Entscheidungsdatum
15.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W195 2224260-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2019, XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.06.2020 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 31.05.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen einer am Tag der Antragstellung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab der BF an, 2015 zum Studieren nach Österreich gekommen zu sein. Er habe ein Notfallvisum beantragen wollen, damit er nach Bangladesch zurückkehren könne, um seine kranke Mutter zu besuchen. Allerdings habe seine Mutter gesagt, dass das Leben des BF in Bangladesch in Gefahr sei und er auf keinen Fall nach Bangladesch zurückkehren solle. Weiters habe sie ihm berichtet, dass ein Herr namens XXXX ein Strafverfahren gegen den BF eingeleitet hätte. Dieser XXXX sei zu den Eltern des BF gekommen und hätte den BF mit dem Tod bedroht. Ebenso hätte er seinen Eltern gesagt, sobald er den BF finden würde, würde er ihn töten. Bei diesem XXXX handle es sich um einen ehemaligen Studienkollegen des BF. Er wisse es nicht genau, aber er sei ein großer Führer in der Awami League (im Folgenden: AL) oder der Freiheitskämpferorganisation XXXX gewesen. Der BF habe auch Beweismittel, wonach die Polizei bei seinen Eltern zuhause gewesen sei um den BF zu suchen. Er habe auch eine Bestätigung der Strafanzeige des XXXX gegen den BF. Seine Familie und er hätte Angst um das Leben des BF, sollte er nach Bangladesch zurückkehren. Im Falle einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben.
I.2. Am 21.06.2019 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.
Dabei führte der BF zu seinen Asylgründen aus, zwischen 2006 und 2007, als er auf dem College gewesen sei, habe er sich politisch für die Chattro Dal (im Folgenden: CD) engagiert. Als er für sein Bachelorstudium nach XXXX habe ziehen müssen, habe er sich nicht mehr so für die Politik engagieren können, aber er habe Kontakt zu seinen Parteiangehörigen seiner Stadt gehabt.
Seine Probleme hätten im letzten Monat, am 24.05.2019, begonnen. Befragt führte der BF aus, „mindestens drei bis vier Mal“ persönlich angegriffen worden zu sein. 2014 sei er das erste Mal in XXXX angegriffen worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte er das erste Mal wählen dürfen, es sei verhindert worden, dass er wählen gehe. Das zweite Mal sei er im Wahlraum angegriffen worden. Der BF wurde zu den genauen Zeitpunkten der Angriffe befragt und er gab dazu an (Sprache im Original): „VP: Das erste Mal am 04.01.2014 oder am 06.01.2014 das zweite Mal am 07.01.2014, die Wahlen haben zwischen dem 01.01.2014 bis zum 15.01.2014 stattgefunden, zu dieser Zeit war das. LA: Wann war das dritte und vierte Mal? VP: Auf dem Weg zur XXXX ich wollte in den Bus steigen, ich wurde gesucht und gefunden, es wurde ein Anschlag auf mich im Bus verübt ca. im Oktober 2014. Anmerkung VP schweigt. LA: Sind Sie fertig mit der Erzählung? VP: Nein, das vierte Mal als ich im Jahr 2017 nach Bangladesch flog, damals wurde auch ein Anschlag auf mich ausgeübt, ich war in einem politischen Meeting der Chatro Dal, es wurde eine Rede gehalten, da wurde der Anschlag auf mich verübt.“ Als er auf dem College gewesen sei, sei er als Werbesekretär dafür zuständig gewesen, andere Studenten über die CD zu informieren, alle zu vereinen und neue Studenten für die CD zu inspirieren.
