Entscheidungsdatum
27.04.2020Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
I421 2230402-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. BOSNIEN UND HERZEGOWINA, vertreten durch: Dr. Christoph Sigl, Rechtsanwalt, Kalchberggasse 1/I, 8010 Graz gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark (BAG) vom 16.03.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid dahingehend berichtigt und abgeändert, sodass dessen Spruchpunkt II zu lauten hat wie folgt:
„II. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien-Herzegowina zulässig ist.“
Und dessen Spruchpunkt III zu lauten hat wie folgt:
„III. Gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Z. 5 FPG, wird gegen sie ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der am XXXX geborene Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Bosnien und Herzegowina. Im Alter von vier Jahren ist der Beschwerdeführer legal mit seinen Eltern nach Österreich eingereist und verfügt seit Juli 1991 annähernd durchgehend über einen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet. Von der Bezirkshauptmannschaft XXXX wurde dem Beschwerdeführer am 18.1.2005 eine Niederlassungsbewilligung bis zum 16.1.2015 erteilt. Über Antrag des Beschwerdeführers wurde diesem am 18.1.2015 ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“ bis zum 17.1.2020 erteilt. Dieser Aufenthaltstitel wurde aber mit 19.12.2015 widerrufen. Auf Antrag des Beschwerdeführers wurde diesem vom Amt der XXXX Landesregierung mit 25.1.2017 ein Aufenthaltstitel „rot-Weiß-Rot-Karte plus“ ausgestellt, der mehrfach verlängert wurde, zuletzt bis zum 24.1.2019. Der Beschwerdeführer hat keinen Verlängerungsantrag eingebracht.
Der Beschwerdeführer wurde am 13.4.2018 wegen des dringenden Tatverdachtes nach § § 83 und 201 StGB in Haft genommen. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX vom 13.9.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Das Oberlandesgericht XXXX hat der Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Urteil nicht Folge gegeben (siehe Aktenseite 123 und 139).
Mit Beschluss des Bezirks XXXX , rechtskräftig seit 22.10.2018, wurde dem Beschwerdeführer die Obsorge für seinen minderjährigen Sohn, geboren am XXXX 2017, vorläufig entzogen und der Kindesmutter zur Gänze allein übertragen (Aktenseite 165).
Die Ehe des Beschwerdeführers zur Kindesmutter, geschlossen am XXXX 2016 wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 10.10.2018 aus dem überwiegenden Verschulden des Beschwerdeführers geschieden (Aktenseite 175).
Am 23. August 2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen (Aktenseite 203f).
Die vom Beschwerdeführer geschiedene Ehegattin wurde von der belangten Behörde zweimal als Zeugin einvernommen (Aktenseite 159 f und Aktenseite 231 f).
Mit dem bekämpften Bescheid vom 16.3.2020, dem Beschwerdeführer zugestellt am 18.3.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 4 FPG i.V.m. § 9 BFA-Verfahrensgesetz eine Rückkehrentscheidung erlassen, es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Z. 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen und gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-Verfahrensgesetz einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Mit Schriftsatz datiert vom 15.4.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seinen gewillkürten Vertreter gegen vorgenannten Bescheid fristgerecht Beschwerde mit welcher beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge den bekämpften Bescheid aufheben, hilfsweise wird beantragt den Bescheid aufzuheben und nach allfälliger weiterer Beweisaufnahme im Sinne der Beschwerdeausführungen zu entscheiden weiters wird hilfsweise beantragt das Aufenthaltsverbot in seiner Dauer entsprechend herabzusetzen.
Die belangte Behörde hat mit Schriftsatz vom 17.4.2020, Beschwerdevorlage, die Beschwerde samt dem Behördenakt an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt und langte dieser am 21. April 2020 beim Bundesverwaltungsgericht, in der Außenstelle Innsbruck ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang wird zu Feststellungen erhoben und werden ergänzend nachstehende entscheidungswesentliche Feststellungen getroffen.
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Bosnien-Herzegowina. Er zog im Alter von ca. vier Jahren mit seinen Eltern in das Bundesgebiet zu, absolvierte in Österreich die Pflichtschule, erlernte den Beruf eines XXXX er war mit einer Staatsbürgerin von Bosnien-Herzegowina, die in Österreich lebt, verheiratet, ist mittlerweile geschieden, wiederrum aber in Beziehung zu seiner geschiedenen Ehegattin. Aus dieser Ehe entstammt ein eheliches Kind, geboren am XXXX 2017. Die Ehe, aus der dieses Kind entstammt, wurde am XXXX 2016 vor dem Standesamt XXXX geschlossen und mit Urteil des Bezirksgericht XXXX vom XXXX 2018 geschieden (Aktenseite 179).
