TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/19 I422 2219229-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.03.2020
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Entscheidungsdatum

19.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2208094-1/21E
I422 2208099-1/19E
I422 2208102-1/19E
I422 2208105-1/18E
I422 2208107-1/17E
I422 2219229-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX ; der XXXX , geb. am XXXX ; der XXXX , geb. am XXXX ; des XXXX , geb. am XXXX ; des XXXX , geb. am XXXX und des XXXX , geb. am XXXX ; StA jeweils Irak, vertreten durch die ARGE RB – Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2018, Zl. XXXX ; ZI. XXXX ; ZI. XXXX ; Zl. XXXX ; ZI. XXXX und vom 02.05.2019, ZI. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.10.2019 und am 27.11.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand:

Verfahrensgegenstand ist die fristgerecht erhobene Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2018 und vom 02.05.2019. Mit diesen wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer vom 26.05.2016, 22.06.2017 und vom 11.04.2019 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) ab. Einen Aufenthaltstitel erteilte sie den Beschwerdeführern nicht (Spruchpunkt III.), erließ über sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und erklärte ihre Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt V.). Als Frist für ihre freiwillige Ausreise räumte ihnen die belangte Behörde einen Zeitraum von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt VI.).

Am 07.10.2019 und am 27.11.2019 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführer und ihrer Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die volljährigen Erst- und Zweitbeschwerdeführer und die minderjährigen Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind irakische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Kurden, sprechen kurdisch-sorani als Muttersprache und bekennen sich zum sunnitisch muslimischen Glauben. Ihre Identitäten stehen fest.

Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer reisten im Mai 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellten am 26.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Fünftbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren und stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer als seine Eltern und seine gesetzlichen Vertreter für ihn am 22.06.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Sechstbeschwerdeführer wurde am XXXX in Österreich geboren und stellten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer als seine Eltern und gesetzlichen Vertreter für ihn am 11.04.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind und miteinander verheiratet. Die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind die minderjährigen Kinder des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Das Verfahren wird als Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG geführt.

Der Erstbeschwerdeführer und die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sind gesund. Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an einem Bauchwandbruch (hernia ventralis permagna - HVP 2. Rezidiv), an Fettleibigkeit (adipositas permagna) und aufgrund der Geburt des Sechstbeschwerdeführers an den Auswirkungen einer Schwangerschaftsdiabetes bzw. des Kaiserschnittes. Die physischen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin stehen einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht entgegen.

Der Erstbeschwerdeführer wurde in Erbil geboren, wuchs dort auf und besuchte vier Jahre lang die Grundschule. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich der Erstbeschwerdeführer bislang durch die Ausübung verschiedener Tätigkeiten wie beispielsweise Maler und Anstreicher oder Taxifahrer. Der Erstbeschwerdeführer ist erwerbsfähig.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Erbil geboren, wuchs dort auf und besuchte vier Jahre die Grundschule. Sie war bislang Hausfrau und Mutter. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie durch die Einkünfte des Erstbeschwerdeführers.

Die Drittbeschwerdeführerin wurde ebenfalls in Erbil geboren, wuchs dort auf und besuchte im Irak von der ersten bis vierte Klasse der Grundschule. Die Drittbeschwerdeführerin wurde bzw. wird durch ihre Familie versorgt und kamen bzw. kommen der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer bislang für ihren Lebensunterhalt auf.

Der Viertbeschwerdeführer wurde ebenfalls in Erbil geboren. Er besuchte im Irak bislang keine Schule und wurde durch seine Familie versorgt und kamen bzw. kommen der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer bislang für seinen Lebensunterhalt auf.

Der Fünft- und der Sechstbeschwerdeführer wurde in Österreich geboren und werden sie von ihrer Familie betreut und versorgt und kamen bzw. kommen der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer bislang für ihren Lebensunterhalt auf.

Im Irak leben nach wie vor Verwandte der Beschwerdeführer. Beim Erstbeschwerdeführer sind es die Eltern und zwei Brüder, die in Erbil wohnhaft sind. Bei der Zweitbeschwerdeführerin leben nach wie vor zwei Schwestern in Erbil. Zu den Familienangehörigen im Irak besteht nach wie vor ein aufrechter regelmäßiger Kontakt.

Abgesehen voneinander verfügen die Beschwerdeführer im Bundesgebiet über Familienangehörige. So leben die Schwiegermutter, die zwei Schwägerinnen und ein Schwager sowie ein Neffe und eine Nichte des Erstbeschwerdeführers und zugleich die Mutter, Schwester, zwei Brüder und Schwägerin sowie Neffe und Nichte der Zweitbeschwerdeführerin und zugleich Großmutter, Onkel, Tante, Cousin und Cousine der Viert- bis Sechstbeschwerdeführer in Österreich und haben diese ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zudem leben auch zwei weitere Cousins der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich.

Der Erstbeschwerdeführer besuchte mehrere Deutschkurse im Niveau A1. Einen Deutschkurs besuchte die Zweitbeschwerdeführerin bislang nicht. Die Beschwerdeführer sind in der Asylwerberunterkunft HERBERGE N[...] untergebracht und sie nehmen dort im Rahmen der Betreuung an unterschiedlichen Projekten teil.

Die Drittbeschwerdeführerin besucht die zweite Klasse einer Mittelschule. Sie spricht deutsch und verfügt über altersadäquate freundschaftliche Kontakte. Der Viertbeschwerdeführer spricht Deutsch. Er besucht die dritte Klasse einer Volksschule und verfügt über altersadäquate freundschaftliche Kontakte und spielt Fußball in einem Verein.

Die Fünft- und Sechstbeschwerdeführer werden von der Zweitbeschwerdeführerin betreut.

Eine nennenswerte Integration der Beschwerdeführer in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt nicht vor.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gehen keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und beziehen die Beschwerdeführer Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden.

Insbesondere haben der Erstbeschwerdeführer, aber auch die Zweitbeschwerdeführerin und deren Familie ihren Herkunftsstaat nicht aufgrund einer Bedrohung durch den Schwager verlassen. Die Ausreise aus dem Irak erfolgte aus wirtschaftlichen Überlegungen.

Die Drittbeschwerdeführerin bis Sechstbeschwerdeführer machten keine eigenen Fluchtgründe geltend und schlossen sich den Fluchtmotiven des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin an.

