinder

Für Familien mit Kindern, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, gibt es weitere Möglichkeiten, öffentliche Unterstützung zu erhalten, wie Einmalzahlung zur Geburt eines jeden Kindes (zweifacher Mindestlohn), Kindergeld (für unter zweijährige in 1,5facher Höhe des Mindestlohnes), Extra-Leistungen und Steuerermäßigungen für Familien mit behinderten Kindern, Unterstützungszahlungen für Kinder unter 16 Jahren (50 Prozent des Mindestlohns für das erste Kind, 100 Prozent für das zweite Kind, 140 Prozent für das dritte Kind und 170 Prozent ab dem vierten Kind) und materielle Leistungen für bedürftige Familien, z.B. Winterkleidung für Kinder (GIZ 9.2018c). Im Falle einer Mutterschaft werden 100 Prozent des Einkommens 56 Tage vor und 56 Tage nach dem Geburtstermin bezahlt. Im Fall von Komplikationen oder Mehrfachgeburten kann der Unterstützungszeitraum auf 70 Tage ausgeweitet werden. Berufstätige Mütter, die unter zwei jährige Kinder betreuen erhalten 200 Prozent des monatlichen Mindestlohns, während Mütter für die Betreuung eines Kindes zwischen zwei und drei Jahren unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Der monatliche Mindestlohn beträgt 149.775 Soms (Stand Oktober 2016) (SSA 3.2017).

3. Das Pensionssystem

Die arbeitende Bevölkerung kommt für den Unterhalt der Pensionsbezieher auf. Anspruch auf Pension haben Alte (Männer ab 60, Frauen ab 55 Jahren), Arbeitsunfähige und Familien, die den Ernährer verloren haben (GIZ 9.2018c). Die Rente wird einkommensabhängig ausgezahlt und beträgt 55 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes von fünf aufeinander folgenden Jahren in den letzten zehn Jahren, für Versicherte mit hohem und mittlerem Einkommen. Personen mit niedrigem Einkommen, erhalten die minimale monatliche Altersrente. Unter niedrigem Einkommen versteht man ein durchschnittliches Monatseinkommen unter der monatlichen Mindestrente. Mit Stand Oktober 2016 beträgt die minimale monatliche Rente 292.940 Soms. Die Leistungen werden an die Entwicklung der Lebenserhaltungskosten angepasst (SSA 3.2017). Die Pensionen sind zwar im Verhältnis zum vorherigen Einkommen großzügig bemessen, können aber angesichts sehr niedriger Gehälter und Löhne kein Existenzminimum sichern. Derzeit arbeitet die Regierung an einer umfassenden Rentenreform, die auch Möglichkeiten der privaten Altersvorsorge miteinbeziehen soll (GIZ 9.2018c).

Es gibt auch eine Invalidenrente, die nach drei Invaliditätskategorien ausbezahlt wird: Gruppe I (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit und ständige Anwesenheit), Gruppe II (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit und nicht ständige Anwesenheit) und Gruppe III (Teilinvalidität und Arbeitsunfähigkeit). Personen in den Invaliditätsgruppen I und II erhalten bei weniger als 25 Jahren Erwerbstätigkeit bei Männern und weniger als 20 Jahren Erwerbstätigkeit bei Frauen 55 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns eines aufeinander folgenden Fünfjahreszeitraums in den letzten zehn Jahren. Bei mehr Erwerbsjahren sind es 100 Prozent. Personen in der Invaliditätsgruppe III erhalten 30 Prozent des durchschnittlichen Monatslohns eines aufeinander folgenden Fünfjahreszeitraums in den letzten zehn Jahren. Die monatliche Mindestrente für Personen der Invaliditätsgruppen I und II beträgt 100 Prozent der monatlichen Mindestrente von 292,940 Soms, für Personen in der Invaliditätsgruppe III sind es 50 Prozent (SSA 3.2017).

4. Arbeitslosenunterstützung

Schon kurz nach der Unabhängigkeit führte die usbekische Regierung einen Beschäftigungsfond ein, der aus den Beiträgen der Arbeitnehmer in Höhe von 2,5 Prozent des Lohnes finanziert wird. Die Unterstützung, die Arbeitslose aus diesem Fonds erhalten, ist so gering, dass nur ein kleiner Teil der Arbeitslosen die Auszahlung überhaupt beantragt (GIZ 9.2018c). Um sich für Arbeitslosenunterstützung zu qualifizieren, muss die Person in den letzten zwölf Monaten mindestens zwölf Wochen gearbeitet haben oder sich zum ersten Mal als Arbeitssuchender registrieren. Weitere Voraussetzungen sind Arbeitsfähigkeit und -willigkeit, und dass kein Einkommen aus einer Beschäftigung erarbeitet wird. Die Leistung kann gekürzt, ausgesetzt oder beendet werden, wenn der Versicherte wegen eines Verstoßes gegen die Arbeitsdisziplin entlassen wurde, das Dienstverhältnis ohne wichtigen Grund beendet hat, die Bedingungen für eine Arbeitsvermittlung oder Berufsausbildung verletzt wurde oder betrügerische Ansprüche geltend gemacht hat (SSA 3.2017).

