TE Bvwg Beschluss 2020/7/10 W154 1429302-4

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Veröffentlicht am 10.07.2020
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Entscheidungsdatum

10.07.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W154 1429302-4/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.07.2020, Zahl: 820864605/200513523, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, den Beschluss:

A) Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte erstmals am 10.07.2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Verfahren brachte der BF vor, aus der Provinz Sar-e Pul in Afghanistan zu stammen. Als Fluchtgrund gab der BF im Wesentlichen an, aufgrund von Problemen mit einem Mädchen, das er heiraten habe wollen und dessen Vater gegen die Heirat gewesen sei, geflüchtet zu sein. Im Falle einer Rückkehr befürchte der BF von der Familie seiner ehemaligen Freundin getötet zu werden.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29.08.2012 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, wobei gleichzeitig gemäß § 10 Abs. 1 leg.cit. seine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgesprochen wurde (Spruchpunkt III.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 19.02.2015, GZ: W192 1429302-1/6E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wurde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben, dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 19.02.2016 erteilt.

Im Erkenntnis des BVwG wurde insbesondere festgestellt, dass der Beschwerdeführer afghanischer Staatsangehöriger, Hazara und schiitischer Moslem sei. Die Verfolgungsbehauptungen des BF, er habe in seiner Herkunftsregion Verfolgung durch den Vater einer jungen Frau zu befürchten, mit der er eine unerwünschte Beziehung geführt habe und die beim Versuch einer gemeinsamen Flucht mit ihm getötet worden sei, seien nicht glaubhaft. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat keine Verfolgungshandlungen wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu befürchten. Der Beschwerdeführer habe im Herkunftsstaat immer in seiner Herkunftsregion Sar-e Pul gelebt und habe dort außerhalb davon keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte. Im Falle einer Verbringung in den Herkunftsstaat drohe dem Beschwerdeführer aufgrund der Lage in seiner Herkunftsregion ein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 und/oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in der Folge EMRK). Er verfüge außerhalb der Herkunftsprovinz über keine familiären Anknüpfungspunkte und hätte daher im Falle einer Rückkehr zu befürchten, dass er in eine ausweglose Lebenssituation geraten werde. Die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF wurde letztmalig bis zum 19.02.2018 verlängert.

Am 17.01.2018 stellte der BF beim BFA einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes.

Mit Bescheid des BFA vom 23.03.2018 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Absatz 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt und gleichzeitig die befristete Aufenthaltsgenehmigung gem. § 9 Absatz 4 AsylG entzogen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Ihm wurde gem. § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Der angeführte Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs mit 26.04.2018 in Rechtskraft.

Am 03.12.2018 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Zu den Fluchtgründen befragt gab er in der Erstbefragung an, dass er dieselben Asylgründe wie aus dem Erstverfahren habe. Er könne nicht nach Afghanistan zurück, es würde dort keine Sicherheit geben.

Am 08.01.2019 wurde der BF beim BFA niederschriftlich einvernommen.

Im Anschluss an die Einvernahme wurde der faktische Abschiebeschutz des BF mit mündlich verkündetem Bescheid aufgehoben und der Asylakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.01.2019 wurde der vorgelegte Bescheid ersatzlos behoben.

Am 14.03.2019 wurde der BF seitens des BFA ein weiteres Mal niederschriftlich einvernommen.

Mit Bescheid des BFA vom 10.04.2019 wurde der Folgeantrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Es wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF erlassen (Spruchpunkt VII.).

Gegen die Entscheidung des BFA erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, GZ: W240 429302-3/20E, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs am 05.03.2020 in Rechtskraft.

In seiner Entscheidung traf das Bundesverwaltungsgericht unter anderem folgende Feststellungen:

„1.1. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist schiitischer Muslim. Seine Muttersprache ist Dari. Der Beschwerdeführer reiste im Juli 2012 illegal nach Österreich ein und stellte am 10.07.2012 den ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.02.2015, GZ: W192 1429302-1/6E, wurde die gegen den Bescheid des BFA vom 29.08.2012 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wurde hinsichtlich Spruchpunkt II. des Bescheides vom 29.08.2012 stattgegeben, dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und dem BF wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 19.02.2016 erteilt.

Am 17.01.2018 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes beim BFA.

Mit Bescheid des BFA vom 23.03.2018 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Absatz 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt und gleichzeitig die befristete Aufenthaltsgenehmigung gem. § 9 Absatz 4 AsylG entzogen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Ihnen wurde gem. § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Der angeführte Bescheid erwuchs mit 26.04.2018 in Rechtskraft.

Am 03.12.2018 stellte der BF den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Zu den Fluchtgründen im gegenständlichen zweiten Verfahren an, dass er dieselben Asylgründe wie aus dem Erstverfahren habe. Er könne nicht nach Afghanistan zurück, es würde dort keine Sicherheit geben.

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid des BFA vom 10.04.2019 wurde der Folgeantrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Es wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF erlassen (Spruchpunkt VII.).

1.1.2. Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet und hat keine Kinder sowie keine Sorgepflichten. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat immer in seiner Herkunftsregion Sar-e Pol gelebt. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann, der vor der Ausreise in der Landwirtschaft der Familie gearbeitet hat, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann.

1.1.3. In Afghanistan leben jedenfalls zumindest noch ein Onkel väterlicherseits und ein Onkel mütterlicherseits sowie eine Schwester und ein Bruder des Beschwerdeführers. Ein weiterer Onkel lebt noch im Iran, dieser hat die Ausreise des BF finanziert und befinden sich die Grundstücke der verstorbenen Eltern des Beschwerdeführers im Besitz eines anderen in Afghanistan lebenden Onkels.

