TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 I405 2189064-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2189064-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX StA. Marokko (alias Algerien, alias Ägypten), vertreten durch den Verein für Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2020, Zl.1094866701/200137092, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal nach Österreich ein und stellte erstmals am 13.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass er mit einem ehemaligen Freund Streit gehabt habe, wobei ihn dieser mit einem Messer im Gesicht verletzt habe. Aufgrund dessen habe er Angst, dass ihn dieser Freund nochmals etwas antue. Zusätzlich begründete der BF seine Flucht mit wirtschaftlichen Gründen.

2.       Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) vom 29.04.2016, Zl. 1094866701-151774007, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid erwuchs mangels Einbringung einer Beschwerde am 31.05.2016 in Rechtskraft.

3.       Im Zeitraum zwischen 11.02.2016 und 26.06.2016 stellte der BF in der Schweiz, in Deutschland sowie in Dänemark jeweils einen Asylantrag und wurde schließlich zuletzt aufgrund der Dublin-III-Verordnung von Dänemark nach Österreich überstellt.

4.       Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.09.2016 zu XXXX wurde der BF gemäß §§ 127, 130 Abs. 1 1. Fall StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt, wovon sechs Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

5.       Am 14.02.2017 stellte der BF seinen ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der BF im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag an, dass sich seine ursprünglichen Fluchtgründe nicht geändert hätten, er jedoch Vater geworden sei. Mit der Mutter seines Kindes sei er jedoch nicht verheiratet und werde ein solcher Umstand im arabischen Raum nicht akzeptiert. In der niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 06.03.2017 erklärte der BF ergänzend, er habe ein Mädchen in Marokko geschwängert und bedrohen ihre Brüder sowohl ihn als auch seine Mutter mit dem Umbringen.

6.       Mit Bescheid vom 23.03.2017, Zl. 1094866701-170197979, wies das BFA seinen Folgeantrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) und wurde festgestellt, dass der BF sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 16.02.2017 verloren habe (Spruchpunkt IV.).

7.       Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017, GZ: I407 2153143-1/8E betreffend die Spruchpunkte I., II. und IV. des angefochtenen Bescheids als unbegründet abgewiesen. Der Spruchpunkt III. wurde ersatzlos behoben und erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft.

8.       Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.05.2017 zu XXXX wurde der BF wegen §§ 15, 87 Abs. 1 StGB, § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechzehn Monaten rechtskräftig verurteilt, wovon zwölf Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Zusätzlich wurde die mit Urteil vom 01.09.2016 zu XXXX ausgesprochene Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

9.       Am 06.07.2017 stellte der BF sodann seinen zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz, zu welchem er begründend ausführte, dass sich an seinen Fluchtgründen nichts geändert habe, er jedoch eine Gehirnblutung erlitten habe und auf einen Operationstermin warte.

10.      Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.07.2017 zu XXXX wurde der BF wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten verurteilt, wobei die mit den Urteilen vom 01.09.2016 zu XXXX sowie vom 24.05.2017 zu XXXX bedingt nachgesehen Teile der Freiheitsstrafen widerrufen wurden.

11.      Mit Bescheid vom 14.10.2017, Zl. 1094866701-170197979, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt III.).

12.      Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.11.2017, GZ: I414 2153143-2/3E, als unbegründet abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft.

13.      Am 25.01.2018 informierte das BFA den BF mit einer „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot sowie die Schubhaft nach Ende seiner Strafhaft geplant sei. Der BF brachte sodann sowohl am 08.02.2018 als auch am 21.02.2018 diesbezügliche Stellungnahmen ein.

14.      Mit Bescheid des BFA vom 26.02.2018, Zl 1094866701/180086058, wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Zusätzlich wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt II.) und gegen ihn ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde überdies die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

15.      Gegen diese Entscheidung brachte der BF eine Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2018, GZ: I415 2189064-1/7E, als unbegründet abgewiesen wurde.

