TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 I407 2111343-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I407 2111343-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Stefan MUMELTER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX ), StA. Kamerun (alias Elfenbeinküste), vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Julia Kolda, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger aus Kamerun, wurde am 25.01.2013 wegen widerrechtlichen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen. Am folgenden Tag stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am 27.01.2013 stattfindenden Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erklärte er, dass er im Jahr 2008 in Duala an einigen Demonstrationen gegen die Regierung teilgenommen habe. In weiterer Folge sei er auf einer Liste gestanden und per Haftbefehl gesucht worden. Er habe sich dann ein Jahr in einem Dorf an der nigerianischen Grenze aufgehalten, danach habe er sich in Nigeria, Niger und Algerien aufgehalten. Er habe über das Meer übergesetzt und sich dann in einem ihm unbekannten Land wiedergefunden, von wo aus er im August 2012 nach Österreich geflogen sei. Konfrontiert damit, dass ein Eurodac-Treffer ergeben habe, dass er sich Ende Mai 2011 in Spanien aufgehalten habe, erklärte er zunächst, an Gedächtnisschwund zu leiden und in weiterer Folge, dass er noch nie in seinem Leben in Spanien gewesen sei.

Als Antwort auf eine Anfrage der österreichischen Behörden langte am 05.03.2013 eine Information der spanischen Behörden ein, dass der Beschwerdeführer am 30.05.2011 wegen illegaler Einreise festgehalten worden sei und wiederum am 11.07.2011 wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes. Er habe keinen Asylantrag gestellt, die Ausweisung sei geplant gewesen, habe aber wegen unbekannten Aufenthaltes nicht durchgeführt werden können. Der Beschwerdeführer sei unter dem Name XXXX aufgetreten und habe angegeben von der Elfenbeinküste zu stammen und am XXXX geboren zu sein.

Das Bundesasylamt veranlasste ein Sprachanalysegutachten, welches von XXXX am 20.10.2013 erstellt wurde. Der Gutachter kam zusammengefasst zum Ergebnis, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Kamerun festzustellen sei.

Der Beschwerdeführer wurde am 16.03.2015 niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD Oberösterreich, einvernommen. Der Beschwerdeführer gab zunächst an, gesund zu seien und keinerlei Dokumente aus seiner Heimat zu besitzen. Auf das Wesentlichste zusammengefasst, brachte er vor, Mitglied einer Organisation namens Maja gewesen zu sein, welche sich um die Jahrtausendwende aufgelöst habe. Er habe an einem Streik am 25.02.2008 teilgenommen. Der Streik sei von den Soldaten aufgelöst worden, welche auf die Streikenden geschossen haben würden. Einige Personen seien getötet, andere verhaftet worden. Der Beschwerdeführer selbst sei zu seiner Mutter geflüchtet und habe sich dort ca. zwei Monate aufgehalten. Dann sei er weiter zu seinem Vater. Dort habe er einen Mann kennengelernt. Dieser habe ihm Geld gegeben, das er einem anderen Mann bringen sollte. Auf dem Weg, um das Geld zu übergeben, sei der Beschwerdeführer Opfer eines Raubüberfalls geworden. Er sei so schwer verletzt gewesen, dass er sich im Spital habe behandeln lassen müssen. Er habe dann die Nachricht bekommen, dass der Mann, dessen Geld geraubt worden sei, vorhabe, das Geld zurückzufordern und mit einigen Soldaten zu ihm zu kommen. Dies sei der fluchtauslösende Moment gewesen. Er habe Kamerun am 08. oder 09.01.2009 verlassen. Seither sei er nie mehr in Kamerun gewesen. Sein Vater habe ihm erklärt, dass der besagte Mann noch immer zu ihm komme und das Geld verlange.

Mit Datum vom 22.04.2015 langte eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. Darin wurde im Wesentlichen bestätigt, dass es tatsächlich im Februar 2008 in Folge eines landesweiten Streikes zu Unruhen gekommen sei. Einige Personen seien auch verurteilt worden. Es würde aber keine Hinweise geben, dass Personen, die an diesen Demonstrationen teilgenommen haben würden, nach wie vor von den kamerunischen Behörden verfolgt würden. Im Mai 2008 habe der Präsident auch ein Dekret unterzeichnet, wonach die Haftstrafen für Jugendliche, die an den Aufständen im Februar 2008 teilgenommen haben würden, reduziert werden. Ende 2009 seien noch etwa 220 Personen im Zusammenhang mit der Beteiligung an den Unruhen inhaftiert gewesen. Die Ergebnisse der Staatendokumentation wurden dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt.

In einer Stellungnahme vom 11.06.2015, übermittelt vom damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, dem MigrantInnenverein St. Marx, wurde zunächst festgestellt, dass der vom Beschwerdeführer beschriebene Streik im Februar 2008 auch in der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation bestätigt werde. Sowohl der Name des Flusses als auch die näheren vom Beschwerdeführer geschilderten Umstände seien bestätigt worden. Es werde darin auch bestätigt, dass es eine Liste mit Teilnehmern der Demonstration geben würde. Der Beschwerdeführer sei auf dieser Liste vermerkt. Nach den Streiks sei es zu einer Welle von systematischen und willkürlichen Festnahmen gekommen. Auch wenn einige Quellen von Freilassungen berichten würden, würden andere von neuen Inhaftierungen berichten. Daher wäre der Beschwerdeführer von einer willkürlichen Verhaftung real bedroht. Der Beschwerdeführer habe auch bereits versucht, eine innerstaatliche Fluchtalternative zu finden, sei dann aber neuerlich in Probleme geraten. Dem ehemaligen Arbeitgeber sei jedes Mittel recht, um dem Beschwerdeführer Schwierigkeiten zu bereiten.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom „23.11.2012“ [gemeint wohl: 26.01.2013] hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia [gemeint wohl: Kamerun] abgewiesen (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia [gemeint wohl: Kamerun] zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III). Im angefochtenen Bescheid wurde dann allerdings vom Herkunftsland Kamerun ausgegangen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei von keiner Verfolgung durch irgendwelche kamerunischen Behörden auszugehen. Kamerun verfüge auch über ein ausgeprägtes Strafrechtswesen, so dass man sich gegen eine Verfolgung durch Privatpersonen zur Wehr setzen könne. Der Beschwerdeführer habe aufgrund seiner Familie auch ein soziales Auffangnetz in Kamerun. Ein besonders schützenswertes Privat- oder Familienleben in Österreich würde sich nicht ergeben haben.