Mit gerichtlichen Vergleich vom XXXX 2018 haben der Beschwerdeführer und seine nunmehr von ihm geschiedene Ehegattin wechselseitig auf jedweden Unterhalt auch für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Gesetzeslage und unverschuldeter Not verzichtet (Aktenseite 173).
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX 2018 wurde dem Beschwerdeführer die Obsorge zu seinem minderjährigen ehelichen Sohn vorläufig entzogen und mit Beschluss desselben Gerichtes vom 15.1.2019 wurde der Beschwerdeführer gegenüber seinem minderjährigen ehelichen Kind für die Zeit der Haft von seiner Unterhaltsverpflichtung befreit (Aktenseite 163 und 165 f).
Aus dem Strafregister des Beschwerdeführers ergeben sich folgende Verurteilungen:
01) LG XXXX vom 08.10.2010 RK 12.04.2011
PAR 127 PAR 15 105/1 PAR 107/1 U 2 StGB
Datum der (letzten) Tat 25.12.2009
Geldstrafe von 240 Tags zu je 4,00 EUR (960,00 EUR) im NEF 120 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, bedingt, Probezeit 3
Jahre
Vollzugsdatum 15.10.2015
zu LG XXXX 12.04.2011
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
BG XXXX vom 24.09.2013
zu LG XXXX 12.04.2011
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
LG XXXX vom 03.09.2015
02) LG XXXX vom 07.03.2012 RK 16.04.2012
§ 83 (1) StGB
§§ 83 (1), 84 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 26.12.2009
Geldstrafe von 120 Tags zu je 4,00 EUR (480,00 EUR) im NEF 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX RK 12.04.2011
Vollzugsdatum 03.05.2012
03) LG XXXX vom 29.05.2012 RK 01.06.2012
§§ 146, 147 (1) Z 1 1. Fall, 147 (2) StGB
§ 99 (1) StGB
§ 15 StGB § 83 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 19.03.2012
Freiheitsstrafe 9 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Vollzugsdatum 29.06.2012
Seite 1 / 2
zu LG XXXX 01.06.2012
Unbedingter Teil der Freiheitsstrafe vollzogen am 29.06.2012
LG XXXX vom 29.06.2012
zu LG XXXX 01.06.2012
Probezeit des bedingten Strafteils verlängert auf insgesamt 5 Jahre
BG XXXX vom 24.09.2013
zu LG XXXX 01.06.2012
(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig
Vollzugsdatum 29.06.2012
LG XXXX vom 19.02.2018
04) BG XXXX vom 24.09.2013 RK 07.10.2013
§ 83 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 16.06.2013
Geldstrafe von 100 Tags zu je 4,00 EUR (400,00 EUR) im NEF 50 Tage Ersatzfreiheitsstrafe
Vollzugsdatum 21.07.2014
05) LG XXXX vom 03.09.2015 RK 03.09.2015
§§ 28a (1) 2. Fall, 28a (1) 3. Fall, 28a (3) SMG
§§ 27 (1) Z 1 1. Fall, 27 (1) Z 1 2. Fall, 27 (2) SMG
Datum der (letzten) Tat 15.04.2015
Freiheitsstrafe 12 Monate
zu LG XXXX RK 03.09.2015
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 15.10.2015, bedingt, Probezeit 3 Jahre
Anordnung der Bewährungshilfe
LG XXXX vom 12.10.2015
zu LG XXXX RK 03.09.2015
Probezeit der bedingten Entlassung verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG XXXX vom 13.09.2018
zu LG XXXX RK 03.09.2015
Aufhebung der Bewährungshilfe
LG XXXX vom 30.09.2019
06) LG XXXX vom 13.09.2018 RK 29.05.2019
§ 201 (1) StGB
§ 83 (2) StGB
§ 107 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 09.04.2018
Freiheitsstrafe 3 Jahre 6 Monate
Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragung(en) ...
... ist der Tilgungszeitraum (zur Zeit) nicht errechenbar.
... ist die Auskunftsbeschränkung ausgeschlossen.
Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer aufgrund der Verurteilung des Landesgerichtes XXXX vom 13.9.2018 im Strafvollzug. Dieser Verurteilung liegt zugrunde, dass der Beschwerdeführer zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 2 StGB und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB schuldig erkannt wurde und zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt wurde. Diese Straftaten beging der Beschwerdeführer zum Nachteil seiner damaligen Ehefrau am 22.11.2017, 5.4.2018 und 9.4.2018. Aufgrund dieses rechtskräftigen Schuldspruches ist erwiesen, dass der Beschwerdeführer seine damalige Ehegattin gegen deren Willen mit Gewalt zweimal zum Beischlaf genötigt hat, diese vorsätzlich misshandelt und dadurch fahrlässig am Körper verletzt hat und gefährlich bedrohte, um diese in Furcht und Unruhe zu versetzen.