16.      Mit Schriftsätzen datiert vom 23.01.2020 und 28.01.2020 stellte der BF den gegenständlichen (dritten) Folgeantrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen mit seiner Krankheit und den Behandlungsmöglichkeiten in Österreich begründete.

17.      Bei der am 05.02.2020 durchgeführten Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, er sei am 13.07.2017 operiert worden und müsse aufgrund der laufenden Behandlung in Hinblick auf seinen nächsten Untersuchungstermin am 21.07.2020 in Österreich bleiben. Die notwendige lebenslange medizinische Kontrolle sei in Marokko nicht möglich und habe er überdies keine familiären Verbindungen mehr.

18.      Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 13.02.2020 sowie am 20.02.2020 gab der BF befragt zu seinen Gründen für die neuerliche Folgeantragsstellung im Wesentlichen ergänzend an, sich eine Behandlung in Marokko nicht leisten zu können. Seine ursprünglichen Ausreisegründe seien nach wie vor aufrecht, nur sei seine Situation aufgrund der Strafen und Probleme schlimmer geworden. Zusätzlich habe er seit 2012 Schulden wegen eines offenen Kredites für die Bezahlung von Medikamenten seiner Mutter sowie nicht beglichener Rechnungen der Beerdigung seines Vaters. Die ausgefolgten Länderinformationen zu Marokko seien überdies gelogen und nicht korrekt.

19.      Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 27.02.2020 wies die belangte Behörde den dritten Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück.

20.      Gegen diesen Bescheid richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde der Rechtsvertretung des BF vom 12.03.2020.

21.      Mit Schriftsatz vom 13.03.2020, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 16.03.2020, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist ledig, Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich zum islamischen Glauben. Seine Identität steht fest.

Der BF reiste illegal nach Österreich ein und hält sich seit (mindestens) 13.11.2015 im Bundesgebiet auf. Im Zeitraum zwischen 11.02.2016 und 26.06.2016 stellte der BF in der Schweiz, in Deutschland sowie in Dänemark jeweils einen Asylantrag und wurde schließlich aufgrund der Dublin-III-Verordnung von Dänemark nach Österreich rücküberstellt. Der BF war während seines Aufenthaltes in Österreich jahrelang unter zahlreichen Alias-Identitäten bekannt. Trotz der aufrechten Rückkehrentscheidung ist der BF seiner Ausreiseverpflichtung aus Österreich nicht freiwillig nachgekommen, sondern stellte stattdessen bereits seinen dritten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Er hält sich somit weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der BF leidet an folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen: psychische Störung, gutartige Neubildung: Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen: Abhängigkeitssyndrom, psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa und Hypnotika mit Abhängigkeitssyndrom - gegenwärtige Teilnahme an einem ärztlich überwachten Ersatzdrogenprogramm (kontrollierte Anhängigkeit), gutartige Neubildung: Hypophyse, Mittelgradige depressive Episode, Astigmatismus. Diese Krankheiten sind jedoch nicht lebensbedrohlich und in Marokko behandelbar. Zudem sind die benötigten Wirkstoffe bzw. Medikamente auch in Marokko verfügbar. Der BF leidet somit an keinen derartigen physischen und psychischen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat oder seiner Arbeitsfähigkeit entgegenstehen. Der BF ist arbeitsfähig.

Der BF verfügt über eine Schulbildung und sicherte sich seinen Lebensunterhalt mit verschiedenen Gelegenheitsjobs. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung hat er somit eine Chance auch hinkünftig am marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht festgestellt werden.

Der BF ist in Österreich bereits dreifach vorbestraft:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.09.2016 zu XXXX wurde der BF gemäß §§ 127, 130 Abs. 1 1. Fall StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt, wovon sechs Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 24.05.2017 zu 4 XXXX wurde der BF wegen §§ 15, 87 Abs. 1 StGB, § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechzehn Monaten rechtskräftig verurteilt, wovon zwölf Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Zusätzlich wurde die mit Urteil vom 01.09.2016 zu XXXX ausgesprochene Probezeit auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

Zuletzt wurde der BF mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 26.07.2017 zu XXXX wegen § 27 Abs. 2a 2. Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten verurteilt, wobei die mit den Urteilen vom 01.09.2016 zu 115 XXXX sowie vom 24.05.2017 zu XXXX bedingt nachgesehen Teile der Freiheitsstrafen widerrufen wurden.

