TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/20 I422 2208109-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2020
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Entscheidungsdatum

20.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2208111-1/12E
I422 2208109-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. am XXXX und der XXXX , geb. am XXXX ; StA jeweils Irak, vertreten durch die XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2018, Zl. XXXX und ZI. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.10.2019 und am 27.11.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand:

Verfahrensgegenstand ist die fristgerecht erhobene Beschwerde gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2018. Mit diesen wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführerinnen vom 26.05.2016 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) ab. Einen Aufenthaltstitel erteilte sie den Beschwerdeführerinnen nicht (Spruchpunkt III.), erließ über sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und erklärte ihre Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt V.). Als Frist für ihre freiwillige Ausreise räumte ihnen die belangte Behörde einen Zeitraum von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt VI.).

Am 07.10.2019 und am 27.11.2019 erfolgte in Anwesenheit der Beschwerdeführerinnen und ihrer Rechtsvertretung eine mündliche Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführerinnen:

Die beiden volljährigen Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen sind irakische Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Kurden. Sie sprechen kurdisch-sorani als Muttersprache und bekennen sich zum sunnitisch muslimischen Glauben. Ihre Identitäten stehen fest.

Die beiden Beschwerdeführerinnen reisten im Mai 2016 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellten am 26.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz und halten sich seither im Bundesgebiet auf.

Die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerinnen sind Mutter und Tochter. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war die Zweitbeschwerdeführerin noch minderjährig. Das Verfahren wird als Familienverfahren im Sinne des § 34 AsylG geführt.

Die Erstbeschwerdeführerin leidet an Magenproblemen, Bluthochdruck, einer Depression sowie an Schlafstörungen. Zudem verweist sie auf eine geschwollene Leber und eine Aquaphobie. In ihrem Herkunftsstaat unterzog sich die Erstbeschwerdeführerin hinsichtlich ihrer psychischen Leiden einer medizinischen Behandlung und umfasste diese auch eine stationäre Heilbehandlung. In Österreich werden die Leiden der Erstbeschwerdeführerin medikamentös behandelt. Eine therapeutische Heilbehandlung – vor allem auch im Bezug auf ihre psychischen Leiden – liegt nicht vor. Die physischen und psychischen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin stehen einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht entgegen. Die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund.

Die Erstbeschwerdeführerin stammt aus XXXX . Sie ist verheiratet. Ihr Ehemann lebt getrennt von ihr in England. Die Erstbeschwerdeführerin weist keine Schul- und Berufsausbildung auf. In ihrem Herkunftsstaat kam bislang ihr Ehegatte für ihren Lebensunterhalt auf.

Die Zweitbeschwerdeführerin stammt ebenfalls aus XXXX , wuchs dort auf und besuchte sechs Jahre lang die Grund- und weitere vier Jahre lang die Mittelschule, die sie abschloss. Über eine Berufsausbildung verfügt die Zweitbeschwerdeführerin nicht. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie bis zu ihrer Ausreise durch die finanziellen Zuwendungen ihres Vaters und durch die Einkünfte ihres Bruders.

Im Irak leben nach wie vor Verwandte der Beschwerdeführerinnen. So leben zwei Töchter der Erstbeschwerdeführerin und zugleich Schwestern der Zweitbeschwerdeführerin mit deren Familien in XXXX . Zudem verfügt die Erstbeschwerdeführerin in XXXX noch über erweiterte familiäre Anbindungen in Form ihrer dort lebenden Schwester und ihrer beiden Brüder, welche somit zugleich die Tante und Onkeln der Zweitbeschwerdeführerin sind. Zu ihren in XXXX wohnhaften Töchtern bzw. Schwestern stehen die Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen nach wie vor in aufrechtem regelmäßigen Kontakt.

Abgesehen voneinander verfügen die Beschwerdeführerinnen im Bundesgebiet über Familienangehörige. So leben eine Tochter und ein Sohn der Erstbeschwerdeführerin mit deren jeweiligen Familien sowie ein weiterer Sohn und somit zugleich auch Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich. Diese haben ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zudem leben zwei Neffen der Erstbeschwerdeführerin bzw. Cousins der Zweitbeschwerdeführerin mit deren Familien sowie deren Mutter in Österreich. Eine besonders tiefgreifende Bindung oder ein Abhängigkeitsverhältnis zu den beiden Neffen bzw. Cousins und deren Mutter liegt nicht vor.

Der Erstbeschwerdeführerin war bemüht Deutsch zu lernen. Sie spricht es jedoch nicht. Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte mehrere Deutschkurse sowie den Lehrgang „Basisbildung O[...]“ und absolvierte die Deutschprüfung im Niveau A2. Die Zweitbeschwerdeführerin hat auch an der Integrationsprüfung B1 teilgenommen, diese jedoch nicht bestanden. Die beiden Beschwerdeführerinnen nehmen an integrativen Projekten teil und haben auch freundschaftliche Kontakte geknüpft.

Eine nennenswerte Integration der beiden Beschwerdeführerinnen in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht liegt jedoch nicht vor.

Die beiden Beschwerdeführerinnen gehen keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und beziehen Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die beiden Beschwerdeführerinnen sind strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführerinnen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerinnen im Irak aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden.

Insbesondere haben weder die Erst-, noch die Zweitbeschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat aufgrund einer Bedrohung durch den Schwager verlassen. Die Ausreise aus dem Irak erfolgte aus wirtschaftlichen Überlegungen.

Die beiden Beschwerdeführerinnen werden im Fall ihrer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die wesentlichen Feststellungen zur Lage in der autonomen Region Kurdistan lauten:

1.3.1. Sicherheitslage in XXXX :

Die Sicherheitslage in XXXX und der unmittelbaren Umgebung erscheint vergleichsweise besser als in anderen Teilen des Iraks. Nichtdestotrotz kommt es in XXXX und der umliegenden Region immer wieder zu militärischen Konfrontationen, in die auch die kurdischen Streitkräfte verwickelt sind. Insbesondere Einrichtungen der kurdischen Regionalregierung, der politischen Parteien sowie des Militärs und der Polizei können dabei immer wieder Ziele terroristischer Attacken sein. Für das Jahr 2018 wurden in der Provinz XXXX rund 200 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, wobei der Großteil dieser (117 von 200) Auseinandersetzungen zwischen der türkischen Armee und Kämpfern der PKK betrafen und in lediglich zehn Vorfällen Zivilisten involviert waren. Hinsichtlich des Islamischen Staates ist anzumerken, dass – auch wenn dieser im Irak als besiegt gilt – ein Teil des Distriktes Makhmur in der Provinz XXXX als „IS-Unterstützungszone“ eingetragen ist und der IS auch mit Erfolg unter irakischen Kurden und Kurdinnen rekrutiert, er seine Netzwerke in Kurdistan erweitert und dies im Allgemeinen eine potentielle Gefahr für die autonome Region Kurdistan und auch für die Provinz XXXX darstellt. Dies zeigte sich zuletzt auch darin, dass der IS im Juli 2019 seine seit langem erste Attacke auf kurdischem Boden durchführte. Dem setzt der kurdische Geheimdienst jedoch vermehrte Aktivitäten entgegen indem im Jahr 2019 beispielsweise arabische IS-Zellen - in Sulaymaniyah City, in Chamchamal, zwischen Sulaymaniyah und der Stadt Kirkuk, sowie in Kalar, im Nordosten des Diyala Flußtales – gesprengt oder ein IS-Kämpfer des Schleusens von IS-Kämpfern verantwortlich zeichnete, verhaftet wurden.

1.3.2. Rechtsschutz und Justizwesen in Kurdistan:

Die Lage in der Autonomen Region Kurdistan ist von Defiziten der rechtsstaatlichen Praxis gekennzeichnet. Der Kurdische Justizrat ist rechtlich, finanziell und administrativ unabhängig vom Justizministerium der Regierung der Autonomen Region Kurdistan, die Exekutive beeinflusst jedoch politisch sensible Fälle. Beamte der Region Kurdistan-Irak berichten, dass Staatsanwälte und Verteidiger bei der Durchführung ihrer Arbeit häufig auf Hindernisse stoßen und dass Prozesse aus administrativen Gründen unnötig verzögert werden. Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission der Region Kurdistan-Irak bleiben Häftlinge auch nach gerichtlicher Anordnungen ihrer Freilassung für längere Zeit in den Einrichtungen des internen Sicherheitsdienstes der kurdischen Regierung.

1.3.3. Alleinstehende Frauen:

Jahre der Instabilität und des Krieges haben im Irak zu einer großen Zahl an Haushalten geführt, deren Haushaltsvorstände Frauen sind („female-headed-households“). Laut einer Schätzung betrug die Zahl solcher Haushalte im Jahr 2011 zwischen einer und zwei Millionen. Als Witwen, Geschiedene oder von ihren Ehemännern Getrennte, versorgen diese Frauen ihre Familien alleine. Manchmal ist der Ehemann krank oder pflegebedürftig. Viele von Frauen geführte Haushalte stellen einen besonders vulnerablen Teil der irakischen Bevölkerung dar, vor allem in ländlichen Gebieten bzw. als IDPs.

Zehn Prozent der irakischen Frauen sind Witwen, viele davon Alleinversorgerinnen ihrer Familien. Ohne männliche Angehörige erhöht sich das Risiko für diese Familien, Opfer von Kinderheirat und sexueller Ausbeutung zu werden. Alleinstehende Frauen und Witwen haben oft Schwierigkeiten, ihre Kinder registrieren zu lassen, was dazu führt, dass den Kindern staatliche Leistungen, wie Bildung, Lebensmittelbeihilfen und Zugang zum Gesundheitswesen verweigert werden.

Ohne Zustimmung eines männlichen Verwandten können Frauen keine Ausweisdokumente erhalten. Die Gesetzgebung hindert Frauen daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen. Frauen können ohne Zustimmung eines männlichen Verwandten auch keinen Personalausweis bekommen, der etwa für den Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Bildung und Wohnen benötigt wird. Zusätzlich wird generell erwartet, dass eine Frau immer mit einem Mann reist, der als ihr Vormund agiert.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahmen, in die bekämpften Bescheide und in den Beschwerdeschriftsatz der Beschwerdeführerinnen, den von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Unterlagen und den Angaben der beiden Beschwerdeführerinnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS) sowie dem Strafregister eingeholt.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführerinnen:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin, ihrer Staatsangehörigkeit sowie ihrer Sprach-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit gründen sich auf den glaubhaften Angaben der Erstbeschwerdeführerin sowie der Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde sowie den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Identität der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin steht aufgrund der Vorlage von identitätsbezeugenden Dokumenten in Form von sich im Verwaltungsakt befindlichen Kopie des Personalausweises der Erstbeschwerdeführerin sowie des Reisepasses der Zweitbeschwerdeführerin fest.

Die Einreise der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin und deren Antragsstellung leiten sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ab.

Aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerinnen vor der belangten Behörde gründet die Feststellung darüber, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführer Mutter und Tochter sind.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Erstbeschwerdeführerin ergeben sich einerseits aus ihren Angaben vor der belangten Behörde sowie ihrem diesbezüglichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung sowie den in den jeweiligen Verfahren vorgelegten Medikamentenpackungen. Auf nachstehenden Überlegungen basiert die Feststellung, dass ihre physischen und psychischen Beeinträchtigungen einer allfälligen Rückkehr nicht entgegenstehen: Die Erstbeschwerdeführerin hat ihre Leiden in Österreich medizinisch untersuchen lassen. Einen diesbezüglichen ärztlichen Befund oder ein sonstiges Attest brachte sie jedoch weder vor der belangten Behörde, noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht in Vorlage. Ihren dahingehend glaubhaften Angaben nach wurde ihr eine medikamentöse Behandlung verschrieben. Eine allfällige therapeutische oder längerfristige stationäre Behandlung leitet sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin nicht ab und wurde von ihr als solches auch nicht behauptet. Berücksichtigt man auch die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderberichte und insbesondere auch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Irak: „Behandlungsmöglichkeit bei psychischen Erkrankungen (z.B. bei posttraumatischer Belastungsstörung), Verfügbarkeit von Antidepressiva und (sedierenden) Antipsychotika, Verfügbarkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck bzw. Herzprobleme [a-10861]“ zeigt diese, dass eine Behandlung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglich ist und die gängigsten Medikamente auch erhältlich sind. Die Gewährleistung einer medizinischen Grundversorgung bestätigte die Erstbeschwerdeführerin überdies auch in der mündlichen Verhandlung. Zudem führte die Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht aus, dass sie sich hinsichtlich ihrer psychischen Leiden bereits in Kurdistan über sechs Monate behandeln habe lassen und sie dabei auch stationär aufgenommen worden sei. Eine unzureichende Behandlungsmöglichkeit ihrer Leiden in ihrem Herkunftsstaat konnte ihrem Vorbringen nicht entnommen werden und wurde als solches in der Beschwerde auch nicht moniert. Dass die Zweitbeschwerdeführerin gesund ist, resultiert ebenfalls aus ihren Angaben vor der belangten Behörde und bestätigten sie dies zuletzt bei der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen hinsichtlich der Herkunft, der Schulbildung, dem Nichtvorliegen einer Berufsausbildung und dem Verdienst des Lebensunterhaltes der beiden Beschwerdeführerinnen basieren auf den Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen vor der belangten Behörde und deren gleichlautenden und glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Die vorliegenden familiären Anknüpfungspunkte in ihrem Herkunftsstaat sind durch die Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin im Administrativverfahren und den gleichbleibenden Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht belegt. Dabei brachte die Erstbeschwerdeführerin danach befragt vor, dass sie zu ihren beiden im Irak aufhältigen Töchtern rund drei- bis viermal im Monat telefoniere. Sinngemäß bestätigte dies auch die Zweitbeschwerdeführerin, wobei der Kontakt zu ihren Schwestern seltener ausfalle.