Gegen diesen am 13.07.2015 zugestellten Bescheid wurde in offener Frist Beschwerde erhoben. Zunächst wurde darauf hingewiesen, dass dem Beschwerdeführer das Gutachten von XXXX vorenthalten worden sei. Die Anfragebeantwortung habe viele Angaben des Beschwerdeführers bestätigt. Im Bescheid werde im deutschen Spruch als Herkunftsstaat Gambia genannt, während in der englischen Übersetzung von einem Herkunftsstaat Nigeria ausgegangen werde, wobei der Beschwerdeführer tatsächlich aus Kamerun stamme. In weiterer Folge wurde auf verschiedene Integrationsmerkmale des Beschwerdeführers verwiesen. Der Bescheid sei allein schon wegen des Widerspruchs im Spruch rechts- und verfassungswidrig. Zudem werde nicht der tatsächlich am 26.01.2013 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers, sondern ein unbekannter Asylantrag vom 23.11.2012 abgewiesen. In weiterer Folge wurde auch noch darauf hingewiesen, dass die Rechtsmittelbelehrung aufgrund der verkürzten Beschwerdefrist von zwei Wochen gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG als verfassungswidrig angesehen werde. Es wurde beantragt, nach mündlicher Verhandlung festzustellen, dass die Rechtsmittelbelehrung verfassungswidrig sei, die bekämpfte Entscheidung zu beheben, festzustellen, dass der Abweisungsantrag auf internationalen Schutz hinsichtlich Gambia bzw. Nigeria, ebenso jeden anderen Staates nicht zulässig ist, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht zulässig sei, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Gambia bzw. Nigeria und ebenso in jeden anderen Staat nicht zulässig sei, den Fall an die erste Instanz zurückzuverweisen um schließlich Asyl, in eventu subsidiären Schutz zu gewähren und festzustellen, dass die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet dauerhaft unzulässig ist.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.07.2015 vorgelegt und am 13.03.2017 wurde eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht abgehalten.

Mit Erkenntnis zu I403 2111343-1/14E vom 14.02.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen diesen Bescheid als unbegründet abgewiesen.

2. Der Beschwerdeführer verblieb in der Folge trotz der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung illegal im österreichischen Bundesgebiet und brachte am 20.08.2018 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Er erklärte, dass er seine Gründe aus der Erstantragstellung aufrecht halte. Zusätzlich habe sich die politische Situation in Kamerun allerdings verschlechtert. Er gehöre zu den englischsprachigen Minderheiten, welche von den französisch sprechenden Einheimischen und auch vom Militär verfolgt und umgebracht werde. Seine ganze Familie habe aus dem Heimatort fliehen müssen, da man ihr Haus zur Gänze verbrannt habe, ein Cousin sei ermordet worden. Er selbst werde namentlich gesucht. Er habe im Prinzip schon die ganze Zeit über diese Umstände Bescheid gewusst und verfolge die Situation auch in den Medien.

Am 06.09.2018 wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Er erklärte, dass er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, da er in den Kamerun zurückkehren hätte sollen, sich die Lage dort aber zugespitzt habe. Er sei Mitglied der „Youth-Organisation“ und werde namentlich gesucht. Die Kämpfe seien nun wieder aktiv und man wisse von früher, dass er ein Sympathisant gewesen sei, weswegen sein leben nun wieder in Gefahr sei. Man habe ihm vorgeworfen, dass er Waffenkäufe finanziell unterstützt habe, was ihm Angst mache.

Am 17.09.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass er bis heute nichts von seinen Eltern gehört habe. Die Straßen in seinem Dorf seien alle durch die französische Gendarmerie und das Militär blockiert worden, daher sei keine Kommunikation möglich.

Mit Schreiben vom 31.10.2018 wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen zu Kamerun einzubringen gewährt.

Am 14.11.2018 gab der Beschwerdeführer – durch seine Rechtsvertretung – eine Stellungnahme ab und erklärte, dass er in Österreich mittlerweile eine Beziehung führe und zum Sohn seiner Lebensgefährtin eine Vater-Sohn ähnliche Beziehung habe. Die Unterdrückung der anglophonen Minderheit im Kamerun bestehe zwar schon seit Jahren, allerdings habe sie sich in letzter Zeit verschärft.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.12.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kamerun abgewiesen (Spruchpunkt II).Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Kamerun gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Absatz 1a FPG wurde festgehalten, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkte VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkte VII.). Die belangte Behörde führte beweiswürdigend aus, dass der Beschwerdeführer keine neuen entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht habe.

Mit Schreiben vom 17.12.2018 erhob der Beschwerdeführer – durch seine Rechtsvertretung – gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12.07.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Menschenrechtssituation für Angehörige der anglophonen Minderheit im Kamerun äußerst prekär sei und sich zuletzt sogar verschärft habe.

Mit Schriftsatz vom 18.12.2018 legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

Mit Schreiben vom 24.07.2019 wurden aktuelle Berichte zur Situation in Kamerun eingereicht und darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer kein Verschulden an der langen Verfahrensdauer trage.

Mit am 16.10.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben stellte der Beschwerdeführer - durch seine Rechtsvertretung – den Antrag zum Beweis seiner außergewöhnlichen Integration 33 Zeugen einzuvernehmen.

Dem Beschwerdeführer wurde am 12.03.2020 das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu seinem Herkunftsstaat Kamerun vom 17.05.2019 zum Parteiengehör übermittelt.