Der BF befand sich zwischen 16.02.2017 und 02.03.2020 durchgehend in Strafhaft und wurde mit 02.03.2020 in Schubhaft genommen.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:

In seinem ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 13.11.2015 begründete der BF seine Flucht mit einem gewalttätigen Streit mit einem Freund sowie mit wirtschaftlichen Gründen. Nachdem dieser erste Asylantrag mit Bescheid der belangten Behörde vom 29.04.2016 rechtskräftig abgewiesen wurde, stellte er am 14.02.2017 den ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz. Im Folgeverfahren brachte der BF im Wesentlichen vor, die früheren Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht, jedoch sei er Vater geworden und bedrohen ihn die Brüder der Mutter des Kindes mit dem Tod. Auch dieser erste Folgeantrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.04.2017 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen und wurde festgestellt, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des BF nicht lebensbedrohlich und in Marokko behandelbar sind.

Den zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz stellte der BF circa eineinhalb Monate später, nämlich am 06.07.2017, und machte der BF befragt zu seinen Antragsgründen geltend, dass seine früheren Fluchtgründe aufrecht bleiben, er jedoch eine Gehirnblutung erlitten habe und auf einen Operationstermin warte. Dieser Folgeantrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.11.2017 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid des BFA vom 26.02.2018 wurde gegen den BF unter anderem eine Rückkehrentscheidung sowie ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde sodann mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2018 als unbegründet abgewiesen.

Der BF stellte sodann den gegenständlichen (dritten) Folgeantrag mit Schreiben vom 23.01.2020 sowie 28.01.2020, welchen er im Zuge der Erstbefragung am 05.02.2020 mit seiner Krankheit und den diesbezüglichen Behandlungsmöglichkeiten in Österreich begründete.

In seinen niederschriftlichen Einvernahmen am 13.02.2020 und 20.02.2020 führte der BF im Wesentlichen begründend an, er könne sich eine medizinische Behandlung in Marokko nicht leisten. Seine ursprünglichen Fluchtgründe seien nach wie vor aufrecht, nur sei seine Situation aufgrund der Strafen und Probleme schlimmer geworden. Zusätzlich habe er seit 2012 Schulden aufgrund eines nicht bedienten Kredites für die Bezahlung von Medikamenten seiner Mutter sowie für die Begleichung von Rechnungen der Beerdigung seines Vaters.

Der gegenständliche Folgeantrag wurde mit Bescheid des BFA vom 27.02.2020 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückgewiesen.

Das Ermittlungsverfahren ergab, dass die im Folgeverfahren vorgebrachten Gründe für die Antragstellung vom BF bereits im Zuge der zahlreichen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebracht wurden bzw. dort schon bekannt waren. Überdies hat sich die individuelle Situation des BF hinsichtlich seines Gesundheitszustandes und Herkunftsstaates Marokko nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Marokko:

Hinsichtlich der aktuellen Sicherheitslage sowie der medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat des BF sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 27.02.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ mit Stand 08.11.2019 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23.01.2020) zu Marokko fast vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Marokko gilt als sicherer Herkunftsstaat. Es ist politisch wie sicherheitspolitisch ein stabiles Land. Marokko ist fähig und willig, seine Bürger zu schützen. Justiz und Sicherheitsapparate funktionieren. Die Justiz ist gemäß der geltenden Verfassung unabhängig. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren mit dem Recht, Berufung einzulegen, ist gesetzlich gewährleistet. Über Beeinflussung der Gerichte durch Korruption oder durch außergerichtliche Einflussmaßnahmen wird berichtet. Der Sicherheitsapparat besteht aus Polizei- und paramilitärischen Organisationen Eine zivile Kontrolle über Sicherheitskräfte ist abgesehen von Einzelfällen effektiv. Folter steht unter Strafe, wobei Berichte über Folterungen und Gewaltanwendung gegenüber Gefangenen bestehen. Die in Marokko verbreitete Korruption steht unter Strafe, welche aber nicht effektiv vollzogen wird. Eine Reform der Korruptionsbekämpfungsbehörde ist geplant, aber noch nicht verwirklicht.