Dass die Beschwerdeführerinnen im Bundesgebiet über weitere familiäre Anknüpfungspunkte verfügen, leitet sich aus ihren diesbezüglichen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht ab. Die Feststellung, dass zu den Neffen bzw. Cousins und deren Mutter keine tiefere Bindung oder Abhängigkeitsverhältnis besteht, basiert auf den Aussagen der Erstbeschwerdeführerin, wonach sie miteinander telefonieren würden und diese einmal im Monat oder alle zwei Monate zu Besuch kommen würden.

Die Feststellung zu den integrativen Bemühungen der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich insbesondere aus ihren Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Hierbei gab sie glaubhaft an, dass sie im Rahmen eines Integrationsprojektes von Freiwilligen besucht worden sei, die mit ihr Deutsch gelernt hätten. Dies sei aber mangels Erfolg und altersbedingter Schwierigkeit beim Erlernen der Sprache nach rund sieben Monaten eingestellt worden. Von den nicht vorhandenen Deutschkenntnissen konnte sich der erkennende Richter selbst überzeugen. Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin wurden keine integrationsbezeugenden Unterlagen in Vorlage gebracht. Diesbezüglich ist allerdings glaubhaft, dass sie sich bei diversen Integrationsprojekten beteiligt und hiebei zB Brot bäckt oder Essen kocht. Als besonderen sozialen Kontakt nannte die Erstbeschwerdeführerin ein Frau namens „Maria“, die sie bei verschiedenen Festen und Veranstaltungen treffe. Sie würden sie sich auch manchmal gegenseitig bekochen. Die Zweitbeschwerdeführerin legte im Zuge ihres Administrativverfahrens das ÖSD-Zertifikat über die bestandene Deutschprüfung im Niveau A2 und die Teilnahmebestätigung des Lehrganges „Basisbildung O[...]“ des Berufsförderungsinstitutes Oberösterreich vor. Bei der mündlichen Verhandlung legte sie dem erkennenden Gericht eine Teilnahmebestätigung des Wirtschaftsförderungsinstitutes über die Teilnahme am Deutschkurs für Asylwerber B1 Teil 2sowie eine Teilnahmebescheinigung am Deutschkurs B1 Modul A und Modul B des Berufsförderungsinstitutes Oberösterreich. Dass die Zweitbeschwerdeführerin die Integrationsprüfung B1 nicht bestanden hat, ergibt sich aus der dem erkennenden Gericht ebenfalls vorgelegten Bestätigung des Österreichischen Integrationsfonds. Zudem konnte sich der erkennende Richter von den Deutschkenntnissen der Zweitbeschwerdeführerin selbst ein Bild machen. Hinsichtlich nennenswerter sozialer Kontakte schloss sich die Zweitbeschwerdeführerin dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin an, wonach sie zu einer Österreicherin sehr gut befreundet wären und sie diese Frau zu Veranstaltungen einlade und aktiv auffordere an den Veranstaltungen mitzumachen. Weder die Erstbeschwerdeführerin noch die Zweitbeschwerdeführerin bestätigten die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Organisation. Dass keine nennenswerte Integration der beiden Beschwerdeführerinnen vorliegt, gründet auf dem Umstand, dass sich die integrativen Bemühungen der beiden Beschwerdeführerinnen in ein äußerst überschaubares Ausmaß erschöpfen.

Ebenso verneinten sowohl die Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin, dass sie keiner regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen und sie Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehen.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich ist die strafgerichtliche Unbescholtenheit der beiden Beschwerdeführerinnen belegt.

2.3. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführerinnen:

Die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin gaben hinsichtlich ihres Fluchtvorbringens zusammengefasst an, dass ein Schwiegersohn der Erstbeschwerdeführerin und zugleich Schwager der Zweitbeschwerdeführerin, dessen Ehefrau und zugleich Tochter bzw. Schwester der Beschwerdeführerinnen aufgrund einer Ehrenbeleidigung ermordet habe. Die Erstbeschwerdeführerin habe dies zur Anzeige gebracht und sei ein Gerichtsverfahren über diesen Vorfall eingeleitet worden. Nachdem ein Bruder und ein Onkel des Schwiegersohnes einflussreiche Persönlichkeiten bei der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) gewesen seien, sei von ihnen während des Gerichtsverfahrens viel Druck zur Zurücknahme der Anzeige ausgeübt worden. Zudem habe der Schwiegersohn die Erstbeschwerdeführerin mehrfach angerufen und ihr gedroht, dass er ihren Sohn M[...] und ihren zweiten Schwiegersohn S[...] töten werde, falls sie die Anzeige nicht zurücknehme. Der Schwiegersohn sei schlussendlich vom Gericht zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Da er jedoch untergetaucht sei, habe diese Strafe bislang jedoch nicht vollstreckt werden können. Die Zweitbeschwerdeführerin machte keine eigenen Fluchtgründe geltend. Sie sei jedoch als Familienmitglied ebenfalls von der ausgesprochenen Bedrohung betroffen. Ergänzend brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass die nach der Ermordung ihrer Schwester, deren Mann und zugleich ihren Schwager im Schulhof gesehen habe und habe sie dies in große Unruhe versetzt.

Aufgrund der Furcht vor einer Vernichtung der gesamten Familie hätten die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin ihren Herkunftsstaat verlassen.