Der Beschwerdeführer hat durch seine Rechtsvertretung am 23.03.2020 zum Länderinformationblatt Stellung genommen und ausgeführt, dass sich die Konflikte zwischen Staatssicherheitskräften und Separatisten in den anglophonen Regionen verschärft haben, sich jüngste Ereignisse in einem näher bezeichneten Dorf im Kamerun nicht im LIB wiederfinden würden, Zivilisten in den anglophonen Regionen Kameruns „weiterhin“ Massenverbrechen ausgesetzt seien, die auf weit verbreitete Gewalt zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Separatisten zurückzuführen wären. Die bewaffnete extremistische Gruppe Boko Haram seien ebenfalls eine „anhaltende“ Bedrohung. Es bestehe eine Reisewarnung des BMEIA.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Kameruns. Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Er ist unbescholten.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Im Kamerun leben seine Mutter, sein Bruder, seine uneheliche Tochter und weitere Verwandte. Er steht regelmäßig, wenn auch nicht häufig mit ihnen in Kontakt.

In Österreich lebt ein Cousin des Vaters des Beschwerdeführers, zu welchem er gelegentlich telefonischen Kontakt hat. Dieser und seine Vermieterin, bei der er unentgeltlich wohnen kann und welche ihn auch mitverpflegt, unterstützen ihn gelegentlich finanziell.

Außerdem führt der Beschwerdeführer eine Beziehung mit Frau P H und hat auch eine Verbindung mit deren Sohn und Familie aufgebaut. Allerdings besteht kein gemeinsamer Wohnsitz und ist diese Beziehung erst vor ca. eineinhalb Jahren und folglich nach seiner illegalen Einreise und nach seinem ersten rechtskräftig entschiedenen Asylverfahren samt Rückkehrentscheidung entstanden.

Es leben keine Familienangehörigen oder weiteren Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich. Der Beschwerdeführer hat in den sieben Jahren seines Aufenthaltes im Bundesgebiet außerordentliche Integrationsschritte gesetzt. Er absolvierte den Pflichtschulabschluss, spricht gut Deutsch und hat sich gesellschaftlich, sportlich, ehrenamtlich und beruflich engagiert. Er hat zahlreiche Freundschaften geschlossen, lebt in einer Privatunterkunft und hat eine Einstellungszusage vorgelegt.

1.2. Zum Vorverfahren und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer stellte am 26.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.06.2015 und in weiterer Folge mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2017 rechtskräftig negativ entschieden wurde.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor. Die geltend gemachte Verfolgung war bereits Gegenstand des abgeschlossenen Verfahrens.

Sein zusätzliches, erstmals im Folgeverfahren angeführtes Vorbringen, dass er Mitglied der englischsprachigen Minderheit sei und deswegen im Kamerun verfolgt werde, weist keinen glaubhaften Kern auf und hätte der Beschwerdeführer bereits im Erstverfahren anführen können.

Die individuelle Situation für den Beschwerdeführer hinsichtlich seines Herkunftsstaates Kamerun hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist, weshalb festgestellt wird, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Kamerun weder eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet noch für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der letzten Entscheidung nicht eingetreten, insbesondere nicht auf das Vorbringen bezogen. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Im angefochtenen Bescheid wurden die Länderinformationen betreffend Kamerun zitiert. Im Beschwerdeverfahren sind keine wesentlichen Änderungen dieser entscheidenden Sachverhaltselemente bekannt geworden. Im gegebenen Zusammenhang sind daher mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

Sicherheitslage:

Es gibt keine Bürgerkriegsgebiete. Allerdings gibt es seit Ende 2017 gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppen in den beiden anglophonen Regionen North West und South West (AA 15.1.2019). Die Konflikte zwischen Staatssicherheitskräften und Separatisten haben sich 2018 in den anglophonen Regionen verschärft (FH 4.2.2019). Für den Großteil des Staatsgebiets Kameruns wird seitens des französischen Außenministeriums bzgl. Reisen nicht abgeraten, allerdings wird zu verstärkter Wachsamkeit aufgerufen (FD 6.5.2019). Die Sicherheitslage bleibt in der gesamten Sahelzone kritisch (EDA 6.5.2019). Abgeraten wird von Reisen in die Grenzgebiete zu Nigeria, dem Tschad und der zentralafrikanischen Republik; in die Provinz Extrême-Nord und den nördlichen Teil der Provinz Nord (FD 6.5.2019; vgl. BMEIA 6.5.2019; AA 6.5.2019; EDA 6.5.2019). Reisen in die Provinzen Nord und Adamaoua sollten nur unternommen werden, wenn diese dringend notwendig sind; hier ist das Terrorismusrisiko geringer als in der Provinz Extrême-Nord (FD 6.5.2019; vgl. AA 6.5.2019).

Vor Reisen in die englischsprachigen Regionen Nordwest und Südwest wird aufgrund der angespannten Sicherheitslage gewarnt (AA 6.5.2019; vgl. BMEIA 6.5.2019; EDA 6.5.2019). Immer wieder kommt es zu politisch bedingten Unruhen, vor allem in Bamenda (EDA 6.5.2019). Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppierungen mit Toten und Verletzten dauern in beiden Regionen an (AA 6.5.2019; vgl. EDA 6.5.2019). Gewaltsame Zusammenstöße zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften sowie bewaffnete Überfälle auf Sicherheitskräfte haben wiederholt Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 6.5.2019).

Die prekäre Sicherheitslage in der Zentralafrikanischen Republik wirkt sich auch auf das Grenzgebiet zu Kamerun aus. Es besteht ein hohes Risiko von Überfällen durch gewalttätige Straßenräuber sowie die Gefahr von Entführungen zwecks Lösegelderpressung. Von Reisen in das Grenzgebiet zur Zentralafrikanischen Republik wird abgeraten (EDA 6.5.2019).