Die Beschwerdeführer werden im Fall ihrer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die wesentlichen Feststellungen zur Lage in der autonomen Region Kurdistan lauten:

1.3.1. Sicherheitslage in Erbil:

Die Sicherheitslage in Erbil und der unmittelbaren Umgebung erscheint vergleichsweise besser als in anderen Teilen des Iraks. Nichtdestotrotz kommt es in Erbil und der umliegenden Region immer wieder zu militärischen Konfrontationen, in die auch die kurdischen Streitkräfte verwickelt sind. Insbesondere Einrichtungen der kurdischen Regionalregierung, der politischen Parteien sowie des Militärs und der Polizei können dabei immer wieder Ziele terroristischer Attacken sein. Für das Jahr 2018 wurden in der Provinz Erbil rund 200 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, wobei der Großteil dieser (117 von 200) Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und Kämpfern der PKK betrafen und in lediglich zehn Vorfällen Zivilisten involviert waren. Hinsichtlich des Islamischen Staates ist anzumerken, dass – auch wenn dieser im Irak als besiegt gilt – ein Teil des Distriktes Makhmur in der Provinz Erbil als „IS-Unterstützungszone“ eingetragen ist und der IS auch mit Erfolg unter irakischen Kurden und Kurdinnen rekrutiert, er seine Netzwerke in Kurdistan erweitert und dies im Allgemeinen eine potentielle Gefahr für die autonome Region Kurdistan und auch für die Provinz Erbil darstellt. Dies zeigte sich zuletzt auch darin, dass der IS im Juli 2019 seine seit langem erste Attacke auf kurdischem Boden durchführte. Dem setzt der kurdische Geheimdienst jedoch vermehrte Aktivitäten entgegen indem im Jahr 2019 beispielsweise arabische IS-Zellen - in Sulaymaniyah City, in Chamchamal, zwischen Sulaymaniyah und der Stadt Kirkuk, sowie in Kalar, im Nordosten des Diyala Flußtales – gesprengt oder ein IS-Kämpfer des Schleusens von IS-Kämpfern verantwortlich zeichnete, verhaftet wurden.

1.3.2. Rechtsschutz und Justizwesen in Kurdistan:

Die Lage in der Autonomen Region Kurdistan ist von Defiziten der rechtsstaatlichen Praxis gekennzeichnet. Der Kurdische Justizrat ist rechtlich, finanziell und administrativ unabhängig vom Justizministerium der Regierung der Autonomen Region Kurdistan, die Exekutive beeinflusst jedoch politisch sensible Fälle. Beamte der Region Kurdistan-Irak berichten, dass Staatsanwälte und Verteidiger bei der Durchführung ihrer Arbeit häufig auf Hindernisse stoßen und dass Prozesse aus administrativen Gründen unnötig verzögert werden. Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission der Region Kurdistan-Irak bleiben Häftlinge auch nach gerichtlicher Anordnungen ihrer Freilassung für längere Zeit in den Einrichtungen des internen Sicherheitsdienstes der kurdischen Regierung.

1.3.3. Zur Situation von Kindern in der autonomen Region Kurdistan:

Eine Versorgung der Kinder in der autonomen Region Kurdistan mit Mitteln des täglichen Bedarfs und mit Grundnahrungsmitteln ist ebenso gewährleistet wie eine medizinische Grundversorgung der Kinder. Ungeachtet dessen sind rund 2,9 % der Kinder unter 5 Jahre im Irak leicht untergewichtig und leiden rund 2,5 % der Kinder unter mittlerer oder schwerer Ausgezehrtheit. Dem stehen allerdings jene Kinder gegenüber, die übergewichtig sind und deren Prozentzahl rund 6,6 % beträgt. Ergänzend zur medizinischen Grundversorgung gibt es mit dem „Raparin“ Kinderkrankenhaus (https://reliefweb.int/report/iraq/pediatric-intensive-care-and-neonatal-semi-intensive-care-units-newly-equipped-open) in Erbil und „Heevi“ in Dohuk Krankenhäuser mit pädiatrischen Fachzentren. Zudem befindet sich in Erbil ein staatlich geführtes Zentrum für Kinder mit Behinderungen und Beeinträchtigungen.

Ein allgemeiner Zugang zur Bildung ist für Kinder in der autonomen Region Kurdistan gegeben, was sich auch daran zeigt, dass rund 96 % der Kinder in der autonomen Region Kurdistan die Grundschule besuchen und davon weitere 67 % eine Sekundareinrichtung.

Der Anteil der in Armut lebenden Kinder beträgt rund 6 %, wobei ein deutlicher Stadt-Land-Unterschied vorherrscht und die Kinderarmut am Land doppelt so hoch ist, wie in der Stadt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Rahmen ihrer Einvernahmen, in die bekämpften Bescheide und in den Beschwerdeschriftsatz der Beschwerdeführer, den von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen und den Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) sowie dem Strafregister eingeholt.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, der Minderjährigkeit der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer, ihrer Staatsangehörigkeit sowie ihrer Sprach-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Erstbeschwerdeführers sowie der Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde sowie den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Identität der Erst- bis Viertbeschwerdeführer steht aufgrund der Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten in Form von sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopien der Reisepässe fest. Die Identität der Fünft- und Sechstbeschwerdeführer ist durch die sich ebenfalls im Verwaltungsakt befindlichen Geburtsurkunden belegt.

Die Einreise der Erst- bis Viertbeschwerdeführer und deren Antragsstellung leiten sich ebenso wie die Geburt der Fünft- und Sechstbeschwerdeführer im Bundesgebiet und deren nachträgliche Antragsstellung aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ab.

Aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde gründet die Feststellung darüber, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer miteinander verheiratet sind und die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer ihre Kinder sind.