Da sich der BF zwischen 2006 und 2007 politisch engagiert habe, verfolge man ihn nun. Er sei sehr aktiv gewesen. Als er im Jahr 2014 in seine Heimatstadt gegangen sei, um zu wählen, als er das erste Mal wahlberechtigt gewesen sei, er habe für seine Partei geworben, er habe die neuen Wahlberechtigten dazu inspiriert, seine Partei zu wählen. Er habe den Wahlberechtigten die Schattenseiten der AL, ihre Korruption gezeigt. Er habe die Schlechte Art und Weise der Führung aufgezeigt. Sodann wurde der BF zu seiner Partei befragt und er gab dazu an: „LA: Sie sagten warum man die Awami League nicht wählen soll. Aber warum sollte man Ihre Partei wählen? VP: Als meine Partei 2001 bis 2004 an der Macht war, gab es positive Veränderungen im Land, es wurde gegen die Korruption gekämpft, es wurde für die Bevölkerung gekämpft. Speziell auf die Bildung wurde großer Wert gelegt, Bildung ist sehr wichtig im Land, solange es die Korruption im Land gibt kann die Bildung nicht entwickelt werden. LA: Wie alt waren Sie 2001? VP Zwischen 11 und 12 Jahre. LA: Damals haben Sie sich so sehr für die Chatro Dal interessiert? VP: Damals habe ich das erste Mal von der BNP gehört, als die Wahlen stattfangen. LA: Was hat Sie an der BNP so fasziniert als Sie elf Jahre alt waren? VP: Nach den Wahlen als die BNP an die Macht kam, wurde ich inspiriert.“
Konkret zu den Gründen für seine Asylantragstellung befragt, gab der BF an, als am 24.05.2019 ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei, habe ihn seine Mutter gewarnt, dass er auf keinen Fall nach Bangladesch zurückkehren sollte, weil sein Leben dort in Gefahr sei. Zu dieser Zeit sei seine Mutter sehr krank gewesen und der BF habe deshalb ein Notfallvisum beantragt, also er habe sich Gedanken gemacht, nach Bangladesch zu fliegen. Genau zu dieser Zeit sei das Strafverfahren gegen ihn erstattet worden. Der Kläger dieses Strafverfahrens habe nach dem BF gesucht, bei ihm zuhause und habe eine Bedrohung gegen den BF seiner Mutter gegenüber ausgesprochen. Diese Probleme habe der Kläger seit 2014 verursacht, als er im Jahr 2014 angegriffen worden sei. Seitdem verfolge er den BF und seitdem gebe es diese Gefahr. Als der BF im Jahr 2017 in Bangladesch gewesen sei, sei er während eines Meetings angegriffen worden. Er habe zum BF gesagt (Fehler im Original): „Du bist nicht berechtigt in dieser Stadt zu leben du sollst so schnell du kannst weg von hier.“ Er sei deshalb so gegen den BF gewesen, weil er andere junge Personen dazu motiviert habe, seiner Partei beizutreten. Auch als er hier in Österreich gewesen sei, habe er versucht, bei den politischen Meetings teilzunehmen und auch neue Studenten zu motivieren, seiner Partei zu betreten. Sein Freund Namens XXXX sei Organisationsekretär seines Distrikts. Es seien viele Anzeigen gegen ihn erstattet worden.
Als der BF im Jahr 2014 wahlberechtigt geworden sei, sei verhindert worden, dass er wählen gehen könne, habe er einen Status auf Facebook hochgeladen. Aufgrund dieses Status sei ein zweiter Anschlag auf den BF verübt worden. Seitdem poste er auf Facebook gegen die Regierung. Der Vorsitz der AL sei darüber informiert worden, dass der BF solche Postings gegen die Regierung teile, deshalb seien seine Eltern einmal geladen worden. Es sei ihnen gesagt worden, dass sie den BF aufhalten sollten und ihm verbieten sollten, solche Beiträge zu posten. Er habe gesagt, wenn der BF nicht damit aufhören würde, würden sie ein I.T.C Strafverfahren einleiten. Als seine Eltern dann nachhause gekommen seien, hätten sie dem BF gesagt, dass er auf keinen Fall weitere Beiträge gegen die Regierung posten und seine alten Beiträge gegen die Regierung löschen solle, sonst wäre sein Leben in Gefahr. Deshalb habe er aus Angst einige alte Beiträge gegen die Regierung gelöscht. Der Kläger des Strafverfahrens, das im Jahr 2019 eingeleitet worden sei, habe den BF zuvor einige Mal angerufen und ihn mit dem Tod bedroht. Bevor die Anzeige erstattet worden sei, seien einige Tage zuvor der Kläger und die Polizei zur Familie des BF nachhause gekommen und hätten nach ihm gesucht. Da seine zwei Brüder Angst gehabt hätten, geschlagen zu werden, weil sie den BF nicht finden würden, hätten sie für einige Tage ihren Wohnort gewechselt.
Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der BF zu Protokoll, seine Mutter hätte ihm gesagt, dass er getötet werden könne und dass sein Leben dort in Gefahr sei. Da in Bangladesch viele Politiker der Gegenpartei unauffindbar würden. Da der BF viele Studenten dazu motiviert habe, könne man ihn aus Hass verschwinden lassen. Die Polizei selbst verübe dieses Verschwinden. Es sei so, dass zuerst jemand angezeigt werde und danach direkt erschossen würde oder viele ermordet würden. Das sei seine Angst. Da die Polizei in der letzten Zeit öfters zum BF nachhause gekommen sei um ihn zu suchen, lauere eine Gefahr auf den BF. Der BF wolle noch etwas angeben, die Regierung, die Regierungspartei AL und die Exekutive würden miteinander arbeiten und eine Liste gegen politische Gegner, denen sie das Leben nehmen würden, erstellen. Der BF habe Angst, auf dieser Liste bzw. ihr Ziel zu sein.
I.3 Das BFA gab die Übersetzung der vom BF vorgelegten bengalisprachigen Dokumente in Auftrag.
I.4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29.08.2019, XXXX , wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich des Status eines Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, der BF habe eine Verfolgung in Bangladesch nicht glaubhaft machen können, weswegen dem BF nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden, drohe. Unter Berücksichtigung der individuellen (persönlichen) Umstände des BF sei nicht davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland in eine ausweglose Situation gerate, weswegen auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung subsidiären Schutzes vorliegen würden. Ebenso wenig lägen Anhaltspunkte für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ vor und zudem würden die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.
I.5. Mit Schriftsatz vom 26.09.2019 wurde dieser Bescheid des BFA seitens des – durch XXXX vertretenen – BF wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Gänze angefochten.
Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensverlaufes und der behaupteten Fluchtgründe wurde darin zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei asylrelevant, zumal er gegen die AL kritische Beiträge auf Facebook teile. Das BFA habe ein einseitiges Ermittlungsverfahren geführt und seine Entscheidung nicht nachvollziehbar begründet. Im Vorbringen des BF sei kein einziger Widerspruch zu Tage getreten. Dazu kämen Verständigungsprobleme. Das BFA hätte Vor-Ort-Recherchen durchzuführen gehabt. Das Privat- und Familienleben sei seitens des BFA unberücksichtigt geblieben. Der BF befinde sich seit vier Jahren durchgehend im Bundesgebiet und spreche Deutsch auf dem Niveau B2.
Die Beschwerde stellt die Anträge, den Bescheid zu beheben und dem BF Asyl bzw. subsidiären Schutz zu erteilen, in eventu, den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
I.6. Mit Schreiben vom 10.10.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
I.7. Mit der Ladung zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde das aktuelle Länderinformationsblatt (April 2020) der Staatendokumentation zu Bangladesch zur allfälligen Stellungnahme bis längstens im Rahmen der für den 09.06.2020 angesetzten mündlichen Beschwerdeverhandlung, übermittelt.
I.8. Am 09.06.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali und des ausgewiesenen Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, im Zuge derer der BF ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Österreich befragt wurde.
Eingangs legte der BF drei Arbeitsvorverträge (aus 2018, 2019 und 2020) vor. Weiters legte der BF eine Strafanzeige gegen seinen Bruder vor, welche er ganz neu bekommen habe.