Zudem muss aufgrund der allgemein sehr schwierigen Lebensbedingungen der Bevölkerung mit Straßenprotesten gerechnet werden. Ausschreitungen und gewalttätige Zusammenstöße kommen vor. Zum Beispiel sind Ende Januar 2019 bei politischen Protesten in Douala mehrere Personen durch Schüsse verletzt worden (EDA 6.5.2019).

Obwohl die internationale Krisenwahrnehmung sich momentan eher auf die anglophone Region Kameruns fokussiert, wird der Krieg im Norden weiter geführt. Trotz inzwischen veränderter Strategien der Kriegsbeteiligten führten und führen die Aktivitäten von Boko Haram zu einer zunehmenden Destabilisierung der Nordregionen Kameruns (GIZ 4.2019a). Die Kämpfer der terroristischen Gruppierung Boko Haram, sind weiterhin im Grenzgebiet zu Nigeria aktiv. Im ganzen Land besteht das Risiko von Anschlägen (EDA 6.5.2019). Übergriffe auf nordkamerunische Dörfer mit Toten und Entführten sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Die kamerunischen Streitkräfte im Norden wurden verstärkt und es kommt immer wieder zu größeren Gefechten (GIZ 4.2019a).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (6.5.2019): Kamerun: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KamerunSicherheit_node.html, Zugriff 6.5.2019

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 25.3.2019

-BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (6.5.2019): Reiseinformation Kamerun, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kamerun/, Zugriff 6.5.2019

-EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (6.5.2019): Kamerun - Reisehinweise, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/kamerun/reisehinweise-kamerun.html, Zugriff 6.5.2019

-FD - France Diplomatie (6.5.2019): Cameroun - Conseils aux voyageurs – Sécurité,https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/cameroun/#securite, Zugriff 6.5.2019

-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.html, Zugriff 2.4.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

Opposition / Anglophone:

Trotz Mehrparteiensystems - Kamerun weist einen außerordentlichen Parteienreichtum auf - und mehr oder minder ordentlichen Wahlen, wird die kamerunische Politik durch den Präsidenten und 'seine' Partei, die RDPC/CPDM, die ehemalige Einheitspartei, dominiert. Politische Auseinandersetzungen finden kaum im parlamentarischen Rahmen statt, da die Assemblée Nationale/National Assembly inzwischen weitgehend von der RDPC/CPDM beherrscht wird (GIZ 4.2019a). Systematische politische Verfolgung findet aber nicht statt, jedoch können sich Oppositionsparteien nur schwer entfalten. Angesichts der Präsidentschaftswahlen am 7.10.2018 wurden Veranstaltungen regierungskritischer Organisatoren und politischer Parteien (Podiumsdiskussionen, Pressekonferenzen) in der Regel wegen des Vorwurfs der Gefährdung der öffentlichen Ordnung verboten und vereinzelt gewaltsam aufgelöst. Demonstrationen der Oppositonspartei MRC gegen die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen wurden untersagt, Teilnehmer an diesen verbotenen Demonstrationen festgenommen (AA 15.1.2019). Einige Anhänger des zweit platzierten Präsidentschaftskandidaten und Vorsitzenden des Mouvement pour la Renaissance du Cameroun (MRC) (AA 21.3.2019a; vgl. GIZ 4.2019a), wurden Ende Januar 2019 gemeinsam mit Maurice Kamto verhaftet (GIZ 4.2019a). Etwa 50 von ihnen wurden am 27.1.19 wieder freigelassen (BAMF 4.2.2019).

Kamerun hat seit Ende der deutschen Kolonialzeit einen anglophonen und einen frankophonen Teil. Die Frankophonen machen 80 % der Bevölkerung aus und dominieren die Regierung. 1994 wurde der separatistische Southern Cameroons National Council (SCNC) gegründet. Der SCNC setzt sich aus mehreren Splitterfraktionen zusammen, die das Ziel eint, den anglophonen Teil Kameruns vom frankophonen Teil abzuspalten. Gemeinsam mit der Cameroon Anglophone Civil Society (CACS) wurde er am 17.1.2017 für illegal erklärt (AA 15.1.2019).

Seit Oktober 2016 kommt es in der anglophonen Region zu verschiedensten Protestaktionen. Was mit Streiks von Rechtsanwälten und Lehrern begann, wuchs sich zu einer allgemeinen Bewegung von anglophonen Bürgerprotesten aus. Präsident Biya erklärte die anglophone Sezessionsbewegung kurzerhand zur "Terrorbande" und lieferte damit den Vorwand für ein noch härteres Vorgehen beider Seiten. Der Staat schickte Militär und Polizei, sperrte die Internetleitungen in den anglophonen Provinzen und verhängte Ausgangssperren (GIZ 4.2019a). Seit Oktober 2016 kommt es in den beiden anglophonen Regionen Südwest und Nordwest immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und separatistischen Gruppierungen, die zu hunderten von Todesopfern und Verletzten geführt haben. Seit Beginn der anglophonen Krise wird mit strafrechtlicher Verfolgung gegen Teilnehmer an den gewaltsamen Protesten und Mitglieder der verbotenen CACS und de SCNC vorgegangen. In einigen Fällen ist es vereinzelt und vorübergehend zu Festnahmen oder Gewaltanwendung der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle, in der Regel im Zusammenhang mit der Planung bzw. Durchführung von nicht genehmigten Demonstrationen gegen die Regierung, gekommen (AA 15.1.2019).

Im französischsprachigen Teil Kameruns leben rund 500.000 Anglophone. In der Hauptstadt gibt es u.a. eine (anglophone) presbyterianische Kirchengemeinde (VOA 10.12.2018). Im April 2019 kam es in Yaoundé zu einer (Friedens-)Demonstration von u.a. anglophonen Frauen (VOA 19.4.2019).

Im Verlauf dieses Konfliktes ist es nach Zahlen der UN zu ca. 437.000 Binnenflüchtlinge gekommen (AA 15.1.2019); darüber hinaus sind ca. 27.000 Menschen in das benachbarte Nigeria geflohen (AA 15.1.2019; vgl. GIZ 4.2019a).