Im angefochtenen Bescheid kam die belangte Behörde zum Schluss, dass die Beschwerdeführerinnen in ihrem Herkunftsstaat keinerlei Bedrohung oder Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt waren. Dies vor allem deshalb, weil ein maßgebliches Bedrohungspotential nicht erkennbar gewesen sei und die Angaben der Beschwerdeführerinnen in Zusammenschau mit den Angaben der übrigen sich in Österreich befindlichen Familienmitglieder weder gleichlautend, noch nach nachvollziehbar gewesen seien. Die belangte Behörde kam zum Schluss, dass die Ausreise der Beschwerdeführerinnen lediglich auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhte.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert (vgl. VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung muss sich das Bundesverwaltungsgericht den beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde anschließen und diesen dahingehend zustimmen, dass das Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführerin den zuvor genannten Anforderungen nicht entspricht.

Zunächst ist festzuhalten, dass sehr wohl glaubhaft ist, dass der Schwiegersohn dessen Ehefrau, die Tochter der Erstbeschwerdeführerin und zugleich Schwester der Zweitbeschwerdeführerin, ermordete und er infolge dessen zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Es ist allerdings ist nicht glaubhaft, dass die Erstbeschwerdeführerin und die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund der Bedrohung durch den Schwiegersohn bzw. Schwager ihren Herkunftsstaat verlassen haben. Dies aus folgenden Überlegungen:

Zunächst schildert die Erstbeschwerdeführerin ihr Fluchtmotiv wenig stringent und ergeben sich aus ihrem Vorbringen vollkommen unterschiedliche Ausführungen. So bringt sie bei der Erstbefragung im Wesentlichen vor, dass ihr Schwiegersohn „Mitglied der IS“ gewesen sei. Er habe ihre Tochter mitnehmen wollen, was diese jedoch abgelehnt hätte, woraufhin er sie umgebracht habe. Daraufhin seien sie [Anm. gemeint wohl die Erstbeschwerdeführerin bzw. deren Familie] „4 x“ bei den Behörden gewesen um Anzeige zu erstatten. Diese habe allerdings nicht reagiert, da der Schwiegersohn am Flughafen gearbeitet hätte und er viele Leute gekannt habe. In weiterer Folge sei dieser untergetaucht und habe gemeint, dass er sie [Anm. gemeint wohl die Erstbeschwerdeführerin bzw. deren Familie] bei seiner Wiederkunft töten werde.

Vergleicht man diese Angaben mit ihren wesentlichen Aussagen vor der belangten Behörde, ergibt sich daraus ein vollkommen differenziertes Vorbringen: So habe ihr Schwiegersohn ihre Tochter getötet und er diesen Mord damit gerechtfertigt, dass die Tochter eine Beziehung zu einem anderen Mann gehabt hätte. Die Polizei habe sich des Falles angenommen und [Anm. gemeint wohl „sie“] innerhalb von drei bis vier Monaten öfters einvernommen. Zudem habe die Erstbeschwerdeführerin auch einen Anwalt beauftragt, der sich des Mordfalles annehmen solle. Ihr Schwiegersohn habe einen Festnahmebefehl erhalten, sei allerdings nicht eingesperrt worden. In weiterer Folge habe ihr Schwiegersohn sie persönlich von drei verschiedenen Telefonnummern angerufen und ihr damit gedroht, dass er ihren Sohn M[...] töten werde. Aufgrund dieser Drohungen habe sie ihren Sohn M[...] ins Ausland geschickt und wären sie nachgekommen. Das sei alles.

Auch ein Vergleich der vorangegangenen Ausführungen mit den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin zeigt ein beinahe identes Bild und belegt die mangelnde Stringenz in der Schilderung des Vorbringens. So bringt auch die Zweitbeschwerdeführerin in der Erstbefragung im Wesentlichen vor, dass der Mann ihrer Schwester sich dem IS angeschlossen und die Schwester mitnehmen habe wollen. Diese hätte sich jedoch geweigert, weshalb er sie erschossen habe. Daraufhin sei er geflüchtet und habe gedroht, dass er alle töten werde. Vor der belangten Behörde schildert sie im Wesentlichen, dass nach Auffinden der Leiche durch ihre beiden Brüder K[...] und M[...] sowie den Schwager S[...]die Polizei die Ermittlungen aufgenommen habe. Die Familie habe am 24.11.2014 eine Anzeige gegen den Schwager erstattet, woraufhin die Bedrohungen begonnen hätten. Ihr Schwager habe gemeint, dass er lediglich seine Ehre bereinigt habe und falls ihre Familie die Anzeige nicht zurückziehe, werde er die Familie töten.

Das erkennende Gericht lässt dahingehend nicht außer Acht, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl erachtet er es aber nicht generell als unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. 21.11.2019, Ra 2019/14/0429).

In diesem Zusammenhang ist es daher nicht nachvollziehbar, dass die Erstbeschwerdeführerin – aber auch die Zweitbeschwerdeführerin – ihr Motiv für das Verlassen ihres Herkunftsstaates in wesentlichen Teilen – wie beispielsweise die vermeintliche Zugehörigkeit des Schwiegersohnes zur IS; das mehrfache vorstellig werden bei den Behörden um eine Anzeige zu erheben; deren Nichtreagieren, da er beim Flughafen gearbeitet und er viele Leute gekannt habe oder die genannte Begründung für den Mord – abweichend schildert.

Den Widerspruch zur vermeintlichen Zugehörigkeit des Schwiegersohnes zur IS lösen weder die Erst-, noch die Zweitbeschwerdeführerin auf. Die in der mündlichen Verhandlung getätigten Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin mit denen sie die Abweichungen bezüglich der mehrfachen Anzeigenerhebung und zur Begründung des Mordes zu erklären versucht, kann das erkennende Gericht nicht folgen und wertet es dies viel mehr als Versuch, ihre Abweichungen in ihren beiden Aussagen zu relativieren. Das erkennende Gericht kann aber ihrem diesbezüglichen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung auch deshalb nicht folgen, weil dahingehend ein Widerspruch zu den Aussagen ihres (zweiten) Schwiegersohnes S[...] vorliegt. Dieser gibt nämlich an, dass der Mord an der Tochter der Erstbeschwerdeführerin am 19.11.2014 stattgefunden habe, daraufhin am 24.11.2014 die Anzeige erfolgt sei und er bereits elf Tage später am 30.11.2014 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens als Zeuge einvernommen worden sei. Somit gehen auch die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin vor dem erkennenden Gericht, wonach das Gericht die Anzeige zwar angenommen habe, diesbezüglich allerdings nichts unternommen worden sei, ins Leere.