Dass die Erst- sowie die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer gesund sind, resultiert ebenfalls aus den Angaben der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde und bestätigten sie dies zuletzt bei der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus den von ihr zuletzt in der mündlichen Verhandlung in Vorlage gebrachten Entlassungsbericht des K[...] Universitätsklinikums vom 30.10.2019. Dass ihre physischen Beeinträchtigungen einer allfälligen Rückkehr nicht entgegenstehen, basiert auf folgenden Überlegungen: Aus dem Entlassungsbericht leitet keine derartige gesundheitliche Beeinträchtigung der Zweitbeschwerdeführerin ab, der einen zwingenden medizinischen Eingriff erforderlich machen. So erfolgte die Aufnahme der Zweitbeschwerdeführerin zwar zu einer geplanten operativen „Sanierung“ einer Narbenhernie. Diese wurde jedoch in weiterer Folge nicht durchgeführt. Daraus leitet sich unter anderem es sich um eine relative und nicht um eine absolute Indikation handelt. Dies bestätigt sich auch aus der Therapieempfehlung, welche primär darin besteht, dass die Zweitbeschwerdeführerin vor einem operativen Eingriff eine Gewichtsreduktion im Ausmaß von 5-10 kg vornehmen und das Heben schwerer Lasten vermeiden soll. Ebenso wurde ihr keine Dauermedikation verschrieben. In diesem Zusammenhang lässt das erkennende Gericht auch nicht außer Acht, dass die Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung zudem bestätigte, dass sie wegen dieses Leidens bereits zweimal in ihrem Herkunftsstaat operiert worden sei. Die Auswirkungen der Schwangerschaftsdiabetes lassen sich gemäß der Anfrage der Staatendokumentation zur Behandelbarkeit von Diabetes mellitus Typ 2 in Erbil – beispielsweise im Rizgary Teaching Hospital, im Erbil Teaching Hospital, dem Layla Qassim health Centre – das auf Diabetes spezialisiert ist – behandeln. Aufgrund der vorhandenen medizinischen Grundversorgung in der autonomen Region Kurdistan ist auch anzunehmen, dass die Auswirkungen des Kaiserschnittes in den medizinischen Einrichtungen Erbils nachbehandelt werden können.

Die Feststellungen hinsichtlich der Schulbildung, der Arbeitserfahrungen und dem Verdienstes des Lebensunterhaltes der Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat basieren auf den Angaben der Erst- bis Drittbeschwerdeführer vor der belangten Behörde und deren gleichlautenden und glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die vorliegenden familiären Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsstaat sind durch die Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Administrativverfahren und den gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht belegt. Dabei brachte der Erstbeschwerdeführer auch vor, dass der Kontakt zu seiner Familie noch aufrecht ist und die beiden Brüder vor zwei bzw. einem Jahr geheiratet haben und der Nachwuchs eines Bruders rund 40 Tage alt ist. Aber auch die Zweit- bis Viertbeschwerdeführer bestätigten vor dem Bundesverwaltungsgericht den aufrechten Kontakt zu den Familienangehörigen im Irak.

Dass die Beschwerdeführer im Bundesgebiet über weitere familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, leitet sich aus ihren diesbezüglichen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht ab.

Im Verwaltungsakt befinden sich zwei Teilnahmebestätigungen des Vereins XXXX an der Teilnahme des Erstbeschwerdeführers an zwei Deutschkursen sowie zweier Deutschkursbestätigungen des Berufsförderungsinstituts XXXX über die Teilnahme des Erstbeschwerdeführers an Deutschkursen über das Niveau A1 Modul A und B. Im Zuge der Anberaumung der mündlichen Verhandlung reichten die Beschwerdeführer eine Stellungnahme ein, die neben medizinischen Unterlagen, welche die Zweitbeschwerdeführerin betreffen, auch zwei Bestätigungen der XXXX enthielten, wonach der Erstbeschwerdeführer im September 2019 einen Deutschkurs im Niveau A1, Teil 1 und Teil 2 besuchte. Die Stellungnahme enthielt auch ein die Drittbeschwerdeführerin betreffendes Jahreszeugnis der Neuen Mittelschule N[...] und ein Empfehlungsschreiben ihres Klassenvorstandes datierend vom 18.09.2019 sowie eine Jahresinformation der Volksschule N[...] datierend vom 05.07.2019 betreffend den Viertbeschwerdeführer. Ebenso war der Stellungnahme eine Integrationsbestätigung der Initiative HERBERGE N[...] beigelegt. Aus dieser ergibt sich, dass die Beschwerdeführer als Asylwerber in einer Unterkunft der HERBERGE N[...] untergebracht sind und sie dort an den unterschiedlichsten Veranstaltungen der Unterkunft wie beispielsweise gemeinsamen Kochveranstaltungen, dem Pfarrfest, dem Markttag der Gemeinde N[...], etc. teilnehmen. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Erstbeschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht, wonach er in seiner Freizeit jenen Leuten hilft, die seine Hilfe in Anspruch nehmen und er sich auch ehrenamtlich beim Malen, Rasen mähen oder beim Aufbau von Festen und Veranstaltungen ehrenamtlich betätigt. Zudem war der Stellungnahme auch ein Empfehlungsschreiben des Flüchtlingsbetreuers der Familie beigelegt. In der mündlichen Verhandlung wurden die Dritt- und Viertbeschwerdeführer unter anderem auch zu ihrem Schulbesuch und ihren sozialen Anbindungen in Österreich befragt und ergab sich daraus, dass sie deutsch sprechen und sie über einen altersadäquaten Freundeskreis verfügen. Die Feststellung, dass – trotz der Vorlage der zuvor genannten Unterlagen – keine nennenswerte Integration der Beschwerdeführer vorliegt, ergibt sich aus der Tatsache, dass sich die integrativen Bemühungen der Beschwerdeführer in ein äußerst überschaubares Ausmaß erschöpfen. Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin wurden keinerlei speziell sie betreffenden integrativen Unterlagen vorgelegt. Die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Organisation verneinten sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin und brachten sie auf Nachfrage auch keine sonstigen sozialen Kontakte vor. Auch die Deutschkenntnisse sind unterschiedlich stark ausgeprägt. Während die Dritt- und Viertbeschwerdeführer alters- und schulbedingt sehr gut deutsch sprechen, spricht der Erstbeschwerdeführer lediglich äußerst rudimentär deutsch. Demgegenüber weist die Zweitbeschwerdeführerin keinerlei Deutschkenntnisse auf, was sie damit begründet, dass sie aufgrund ihrer beiden Schwangerschaften keinen Deutschkurs besuchen habe können. Auch die Drittbeschwerdeführerin verneinte eine organisationsgebundene Mitgliedschaft, währenddessen der Viertbeschwerdeführer Fußball in einem Verein spielt.