Es gibt außerparlamentarische Winkelzüge von staatlicher Seite gegen Versammlungen oder Aktionen der englischsprachigen Separatistenbewegung SCNC und deren Sympathisanten.

Der kamerunische Staat widmet den Aktivitäten der Exilorganisationen wenig Aufmerksamkeit. Im Gefolge der anglophonen Krise interessiert sich der kamerunische Staat jedoch zunehmend für exilpolitische Aktivitäten der anglophonen Opposition. Eine staatliche Verfolgung kamerunischer Staatsangehöriger wegen oppositioneller Tätigkeit im Ausland ist aus den letzten Jahren nicht bekannt (AA 15.1.2019).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 10.4.2019

-BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (4.2.2019): Briefing Notes, Kamerun, Hauptoppositionsführer verhaftet, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003641/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_04.02.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 17.4.2019

-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.htm, Zugriff 10.4.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019a): Kamerun - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/kamerun/geschichte-staat/, Zugriff 6.5.2019

-USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 6.5.2019

-VOA - Voice of America (19.4.2019): Cameroonian Women Call on Government to Stop Anglophone Separatist Fighting, https://www.voanews.com/a/cameroonian-women-call-on-government-to-stop-anglophone-separatist-fighting/4883165.html, Zugriff 30.4.2019

-VOA - Voice of America (10.12.2018): Situation difficile des déplacés internes anglophones à Yaoundé, https://www.voaafrique.com/a/situation-difficile-des-d%C3%A9plac%C3%A9s-internes-anglophones-%C3%A0-yaound%C3%A9/4694234.html, Zugriff 30.4.2019

Ethnische Minderheiten:

In Kamerun leben etwa 250 bis 278 ethnische Gruppen mit unterschiedlichen Traditionen (AA 15.1.2019; vgl. GIZ 4.2019c; USDOS 13.3.2019). Bantuvölker (z.B. Ewondo, Bulu, Bassa) und Pygmäen (Baka) besiedeln vorwiegend den Süden, Semibantu (z.B. Bamilékévölker) vorwiegend den Westen des Landes und Sudanvölker, Peul/Fulbé, ja sogar Araber sind im Norden Kameruns vertreten. Die Städte Kameruns bieten einen ethnischen Querschnitt, da dort alle Bevölkerungsgruppen des Landes anzutreffen sind. Über die Anzahl der in Kamerun lebenden Völker gehen die Zahlen auseinander (GIZ 4.2019c).

In diesem völkerreichen Land treffen somit unterschiedlichste Kulturen, Lebensformen, Sprachen und Religionen – deren Grenzen teilweise auch Ethnien-übergreifend verlaufen – aufeinander. Gegensätze und Interessenskonflikte zwischen verschiedenen Ethnien, Nomaden und Sesshaften bzw. Viehhaltern und Ackerbauern, allochthonen und autochthonen Bevölkerungsgruppen, Frankophonen und Anglophonen, Stadt- und Landbevölkerung, „Nordisten“ und „Südisten“, Christentum und Islam führten und führen manchmal auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen (GIZ 4.2019c), die jedoch lokal begrenzt bleiben (AA 15.1.2019). Teilweise werden diese Konflikte auch von einzelnen Eliten oder politischen Parteien instrumentalisiert, auch wenn Kamerun bisher zu einem der vergleichsweise stabilsten Länder der Region zählte (GIZ 4.2019c).

Eine nach ethnischer Zugehörigkeit diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis gibt es nicht. Aufgrund ihrer einfachen Lebensweise wird die Volksgruppe der Baka (Pygmäen) sozial ausgegrenzt; sie erhalten für die gleiche Arbeit häufig niedrigeren Lohn als andere (AA 15.1.2019). Die Regierung hat die bürgerlichen oder politischen Rechte einer der beiden Gruppen nicht wirksam geschützt. Die nomadischen Baka werden gesellschaftlich benachteiligt und sind weder im Senat, in der Nationalversammlung oder in höheren Regierungsämtern vertreten (USDOS 13.3.2019).

Den wirtschaftlich überdurchschnittlich erfolgreichen Bamiléké wird mit Sozialneid begegnet, der sich in der Regel auf verbale Angriffe beschränkt. Gesellschaftliche Diskriminierung von Albinos soll vereinzelt vorkommen (AA 15.1.2019).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 11.4.2019

-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.htm, Zugriff 11.4.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Kamerun - Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/gesellschaft/, Zugriff 6.5.2019

-USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 11.4.2019

Bewegungsfreiheit:

Die Verfassung und weitere Gesetze gewährleisten die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Diese Rechte werden jedoch manchmal eingeschränkt. Sicherheitskräfte fordern an Straßensperren und Kontrollpunkten Bestechungsgelder und schikanieren Reisende. Die Polizei hielt häufig Reisende auf, um Identifikationsdokumente, Fahrzeugregistrierungen und Steuereinnahmen als Sicherheits- und Einwanderungsbekämpfungsmaßnahmen zu überprüfen (USDOS 13.3.2019).

Jedoch könnte nach Personen auch landesweit gefahndet werden, was im Regelfall aber nicht geschieht. Bürger, die auf Veranlassung lokaler Behörden hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in die Hauptstadt oder in die Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen (AA 15.1.2019).