Der gesunde BF führte dann – zusammengefasst – aus, dass seine Mutter ihn alle zwei Monate einmal anrufe; sonst habe er keinen Kontakt. Er habe die Anzeige gegen seinen Bruder von einem Freund erhalten, seine Eltern seien zu alt, um sie per Post zu übermitteln. Sein Vater sei 72 Jahre, seine Mutter 67 Jahre; befragt, warum er das Alter der Mutter vor einem Jahr mit ca 60 Jahren angegeben habe, antwortete der BF, dass er es damals nicht genau wusste. Seine Eltern lebten von einem Handelsbetrieb, der Vater habe jetzt noch eine staatliche Pension, weil er Freiheitskämpfer gewesen sei.
Der BF habe zwei Brüder, einen älteren Bruder und einen Zwillingsbruder. Der Zwillingsbruder sitze derzeit im Gefängnis, wo der ältere Bruder sei wisse er nicht. Der ältere Bruder arbeite bei einer Reismühle.
Der BF habe im Jahr 2014 den Entschluss gefasst, nach Österreich zu kommen, um zu studieren. In Österreich habe er lediglich einen Verwandten, einen Cousin mütterlicherseits und dessen Ehefrau. Eine Beziehung habe er derzeit nicht, eine Beziehung sei Ende Februar zu Ende gegangen. Kinder habe er auch keine.
Gefragt hinsichtlich seiner Tätigkeiten antwortete der BF, er habe von 2016 und 2017 in einem persisch-iranischen Lokal gearbeitet, danach von Mitte 2018 bis Ende Mai 2019 in einer Bar als Barmann, und seit Juli 2019 mache er „die Zeitungsarbeit in Gebieten“. Er verdiene ungefähr 600 bis 700 Euro pro Monat netto, für die Wohnung in einer Wohngemeinschaft müsse er ca 100 Euro zahlen. In seiner Freizeit gehe er Cricket spielen oder sehe sich Videos auf YouTube an oder gehe mit Freunden fort, um sich zu amüsieren. Sein bester Freund, Andreas, habe er im Deutschkurs kennen gelernt und komme ursprünglich aus der Ukraine, „Beji und Darius“ kenne er von der Arbeitsstelle, Leo vom Fortgehen. Der BF sei in der österreichisch-bengalischen Gesellschaft tätig, eigentlich seit 2015; er ist bisher nicht straffällig geworden.
In weiterer Folge konnte festgestellt werden, dass der BF Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 hat, welche er auch tatsächlich in einer Konversation umsetzen konnte.
Allerdings habe er auch die Universität Wien keine einzige Prüfung absolviert. Er konnte nicht studieren, wegen der familiären Schwierigkeiten und dem psychischen Druck.
Die familiären Schwierigkeiten bestünden darin, dass gegen die Brüder Strafanzeigen erfolgten, etwa wegen Drogen, und der Vater Grundstücke verkaufen musste, um für die Verfahrenskosten aufzukommen. Beide Brüder seien im Gefängnis gewesen, auch der ältere Bruder sei bis vor drei Monaten dort gewesen. Nachgefragt, ob der ältere Bruder jetzt Geschäftsführer im Reishandel sei, meinte der BF, er wisse „schon seit langem nicht mehr, was er mache.“
Der BF wurde vom VP in der Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG gefragt, ob er Mitglied einer Partei sei. Der BF antwortete: „Jetzt nicht mehr“. Auf die Frage, ob er Mitglied einer Partei war, erklärte der BF: „Als ich 2007 im College war, war ich aktives Mitglied bei der C.D. und als ich danach in die Dhaka-Universität ging, um mein Bachelor-Studium zu machen, war ich, es war ja eine Privatuniversität, inoffizielles Mitglied. Offiziell war es dort nicht erlaubt, Studentenpolitik zu betreiben.“ Gefragt, bis wann er Mitglied bei der C.D. gewesen sei, meinte der BF: „2007/2008 bis Anfang 2009“.