Zuletzt verneinten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Zuge der mündlichen Verhandlung, dass sie keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen und sie Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehen.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gaben hinsichtlich ihres Fluchtvorbringens zusammengefasst an, dass ihr Schwager dessen Ehefrau und zugleich Schwester der Zweitbeschwerdeführer aufgrund einer Ehrenbeleidigung ermordet habe. Die Familie der Zweitbeschwerdeführerin habe dies zur Anzeige gebracht und sei ein Gerichtsverfahren durchgeführt worden. In diesem habe unter anderem der Erstbeschwerdeführer als Zeuge gegen den Schwager ausgesagt. Infolge dessen habe der Schwager über die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin die Ermordung des Erstbeschwerdeführer bzw. der Familie der Zweitbeschwerdeführerin angedroht. Nachdem auch noch auf das Haus des Erstbeschwerdeführers geschossen worden sei, wären der Erstbeschwerdeführer und seine Familie zunächst zur Schwiegermutter gezogen. Nach Abschluss des Gerichtsverfahrens hätten die Beschwerdeführer das Land verlassen.

Im angefochtenen Bescheid kam die belangte Behörde zum Schluss, dass die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat keinerlei Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt waren und ihre Ausreise lediglich auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhte.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss sich das Bundesverwaltungsgericht den beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde anschließen und diesen dahingehend zustimmen, dass das Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer den zuvor genannten Anforderungen nicht entsprach.

Zunächst ist festzuhalten, dass sehr wohl glaubhaft ist, dass der Schwager dessen Ehefrau, die zugleich Schwester der Zweitbeschwerdeführerin und Schwägerin des Erstbeschwerdeführers ist, ermordete und er infolge dessen zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Es ist allerdings ist nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer und dessen Familie aufgrund der Bedrohung durch den Schwager ihren Herkunftsstaat verlassen haben. Dies aus folgenden Überlegungen:

Es ist der belangten Behörde zunächst beizupflichten, dass der Erstbeschwerdeführer sein Fluchtvorbringen vor der belangten Behörde wenig detailreich und oberflächlich schilderte. In der ihm von der belangten Behörde eingeräumten Möglichkeit „ausführlich“ sein Fluchtvorbringen darzulegen, erschöpfen sich seine freie Schilderung abschließend in drei (!) Sätzen. Wesentliche Details schildert der Erstbeschwerdeführer erst auf mehrfaches explizites Nachfragen durch die belangte Behörde. Dem vermag der Erstbeschwerdeführer mit seinen nunmehr umfänglichen Ausführungen vor dem erkennenden Gericht nicht mehr entgegenwirken.

Des Weiteren handelt es sich hinsichtlich des erstmals vor der belangten Behörde getätigten Vorbringen des Erstbeschwerdeführers - wonach es ein Schussattentat auf das Haus des Erstbeschwerdeführers gegeben habe – um eine Steigerung des im Rahmen der Erstbefragung getätigten Fluchtvorbringens handelt. Diesbezüglich ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Das erkennende Gericht lässt nicht außer Acht, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl erachtet er es aber nicht generell als unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. 21.11.2019, Ra 2019/14/0429).

In diesem Zusammenhang ist es nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer sein Motiv für das Verlassen seines Herkunftsstaates bei der Erstbefragung zwar allgemein gehalten damit begründet, der Schwager habe den Erstbeschwerdeführer und dessen Familie mit dem Tod bedroht, er jedoch den nicht unwesentlichen Teil des Schussattentates auf das Haus des Erstbeschwerdeführers vollkommen unerwähnt lässt. Es ist vor allem deshalb nicht plausibel, weil der gesteigerte Teil seines Fluchtmotives für sich gesehen einen wesentlichen und gewichtigen Grund für die Ausreise darstellt. Wie der Erstbeschwerdeführer vor dem erkennenden Gericht ausführte, hätten seine Frau und seine Kinder durch diesen Vorfall „enorme Angst“ bekommen. Zudem habe das Schussattentat zur Folge gehabt, dass er nach dem Beschuss seines Hauses nicht mehr nach Hause gegangen sei, er (Anm. gemeint die Familie) zu seinen Schwiegereltern gezogen sei und er seine Tochter aus der Schule genommen habe. Diese Ausführungen bezeugen eine schwere Intensität der Furcht, die durch dieses Schussattentat ausgelöst wurde und widerspricht es daher der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn der Erstbeschwerdeführer einen derart wesentlichen und ihn persönlich betreffenden Teil seiner Fluchtgründe bei der Erstbefragung mit absolut keinem Wort erwähnt.

Auch im Hinblick auf die Bedrohung des Erstbeschwerdeführers ergeben sich Ausführungen, die für sich gesehen nicht schlüssig und nachvollziehbar sind. Dem Schwager musste – unabhängig seines Einwandes, dass es sich um einen Ehrverbrechen handelte – bewusst sein, dass er sich durch den Mord der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung durch die kurdische Justiz aussetzt. In diesem Zusammenhang ist es somit nicht plausibel, dass dieser erst fünfzehn bis zwanzig Tage nach der Anzeigenerhebung die Schwiegerfamilie des Erstbeschwerdeführer bedroht und er nicht bereits bei seinem Anruf an den Schwiegervater des Erstbeschwerdeführers eine derartige Drohung ausstößt. Dies vor allem deshalb, weil er in Verbindung mit dem Mord an der Schwägerin seiner Drohung mehr Einschüchterungswirkung verleihen würde.

In diesem Zusammenhang ist auch nicht verständlich, dass der Schwager – der den Erstbeschwerdeführer einerseits über den Familienverband kannte und der andererseits offensichtlich von der Zeugenaussage des Erstbeschwerdeführers wusste – den Erstbeschwerdeführer nicht persönlich telefonisch bedrohte, sondern dies über die gemeinsame Schwiegermutter vornahm.