Marokko verfügt über einen umfassenden Grundrechtebestand, lediglich das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit fehlt. Die Grundrechte werden durch den Vorbehalt in Bezug auf die Monarchie, den islamischen Charakter von Staat und Gesellschaft und die territoriale Integrität beschränkt. Ferner fehlen zT Durchführungsgesetze. Allgemein bestehen grundrechtliche Probleme hinsichtlich der Sicherheitskräfte sowie schlechter Haftbedingungen. Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer religiösen Überzeugung können nicht festgestellt werden. Die Haftbedingungen sind generell schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Hygienische Verhältnisse und die medizinische Versorgung in Gefängnissen sind nicht gut. Gefängnisse sind in Marokko überbelegt. Es existieren Berichte über folterähnliche Praktiken in Gefängnissen. Die Todesstrafe wird weiterhin in Marokko verhängt. Seit 1993 wurden aber keine Todesstrafen mehr vollstreckt.

Die medizinische Grundversorgung ist vor allem im städtischen Raum weitgehend gesichert. Medizinische Dienste sind kostenpflichtig und werden bei bestehender gesetzlicher Krankenversicherung von dieser erstattet. Es gibt einen großen qualitativen Unterschied zwischen öffentlicher und (teurer) privater Krankenversorgung. Im Bereich der Basis-Gesundheitsversorgung wurde 2012 das Programm RAMED eingeführt und erstreckt sich auf 8,5 Mio. Einwohner der untersten Einkommensschichten bzw. vulnerable Personen, die bisher keinen Krankenversicherungsschutz genossen. Zugang haben Haushaltsvorstände und deren Haushaltsangehörige, die keiner anderen Pflicht-Krankenversicherung unterliegen. Ansprechbar sind die Leistungen im staatlichen Gesundheitssystem (Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung und Vorsorge sowie Krankenhäuser) im Bereich der Allgemein- und Fachmedizin, stationärer Behandlung, Röntgendiagnostik etc. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine „Carte RAMED“ erhalten. Bei Vorlage dieser Karte sind Behandlungen kostenfrei (AA 10.3.2017).

Eine nach Marokko zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akte der Vorverfahren sowie in den gegenständlichen Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor dieser und vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko mit Stand 08.11.2019 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23.01.2020).

Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat somit ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht – wie zuvor dargelegt – keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seiner Glaubenszugehörigkeit, seiner Staatsangehörigkeit und seinen familiären Verhältnissen gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Protokoll vom 29.08.2019) sowie der belangten Behörde (Protokoll vom 13.02.2020). Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des BF aufgekommen.

Aufgrund der im Verwaltungsakt befindlichen kriminaltechnischen Personenfeststellung vom 01.06.2017 steht seine Identität fest.

Die Feststellungen bezüglich seiner Einreise, seinem Aufenthalt in Österreich sowie der jahrelangen Verwendung von Alias-Identitäten lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt entnehmen. Insofern spricht dieses Verhalten des BF jedenfalls für eine mangelnde persönliche Glaubwürdigkeit.