Zudem waren auch ihre Ausführungen vor dem Bundesverwaltungsgericht von weiteren Steigerungen geprägt. So bringt die Erstbeschwerdeführerin zum ersten Mal vor, dass der Bruder und der Onkel des Schwiegersohnes einflussreiche Persönlichkeiten bei der DPK gewesen seien und hätten sie diese zur Zurückziehung der Anzeige zu zwingen versucht. Einerseits stellt dies ein vollkommen anderes Vorbringen dar, als ihre Ausführungen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, wonach der Schwiegersohn deshalb nicht festgenommen worden sei, weil er am Flughafen gearbeitet und er viele Leute gekannt habe. Andererseits ist dahingehend auch nicht plausibel, dass sie ein derart wesentliches Vorbringen wie die (mögliche einflussreiche) Zugehörigkeit eines Familienmitglieds des Schwiegersohnes bei der DPK oder aber auch deren allfälligen Einschüchterungsversuche zur Zurückziehung der Anzeige in den Ausführungen vor der belangten Behörde unerwähnt lässt. Bestätigt wird dies auch durch die Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin. Auch sie bringt erstmals in der mündlichen Verhandlung vor, dass die Verwandten des Schwagers einflussreiche DPK-Mitglieder gewesen seien.

Ebenso kann nicht nachvollzogen werden, dass weder die Erst-, noch die Zweitbeschwerdeführerin in ihren jeweiligen Ausführungen vor der belangten Behörde auch nur ansatzweise vorbringen, dass auf das Haus ihrer (zweiten) Tochter So[...] und des Schwiegersohnes S[...] und deren Familie ein Schussattentat verübt worden sei. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil ihre Tochter, der Schwiegersohn sowie deren Kinder aufgrund dessen daraufhin zur Erstbeschwerdeführerin geflohen wären.

Auch ist die Erstbeschwerdeführerin bei der Schilderung der Bedrohung nicht stringent. So lauten ihre dahingehenden Ausführungen bei der Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, dass der Schwiegersohn ihr bzw. ihnen Falle seines Wiederkommens die Tötung angedroht habe. Demgegenüber führt die vor der belangten Behörde vollkommen allgemein gehalten und unsubstantiiert aus, dass ihr Schwiegersohn sie von drei verschiedenen Telefonnummern aus angerufen und ihr gedroht habe, dass er ihren Sohn M[...] töten werde. Gesteigert bringt sie dahingehend beim Bundesverwaltungsgericht konkretisiert vor, dass „für den Fall, dass sie ihre Anzeige nicht zurückziehen werde, er dem M[...] in den Kopf schießen und dem S[...] (Anm. zweiter Schwiegersohn) mit dem Auto überfahren werde.

Das erstmals von der Zweitbeschwerdeführerin im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde erstattete Vorbringen, wonach sie nach dem Mordfall eines Tages ihren Schwager bei einer Moschee in der Nähe ihrer Schule gesehen habe, sie dadurch innerlich in Unruhe versetzt worden und von ihrem Lehrer nach Hause gebracht worden sei, wertet das erkennende Gericht ebenfalls als Steigerung des Fluchtvorbringens. Viel mehr beabsichtigt die Zweitbeschwerdeführer dadurch ihr einerseits einer vermeintlich wohlbegründeten Furcht mehr Gewichtung zu verleihen und andererseits selbst ein Motiv für die Ausreise zu begründen. Es erschließt sich dem erkennenden Gericht nämlich nicht, weshalb sie diesen sie persönlich treffenden und somit für sie auch nicht unwesentlichen Punkt bei der Erstbefragung nicht ansatzweise erwähnt. Auch lässt das erkennende Gericht nicht außer Acht, dass auch die Erstbeschwerdeführerin diesen Teil des Fluchtvorbringens nicht in ihrer Erstbefragung und auch nicht in ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde vorbringt.

Hinsichtlich der vorangegangenen Darstellungen ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Dahingehend lässt das erkennende Gericht ebenfalls nicht außer Acht, dass die Erstbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorbrachte, dass sie an Vergesslichkeit leide und der Referent sie nicht zu ihrer (Anm. gemeint vermutlich ermordeten) Tochter gefragt habe, da ihr schlecht geworden sei und sie Herzprobleme gehabt habe, woraufhin dieser die Befragung eingestellt habe. Dahingehend ist jedoch anzumerken, dass sie bereits vor der belangten Behörde zu ihrem Gesundheitszustand befragt wurde. Sie verwies dabei lediglich auf Magen- und Schlafprobleme. Eine allfällige Vergesslichkeit oder eingeschränkte Merkfähigkeit wurde hierbei nicht behauptet. Ebenso bringt sie vor dem erkennenden Gericht nach ihrem Gesundheitszustand befragt zunächst ausschließlich ihre physischen und psychischen Leiden vor. Eine – möglicherweise mit ihrer Depression einhergehende – allfällige Vergesslichkeit oder eingeschränkte Merkfähigkeit wurde hierbei ebenfalls nicht behauptet. Auch lässt der erkennende Richter nicht unberücksichtigt, dass – wie bereits von der belangten Behörde angefragt – auch vor dem erkennenden Gericht keinerlei medizinische Unterlagen – welche unter anderem eine allfällige Vergesslichkeit belegen würden – vorgelegt wurden. Ihre Vergesslichkeit behauptet die Erstbeschwerdeführerin somit erst spät, auf Nachfragen des erkennenden Richters, ob sie aus zu ihren bisherigen Angaben noch etwas ergänzen oder berichtigen möchte. Vielmehr wertet das erkennende Gericht dies ebenfalls als Versuch, dadurch allfällige Widersprüche in den vorangegangenen Einvernahmen zu relativieren und allenfalls begründbar zu machen. Dem Vorbringen, wonach der Referent aufgrund ihrer Übelkeit bzw. Herzprobleme die Befragung eingestellt habe, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Hierfür ergaben sich aus dem Einvernahmeprotokoll der belangten Behörde keinerlei Anhaltspunkte. Weder wurde eine Unterbrechung oder ein sonstiger Vermerk über einen auffälligen (Gesundheits-)Zustand der Erstbeschwerdeführerin protokolliert. Ungeachtet dessen wurde ihr im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausreichend Möglichkeit einer Stellungnahme und Darlegung ihrer Fluchtmotive eingeräumt.