Die geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde am 27.6.2019 einvernommen. Auf die Frage, ob sie oder ihr Kind ein Problem damit hätte, wenn der Beschwerdeführer nach Bosnien abgeschoben würde, erklärte sie, nein, dieser Mensch würde sie nicht interessieren, sie habe Angst vor ihm, das Kind würde auch nicht nach ihm fragen. Auf die Frage, ob sie sich nach der Haftentlassung des Beschwerdeführers ein Familienleben mit diesem vorstellen könne, erklärte die Zeugin, nein, wie bereits angegeben, möchte sie mit ihm nichts mehr zu tun haben (Aktenseite 160).
Neuerlich wurde die Zeugin rund drei Monate nach ihrer ersten Einvernahme, nämlich am 24.9.2019 von der belangten Behörde einvernommen. Bei dieser Einvernahme erklärte sie mehrmals mit der Mutter des Beschwerdeführers telefoniert zu haben, welche ihr erzählte, dass der Beschwerdeführer den gemeinsamen Sohn wiedersehen möchte. Sie habe in der Folge mit ihren Sozialarbeitern gesprochen, sei selbstständig zum Entschluss gekommen, den Beschwerdeführer im Gefängnis zu besuchen. Bei diesem Besuch, der sich im August 2019 zugetragen habe, sei es zu einem intensiven Gespräch mit dem Beschwerdeführer gekommen, der ihr auch erklärte er würde in der Strafhaft eine „Anti-Gewalt-Therapie“ absolvieren. In der Folge habe sie den Mann, den Beschwerdeführer, ein weiteres Mal alleine besucht und sodann mit dem gemeinsamen Sohn, da die Besuche sehr emotional und harmonisch ohne Zeichen von Gewalt oder Aggression verlaufen seien, werde sie die Besuche wöchentlich fortsetzen, da sie das Gefühl habe, es sei eine Beziehung bzw. ein Familienleben mit dem Beschwerdeführer wieder möglich. Die Zeugin, die geschiedene Ehegattin des Beschwerdeführers, wandte sich mit E-Mail vom 17.10.2019, an die belangte Behörde. In diesem E-Mail ersucht sie darum, es möge ihnen (Beschwerdeführer, geschiedene Ehegattin und ehelichem Sohn) eine allerletzte Chance gegeben werden, zumal sie an ihrer Beziehung arbeiten würden. Dazu legte sie die Teilnahmebestätigung hinsichtlich des Beschwerdeführers in der Justizanstalt XXXX am psychotherapeutischen Kurzzeitbehandlungsprogramm von Anfang Juli 2019 bis Ende Oktober 2019, die Bestätigung einer Therapie Vereinbarung des Beschwerdeführers und seiner geschiedenen Ehegattin für Mitte November (2019) vor (Aktenseite 259 ff).
Aus dem Befund der Begutachtung-und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter vom 23.1.2020 (im Behörden Akt einliegenden als Konvolut unter Aktenseite 275) ergibt sich in der Zusammenfassung: „Angewandte Risikoprognoseverfahren weisen ihn (den Beschwerdeführer) Tätergruppen zu, deren Risiko an bzw. über der jeweiligen Rückfallbasisrate für ein neuerliches allgemeines Sexual-bzw. Gewaltdelikt liegt. Das Risiko für neuerliche Gewalt im Partner-bzw. Familienbereich ist als sehr hoch einzuschätzen.“ Aus der Zusammenfassung dieses Berichtes ergibt sich, dass eine Einzeltherapie hinsichtlich des Beschwerdeführers empfohlen wird, eine Paartherapie bezüglich der geschiedenen Ehegattin und des Beschwerdeführers nicht empfohlen wird, der geschiedenen Ehegattin vielmehr eine Einzelpsychotherapie anzuraten sei und abschließend angemerkt ist, dass das Risiko für eine neuerliche Gewalt gegen sie (die geschiedene Ehegattin und nunmehrige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers) sehr hoch sei.
Bezüglich der Feststellungen zur Lage in Bosnien-Herzegowina wird auf die dazu ausgeführten Feststellungen im bekämpften Bescheid verwiesen, denen in der Beschwerde in keiner Weise entgegengetreten wird. Zudem erklärt der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina weder Probleme mit Behörden, Gerichten oder Polizei hätte (Aktenseite 207).