Im Falle von Krankheit gibt es finanzielle Unterstützung für Bürger Usbekistans, die in Beschäftigungsverhältnis stehen, sich in der Aus- und Weiterbildung befinden oder registrierte Arbeitslose sind. Im Krankheitsfall beläuft sich die Unterstützung auf 60 Prozent des letzten Monatsgehalts bei weniger als acht Jahren ununterbrochener Beschäftigung und 80 Prozent bei über acht Jahren Beschäftigung (SSA 3.2017).

Der Anteil der Sozialausgaben am öffentlichen Haushalt ist im Gegensatz zu den meisten anderen Staaten konstant geblieben. Berücksichtigt man allerdings das gesunkene BIP, ergibt sich absolut betrachtet eine Abnahme der öffentlichen Sozialleistungen. Der Staat fühlt sich also nach wie vor zur sozialen Fürsorge verpflichtet, kann der weitverbreiteten Bedürftigkeit aber aufgrund beschränkter Mittel und zu wenig zielgerichteter Verteilung nicht nachkommen. Die Zahlen zu unter- und fehlernährten Kindern sprechen hier eine deutliche Sprache (GIZ 9.2018c).

Quellen:

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018

- SSA - US Social Security Administration (3.2017): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2016, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2016-2017/asia/uzbekistan.html, Zugriff 14.11.2018

Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung ist unterfinanziert. Das in der Sowjetunion relativ leistungsfähige, stark zentralisierte und subventionierte Gesundheitswesen ist kaum noch in der Lage eine ausreichende flächendeckende Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Armutsbezogene Krankheiten, wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch. Einige unabhängige Experten schlagen Alarm und weisen auf katastrophale Zustände im Gesundheitssystem des Landes hin (GIZ 9.2018c).

Das staatliche Gesundheitssystem besteht aus drei hierarchischen Ebenen: der nationalen (republikanischen) Ebene, der Viloyat- (regionalen) Ebene und der lokalen Ebene, die sich aus ländlichen Tumanen (Bezirken) oder Städten zusammensetzt. Daneben existiert ein relativ kleiner Privatsektor (BDA 22.9.2017).

Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern freien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Öffentliche Primärgesundheitszentren gewährleisten eine flächendeckende Versorgung mit staatlich garantierter Heil- und Vorsorgepflege. Das von der Regierung garantierte Grundleistungspaket umfasst die Grundversorgung, die Notfallversorgung, die Versorgung unter sozial schwierigen und gefährlichen Bedingungen (insbesondere bei schweren, übertragbaren Krankheiten sowie bei einigen nicht übertragbaren Krankheiten, wie schlechte psychische Gesundheit und Krebs) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, die von der Regierung als gefährdet eingestuft werden. Medikamente, die während der stationären Versorgung verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für von der Regierung deklarierte Bevölkerungsgruppen, wie Veteranen des Zweiten Weltkriegs, HIV/AIDS-Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs, sowie bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Rentner, kostenlos (BDA 22.9.2017).

Da das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz von formellen Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).

Aufgrund finanzieller Probleme ist der Standard des staatlichen Gesundheitswesens, besonders in den ländlichen Regionen, stark beeinträchtigt. 2014 kamen durchschnittlich auf 1.000 Einwohner 2,7 Ärzte und 4,4 Krankenhausbetten. (Brockhaus 13.11.2018).

...

Quellen:

- BDA - Belgian Desk on Accessibility (22.9.2017): Question & Answer BDA-20170117-UZ-6438

- Brockhaus - Brockhaus Enzyklopädie Online (13.11.2018): Usbekistan, https://brockhaus.at/ecs/permalink/7B601147543D1660B185A39F56101BEA.pdf, Zugriff 13.11.2018

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018c): Usbekistan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/, Zugriff 22.10.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430385.html, Zugriff 15.10.2018

Rückkehr

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist in Usbekistan mit dem Assisted Voluntary Return and Reintegration Programm (AVRR) zur unterstützten freiwilligen Rückkehr und Reintegration aktiv. In den Jahren 2016 und 2017 haben jeweils weniger als 100 usbekische Staatsbürger Leistungen im Rahmen des AVRR-Programms in Anspruch genommen (IOM 2017; vgl IOM 2018).

