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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des 1954 geborenen JG in Wien, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. November 1994, Zl. 100.818/4-III/11/94, betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. November 1994 wurde der vom Inland aus gestellte Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Jänner 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 und § 13 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, das Asylverfahren des Beschwerdeführers sei am 25. August 1993 rechtskräftig durch Abweisung seines Antrages abgeschlossen worden. Er habe den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht ohne unnötigen Aufschub, sondern erst am 4. Jänner 1994 gestellt. Die Antragstellung habe folglich aus dem Grunde des § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu erfolgen. Die öffentlichen Interessen an der Versagung der Aufenthaltsbewilligung überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (23. November 1994) hatte die belangte Behörde die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, anzuwenden.
§ 1 Abs. 3, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 2 und § 13 AufG in der Fassung vor der genannten Novelle lauteten auszugsweise:
"§ 1. (1) ...
...
(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie
...
6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.
§ 3. (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten
1.
von österreichischen Staatsbürgern oder
2.
von Fremden, die aufgrund einer Bewilligung, oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 5 rechtmäßig ohne Bewilligung seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben, ist eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt.
...
§ 6. (1) ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung kann auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.
(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung."
§ 7 des Asylgesetzes 1991 (AsylG 1991) lautet:
"§ 7. (1) Ein Asylwerber, der gemäß § 6 eingereist ist, ist ab dem Zeitpunkt, zu dem ein Asylantrag gestellt wurde, zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt, wenn der Asylantrag innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt der Einreise in das Bundesgebiet oder innerhalb von einer Woche ab dem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem er im Bundesgebiet von der Gefahr einer Verfolgung Kenntnis erlangt hat (vorläufige Aufenthaltsberechtigung). Der Asylwerber hat sich den Asylbehörden für Zwecke des Verfahrens nach diesem Bundesgesetz zur Verfügung zu halten."
Der Beschwerdeführer tritt der Tatsachenannahme der belangten Behörde, sein Asylverfahren sei am 25. August 1993 rechtskräftig abgeschlossen worden, nicht entgegen. Er bringt vor, seine Ehegattin und die beiden gemeinsamen Kinder hielten sich aufgrund von Aufenthaltsbewilligungen mit jeweiliger Geltungsdauer bis 28. Februar 1995 im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer habe bereits im Oktober 1993, also kurz nach Abweisung seines Asylantrages in letzter Instanz, bei einem Polizeikommissariat vorgesprochen und dort die Auskunft erhalten, er könne bis Februar 1994 mit der gegenständlichen Antragstellung zuwarten. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde aus nachstehenden Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen:
Aus dem Grunde des § 7 Abs. 1 AsylG 1991 kam dem Beschwerdeführer lediglich bis zum rechtskräftigen Abschluß seines Asylverfahrens am 25. August 1993 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zu. Selbst eine Inlandsantragstellung vor Beendigung des Asylverfahrens hätte die Abweisung dieses Antrages gemäß § 6 Abs. 2 AufG aF zur Folge gehabt, weil § 13 Abs. 1 AufG aus dem Grunde des Abs. 2 leg. cit. auf die in § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG genannten Fremden keine Anwendung findet.
Der abgewiesene Asylwerber hat seinen Antrag betreffend Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vor einer weiteren Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 95/19/0666). Eine vom Beschwerdeführer und von der belangten Behörde angenommene Frist für eine zulässige Antragstellung im Inland besteht daher nicht. Der Beschwerdeführer konnte daher keinen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften stellen.
Insoweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf einen Erlaß des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994 (Zl. 71.370/59-III/94) beruft, ist ihm zu entgegnen, daß ein solcher Erlaß vom Verwaltungsgerichtshof mangels gehöriger Kundmachung nicht anzuwenden wäre (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 22. März 1996, Zl. 94/18/0958).
Wenn der Beschwerdeführer behauptet, ihm stehe gemäß § 3 Abs. 1 AufG ein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Bewilligung zu, ist ihm zu entgegnen, daß ein solcher Rechtsanspruch das Nichtvorliegen eines Versagungsgrundes, auch jenes des § 6 Abs. 2 AufG aF, voraussetzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1996, Zlen. 95/19/0701, 1010).
Die vom Beschwerdeführer zitierte Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 408/1995, war für die Überprüfung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht maßgeblich, weil der angefochtene Bescheid vor Inkrafttreten dieser Verordnung erlassen wurde.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers kommt die Versagung der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung einer Ausweisung nicht gleich. Eine Prüfung, ob die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele im Sinne des § 19 FrG dringend geboten ist, hatte daher ebensowenig zu erfolgen wie eine - lediglich bei Verhängung eines Aufenthaltsverbotes erforderliche - Abwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG.
Wohl ist aber bei der auf § 6 Abs. 2 AufG aF gestützten Entscheidung zu prüfen, ob die Versagung der Bewilligungserteilung aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen gerechtfertigt ist. Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) abzuleitende Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, einen abgewiesenen Asylwerber in Ansehung seiner privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0396). Eine Einschränkung eines gedachten, durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Familiennachzug durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG aF wäre hier - ebenfalls aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 95/19/0578).
Die vom Beschwerdeführer auf die behauptete Verletzung der §§ 37, 39 Abs. 2, 45 Abs. 2 und 60 AVG gegründete Verfahrensrüge vermag der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil er - mit Ausnahme des oben wiedergegebenen, eine andere materielle Beurteilung des Sachverhaltes nicht zulassenden Vorbringens - nicht darlegt, zu welchen Verfahrensergebnissen die belangte Behörde bei Vermeidung dieser behaupteten Verfahrensfehler gekommen wäre.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996192553.X00Im RIS seit
02.05.2001