Eine weitere Steigerung seines Vorbringens ergibt sich auch bezüglich der Verbindung seines Schwagers zu den politischen Parteien. Vor der belangten Behörde wird dieser Umstand wiederrum erst auf konkretes Nachfragen und abermals lediglich nebensächlich und allgemein gehalten erwähnt. Dabei führt der Erstbeschwerdeführer unsubstantiiert aus, dass die Onkel des Schwagers bei den Parteien seien. Hierbei erfolgt weder eine genaue Angabe, um welche Onkel es sich dabei handelt, welcher politischer Partei sie angehören und welche Stellung sie innert der Partei haben. In dieser Einvernahme wird eine allfällige bzw. bewusste Behinderung der kurdischen Justiz mit keinem Wort erwähnt. Demgegenüber bringt er bei der mündlichen Verhandlung erstmalig vor, dass die Verhaftung des Schwagers nicht möglich gewesen sei, da er von der DPK unterstützt werde und habe der Anwalt der (Schwieger)Familie des Erstbeschwerdeführers mitgeteilt, dass sie nichts dagegen ausrichten könnten. Abermals bringt er erst auf konkretes Nachfragen vor, dass der Schwager und sein Onkel beim kurdischen Geheimdienst gewesen wären und auch seine Onkel innert der DPK Verantwortungsträger gewesen seien und eine „hohe Position“ bekleidet hätten. Welche Position genau seine Onkel bekleidet hätten, vermochte er auf neuerlichen Nachfragen nicht näher zu erläutern. Gleich verhält es sich mit den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin. Erstattet sie diesbezüglich vor der belangten Behörde keinerlei Vorbringen, bringt sie erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor, dass die Verhaftung des Schwagers aufgrund der politischen Stellung seiner Onkel gescheitert sei. Es ist für das erkennende Gericht dahingehend nicht nachvollziehbar, weshalb der Erst- und Zweitbeschwerdeführer ein derart relevantes Vorbringen in dieser Tiefe erstmalig im Beschwerdeverfahren vorbringen. Vielmehr erhärtet dies den Verdacht, dass die Beschwerdeführer mit ihrem Vorbringen den Anschein einer allfälligen Schutzunfähigkeit und –unwilligkeit durch die kurdische Justiz einer mehr Gewichtung verleihen wollten.

Dem Einwand im Beschwerdeschriftsatz, wonach die belangte Behörde nicht alle Unterlagen angenommen habe und sie somit auch die dokumentierten Anzeigen aller Bedrohungen nicht genau nachvollziehen habe können und sie deshalb zu einer falschen Einschätzung gelangt sei, kann nicht gefolgt werden. Hierbei handelt es sich um eine vollkommen unsubstantiierte Behauptung und lässt diese keinen Rückschluss zu, welche Dokumente unberücksichtigt geblieben seien. Demgegenüber protokollierte die belangte Behörde im Rahmen der Einvernahme die Vorlage einer „Zeugenaussage bei der Polizei vom 30.11.2014“ als Beweismittel. Zudem berücksichtigte die belangte Behörde dieses vorgelegte Beweismittel in der niederschriftlichen Einvernahme und erkundigte sich beim Erstbeschwerdeführe, weshalb er „nur“ die Kopie seiner (Anm. Zeugen)Aussage, jedoch keine Kopie seiner Anzeige wegen dem Beschuss des Hauses habe. Mit der von ihm vorgelegten „Zeugenaussage bei der Polizei vom 30.11.2014“ wird die Tatsache belegt, dass der Erstbeschwerdeführer am 30.11.2014 zeugenschaftlich zur Ermordung seiner Schwägerin einvernommen wurde. Dies wird seitens der belangten Behörde auch nicht in Abrede gestellt. Berücksichtigt man nunmehr die Angaben des Erstbeschwerdeführers, wonach die telefonische Bedrohung eine Woche nach der Zeugenaussage stattgefunden habe und das Schussattentat rund 15 bis 20 Tage nach der zeugenschaftlichen Einvernahme vorgefallen sei, lässt sich sein Beschwerdeeinwand seiner „dokumentierte Anzeige aller Bedrohungen“ nicht halten.

Zu dem nunmehr mit Beschwerdeschriftsatz vom 14.09.2018 mit „Alle Anzeigen, Gerichtsunterlagen, usw.“ betitelten und übermittelten Konvolut an kurdischsprachigen Unterlagen ist auszuführen, dass den Beschwerdeführern in Hinblick auf die Rechtsprechung des VwGH vom 20.06.2017, Ra 2016/01/0288 im Rahmen eines Verbesserungsauftrages die Beibringung einer Übersetzung aufgetragen wurde. Dem Verbesserungsauftrag wurde nicht entsprochen und fand somit die im Verbesserungsauftrag angedrohte Folge einer sonstigen Nichtberücksichtigung statt.

Aber auch die Unstimmigkeiten in Bezug auf die zeitliche Diskrepanz erhärten den Eindruck eines konstruierten und nicht glaubhaften Fluchtmotives. So vermeinte der Erstbeschwerdeführer, dass seine Schwägerin am 19.11.2014 ermordet und er am 30.11.2014 vom Gericht zeugenschaftlich einvernommen worden sei. Das Schussattentat habe sich rund 15 bis 20 Tage nach der zeugenschaftlichen Einvernahme zugetragen und sei er daraufhin zu seinen Schwiegereltern gezogen. Die Ausreise habe am 04.02.2016 stattgefunden. Dahingehend verweist die belangte Behörde vollkommen zu Recht, dass zwischen behaupteter Verfolgung und der Ausreise keine zeitliche Konnexität besteht. Wenn der Erstbeschwerdeführer dahingehend erstmals in der Beschwerde ergänzend vorbringt, dass er als Zeuge bei Gericht geführt und deshalb über ihn eine Ausreisesperre verhängt worden sei, wertet das erkennende Gericht dies als Schutzbehauptung und gesteigertes Vorbringen, mit dem der Erstbeschwerdeführer lediglich den von der belangten Behörde aufgezeigten fehlenden zeitlichen Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Bedrohung und der tatsächlichen Ausreise zu erklären versucht. Das erkennende Gericht kommt vor allem deshalb zu dieser Ansicht, weil weder der Erstbeschwerdeführer, noch die Zweitbeschwerdeführerin in ihren Aussagen vor der belangten Behörde Ausführungen zu einem allfälligen Ausreiseverbot erstatteten. Nicht einmal ansatzweise. Im Gegenteil, das lange Zuwarten erklärt der Erstbeschwerdeführer auf explizites Nachfragen der belangten Behörde damit, dass er von sich aus abwarten wollte, wie es weitergeht und er auch sehen wollte, ob der Schwager weiter droht. Ähnliches gab die Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde zu Protokoll. Auf die Nachfrage, weshalb sie nach Bedrohung nicht umgehend geflüchtet und noch fast ein Jahr zugewartet hätten, vermeinte die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie noch abwarten hätten wollen, was die (Anm. gemeint heimatstaatlichen) Behörden noch bei den Ermittlungen schaffen. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Erstbeschwerdeführer und dessen Familie bei tatsächlichem Vorliegen einer ernsthaften Bedrohung derer Leben nicht von einem Ausreiseverbot hätte abhalten lassen und wäre ihnen auch jederzeit eine illegale Ausreise offen gestanden. Diesbezüglich ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, dass ein weiterer Schwager namens M[...] ebenfalls vor Abschluss des Gerichtsverfahrens aus dem Herkunftsstaat ausgereist ist.