Nach Österreich sei er erstmalig am 27.02.2015 gekommen, um zu studieren. Vom 15.06.2017 bis 20.07.2017 sei er auf Heimaturlaub in Bangladesch gewesen. Er sei in dieser Zeit bei einem politischen treffen der BNP CD gewesen, welches um den 10.07.2017 stattgefunden habe. Der BF und zwei seiner Freunde seien vom „Anzeigenerstatter“ geschlagen worden. Es sei dies im örtlichen Parteilokal der BNP geschehen, als 15 bis 20 bewaffnete Personen eingetreten seien. Da an dem Treffen der BNP ca 100 Personen teilgenommen hätten, kam es zu einer Schlägerei. Die gegnerischen Personen hätten es vor allem auf die Personen abgesehen gehabt, die das Treffen arrangierten. Gefragt, ob er das Treffen mitarrangiert habe, meinte der BF, dass er, weil er vom Ausland gekommen sei, er seine Bekannten benachrichtigt und eingeladen habe. Insgesamt seien es um die „fünf bis sieben“ aktive Mitglieder gewesen, auf die die Schläger es abgesehen hatten. Eine Anzeige des BF sei bei der Polizei abgelehnt worden, so wie alle Anzeigen, welche die 100 Personen erheben wollten.
Gegen den BF sei nur eine Anzeige erstattet worden, nämlich die vom 23.05.2019. In dieser Anzeige stünde, dass sich der BF 500.000 Taka am 10.02.2015 ausgeborgt hätte, und diese während seines Heimaturlaubes im Jahr 2017 nicht zurückzahlen wollte; er habe lediglich 100.000 Taka zurückgezahlt. Da die restlichen 400.000 Taka ebenfalls zurückgefordert worden seien, sei der BF wütend geworden und habe in Begleitung mit vier oder fünf weiteren Personen den Anzeigenerstatter mit „heimischen“ Waffen (zB Hackmesser, Pistole, Metallstange) angegriffen und mit dem Tode bedroht, falls er das Geld jemals wieder zurückfordern würde.
Der Anzeigenerstatter sei dem BF persönlich bekannt und hätte sich dessen Feindschaft schon Jahre hindurch entwickelt.
2019 wollte der BF nach seinen Aussagen wieder nach Österreich fahren, um seine kranke Mutter zu besuchen; er hatte sich bereits ein „Notfallvisum“ für den Monat März besorgt. Dies dürfte sein Feind erfahren haben und habe gedroht, ihn zu töten, wenn er nach Bangladesch käme, worauf hin die Mutter des BF diesen gewarnt habe, und er nicht nach Bangladesch gefahren sei.
Nachgefragt, bis wann der BF eigentlich eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich hatte, gab dieser an, es sei dies „bis Juni vielleicht“ gewesen; weiter nachgefragt, sagte der BF: “2019“. Der VP stellte auf Grund der Aktenlage fest, dass die Aufenthaltsbewilligung des BF am 09.04.2018 endete.
Über Befragung des Vertreters des BF gab dieser an, dass er aktiv auf Facebook gegen die Regierung von Bangladesch poste und er habe an Videokonferenzen, virtuellen Treffen teilgenommen und BNP-Unterstützer motiviert. Er mache dies noch immer, allerdings „wenig“.
Abschließend zum Länderbericht und zur aktuellen Corona-Pandemie referierte der BF nochmals über die behauptete Anzeige gegen ihn und betonte, dass er kein faires Verfahren in Bangladesch erwarte. Sie würden ihn allein schon deswegen bestrafen, weil er in Österreich um politisches Asyl angesucht habe.
Der Vertreter des BF verwies abschließend auf Punkt 3, Abs 4 letzter Satz des Länderberichtes („Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 31.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018“).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
II.1. Feststellungen:
II.1.1. Zur Person des BF, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensumständen in Österreich:
Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der Volksgruppe der Bengalen sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali. Seine Identität steht fest.
Der BF wurde in der Stadt XXXX in der Provinz XXXX geboren, ist dort aufgewachsen und hat auch zuletzt dort gewohnt. Er hat in seinem Heimatland für zwölf Jahre die Schule besucht, vier Jahre ein Bachelor- und Diplomstudium in Hotelmanagement und Tourismus abgeschlossen und er hat in diesem Bereich ein dreimonatiges Praktikum gemacht.
Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Seine Eltern, zwei Brüder, die Frau seines ältesten Bruders und deren Tochter halten sich in Bangladesch auf. Darüber hinaus sind Onkel des BF mit deren Familien in Bangladesch aufhältig (AS 91), ein Cousin und dessen Ehefrau in Österreich. Zwischen dem BF und seiner Mutter besteht aufrechter regelmäßiger Kontakt. Festgestellt wird, dass der BF hinsichtlich des Aufenthaltes seiner Brüder und deren Tätigkeiten unterschiedliche Angaben gemacht hat (zB älterer Bruder: Tätigkeit in der Reismühle, bzw er wisse nicht, was sein Bruder arbeite).
Der BF stellte am 30.12.2014 seinen ersten Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels beim Magistrat der Stadt Wien, MA 35 (Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister), zuletzt ist er am 20.07.2017 in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Der BF hatte Aufenthaltstitel „Student“ mit Gültigkeit von 07.04.2015 bis 07.04.2016, 08.04.2016 bis 08.04.2017 und 09.04.2017 bis 09.04.2018. Ein Antrag auf einen weiteren Aufenthaltstitel studierender wurde vom Amt der Wiener Landesregierung (im Folgenden: AdWLReg) mit Bescheid vom 15.02.2019, XXXX , abgewiesen, weil er keinen Studienerfolg aufzuweisen hatte.
Der BF legte seit 2015 keine einzige Fachprüfung an der Universität Wien ab.
Der BF ist nicht in die staatliche Grundversorgung einbezogen, er arbeitet derzeit als Zeitungsausträger, erhält dafür ca 600 bis 700 Euro monatlich netto; an Wohnkosten hat der BF 100 Euro.
In Österreich schaut sich der BF in seiner Freizeit Cricketspiele und Filme auf YouTube an und er liest gerne. Er hat vier Freunde, bei denen er auf Besuch ist oder mit denen er spazieren geht; seinen besten Freund kennt er vom Deutschkurs, und dieser ist Ukrainer, zwei andere kennt er von der Arbeitsstelle, einen vom Fortgehen. Er hat in Österreich einen Deutschkurs, Niveau B2, gemacht. Er ist Mitglied der XXXX . Sonst ist er bei keinem Verein und engagierte sich während seines bisherigen Aufenthaltes nicht ehrenamtlich.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Der BF ist gesund. Er nimmt keine Medikamente.
I.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:
Festgestellt wird, dass der BF nach seinen Aussagen von 2007 bis Anfang 2009 Mitglied der Chattro Dal in der BNP war.
Festgestellt wird, dass der BF am 27.02.2015 mittels Studentenvisums in Österreich legal einreiste, zwischen 15.06.2017 und 20.07.2017 in Bangladesch auf Heimaturlaub war, sein Aufenthaltstitel am 09.04.2018 endete und er am 31.05.2019 den Asylantrag stellte.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet, dass eine Anzeige gegen ihn seit 23.05.2019 vorläge. In dieser Anzeige werde er beschuldigt einem Geldgeber die restliche Zahlung von 400.000 Taka verweigert zu haben und diesen mit dem Tod bedroht habe, falls er das Geld jemals zurückfordere. Festgestellt wird, dass die behauptete Anzeige vom 23.05.2019 sich auf einen behaupteten Vorfall im Juni/Juli 2017 bezieht.
Festgestellt wird, dass der BF behauptet, bei Veranstaltungen der BNP gewesen zu sein, sie „mitarrangierte“, obwohl er seit August 2009 nicht mehr Mitglied war, und er deswegen geschlagen worden sei.
Nicht festgestellt werden kann eine konkrete politische Verfolgung des BF in Bangladesch. Es wird festgestellt, dass der BF derzeit kein Mitglied der CD ist.
Festgestellt wird, dass nach der deutschen Übersetzung der behaupteten Anzeige (veranlasst vom BFA) Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Dokumente beschrieben werden.