Hinsichtlich seines gesundheitlichen Zustandes ist zunächst auf die Angaben des BF sowohl im Vorverfahren als auch vor der belangten Behörde hinzuweisen. Darüber hinaus legte der BF dem BFA folgende ärztliche Unterlagen vor: Brillenpass vom 17.02.2020, Behandlungsmitteilung der JA XXXX vom 13.02.2020, Augenambulanzbericht des XXXX Universitätsklinikums vom 16.01.2020, Arztbrief der Medizinischen Universität vom 05.08.2019 samt Diagnose und Analyse, Zuweisung an das XXXX vom 25.01.2019 samt Befund und Analyse, Laborbefunde vom 19.07.2017, 20.07.2017, 27.07.2017, 21.08.2017 21.09.2017, 26.09.2017 und 18.12.2019, Auszüge aus dem eJournal des XXXX mit Stand 23.08.2017 und 29.09.2017, stationärer Patientenbrief XXXX vom 20.07.2017, Aufenthaltsbestätigung im XXXX des Magistrates der Stadt Wien vom 20.07.2017, Befund der Neurochirurgischen Ambulanz des XXXX Universitätsklinikums vom 05.05.2017, Krankengeschichte Stand 11.12.2017.

Die zuletzt gestellten Diagnosen sind in der Behandlungsmitteilung der JA XXXX vom 13.02.2020 übersichtlich angeführt: Psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen: Abhängigkeitssyndrom, psychische und Verhaltensstörungen durch Sedativa und Hypnotika mit Abhängigkeitssyndrom - gegenwärtige Teilnahme an einem ärztlich überwachten Ersatzdrogenprogramm (kontrollierte Anhängigkeit), gutartige Neubildung: Hypophyse, Mittelgradige depressive Episode, Astigmatismus. Der Großteil dieser Diagnosen war bereits zum Zeitpunkt der vorangegangenen Asylverfahren bekannt sowie rechtskräftig mitberücksichtigt worden, zuletzt im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2018 zu I415 2189064-1/7E. Dass die vom BF benötigten Wirkstoffe zur Behandlung seiner bereits festgestellten Krankheiten in Marokko erhältlich sind, ergibt sich aus den entsprechenden Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation in den Vorverfahren, insbesondere zum Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.11.2017, GZ: I414 2153143-2/3E. Darüber hinaus ist Marokko ein sicherer Herkunftsstaat und ist die medizinische Grundversorgung gemäß den Länderinformationsberichten weitgehend gesichert.

Zur nun neu hinzugekommenen Diagnose betreffend psychische und Verhaltensstörungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (Abhängigkeitssyndrom) wurden keine weitergehenden Befunde vorgelegt. Eine neu hinzugekommene lebensbedrohliche Erkrankung wurde somit weder behauptet noch bescheinigt. Überdies wurde bereits rechtskräftig über die Behandlungsmöglichkeit von psychischen Erkrankungen im Allgemeinen in Marokko abgesprochen.

Die aktuellen Befunde zu früheren Diagnosen zeigen, dass sich der BF nach seiner Operation am 13.07.2017 nach wie vor in einem guten Allgemeinzustand befindet und in der durchgeführten Untersuchung weder laborchemisch noch bildgebend ein Hinweis auf ein Rezidiv der Akromegalie findet (Arztbrief der Medizinischen Universität vom 05.08.2019). Aufgrund einer Hypercholesterinämie wurde dem BF empfohlen, sich hinsichtlich einer lipidsenkenden Therapie an seinen Hausarzt zu wenden. Diesbezügliche Unterlagen wurden dem Gericht jedoch nicht vorgelegt. In der Einvernahme vom 13.02.2020 schilderte der BF verschiedene gesundheitliche Beeinträchtigungen an seinem linken Auge sowie an Händen und Füßen, welche bereits seit dem Jahr 2016 auftreten würden. Im aktuellen Augenambulanzbericht des XXXX Universitätsklinikums vom 16.01.2020 wurde im Fazit angegeben, dass der BF an keinem RAPD (Relativer afferenter Pupillendefekt) leide. Sein angesprochenes Problem mit seinem linken Auge konnte schlussendlich durch das Tragen einer Brille (siehe Brillenpass vom 17.02.2020) ausgeräumt werden. Anderweitige Befunde zu seinen beschriebenen Schmerzen an Händen und Füßen wurden nicht vorgelegt, sodass diese - nun schon seit vier Jahren auftretenden - Schmerzen schon rechtskräftig behandelt wurden.

Die Arbeitsfähigkeit des BF ergibt sich aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde, wonach er in der Justizanstalt derzeit unterschiedlichen Tätigkeiten nachgeht und auch Geld ins Verdienen bringt.