Bezüglich der im Beschwerdevorbringen getätigte Ausführungen über das Ausreiseverbot und der Ausreise des weiteren Schwagers namens M[...] lässt das erkennende Gericht auch nicht unberücksichtigt, dass diese einen Widerspruch und eine mangelnde Plausibilität aufweisen. So wird im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt, dass die „Drohungen erst Monate später“ begannen, weshalb auch der weitere Schwager M[...] des Erstbeschwerdeführers floh. Den Ausführungen des Erstbeschwerdeführers folgend begann die Drohung 15 bis 20 Tage nachdem er seine Aussage vor der Polizei gemacht hatte. Die Drohung begann daher Mitte Dezember 2014 und somit recht zeitnah nach dem Mord bzw. der Zeugenaussage und nicht „erst Monate später“. Ebenso verließ der Schwager M[...] nicht unmittelbar nach der Drohung das Land, sondern reiste er dessen eigenen Angaben nach erst am 21.06.2015 und somit ebenfalls mit einer Verzögerung von rund einem halben Jahr aus seinem Herkunftsstaat aus. Diesbezüglich mangelt es dem Beschwerdevorbringen auch an Stringenz. Während der Erstbeschwerdeführer als Zeuge mit einem Ausreiseverbot belegt sein sollte, ist es nicht plausibel, dass dem Schwager M[...], der laut den Angaben des Erstbeschwerdeführers ebenfalls als Zeuge ausgesagt hat, die problemlose Ausreise (sei sie nun legal oder illegal) am 21.06.2015 und somit während des laufenden Ermittlungsverfahrens offenkundig möglich ist.

Der Vollständigkeit halber wird auch berücksichtigt, dass der Erstbeschwerdeführer sein Vorbringen über das Ausreiseverbot aufgrund seiner Zeugeneigenschaft ein weiteres Mal steigert. So bringt der Erstbeschwerdeführer bei seinen Ausführungen vor dem erkennenden Gericht vor, dass er alle zwei bis drei Wochen vor das Gericht geladen worden sei und das Ganze rund ein Jahr gedauert hätte. Berücksichtigt man, dass der Erstbeschwerdeführer vor der belangten Behörde lediglich einen Termin – nämlich den 30.11.2014 – für die Durchführung seiner Zeugenaussage nannte und weitere Einvernahme-, Ladungs- oder Folgetermine durch die kurdische Polizei oder das Gericht unerwähnt blieben, ist auch dieses sehr spät erstatte Vorbringen als Steigerung zu werten. Zumal auch nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Erstbeschwerdeführer diese zwei- bis dreiwöchigen Polizei- und Gerichtstermine nicht bereits im Beschwerdeschriftsatz bekannt gab. Ebenso ist diese Vorgehensweise auch nicht mit der Erfahrung des täglichen Lebens vereinbar. Der Beschwerdeführer hat bereits am 30.11.2014 seine Zeugenaussage getätigt, deshalb ist es einerseits nicht nachvollziehbar, weshalb der Erstbeschwerdeführer in weiterer Folge nochmals (ein- oder mehrfach) einvernommen werden müsste bzw. weshalb (wenn keine Einvernahme erfolgt sei) seine weitere Anwesenheit für die Polizei bzw. das Gericht erforderlich sein sollte. Andererseits ist auch nicht plausibel, dass in einem (Ehren)Mordfall, bei dem die Tat wesentlich geklärt erscheint, alle zwei bis drei Wochen eine Einvernahme oder Verhandlung anberaumt werden würde, welche für sich gesehen zeitaufwendig, ressourcenbindend und ermittlungstechnisch wenig zielführend ist. Somit kann diesem Einwand keine Glaubhaftigkeit beigemessen werden.

Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ausführungen ist daher auch dem Antrag im Beschwerdeschriftsatz, wonach das erkennende Gericht zu ermitteln hätte, ob Zeugen in einem Gerichtsverfahren nicht ausreisen dürfen oder wenn ja, unter welchen sie ausreisen dürften, nicht zu folgen. Wie zuvor bereits ausgeführt, wertet das erkennende Gericht das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, wonach der Erstbeschwerdeführer als Zeuge bei Gericht geführt und deshalb über ihn eine Ausreisesperre verhängt worden sei, als Steigerung und Schutzbehauptung dem die Glaubhaftigkeit zu versagen war.

Die Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens wird allerdings auch durch die mehrfach widersprüchlichen Angaben zwischen Erst- und Zweitbeschwerdeführer erschüttert.

Dies beginnt bereits bei den Angaben des Zeitpunktes zur Beschlussfassung der Ausreise. Den Angaben des Erstbeschwerdeführers vor der belangten Behörde nach erfolgte der Entschluss zur Ausreise, nachdem er mit seiner Familie zu seiner Schwiegermutter gezogen wäre. Danach hätten sie gemeinsam den Entschluss zur Ausreise gefasst. Laut dem Erstbefragungsprotokoll grenzte er dies mit vier Monate vor seiner Ankunft in Österreich – somit Jänner bzw. Februar 2016 – ein. Die Zweitbeschwerdeführerin vermeint dahingehend bei der Erstbefragung, dass sie ein paar Monate vor der Ausreise – diese erfolgte am 04.02.2016 – den Entschluss zur Ausreise gefasst hätten und bestätigt dies vor der belangten Behörde, indem sie vermeinte, dass er Entschluss gefallen sei, als der Anwalt und Richter gemeinte hätten, dass sie das Land verlassen sollten. In Anbetracht der Tatsache, dass die Entscheidung seinen Herkunftsstaat zu verlassen eine durchaus gewichtige und einschneidende Entscheidung darstellt, ist es nicht nachvollziehbar, dass dahingehend keine – zumindest annähernd – gleichlautende Angaben erstattet werden.