Die Bewegungsfreiheit ist in Teilen der Region Far North aufgrund der Aktivitäten von Boko Haram schwierig. Die Bewegungsfreiheit in den beiden anglophonen Regionen wurde durch die anhaltende Krise behindert. Als Reaktion auf separatistische Angriffe, verhängte der Gouverneur der Nordwest-Region im September 2018, eine Ausgangssperre. Die Ausgangssperre wurde Ende des Jahres vorübergehend aufgehoben. In den anglophonen Regionen wurde außerdem eine 48-stündige Ausgangssperre verhängt, die bis zum 1.10.2018, dem "Unabhängigkeitstag" der Separatisten andauert (FH 4.2.2019). Diese Bemühungen sollten die mit dem selbst erklärten Unabhängigkeitstag von Ambazonia verbundene Gewalt einschränken (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 15.4.2019

-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002609.htm, Zugriff 15.4.2019

-USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Cameroon, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004141.html, Zugriff 15.4.2019

Grundversorgung:

Hinsichtlich des Selbstversorgungsgrads mit Lebensmitteln liegt Kamerun weit unterhalb seiner Möglichkeiten. Die bäuerliche Landwirtschaft wird vernachlässigt (GIZ 4.2019b). Trotzdem kann die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln als gesichert angesehen werden. Allerdings besteht ein Verteilungsproblem, das insbesondere in den drei nördlichen Provinzen zu Lebensmittelengpässen führt. Nach Angaben vom September 2018 waren über 3,26 Mio. Kameruner, davon 1,81 Mio. Kinder, auf humanitäre Hilfe angewiesen. Wer in soziale Not gerät, kann in Kamerun nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen; vielmehr werden Notlagen in der Regel von funktionierenden sozialen Netzen (Großfamilie) aufgefangen. Eine längere Abwesenheit gefährdet diese sozialen Netze. In ganz Kamerun gibt es karitative Einrichtungen, insbesondere Missionsstationen, die in besonderen Notlagen helfen (AA 15.1.2019).

Die Idee, die soziale Absicherung der Bevölkerung hinsichtlich Gesundheits-, Altersversorgung etc. als staatliche Grundaufgabe aufzufassen, hat sich in Kamerun noch nicht wirklich eingebürgert. Zwar existiert eine Caisse Nationale de la Prévoyance Sociale (CNPS), die ihre Leistungen wie Rentenzahlung, Verletztengeld, Invalidenrente etc. aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen finanziert, aber die Mehrheit der Kameruner hat zu dieser öffentlichen Sozialversicherung keinen Zugang, weil viele entweder ohne Arbeitsvertrag, auf selbstständiger Basis und im informellen Sektors arbeiten oder aber arbeitslos sind. Zudem herrscht allgemein großes Misstrauen, ob man, trotz regelmäßiger Beitragszahlung, wirklich im Alter oder in einer Notlage von einer Leistung profitieren wird. Außerdem ist die Einrichtung immer wieder von größeren und kleineren Skandalen betroffen, was das Vertrauen ins System auch nicht fördert. Arbeitslosen- und Krankenversicherungsleistungen sowie Krankengeld werden von der CNPS nicht übernommen. Staatsbeamte dagegen sind über ihren Arbeitgeber versichert. Für sie existiert sogar eine staatliche Krankenversicherung; allerdings gibt es auch hier Probleme, sobald Gelder ausgezahlt werden sollen (GIZ 4.2019c).

Unter den Staaten der zentralafrikanischen Regionalorganisation CEMAC ist Kamerun das wirtschaftlich stärkste Land. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte 2015 geschätzte 38,4 Milliarden US-Dollar, pro Kopf ca. 1.545 US-Dollar (AA 21.3.2019b). Dennoch müssen 25 % der Kameruner mit weniger als 1,90 US-Dollar auskommen. Bei den Armutsindikatoren wie die landesspezifische durchschnittlichen Schuljahre (12,2), die Lebenserwartung (58,6) oder die Müttersterblichkeit (569 Sterbefälle auf 100.000 Geburten), dürfen die großen regionalen Unterschiede nicht vergessen werden. Bei der aktuellen (2018) statistischen Fortschreibung der Human Development Indizes und Indikatoren erreicht Kamerun beim Gender Inequality Index Rang 141 von 160, beim HDI-Ranking 151 von 189 (GIZ 4.2019b).

Zwar ist Kamerun nicht so stark vom Erdöl abhängig wie andere afrikanische Ölexporteure, trotzdem wirkt sich der Ölpreiseinbruch auch auf die Wirtschaft Kameruns aus. Aufgrund der Außenfinanzierung staatlicher Infrastrukturgroßprojekte steigt die Außenverschuldung stark an und beträgt (2017) ca. 30 % des BIP (GIZ 4.2019b). Kamerun will bis 2035 den Status eines demokratischen und in seiner Diversität geeinten Schwellenlandes erreichen. Dieses langfristige Entwicklungskonzept „Vision 2035“ beinhaltet eine Erhöhung des Wirtschaftswachstums, die Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens, Förderung von Investitionen und eine Senkung des Bevölkerungswachstums auf 2 %. Laut der Strategie für Wachstum und Beschäftigung soll die Wirtschaft zwischen 2010 und 2020 um durchschnittlich mindestens 5,5 % im Jahr wachsen, um Arbeitslosigkeit und Armut zu reduzieren. Weiterer Schwerpunkt ist die Verbesserung der Infrastruktur, insbesondere in den Bereichen Energie, Transport und Kommunikation. Außerdem haben die nachhaltige Entwicklung der Landwirtschaft und die Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse besondere Bedeutung. Makroökonomisch wurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt: Kamerun erreichte 2017 ein Wirtschaftswachstum von ca. 3,2 % 2018 lag das Wachstum bei 4 %. Neben der Öl- und Gasförderung und den Infrastrukturinvestitionen ist der tertiäre Sektor eine treibende Kraft. Das derzeitige Wirtschaftswachstum reicht nicht aus, um Arbeitsplätze in größerem Umfang zu schaffen und die Armutsrate von circa 30 % nachhaltig zu senken (AA 21.3.2019b).