Bis Ende 2014 gab es keine konkreten Beweise für Verhaftungen oder Verurteilungen von nach Usbekistan zurückgekehrten Asylbewerbern, ohne politischen oder religiösen Hintergrund. Im Dezember 2014 wurden sechs ehemalige Asylbewerber, die aus Norwegen nach Usbekistan zurückkehrten, wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu zwölf und 13 Jahren Haft verurteilt. Seit der Amtsübernahme von Präsident Mirziyoyev im Dezember 2016 wurden einige Veränderungen zum Besseren beobachtet (Landinfo 18.4.2018). Präsident Mirziyoyev hat sich auch an die große usbekische Diaspora gewandt und sie aufgefordert, zurückzukehren und die wirtschaftliche Liberalisierung des Landes zu unterstützen (Euromoney 4.10.2018).

Im Jahr 2015 kehrten 300.000 bis 350.000 Arbeitsmigranten aus Russland nach Usbekistan zurück. Da die Behörden wegen der Massenrückkehr von Bürgern, die keine Arbeit finden konnten ernste soziale Spannungen befürchteten, wurde einerseits ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen genehmigt, andererseits das Überwachungssystem für zurückkehrende Bürger verstärkt. Insbesondere die Mahalla-Kommitees berichteten über die Bürger. Dieses Klima hat dafür gesorgt, dass viele Arbeitsmigranten wieder nach Russland zurückkehrten (Regnum 14.8.2017).

Die usbekischen Behörden versuchen Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten zu schaffen. Der stellvertretende Minister für Arbeit und Sozialschutz, Furkat Khalilov, erinnerte in einem Interview mit der RIA Novosti daran, dass 2015 für Wanderarbeiter, die in ihre Heimat zurückkehren wollten 409.500 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ein spezielles Regierungsprogramm liefert in sieben Regionen des Landes Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten. Gleichzeitig erhalten sie Unterstützung von der Regierung und Kleinkredite von Geschäftsbanken (Stan Radar 3.2.2017).

Der prominente usbekische Menschenrechtsaktivist und Kritiker des verstorbenen Präsidenten Islam Karimow ist am 26.9.2018, nach mehr als einem Jahrzehnt im Exil in Frankreich, nach Usbekistan zurückgekehrt. Beamte der usbekischen Botschaft in Paris haben ihn Mitte August kontaktierten, um ihm mitzuteilen, dass er mit einem Jahresvisum nach Usbekistan zurückkehren kann. Ihm wurde 2014 die usbekische Staatsbürgerschaft aberkannt (RFE/RL 27.9.2018).

Die Behörden haben weiterhin Rückführungen usbekischer Staatsangehöriger, welche als Bedrohung für die "verfassungsmäßige Ordnung" oder die nationale Sicherheit angesehen werden, erzwungen. Einerseits durch Auslieferungsverfahren, andererseits durch Entführungen durch NSS-Offiziere. Die Entführten oder anderweitig zurückgeholten Personen werden in Isolationshaft genommen, gefoltert oder anderweitig misshandelt, um Geständnisse oder die Belastung anderer zu erzwingen. In vielen Fällen drängten die Sicherheitskräfte die Angehörigen dazu, keine Unterstützung von Menschenrechts-organisationen zu suchen oder Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen einzureichen (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Uzbekistan, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/uzbekistan/report-uzbekistan/, Zugriff 29.10.2018

- Euromoney (4.10.2018) Uzbek expats heed president's call to return, https://www.euromoney.com/article/b1b7c7wcf42j7s/uzbek-expats-heed-presidents-call-to-return?copyrightInfo=true, Zugriff 15.11.2018

- IOM - International Organization for Migration (2017): Assisted Voluntary Return and Reintegration, 2016 Key Highlights https://www.iom.int/sites/default/files/our_work/DMM/AVRR/AVRR-2016-Key-Highlights.pdf, Zugriff 15.11.2018

- IOM - International Organization for Migration (2018): Assisted Voluntary Return and Reintegration, 2017 Key Highlights https://www.iom.int/sites/default/files/our_work/DMM/AVRR/avrr-2017-key-highlights.pdf, Zugriff 15.11.2018

- Landinfo - Norwegian Country of Origin Information Centre (18.4.2018): Usbekistan: Situasjonen for returnerte, https://www.ecoi.net/en/file/local/1443829/1788_1537452366_1804.pdf, Zugriff 15.11.2018

- Regnum (14.8.2017): ... - "..." ..., https://regnum.ru/news

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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