Festgestellt wird, dass der BF keinerlei Hindernisse hatte, als er 2017 nach Bangladesch ein- bzw. zurück nach Österreich ausreiste.
Festgestellt wird, dass das gesamte Fluchtvorbringen des BF insgesamt nicht glaubwürdig ist, insbesondere, weil der BF nach eigenen Angaben seit mehr als 10 Jahren nicht mehr Mitglied einer politischen Partei ist.
Festgestellt wird, dass der BF in Bangladesch weder von staatlichen Akteuren noch von der Polizei gesucht wird. Allfälligen Behelligungen kann der BF durch ein Ausweichen innerhalb Bangladeschs entgehen.
II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:
Politische Lage
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Letzte Änderung: 06.04.2020
Bangladesch – offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?apraj?tantr? B??l?de?) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 12.201811.2019a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Au einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).
Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 8.2019; vgl. GIZ 11.2019a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 8.2019) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 11.2019a; vgl. USDOS 11.3.2020). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).
Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien, die „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) bestimmt (ÖB 8.2019). Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 22.7.2019; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).
Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).
Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).
Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).
Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden, innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei hatte das Wahlergebnis angefochten und ist nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a).
Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein (ACCORD 12.2016). Die Ankündigung von PM Sheik Hasina, ein Tribunal einzusetzen, um erstmals die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971, aber auch für die Ermordung ihres Vaters und Staatsgründers Sheikh Rajibur Rahman 1975 sowie versuchte Mordanschläge auf ihr eigenes Leben 2004 zur Rechenschaft zu ziehen, stoßen in gewissen (pro-pakistanischen Kreisen) in Bangladesch auf heftigen Widerstand (ÖB 8.2019).
Die Kommunalwahlen 2019 fanden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 statt (bdnews24 20.6.2019; vgl. bdnews24 3.2.2019). Nachdem die BNP und einige andere Parteien die Wahlen boykottierten, wurde eine niedrige Wahlbeteiligung beobachtet (bdnews24 20.6.2019; vgl. DS 10.3.2019). Die Kandidaten der AL waren in 317 von 470 Upazillas [Landkreisen] siegreich, in 149 Upazillas gewannen unabhängige Kandidaten, die vorwiegend abtrünnige der Regierungsparteien sind. In 115 Upazillas gab es keine Gegenkandidaten (bdnews 20.6.2019). Für die Nachwahlen in insgesamt 8 Upazillas am 14.10.2019 kündigte die BNP jedoch eine Teilnahme an (PA 8.9.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).
Quellen:
1. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (6.3.2020a): Bangladesch – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 1.4.2020
2. AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 2.4.2020
3. ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (12.2016): Länderkurzübersicht Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/1047992/90_1485186416_122016-bangladesch.pdf, Zugriff 2.4.2020
4. BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 6.4.2020
5. bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 6.4.2020
6. bdnews24 (20.6.2019): Turnout in Upazila polls drops 50% from general elections, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/06/20/turnout-in-upazila-polls-drops-50-from-general-elections, Zugriff 6.4.2020
7. BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019
8. CIA – Central Intelligence Agency (13.3.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html, Zugriff 1.4.2020
9. DS – Daily Star, the (10.1.2019): BNP's Sattar bags B'baria-2, https://www.thedailystar.net/bangladesh-national-election-2018/bangladesh-re-election-3-centres-brahmanbaria-2-constituency-going-peacefully-1685053, Zugriff 6.4.2020
10. DS – Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts, https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 6.4.2020
11. DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 6.4.2020
12. DT – Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia’s candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019
13. DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 6.4.2020
14. DGVN – Deutsche Gesellschaft für die Vereintern Nationen (2016): EWP – Eine Welt Presse . Menschenwürdige Arbeitsbedingungen, https://nachhaltig-entwickeln.dgvn.de/fileadmin/publications/PDFs/Eine_Welt_Presse/20170119_EWP_Arbeitsbedingungen_Nachdruck-web.pdf, Zugriff 2.4.2020
15. FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
16. GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 24.3.2020
17. GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020): Bangladesch – Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 24.3.2020
18. Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 6.4.2020
19. Hindu, The (1.1.2019): Hasina’s triumph: on Bangladesh election results, https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 6.4.2020
20. HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 1.4.2020
21. ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
22. PA – Prothom Alo (8.9.2019): BNP to join upazila polls: Fakhrul, https://en.prothomalo.com/bangladesh/news/201499/BNP-to-join-upazila-polls-Fakhrul, Zugriff 6.4.2020
23. Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 6.4.2020
24. HRW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokumet/n1454483.html, Zugriff 6.4.2020
25. USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020
26. WPR – World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2020, http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 6.4.2020
Sicherheitslage
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Letzte Änderung: 06.04.2020
Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League (AL) und die Bangladesch National Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende Awami-Liga (AL) hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).