Berücksichtigt man die Ausführungen vor der belangten Behörde, ist dieser zuzustimmen, wenn sie das Fluchtvorbringen der Erstbeschwerdeführerin als „blass“, wenig detailreich und oberflächlich bewertet. Die Erstbeschwerdeführerin legt ihr gesamtes Fluchtvorbringen in zehn Sätzen dar. Die wesentlichsten Punkte, nämlich die Anrufe des Schwiegersohns und die von ihm ausgesprochene Drohung werden vollkommen abstrakt und allgemein gehalten in zwei Sätzen geschildert. Allfällige Details oder Einzelheiten zu diesen beiden Punkten bleiben vollkommen ausgespart. Demgegenüber gestalten sich die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen der freien Schilderung ihres Fluchtmotives vor dem erkennenden Gericht gänzlich anders. Allerdings gewann der erkennende Richter im Zuge der mündlichen Verhandlung den persönlichen Eindruck, eines durchdachten und konstruierten Fluchtmotives. Ihre Ausführungen zu den Fluchtgründen legte sie absolut emotionslos und nüchtern dar. Emotional wurde die Erstbeschwerdeführerin erst bei der Frage, was ihr im Fall einer Rückkehr passieren würde. Allerdings war es nicht der Gedanke einer wiederauflebenden Bedrohung, der sie emotional werden ließ, sondern rein wirtschaftliche Überlegungen – so habe sie nichts mehr in Kurdistan, sie habe ihr Haus und ihre Kinder verloren und werde sie im Falle der Rückkehr vor dem Nichts stehen. Zeitweise wirkten die Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin für den erkennenden Richter sehr „aufsatzartig“. Das lag vor allem in der – im Vergleich zu ihrem Vorbringen vor der belangten Behörde – „durchstrukturierten“ und der durchaus im Vorhinein „vorbereiteten“ Schilderung ihrer Fluchtgründe. Ihre diesbezüglichen Ausführungen passten allerdings überhaupt nicht in das Bild, dass sie dem erkennenden Gericht eingangs der Befragung zu ihren Fluchtgründen vermitteln versuchte, wonach sie vergesslich und emotional verhaftet sei.

Auch wenn die Zweitbeschwerdeführerin nicht selbst bedroht wurde und sie somit die Bedrohung nur vom „Hörensagen“ kenne, lässt das erkennende Gericht in diesem Zusammenhang auch nicht den Widerspruch unberücksichtigt, dass die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht abweichend angibt, dass die Erstbeschwerdeführerin von drei unterschiedlichen Rufnummer Drohanrufe vom Schwager und – nunmehr im Gegensatz zu den Ausführungen der Erstbeschwerdeführerin – auch von dessen Familie erhalten habe.

Dem Einwand im Beschwerdeschriftsatz, wonach die belangte Behörde nicht alle Unterlagen angenommen habe und sie somit auch die dokumentierten Anzeigen aller Bedrohungen nicht genau nachvollziehen habe können und sie deshalb zu einer falschen Einschätzung gelangt sei, kann nicht gefolgt werden. Hierbei handelt es sich um eine unsubstantiierte Behauptung und lässt diese keinen Rückschluss zu, welche Dokumente unberücksichtigt geblieben seien und wird dahingehend auf die Ausführungen zum Erkenntnis betreffend den Schwiegersohn S[...] (Familienverfahrens I422 2208094-1/21E, ua.) verwiesen. Demzufolge protokollierte die belangte Behörde im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme des Schwiegersohnes S[...] die Vorlage einer „Zeugenaussage bei der Polizei vom 30.11.2014“ als Beweismittel. Zudem berücksichtigte die belangte Behörde dieses vorgelegte Beweismittel in der niederschriftlichen Einvernahme und erkundigte sich beim Schwiegersohn S[...], weshalb er „nur“ die Kopie seiner (Anm. Zeugen-)Aussage, jedoch keine Kopie seiner Anzeige wegen dem Beschuss des Hauses habe.

Zu dem nunmehr mit Beschwerdeschriftsatz vom 14.09.2018 mit „Alle Anzeigen, Gerichtsunterlagen, usw.“ betitelten und übermittelten Konvolut an kurdischsprachigen Unterlagen ist auszuführen, dass den Beschwerdeführern in Hinblick auf die Rechtsprechung des VwGH vom 20.06.2017, Ra 2016/01/0288 im Rahmen eines Verbesserungsauftrages die Beibringung einer Übersetzung aufgetragen wurde. Dem Verbesserungsauftrag wurde nicht entsprochen und fand somit die im Verbesserungsauftrag angedrohte Folge einer sonstigen Nichtberücksichtigung statt.

Ebenso ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn diese auf den fehlenden zeitlichen Konnex zwischen behaupteter Bedrohung und tatsächlich erfolgter Ausreise verweist. Berücksichtigt man – unter Einbeziehung der diesbezüglich glaubhaften Angaben des Schwiegersohnes S[...] – dass die Tochter der Erstbeschwerdeführerin am 19.11.2014 ermordet, die Anzeige durch die Erstbeschwerdeführerin am 24.11.2014 erfolgte und der Schwiegersohn S[...] bereits am 30.11.2014 vom Gericht zeugenschaftlich einvernommen worden sei mit den Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde, wonach sie für einen Zeitraum von drei bis vier Monaten – somit bis längstens März/April 2015 – mehrfach einvernommen worden seien, ist es nicht nachvollziehbar, dass die Ausreise erst am 04.02.2016 erfolgte. Dahingehend verweist die belangte Behörde vollkommen zu Recht, dass zwischen behaupteter Verfolgung und der Ausreise keine zeitliche Konnexität besteht. Dem Einwand, wonach die Beschwerdeführerinnen vor der Ausreise nicht mehr zu Hause gewohnt hätten, vermag das erkennende Gericht keinen Glauben schenken und vermag es den Umstand des mangelnden Konnexes nicht zu entkräften. Einerseits sprach die Zweitbeschwerdeführerin lediglich von „ein paar Tagen“. Andererseits lagen diesbezüglich auch ein Widerspruch vor. Während die Zweitbeschwerdeführerin angab, dass sie Tage vor der Ausreise zwar untertags zu Hause anwesend gewesen seien und nachts bei anderen Verwandten wie beispielsweise Onkel und Freunden geschlafen hätten, bestätigte die Erstbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde, dass sie bis zu ihrer Ausreise in XXXX , im Stadtviertel D[...] in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Sohn K[...] und dessen Familie, ihrer Tochter Su[...] und ihrem Sohn M[...] gelebt haben. Die mangelnde Überzeugung liegt auch darin, dass sich nicht nur die Erst- und Zweitbeschwerdeführerin in dieser Zeit eine andere Unterkunft hätten suchen müssen, sondern auch der Sohn bzw. Bruder namens K[...] und dessen Familie sowie die weitere Tochter bzw. Schwester namens So[...] und deren Familie und somit insgesamt elf Personen bei Verwandten und Freunden anderweitig unterkommen hätten müssen. Auch ist es den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin nicht plausibel, dass sie lediglich auswärts nächtigten und sie sich untertags immer wieder nach Hause zurückkehren. Dies vor allem deshalb, weil sie dort untertags als Leichtes vom Schwager hätten aufgefunden werden können.