Die Feststellungen zu seiner Schulbildung und seiner Arbeitserfahrung in Marokko ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben in den rechtskräftigen Vorverfahren.

Das Fehlen maßgeblicher Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich ergibt sich aus dem Umstand, dass bereits im Vorverfahren zu I415 2189064-1/7E rechtskräftig festgestellt wurde, dass der BF über keine maßgeblichen Integrationsmerkmale verfügt und er sich seit dieser Entscheidung durchgehend in Haft befand. Dieser Annahme entgegenstehende Unterlagen wurden dem erkennenden Gericht überdies nicht vorgelegt.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

Die Feststellungen zu seinen Haftaufenthalten ergeben sich aus dem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.3. Zu den Fluchtgründen des BF:

Die Feststellungen zu den vier Anträgen des BF auf internationalen Schutz wurden den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten entnommen.

Im gegenständlichen Folgeverfahren bringt der BF im Wesentlichen vor, dass die mangelnde medizinische Versorgung seiner Krankheit sowie die hohen Kosten einer Behandlung eine Rückkehr nach Marokko nicht erlauben würden. Überdies müsse er einmal jährlich zu einer Untersuchung im Krankenhaus erscheinen, dies sein Leben lang. Auch halte er seine bisherigen Fluchtgründe nach wie vor aufrecht.

Insoweit stützt sich der BF auf solche Umstände, die bereits zum Zeitpunkt des vorangegangenen Asylverfahren bestanden haben, von ihm im vorangegangenen Asylverfahren auch vorgebracht und bereits rechtskräftig mitberücksichtigt wurden. Dies betrifft im Speziellen die Behandlung seiner Erkrankungen sowie die Möglichkeiten der Medikamentenbeschaffung im Herkunftsstaat. Eine lebensbedrohliche Verschlechterung seiner Erkrankung seit Rechtskraft der vorangegangenen Verfahren wurde überdies weder vorgebracht noch bescheinigt und wurden auch keine ärztlichen Unterlagen beigebracht, wonach der BF notwendigerweise sein Leben lang einmal jährlich einen Kontrolltermin in einem österreichischen Krankenhaus wahrnehmen müsse. Aufgrund der detailliert durchgeführten Ermittlungen hegt das erkennende Gericht – wie auch die belangte Behörde – keine Zweifel an den bereits rechtskräftig getroffenen Feststellungen der Vorverfahren.

Insoweit sich der BF nun auf die Nichtbedienung eines Kredites aus dem Jahr 2012 sowie auf Schulden beruft, welche dem Begräbnis seines Vaters entspringen, ist anzuführen, dass derartige Fluchtgründe dem BF bereits vor Stellung seines ersten Asylantrages aus dem Jahr 2015 bekannt waren. Sein Vorbringen benennt keine neu hervorgekommen Fluchtgründe und ist somit von der Rechtskraft des Bescheides des BFA vom 29.04.2016 umfasst. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der Frage der rechtskräftigen Erledigung sein diesbezügliches Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde, da es sich bei einer hypothetischen Wahrunterstellung lediglich um wirtschaftliche Gründe handelt.

Wenn im Beschwerdeschriftsatz nun angeführt wird, dass der BF politisch aktiv gewesen sei, da er als Sänger Lieder entgegen die Regierung veröffentlichte, ist darauf hinzuweisen, dass der BF selbst in keiner der Einvernahmen im gegenständlichen Verfahren ein solches Vorbringen erstattete. Überdies mangelt es dem BF an persönlicher Glaubwürdigkeit und stellt dieses Vorbringen darüber hinaus keine neu hervorgekommenen Fluchtgründe dar. Es ist somit von der Rechtskraft des Bescheides des BFA vom 29.04.2016 mitumfasst und dient wohl lediglich einem Versuch zur weiteren Verschleppung des Verfahrens.