Insbesondere der primäre und tertiäre Sektor tragen derzeit zum Wachstum bei. Rohöl, Holz und landwirtschaftliche Produkte sind die wichtigsten Exportprodukte. Einnahmen aus der Ölförderung konnte Kamerun zuletzt wieder steigern. In der Landwirtschaft wurde die Produktion von Schlüsselprodukten (Kakao, Kaffee, Bananen, Rohkautschuk) durch erleichterten Zugang zu Finanzierung, Ausbildung und Forschung gesteigert. In der Folge erwartet die Regierung künftig weitere Produktionssteigerungen. Weitere Impulse für das Wirtschaftswachstum kommen aus dem sekundären Sektor und basieren auf der beginnenden Umsetzung der Investitionsprogramme zur Verbesserung der Infrastruktur (AA 21.3.2019b).

Seriösen Vermutungen zufolge erwirtschaftet der informelle Sektor Kameruns mehr als der formelle. Besonders im urbanen Bereich hält sich ein Großteil der Bevölkerung (Schätzungen sprechen von weit über 50 %) mit Aktivitäten im informellen Sektor über Wasser. Besonders für Frauen und junge Leute bieten sich hier Chancen seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 75 % der Bevölkerung legen ihr Geld in informellen Sparvereinen (Tontines) an, die auch ein System sozialer Absicherung darstellen (GIZ 4.2019b).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt (21.3.2019b): Kamerun - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kamerun-node/wirtschaft/208876, Zugriff 15.4.2019

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 15.4.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019b): Kamerun - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/kamerun/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 7.5.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (4.2019c): Kamerun – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kamerun/gesellschaft / , Zugriff 7.5.2019

Rückkehr:

Es sind keine Fälle bekannt, in denen kamerunische Staatsangehörige nach ihrer Rückkehr festgenommen oder misshandelt worden sind. Die Regierung geht zwar verstärkt strafrechtlich gegen Oppositionelle in den anglophonen Regionen vor. Es sind bislang jedoch keine Fälle bekannt geworden, dass eine politische Betätigung im Ausland zu einer Strafverfolgung in Kamerun geführt hätte. Eine staatliche Verfolgung allein wegen der Stellung eines Asylantrags erfolgt nicht. In Kamerun ist es möglich, sich einer Verfolgung durch die staatlichen Sicherheitsbehörden zu entziehen. Jedoch könnte nach Personen auch landesweit gefahndet werden, was im Regelfall aber nicht geschieht. Bürger, die auf Veranlassung lokaler Behörden hin verfolgt werden, können dem durch Umzug in die Hauptstadt oder in die Stadt eines entfernten Landesteils Kameruns entgehen (AA 15.1.2019).

Quellen:

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Kamerun, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457253/4598_1548938209_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-der-republik-kamerun-stand-oktober-2018-15-01-2019.pdf, Zugriff 16.4.2019

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen sowie dem Umstand, dass ein im Akt einliegendes Sprachanalysegutachten ebenfalls eine Sozialisierung in Kamerun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit annahm. Es besteht daher auch für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Herkunft des Beschwerdeführers aus Kamerun zu zweifeln.

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des Beschwerdeführers als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd § 38 AVG bedeutet. Der Beschwerdeführer hatte zwar eine Geburtsurkunde vorgelegt, doch handelt es sich dabei um kein Identitätsdokument bzw. kann mangels Lichtbild nicht festgestellt werden, ob es sich bei der in der Urkunde genannten Person um den Beschwerdeführer handelt.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen Verhältnisse und die Lebensumstände des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde bzw. den vorgelegten Unterlagen zu seiner Integration.

Das erkennende Gericht verkennt eine außerordentliche Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht, weswegen der Antrag betreffend die Anhörung von 33 Zeugen zur Bestätigung seiner Integration nicht zweckmäßig und notwendig ist.

Die Feststellungen zu seiner Familie ergeben sich aus seinen entsprechenden Aussagen. Der Beschwerdeführer gab gleichbleibend an, nicht verheiratet zu sein. In Kamerun würden seine Mutter, sein Bruder und seine uneheliche Tochter leben.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichtes. Der Beschwerdeführer brachte keine gesundheitlichen Einschränkungen vor. Auch aus der Aktenlage sind keinerlei Hinweise auf gesundheitliche Beeinträchtigungen ableitbar.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Vom Bundesverwaltungsgericht ist im gegenständlichen Verfahren zu prüfen, ob zwischen der Rechtskraft des Bescheides der belangten Behörde vom 29.06.2015 durch Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2017 und der Zurückweisung des gegenständlichen Antrages wegen entschiedener Sache mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.02.2018 eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist.

Eine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage ist nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer brachte zwar in seinem zweiten Asylverfahren erstmals vor, dass er zur anglophonen Minderheit gehöre und deswegen im Kamerun Probleme habe, da sich die Situation dort zuletzt sogar verschärft habe, allerdings hat er dies während seines Erstverfahrens nicht erwähnt.

Befragt seit wann ihm die Änderung seiner Situation/Fluchtgründe bekannt sei, erklärte er bei seiner Erstbefragung, dass ihm dies ganze Zeit bekannt gewesen sei, da er die Situation in den Medien verfolge. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 06.09.2018 gab er an, dass ihm die Konflikte zwischen der Regierung und der englischsprachigen Opposition seit eineinhalb Jahren bekannt gewesen sei. Der Beschwerdeführer hätte dies folglich bereits in seinem Vorverfahren anführen können, welches erst am 21.06.2017 rechtskräftig entschieden wurde.

Insbesondere erscheint es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer während seines gesamten Erstverfahrens zu keinem Zeitpunkt anführte, dass er zur anglophonen Minderheit gehöre und deswegen im Kamerun Probleme gehabt habe. Auf Vorhalt der belangten Behörde, dass im Kamerun ca. vier bis fünf Millionen englischsprachige Menschen leben würden, folglich ca. 20 % der Bevölkerung und warum dann gerade er Probleme bekommen würde, meinte er, dass dies der Fall sei, da er populär und bekannt gewesen sei und konnte keine konkrete Verfolgungshandlung ins Treffen führen.