Divergierend sind auch die Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer über den Verbleib der letzten Zeit vor der Ausreise bzw. dem Beginn ihrer Ausreise. So gibt der Erstbeschwerdeführer auf konkrete Nachfrage an, dass sie sich unmittelbar vor der Ausreise im Haus der Schwiegereltern, somit den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin in Djian, Erbil aufgehalten hätten. Während die Zweitbeschwerdeführerin auf diese Frage ausführt, dass sie den letzten Tag vor der Ausreise bei ihren Schwiegereltern und somit den Eltern des Erstbeschwerdeführer gewesen seien.

Widersprüchlich sind die Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in Bezug auf die Geldübergabe an den Schwiegervater des Erstbeschwerdeführers. Hiezu bringt der Erstbeschwerdeführer vor, dass sich der Schwiegervater rund einen Monat (somit Jänner 2016) vor der Ausreise wieder im Irak befunden hätte und es im Haus der Schwiegermutter zur Geldübergabe gekommen sei. Völlig diametral bringt die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass ihr Vater zum Zeitpunkt der Ermordung ihrer Schwester im Irak aufhältig war. Konkret danach befragt, gab sie an, dass er sich in diesem Zeitpunkt für rund vier Monate (somit längstens Februar/März 2015) aufgehalten habe und danach nicht mehr.

Ebenso ergibt sich ein Widerspruch im Vorbringen, wonach der Erstbeschwerdeführer aufgrund der Bedrohung und des Beschusses des Hauses die Tochter und zugleich Drittbeschwerdeführerin aus der Schule genommen habe. Dem widersprach die Drittbeschwerdeführerin indem sie die Frage in der mündlichen Verhandlung, ob es im Irak auch eine Zeit gegeben habe, in der sie nicht zur Schule gegangen sei, explizit verneinte. An der Richtigkeit der Aussage der rund dreizehneinhalbjährigen Drittbeschwerdeführerin ist nicht zu zweifeln.

Dahingehend lässt das erkennende Gericht auch nicht unbeachtet, dass der Erstbeschwerdeführer in seinen Ausführungen über die angedrohte „Ermordung“ abweicht. So bringt er vor der belangten Behörde vor, dass der Schwager seiner Schwiegermutter ausgerichtet habe, dass er dem Erstbeschwerdeführer in den Kopf schießen werde. Vollkommen diametral lautete seine Ausführung vor dem erkennenden Gericht, dass sein Schwager der Schwiegermutter mitgeteilt habe, dass er den Schwagern K[...] und M[...] in den Kopf schießen und den Kopf des Erstbeschwerdeführers mit einem Autoreifen überfahren werde. Ein derart eklatantes Abweichen in der angedrohten Tötungsform bestätigt die mangelnde Glaubhaftigkeit seiner behaupteten Bedrohung.

Dem dahingehenden Einwand der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, wonach die Widersprüche in Bezug auf den Verbleib vor der Ausreise und der Geldübergabe auf ein mögliches Verständigungsproblem mit dem Dolmetscher zurückzuführen sei, kann nicht gefolgt werden. Einerseits ergeben sich aus dem Einvernahmeprotokoll keinerlei Anzeichen für allfällige Verständigungsprobleme und bestätigten sowohl der Erstbeschwerdeführer, als auch die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden haben. Des Weiteren wurde ihnen die Einvernahmeprotokolle nochmals in ihrer Muttersprache rückübersetzt und bestätigten sie die Richtigkeit ihrer Angabe mit ihrer jeweiligen Unterschrift. In diesem Zusammenhang lässt das erkennende Gericht auch nicht unbeachtet, dass dieses Verständigungsproblem erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung und nicht bereits in der Beschwerde moniert wurden.

Den Ausführungen der belangten Behörde, wonach eine persönliche Gefährdung des Erstbeschwerdeführers verneint werde, ist ebenfalls beizupflichten. Vollkommen richtig und schlüssig verweist die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer – trotz der behaupteten Bedrohung – bis zu seiner Ausreise einer Beschäftigung als Maler nachkam. Seinem dahingehenden Einwand in der mündlichen Verhandlung, wonach er nach dem Vorfall nur mehr so viel arbeiten gegangen sei, dass er das Notwendigste verdient habe, wird als Schutzbehauptung gewertet. Dies vor allem deshalb, weil er dazu in der Erstbefragung angab, dass sich die wirtschaftliche Situation in seinem Herkunftsstaat verschlechtert und es keine Arbeit mehr gegeben habe. Zudem bestätigte diesen Umstand auch die Zweitbeschwerdeführerin. So führt sie auf die Frage, womit ihr Mann die letzten fünf Monate vor der Ausreise den Lebensunterhalt bestritten habe und welcher Arbeit er nachgegangen sei aus, dass er in der Woche meisten zwei bis dreimal arbeiten gegangen sei und es auch Wochen gegeben habe, wo er nicht zur Arbeiten gegangen sei. Sie verwies darauf, dass es wenig Arbeit gegeben habe. Die Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin bestätigten, dass nicht die vermeintliche Bedrohung, sondern wirtschaftliche Überlegungen der Grund dafür gewesen ist, dass der Erstbeschwerdeführer nicht mehr so viel arbeiten gegangen sei.