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig und widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Behördenakt, die getroffenen Feststellungen konnten unter Verweis auf die im Behördenakt befindlichen Unterlagen und die jeweilige Aktenseite getroffen werden. In der Beschwerde selbst werden die wesentlichen Feststellungen zum Sachverhalt auch nicht bekämpft. Die Beschwerde rügt vielmehr die rechtliche Beurteilung im bekämpften Bescheid als unrichtig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die eingebrachte Beschwerde kristallisiert sich im Vorbringen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines unbefristeten Einreiseverbotes gegen den Beschwerdeführer deshalb unzulässig sei, weil dadurch Art. 8 MRK verletzt würde. Gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat-und Familienlebens. Gemäß Abs. 2 des Art. 8 MRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes, der zahlreichen Verurteilungen des Beschwerdeführers, des Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer zur Zeit in Strafhaft befindet und diesem daher ein Wohlverhalten in Freiheit keinesfalls attestiert werden kann und der Tatsache, dass aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers von einer erheblichen Rückfallgefahr auszugehen ist, ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass ein behördlicher Eingriff in das Privat und Familienleben zur Verhinderung von strafbaren Handlungen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK gedeckt ist, zumal gerade Personen aus dem engsten Beziehungsumfeld von der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers am ehesten betroffen sind.
Zu berücksichtigen ist aber auch, dass der Beschwerdeführer de facto sein gesamtes Leben, abgesehen von seinen ersten vier Lebensjahren, in Österreich verbracht, Schul- und Berufsausbildung in Österreich durchlaufen hat und hier auch berufstätig war. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer freiwillig an einem Therapieprogramm für Gewalt-und Sexualtäter in der Strafhaft teilnimmt, was bei der Prognoseentscheidung in Bezug auf den Beschwerdeführer für diesen günstig zu werten ist. Zugunsten des Beschwerdeführers ist daher davon auszugehen, dass dieser allenfalls am Beginn eines Gesinnungswandels steht und bereit ist eine entsprechende Therapie, die zur unbedingt erforderlichen Verhaltensänderung führen sollte, durchzuführen. Ob die erforderliche Verhaltensänderung tatsächlich eintritt und nachhaltig ist, wird aber erst nach geraumer Zeit des Wohlverhaltens in Freiheit ersichtlich sein.
Da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, dem Beschwerdeführer auch die Obsorge hinsichtlich des ehelichen Sohnes einstweilen entzogen ist und dieser von seiner Unterhaltsverpflichtung für die Zeit der Strafhaft gegenüber seinem ehelichen Sohn entbunden ist, zudem den Beschwerdeführer aufgrund des gerichtlichen Vergleiches gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau und nunmehrigen Lebensgefährtin keine Unterhaltsverpflichtung trifft, also zwischen diesen keine wirtschaftliche Abhängigkeit besteht, war die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG zulässig. Es wurde auch zulässig festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig ist, wobei der Herkunftsstaat im Spruch zu ergänzen war, zumal sich aus der Begründung des bekämpften Bescheides zweifelsfrei ergibt, dass die belangte Behörde aussprechen wollte, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina zulässig ist.
Im Hinblick auf die Gefährlichkeitsprognose des Beschwerdeführers, der Interessen seiner geschiedenen Ehegattin und nunmehrigen Lebensgefährtin und seines minderjährigen Sohnes, sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer an einer Therapie teilgenommen hat und insoweit einsichtig ist, dass er weiterer Therapie bedarf, erachtet es das erkennende Gericht im konkreten Einzelfall als ausreichend, das Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren befristet zu erlassen, sodass der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt III insofern teilweise Folge zu geben war. Um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, bedarf es grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens, wobei in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich ist (VwGH 27.04.2017, Ra 2016/22/0094). Daher war ein gänzliches Absehen vom Einreiseverbot oder eine weitere Herabsetzung dessen Dauer, wie in der Beschwerde beantragt, nicht statthaft.
Spruchpunkt IV des bekämpften Bescheides, nämlich die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung, wurde in der Beschwerde zurecht nicht moniert, und wurde aufgrund des gegebenen Sachverhaltes die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung zurecht aberkannt.
Ebenso wurde in der Beschwerde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung (zurecht) nicht beantragt, zumal der Sachverhalt gänzlich geklärt ist und im Wesentlichen eine Rechtsfrage in der Beschwerde releviert wurde und zu beurteilen war. Es war daher eine mündliche Verhandlung nicht durchzuführen.
Eine Übersetzung des Erkenntnistenors und der Rechtsmittelbelehrung ist nicht geboten und erforderlich, da der Beschwerdeführer über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt und durch gewillkürte Vertretung rechtsberaten ist. Dass der Beschwerdeführer über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, um eine Verhandlung ohne Beiziehung eines gerichtlichen Dolmetschers zu führen, ergibt sich auch aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX als Schöffengericht (Aktenseite 123), da die Hauptverhandlung ohne Beiziehung eines Dolmetschers durchgeführt wurde.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2230402.1.01Im RIS seit
12.10.2020Zuletzt aktualisiert am
12.10.2020