Wenn bezüglich der Konnexität in der Beschwerde erstmals ergänzend vorgebracht wird, dass Teil der Familie – der Sohn K[...] und der Schwiegersohn S[...] der Erstbeschwerdeführerin – als Zeuge bei Gericht geführt und deshalb über ihn eine Ausreisesperre verhängt worden sei, wertet das erkennende Gericht dies als Schutzbehauptung und gesteigertes Vorbringen, mit dem lediglich der von der belangten Behörde aufgezeigte fehlende zeitliche Zusammenhang zwischen der vermeintlichen Bedrohung und der tatsächlichen Ausreise zu erklären versucht wird. Das erkennende Gericht kommt vor allem deshalb zu dieser Ansicht, weil weder Schwiegersohn S[...], noch die Tochter So[...] in ihren Aussagen vor der belangten Behörde Ausführungen zu einem allfälligen Ausreiseverbot erstatteten. Dies erklärt außerdem nicht, weshalb die Erstbeschwerdeführerin nicht bereits früher beispielsweise mit ihrer anderen Tochter Su[...] ausgereist ist. In diesem Zusammenhang lässt das erkennende Gericht auch nicht außer Acht, dass ihr Sohn M[...] ebenfalls in diesem Zeitraum am 21.06.2015 ausreiste und somit auch eine Ausreise in männlicher Begleitung hätte erfolgen können. Auch hier wird auf die Ausführungen der Tochter So[...] und des Schwiegersohnes S[...], wonach eine umgehende Ausreise nach der Bedrohung deshalb nicht erfolgte, weil man abwarten habe wollen, wie es weitergeht bzw. was die (Anm. gemeint heimatstaatlichen) Behörden noch bei den Ermittlungen schaffe.

Bezüglich der im Beschwerdevorbringen getätigte Ausführungen über das Ausreiseverbot und der Ausreise des Sohnes M[...] lässt das erkennende Gericht auch nicht unberücksichtigt, dass diese einen Widerspruch und eine Unplausibilität aufweisen. So wird im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt, dass die „Drohungen erst Monate später“ begannen, weshalb auch der Sohn M[...] der Erstbeschwerdeführerin floh. Den Angaben ihres Schwiegersohnes S[...]folgend begann die Drohung 15 bis 20 Tage nachdem er seine Aussage vor der Polizei gemacht hatte. Die Drohung begann daher Mitte Dezember 2014 und somit unmittelbar nach dem Mord bzw. der Zeugenaussage und nicht „erst Monate später“. Ebenso verließ der Sohn M[...] nicht unmittelbar nach der Drohung das Land, sondern reiste er dessen eigenen Angaben nach erst am 21.06.2015 und somit ebenfalls mit einer Verzögerung von rund einem halben Jahr aus seinem Herkunftsstaat aus. Diesbezüglich mangelt es dem Beschwerdevorbringen auch an Stringenz.

Der Vollständigkeit halber ist unter Berücksichtigung der vorangegangenen Ausführungen daher auch dem Antrag im Beschwerdeschriftsatz, wonach das erkennende Gericht zu ermitteln hätte, ob Zeugen in einem Gerichtsverfahren nicht ausreisen dürfen oder wenn ja, unter welchen sie ausreisen dürften, nicht zu folgen. Wie im Erkenntnis I422 2208094-1/21E ausführlich dargestellt, wertet das erkennende Gericht das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, wonach der Sohn K[...] und der Schwiegersohn S[...] als Zeugen bei Gericht geführt und deshalb über sei eine Ausreisesperre verhängt worden sei, als Steigerung und Schutzbehauptung dem die Glaubhaftigkeit zu versagen war.

Es ist der belangten Behörde auch beizupflichten, die darauf verweist, dass das Verhalten des Sohnes M[...] der Erstbeschwerdeführerin und zugleich Bruder der Zweitbeschwerdeführerin den Verdacht erhärtet, dass es sich beim Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerinnen lediglich um ein Konstrukt handelt. Es ist dahingehend nicht nachvollziehbar, dass dieser bei seiner Einreise im Juli 2015 den Tod der Schwester und die daraus resultierende Verfolgung durch den Schwager vollkommen unerwähnt lässt und er erst drei Jahre später in seiner Einvernahme vom 30.04.2018 erstmals vorbringt, dass er die gleichen Fluchtmotive wie der Familienverband hat, dem auch die Erstbeschwerdeführerin angehört. Dem dahingehenden Beschwerdeeinwand, wonach der Sohn M[...] zum damaligen Zeitpunkt minderjährig gewesen sei, es ihm leid tue und sein Verhalten nicht zum Nachteil der Familie gereichen könne, kann nicht beigetreten werden. Einerseits war der Sohn M[...] zum Zeitpunkt der Asylantragstellung volljährig. Andererseits ist unter Berücksichtigung der zuvor zitierten höchstgerichtlichen Judikatur anzunehmen, dass eine Person, die den internationalen Schutz eines anderen Staates erbittet, ihr tatsächliches, entscheidungsrelevantes Fluchtmotive wahrheitsgemäß und glaubhaft erstattet und alles Dienliche zur Untermauerung ihres Fluchtvorbringens vorbringt.

In einer Zusammenschau der vorangegangenen Ausführungen erweist sich das Fluchtvorbringen, wonach die Beschwerdeführerinnen in ihrem Herkunftsstaat einer Bedrohung durch den Schwiegersohn bzw. Schwager ausgesetzt gewesen seien und sie deshalb ihren Herkunftsstaat verlassen haben, als nicht glaubhaft.