Von nicht-staatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 22.7.2019).
Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 18.3.2020; vgl. AA 22.3.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).
Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Die bangladeschischen Behörden sind weiterhin in höchster Alarmbereitschaft und vereiteln geplante Angriffe. Es wurde eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfällen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 27.7.2019). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah bzw. überhaupt nicht auf religiös motivierte Vorfälle (AA 22.7.2019).
In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 22.3.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AA 5.11.2019, TDS 24.8.2019).
Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).
An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).
Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfälle terrorismus-relevanter Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 135 solcher Vorfälle verzeichnet und 2019 wurden 104 Vorfälle registriert. Bis zum 2.4.2020 wurden 29 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 2.4.2020).
In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 22.3.2020). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 22.7.2019; vgl. Kaipel 2018). Die Kriminalität ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 18.3.2020).
Quellen:
27. AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (22.3.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 2.4.2020
28. AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
29. ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019
30. AA - Anadolu Agency (5.11.2019): Bangladesh rejects Amnesty report on Rohingya killings, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-rejects-amnesty-report-on-rohingya-killings/1636457, Zugriff 2.4.2020
31. AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html, Zugriff 2.4.2020
32. BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (18.3.2020): Bangladesch – Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 2.4.2020
33. FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
34. HRW – Human Rights Watch (18.9.2019):
Spate of Bangladesh ‘Crossfire’ Killings of Rohingya, https://www.hrw.org/news/2019/09/18/spate-bangladesh-crossfire-killings-rohingya, Zugriff 4.2.2020
35. Kaipel, Simione Christina (2018): „Globaler Wandel – regionale Krisen? Ökologische und sozioökonomische Perspektiven umweltbedingter Migrationsflüsse“, Masterarbeit, Seite 41 – 54, http://othes.univie.ac.at/54839/1/56687.pdf, Zugriff 2.4.2020
36. SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh,
Number of Terrorism Related Incidents Year Wise 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020
37. SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh,
Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020
38. TDS – The Daily Star (24.8.2019): Jubo League leader killed by ‘Rohingyas’, https://www.thedailystar.net/frontpage/news/jubo-league-leader-killed-rohingyas-1789726, Zugriff 15.1.2020
39. UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020a): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 4.2.2020
40. UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020b): Foreign travel advice Bangladesh – Terrorism, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/terrorism, Zugriff 4.2.2020
41. USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
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Letzte Änderung: 06.04.2020
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen „Common Law“. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem „High Court“, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem „Appellate Court“, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 8.2019).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 8.2019). Gemäß einer Verfassungsänderung können Richter abgesetzt werden (AA 22.7.2019).
Auf Grundlage mehrerer Gesetze („Public Safety Act“, „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, “Women and Children Repression Prevention Act”, „Special Powers Act“) wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese „Speedy Trial“ Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zum Tode verurteilt (ÖB 8.2019).
Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 2020). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese „Gerichte“ eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 8.2019).
Quellen:
42. AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020
43. FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
44. FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 3.4.2020
45. ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch
Sicherheitsbehörden
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Letzte Änderung: 06.04.2020
Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit sowie Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 11.3.2020).
Das Wirken