Des Weiteren kann von der erkennenden Richterin keine wesentliche Verschlechterung der Sicherheitslage in Marokko, welche den BF individuell und konkret betreffen würde, festgestellt werden und gilt Marokko nach wie vor als sicherer Herkunftsstaat.

Somit ist der belangten Behörde beizupflichten, dass das Fluchtvorbringen des BF im gegenständlichen Verfahren keinen neuen Sachverhalt darzustellen vermag bzw. bereits dieser zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Vorverfahrens bestanden und sich bei den Fluchtgründen nichts geändert hat, weshalb auch kein entscheidungsrelevant geänderter Sachverhalt im Sinne von § 68 AVG vorliegt. Dieser Beurteilung tritt auch die Beschwerde nicht substantiiert entgegen, sodass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln. Daher schließt sich das Bundesverwaltungsgericht dieser Beweiswürdigung vollinhaltlich an.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Marokko vom 08.11.2019 (letzte Kurzinformation eingefügt am 23.01.2019) samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland weder in der Einvernahme vom 20.02.2020 noch im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegen. Das bloße Aufzeigen von spezifischen Problemlagen im Herkunftsstaat bzw. das Verweisen auf beliebige Youtube-Videos vermag die Glaubwürdigkeit der Länderfeststellungen nicht zu erschüttern.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Beschwerde nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (vgl. VwGH 25.04.2007, 2004/20/0100, mwN).

Die Behörde hat sich bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Die Rechtsmittelbehörde darf nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung (wegen entschiedener Sache) durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist und hat dementsprechend entweder - im Falle des Vorliegens entschiedener Sache - das Rechtsmittel abzuweisen oder - im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung - den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (VwSlg. 2066A/1951, VwGH 30.05.1995, 93/08/0207; Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, 1433 mwH).

Es kann nur eine solche Änderung des Sachverhaltes zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

Ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz auf behauptete Tatsachen stützt, die bereits zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens bestanden haben, die dieser jedoch nicht bereits im ersten Verfahren vorgebracht hat, liegt schon aus diesem Grund keine Sachverhaltsänderung vor und ist der weitere Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH 4.11.2004, 2002/20/0391; VwGH 24.8.2004; 2003/01/0431; VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315; VwGH 24.2.2000, 99/20/0173; VwGH 21.10.1999, 98/20/0467).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Das BFA hat - wie bereits zuvor näher ausgeführt - völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass entschiedene Sache vorliegt. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des BFA an, dass die Angaben des BF im gegenständlichen Verfahren nicht geeignet sind, eine neue inhaltliche Entscheidung zu bewirken und dass darin kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden kann. Aufgrund des Umstandes, dass es sich gegenständlich um Vorbringen handelt, welches zum Zeitpunkt der Rechtskraft seines ersten Asylverfahrens am 31.05.2016 vorlag und bereits im Vorverfahren rechtskräftig behandelt wurde sowie des Umstandes, dass der BF schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen, welche nun neu hinzugekommen sind, nicht glaubhaft machen konnte, kann von keiner Änderung des Sachverhalts ausgegangen werden. Auch sein weiteres Vorbringen, wonach er von einer Verfolgung wegen eines Kredites sowie wegen seiner Tätigkeit als Sänger bedroht sei, vermochte aufgrund seiner Kenntnis vor der ersten Asylantragsstellung im Jahr 2015 zu keiner entscheidungswesentlichen Sachverhaltsänderung führen. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben.

Da insgesamt weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des BF gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist - noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte. Die Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der Asylberechtigten wegen entschiedener Sache war rechtmäßig, weshalb Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs. 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 u.a.). Diese Regelung steht im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Dem Beschwerdevorbringen sind keine maßgeblichen neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in der Beschwerde den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr nach Marokko nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf ihre individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Das Beschwerdevorbringen ist somit unsubstantiiert. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom BF im vorliegenden Fall verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des BF sprechenden Fakten auch dann für den BF kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Asylverfahren entschiedene Sache Folgeantrag Identität der Sache Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung res iudicata subsidiärer Schutz Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I405.2189064.2.01

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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