Die Feststellung, dass die Ausreise der Beschwerdeführerinnen auf wirtschaftlichen Motiven basiert, gründet auch aus den Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde, wenn sie vermeint, dass das gute Leben erst hier in Österreich begonnen habe.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Ergänzend wurden auch der Inhalt einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Sicherheitslage in Dohuk, XXXX und gesamten Irak" [a-10955-1] datierend vom 18.04.2019; sowie einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema Irak: „Behandlungsmöglichkeiten bei psychischen Erkrankungen (z.B. bei posttraumatischer Belastungsstörung), Verügbarkeit von Antidepressiva und (sedierenden) Antipsychotika, Verfügbarkeit von Medikamenten gegen Bluthochdruck)", datierend vom 12.02.2019 und eine von der Rechtsvertretung vorgelegte ACCORD-Anfragebeantwortung zum Thema „Autonome Region Kurdistan: Sicherheitslage; Kampfhandlungen, Anschlagskriminalität“ [a-108821], datierend vom 21.02.2019 berücksichtigt.

Der wesentliche Inhalt der Länderberichte und die ergänzenden Dokumente wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert. Hiezu führten die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in der ihnen eingeräumten Möglichkeit einer Stellungnahme aus, dass die allgemeine Sicherheit im kurdischen Gebiet gegeben ist und im Vergleich zu anderen Landesteilen noch stabiler ist. Auch seien eine medizinische Grundversorgung gewährleistet, allerdings müsse man sich diese leisten können, was aufgrund der schlechten Wirtschaftslage nicht für alle möglich sei. Ergänzend brachte die Erstbeschwerdeführerin zur Sicherheitslage vor, dass viele Straftaten schnell aufgeklärt werden würden, in ihrem Fall sei der Mörder jedoch noch nicht gefasst. Die Rechtsvertreterin monierte, dass die derzeitige Sicherheitslage besorgniserregend sei und verwies auf die von ihr vorgelegte Anfragebeantwortung. Des Weiteren verwies sie zudem auf die Schutzbedürftigkeit von alleinstehenden Frauen hin.

Weder die Beschwerdeführerinnen, noch deren Rechtsvertreter sind den getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, substantiiert entgegengetreten. Der Inhalt der vorgelegten Anfragebeantwortung von ACCORD deckt sich im Wesentlichen mit der vom erkennenden Gericht berücksichtigten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema Sicherheitslage in Dohuk, XXXX und gesamten Irak", wobei das vom erkennenden Gericht die etwas aktueller ist und auch speziell auf XXXX eingeht. Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern. Vielmehr sparen die Länderfeststellungen die im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerinnen vorherrschenden Schwierigkeiten und Probleme, wie im gegenständlichen Fall insbesondere im Bereich der gegenwärtigen Sicherheitslage in der autonomen Region Kurdistan nicht nur nicht aus, sondern legen diese ebenfalls offen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233; 17.11.2017, Ra 2017/20/0404).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, vermochten die Beschwerdeführerinnen im gegenständlichen Verfahren keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143; ua.).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174; 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Wie umseits bereits dargelegt wurde, droht den Beschwerdeführerinnen im Irak keine asylrelevante Verfolgung.

Auch dafür, dass den Beschwerdeführerinnen im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Den Lebensunterhalt bestritten die Beschwerdeführerinnen bislang durch den Ehegatten und den Sohn der Erstbeschwerdeführerin. Dahingehend wird auch berücksichtigt, dass die Asylansuchen ihrer beiden Söhne sowie ihrer Tochter in Österreich von der belangten Behörde ebenfalls bereits negativ entschieden wurden und deren Aufenthalt im Bundesgebiet somit nicht gesichert ist. Dies bedeutet auch, dass eine Rückkehr des Familienverbandes – und somit auch von männlichen Verwandten – vorgesehen ist. Die besondere Vulnerabilität alleinstehender Frauen kann daher in Bezug auf die beiden Beschwerdeführerinnen somit nicht abgeleitet werden. Es ist in diesem Zusammenhang auch davon auszugehen, dass durch die Fortführung des Lebens im Irak als Familienverbandes– in der Form wie er vor der Ausreise bestanden hat – auch die Existenz der Beschwerdeführerinnen durch die (Wieder)Aufnahme von Beschäftigungen ihrer beiden Söhne sichergestellt ist. Darüber hinaus bleibt auch nicht unberücksichtigt, dass es sich bei der Zweitbeschwerdeführerin um eine volljährige, gesunde Frau handelt und sie erwerbsfähig ist. Es steht ihr somit frei, sich ihren Lebensunterhalt durch die Aufnahme einer adäquaten Beschäftigung wie beispielsweise Hilfsarbeiten etc. zu verdienen und sich so ihren Lebensunterhalt zu verdienen bzw. ihren Beitrag zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes der Erstbeschwerdeführerin zu leisten. Darüber hinaus leben nach wie vor zwei Töchter der Erstbeschwerdeführer der Erstbeschwerdeführerin im Irak und besteht zu ihnen ein aufrechter Kontakt. Ebenfalls wird auch der familiäre Anknüpfungspunkt in Form der Geschwister der Erstbeschwerdeführerin nicht außer Acht gelassen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu überprüfen, ob bei einer Rückkehr der Erstbeschwerdeführerin die Behandlungsmöglichkeiten ihres Gesundheitszustandes im Einklang mit den Bestimmungen des Art 3 EMRK stehen. Zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Erstbeschwerdeführerin ist anzumerken, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff bzw. VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0105). Die gesundheitliche Beeinträchtigung der Erstbeschwerdeführerin in Form von Magenproblemen, Bluthochdruck, einer Depression sowie Schlafstörungen sind im Irak behandelbar. Dies bestätigte die Erstbeschwerdeführerin indem sie die diesbezüglichen Ausführungen der Länderberichte – wonach die medizinische Grundversorgung gewährleistet ist – selbst bejahte. Dahingehend bleibt auch nicht unberücksichtigt, dass die Erstbeschwerdeführerin diese auch selbst in Anspruch nahm und sich im Irak für sechs Monate in psychiatrische (und dabei auch stationäre) Betreuung begab.

Damit sind die Beschwerdeführerinnen durch die Abschiebung in den Irak nicht in ihrem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass die Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber ihrer Situation im Irak bessergestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würden im Irak keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht im Irak derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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