Es ist der belangten Behörde auch beizupflichten, die darauf verweist, dass das Verhalten des Schwagers M[...] des Erstbeschwerdeführers und zugleich Bruder der Zweitbeschwerdeführerin den Verdacht erhärtet, dass es sich beim Fluchtvorbringen lediglich um ein Konstrukt handelt. Es ist dahingehend nicht nachvollziehbar, dass dieser bei seiner Einreise im Juli 2015 den Tod der Schwester und die daraus resultierende Verfolgung durch den Schwager vollkommen unerwähnt lässt und er erst drei Jahre später in seiner Einvernahme vom 30.04.2018 vorbringt, dass er die gleichen Fluchtmotive wie der Familienverband hat, dem auch der Erstbeschwerde angehört. Dem dahingehenden Beschwerdeeinwand, wonach der Schwager M[...] zum damaligen Zeitpunkt minderjährig gewesen sei, es ihm leid tue und sein Verhalten nicht zum Nachteil der Familie gereichen könne, kann nicht beigetreten werden. Einerseits war der Schwager M[...] zum Zeitpunkt der Asylantragstellung volljährig. Andererseits ist unter Berücksichtigung der zuvor zitierten höchstgerichtlichen Judikatur anzunehmen, dass eine Person, die den internationalen Schutz eines anderen Staates erbittet, ihr tatsächliches, entscheidungsrelevantes Fluchtmotive wahrheitsgemäß und glaubhaft erstattet und alles Dienliche zur Untermauerung ihres Fluchtvorbringens vorbringt.

In einer Zusammenschau der vorangegangenen Ausführungen erweist sich das Fluchtvorbringen, wonach die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat einer Bedrohung durch den Schwager ausgesetzt gewesen seien und sie deshalb ihren Herkunftsstaat verlassen haben, als nicht glaubhaft.

Die Feststellung, dass die Ausreise der Beschwerdeführer auf wirtschaftlichen Motiven basiert, ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführer, dass es konfliktbedingt zu einer starken Migration in die autonome Region Kurdistan gekommen ist und diese zu sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen führte.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Ergänzend wurden auch der Inhalt einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Sicherheitslage in Dohuk, Erbil und gesamten Irak" [a-10955-1] datierend vom 18.04.2019; sowie einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Situation von Kindern in der autonomen Region Kurdistan-lrak", datierend vom 25.03.2019 und eine von der Rechtsvertretung vorgelegte ACCORD-Anfragebeantwortung zum Thema „Autonome Region Kurdistan: Sicherheitslage; Kampfhandlungen, Anschlagskriminalität“ [a-108821], datierend vom 21.02.2019 berücksichtigt.

Der wesentliche Inhalt der Länderberichte und die ergänzenden Dokumente wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert. Hiezu führten der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in der ihnen eingeräumten Stellungnahmen aus, dass die allgemeine Sicherheit im kurdischen Gebiet gegeben ist und im Vergleich zu anderen Landesteilen noch stabiler ist. Allerdings können ihnen die Regierung in Bezug auf ihr Fluchtvorbringen keine Sicherheit gewähren. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte ergänzend vor, dass die medizinische Grundversorgung zwar gewährleistet sei, allerdings sei in ihrem Fall keine Heilung, sondern eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten. Dies begründe sie damit, dass sie ihre Behandlung von Ärzten öffentlicher Einrichtungen vorgenommen worden sei und nicht von Privatärzten, da sie sich solche nicht leisten könne. Die Rechtsvertreterin monierte, dass die derzeitige Sicherheitslage besorgniserregend sei und verwies auf die von ihr vorgelegte Anfragebeantwortung. Des Weiteren verwies sie unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung darauf, dass hinsichtlich der Rückkehrentscheidung im Besonderen das Kindeswohl zu prüfen sei.

Weder die Beschwerdeführer, noch deren Rechtsvertreter sind den getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, substantiiert entgegengetreten. Der Inhalt der vorgelegten Anfragebeantwortung von ACCORD deckt sich im Wesentlichen mit der vom erkennenden Gericht berücksichtigten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema Sicherheitslage in Dohuk, Erbil und gesamten Irak", wobei das vom erkennenden Gericht die etwas aktueller ist und speziell auf Erbil eingeht. Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer vorherrschenden Schwierigkeiten und Probleme, wie im gegenständlichen Fall insbesondere im Bereich der gegenwärtigen Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, vermochten die Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143; ua.).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174; 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie umseits bereits dargelegt wurde, droht den Beschwerdeführern im Irak keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt, dies zumal es sich im Falle des Erstbeschwerdeführers um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der über eine Arbeitserfahrung als Maler, Anstreicher und Taxifahrer verfügt. Zudem war er im Herkunftsstaat bislang zum Verdienst des Lebensunterhaltes für sich und seine Familie imstande. Es ist daher davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer durch die (Wieder)Aufnahme einer Beschäftigung dazu in der Lage ist, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie auch im Irak sicherzustellen. Darüber hinaus leben nach wie vor die Eltern des Erstbeschwerdeführer, dessen beiden Brüder und deren Familien sowie die beiden Schwestern der Zweitbeschwerdeführerin und deren Familien im Irak und besteht zu ihnen ein aufrechter Kontakt.

Auch ist zu prüfen, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin mit den Bestimmungen des Art 3 EMRK in Einklang stehen. Dahingehen ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff bzw. dbzgl. der VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105). Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an einem Bauchwandbruch (hernia ventralis permagna - HVP 2. Rezidiv), an Fettleibigkeit (adipositas permagna) und aufgrund der Geburt des Sechstbeschwerdeführers an den Auswirkungen einer Schwangerschaftsdiabetes bzw. des Kaiserschnittes. Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.2. ausführlich dargelegt stehen die physischen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht entgegen. Einerseits ist eine Notwendigkeit oder Dringlichkeit des medizinischen Eingriffs nicht gegeben. Andererseits ist die medizinische Grundversorgung im Irak ist gewährleistet – sowohl im öffentlichen Sektor als auch durch Privatärzte – wie die Zweitbeschwerdeführerin in ihren Ausführungen selbst bestätigt. Hinsichtlich der Qualität der Heilbehandlung ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach diese unerheblich ist. Auch wenn sie auf die mit einer Heilbehandlung verbundenen Kosten hinweist, darf ebenfalls nicht außer Acht gelassen werden, dass sie sich im Irak wegen ihrer Leiden bereits zweimal medizinisch behandeln ließ.

Damit sind die Beschwerdeführer durch die Abschiebung in den Irak nicht in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation im Irak bessergestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würden im Irak keine Lebensgrundlage vorfinde

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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