Außerdem erklärte er, dass er eine Whatsapp-Nachricht erhalten habe, dass er Ambazonien (Neuer Staat) finanziell für Waffen und Munition unterstützen solle. Diesbezüglich sei erwähnt, dass der Beschwerdeführer die entsprechende Nachricht weder in Vorlage brachte noch erklärte, wie man gerade auf ihn gekommen sei und woher man seine Kontaktdaten habe. Zudem erklärte er, dass nie politisch aktiv gewesen sei, sondern nur mit dieser Gruppierung sympathisiert habe.

Dieses Vorbringen ist aufgrund von Ungereimtheiten nicht glaubwürdig und brachte der Beschwerdeführer dieses auch zeitlich sehr verzögert vor. Bei seiner Erstbefragung sprach er nur von einer allgemeinen Verfolgung aufgrund seiner Minderheitenzugehörigkeit. Erst bei seinen niederschriftlichen Einvernahmen berichtete er dann von einer angeblichen Verfolgung durch Angehörige des Staates Ambazonien. Zudem wurde eine politische Verfolgung des Beschwerdeführers bereits im Erstverfahren ausgeschlossen.

Schließlich erklärte er bei seiner Erstbefragung auch, dass seine Familie aus dem Heimatdorf fliehen habe müssen. Bei seiner Einvernahme vom 06.09.2018 führte er dann aber an, dass seine uneheliche Tochter bei seiner Mutter in XXXX , wo er vorher gelebt habe, wohne. Erst auf diesbezüglichen Vorhalt seitens der belangten Behörde meinte er dann, dass das ganze Dorf XXXX in Kumba und mehrere Dörfer im Süden verbrannt worden seien und seine Mutter, seine Tochter und eine Tante dort gelebt hätten. Diese Aussagen widersprechen sich aber massiv, da er zunächst anführte, seine Mutter und Tochter würden aktuell noch in XXXX , wo er vorher gelebt habe, leben.

Auch in der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurden keinerlei substantiierte Argumente vorgebracht, um das Vorbringen des Beschwerdeführers zu untermauern.

Die Feststellungen zum rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren, dem gegenständlichen Asylverfahren und zu den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fluchtgründen stützen sich auf seine Angaben im ersten Asylverfahren und dem vorliegenden Verwaltungsakt.

Bei Folgeanträgen sind die Asylbehörden auch dafür zuständig, mögliche Sachverhaltsänderungen in Bezug auf den subsidiären Schutzstatus des Antragstellers einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 15.05.2012, 2012/18/0041). Eine wesentliche Änderung der Situation im Kamerun wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet und entspricht dies auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes. Es sind auch keine Umstände bekannt, dass in ganz Kamerun gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefahr im Sinn der Art. 2 oder 3 EMRK ausgesetzt ist, und es besteht auch nicht auf dem gesamten Staatsgebiet Kameruns ein innerstaatlicher oder internationaler Konflikt, durch den mit einem Aufenthalt in Kamerun für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt verbunden wäre. Es sind auch keine wesentlichen in der Person des Beschwerdeführers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, welcher eine neuerliche umfassende Refoulementprüfung notwendig erscheinen ließe.

Eine neue umfassende inhaltliche Prüfung wird vom Bundesverwaltungsgericht aus diesen Gründen nicht für notwendig erachtet.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen im angefochtenen Bescheid wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt die verschärfte Situation für die anglophone Minderheit in Kamerun keineswegs, allerdings war eine diesbezügliche Problematik bereits während des ersten Asylverfahrens des Beschwerdeführers bekannt und machte er diesbezüglich keinerlei Angaben. Außerdem stammt der Beschwerdeführer nicht aus dem anglophonen Norden.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland auch in seiner Stellungnahme vom 23.03.2020 nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Da die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Prozessgegenstand der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Entschiedene Sache liegt vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben (VwGH 21. 3. 1985, 83/06/0023, u.a.). Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes – nicht bloß von Nebenumständen – kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27. 9. 2000, 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 80 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Es ist Sache der Partei, die in einer rechtskräftig entschiedenen Angelegenheit eine neuerliche Sachentscheidung begehrt, dieses Begehren zu begründen (VwGH 8. 9. 1977, 2609/76).

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben (nochmals) zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (vgl. VwGH 25. 4. 2002, 2000/07/0235; VwGH 15. 10. 1999, 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 9. 9. 1999, 97/21/0913; und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. I, 2. Aufl. 1998, E 90 zu § 68 AVG wiedergegebene Judikatur).

Ist davon auszugehen, dass ein/eine Asylwerber/Asylwerberin einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser/diese jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend – bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache – entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30. 5. 1995, 93/08/0207).

Für das Bundesverwaltungsgericht ist daher Sache des gegenständlichen Verfahrens die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers zu Recht gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Die Anwendbarkeit des § 68 AVG setzt gemäß Abs. 1 das Vorliegen eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides, d.h. eines Bescheides, der mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht (mehr) bekämpft werden kann, voraus. Diese Voraussetzung ist hier gegeben, da die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.06.2017, Zl. I403 2111343-1/14E über den Antrag des Beschwerdeführers vom 26.01.2013 auf internationalen Schutz in formelle Rechtskraft erwachsen ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat - wie in der Beweiswürdigung zusammengefasst - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung der belangten Behörde an, dass die Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Ungeachtet davon, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers keinen "glaubhaften Kern" aufzuweisen hat (siehe Ausführungen zur Beweiswürdigung unter Punkt A) 2.3.), kann insbesondere bereits aufgrund des Umstandes, dass es sich gegenständlich um Fluchtgründe handelt, welche dem Beschwerdeführer bereits während des ersten Asylverfahrens bekannt waren, von ihm aber dennoch nicht vorgebracht wurden, von keiner Änderung des Sachverhalts ausgegangen werden (vgl. VwGH 4. 11. 2004, 2002/20/0391; VwGH 24. 8. 2004; 2003/01/0431; VwGH 21. 11. 2002, 2002/20/0315; VwGH 24. 2. 2000, 99/20/0173; VwGH 21. 10. 1999, 98/20/0467).

Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nic

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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