1.1.4. Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Sein Gesundheitszustand steht daher seiner Rückkehr nicht entgegen.

1.1.5. Seit rechtskräftigem Abschluss des mit Erkenntnis des BVwG vom 19.02.2015, GZ: W192 1429302-1/6E, hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren und sowie mit Bescheid des BFA vom 23.03.2018 hinsichtlich der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzstatus rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren und der Zurückweisung des gegenständlichen Folgeantrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache ist keine wesentliche Änderung der Sach- oder Rechtslage eingetreten.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers, auf die er sich auch im gegenständlichen Folgeantrag bezieht, er habe in seiner Herkunftsregion Verfolgung durch den Vater einer jungen Frau zu befürchten, mit der er eine unerwünschte Beziehung geführt habe und die beim Versuch einer gemeinsamen Flucht mit ihm getötet worden sei, wurden bereits im rechtskräftigen Erkenntnis des BVwG vom 19.02.2015, GZ: W192 1429302-1/6E, als nicht glaubhaft bewertet.

Im gegenständlichen Verfahren konnte kein neuer entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt werden. Das nun vorgebrachte Fluchtvorbringen des BF bezieht sich insbesondere auf sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Der Beschwerdeführer hat im Herkunftsstaat keine Verfolgungshandlungen wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu befürchten. Er hat nicht glaubhaft machen können, dass sein Leben in Afghanistan gefährdet wäre und war sein Fluchtvorbringen bereits im ersten Asylverfahren in Österreich als unglaubwürdig eingestuft wurden. Der BF brachte im gegenständlichen Asylverfahren keine entscheidungsrelevanten neuen Fluchtgründe vor, denen zumindest ein glaubhafter Kern innewohnt.

1.1.6. Die individuelle Situation des BF hinsichtlich seines Herkunftsstaates Afghanistan hat sich nicht in einem Umfang verändert, dass von einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts auszugehen ist. Auch die Rechtslage blieb, soweit entscheidungsrelevant, unverändert. Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Sar-i-Pul, welche – wie aus den Länderberichten ableitbar – eine der Provinzen mit relativ stabiler Sicherheitslage in Afghanistan ist, deren sichere Erreichbarkeit jedoch nicht mit Sicherheit gewährleistet ist. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedlung außerhalb seiner Heimatprovinz, insbesondere in Maz-e Sharif, liefe der BF nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes unter Berücksichtigung des ins Verfahren eingebrachten Länderberichtsmaterials in Zusammenschau mit den vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegten persönlichen Lebensumständen in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, konkret insbesondere in die Stadt Mazar-e Sharif, verwiesen werden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.1.7. Er hat keine in Österreich lebenden Familienangehörigen oder Verwandten und verfügt auch sonst über keine ausgeprägten sozialen Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen. Zu seinen Angaben, er habe sich mit einer in Österreich lebenden asylberechtigten Afghanin verlobt bzw. hätten sich diese einander versprochen, ist auf die – widersprüchlichen - Angaben des Beschwerdeführers zu verweisen, wonach der Beschwerdeführer erst in der Einvernahme zum eingeleiteten Aberkennungsverfahren seine Lebensgefährtin erstmals erwähnt hat. Aufgrund der weiteren widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Beziehung zu der in Österreich lebenden asylberechtigten Afghanin, ergibt sich, dass diese Beziehung erst nach rechtskräftiger Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers an gewisser Bedeutung gewonnen hat, also zu einem Zeitpunkt, als sich der Beschwerdeführer trotz aufrechter rechtskräftiger Rückkehrentscheidung dennoch weiterhin in Österreich aufgehalten hat. Der Beschwerdeführer räumte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich ein, er hatte gegen den Bescheid vom 23.03.2018, mit dem ihm in Österreich der subsidiäre Schutzstatus aberkannt worden war, kein Rechtsmittel erhoben und habe geplant, nach Afghanistan zurückzukehren. Der Bescheid des BFA, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Österreich aberkannt worden war, erwuchs damit am 26.04.2018 in Rechtskraft und der der Beschwerdeführe verblieb dennoch weiterhin in Österreich. Der BF hatte sich sogar bereits ein Ticket nach Afghanistan besorgt. Da er sich jedoch seiner in Österreich lebenden Lebensgefährtin verpflichtet fühle und es für sie eine Schande wäre, falls er nicht bei ihr bleibe bzw. bei ihr zumindest versuchen würde zu bleiben, versuche er nunmehr doch in Österreich zu bleiben und hatte am 03.12.2018 den gegenständlichen Folgeantrag gestellt. Weiters ist zur behaupteten Beziehung anzumerken, dass der Beschwerdeführer mit dieser auch in keinem gemeinsamen Haushalt lebt oder je gelebt hat. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass zum Start der Beziehung, zur Regelmäßigkeit des Kontakts und zur angeblichen Verlobung mit dieser afghanischen Staatsangehörigen widersprüchliche Angaben getätigt wurden – insbesondere auch zum Zeitpunkt des Kennenlernens.

Das BFA ist zu Recht davon ausgegangen, dass mit einer Rückkehrentscheidung auch unter Berücksichtigung der behaupteten Lebensgefährtin des BF in Österreich nicht in die Rechte gemäß Art. 8 EMRK des Beschwerdeführers in Bezug auf sein Privat- und Familienleben in unzulässiger Weise eingegriffen wird.

Der als obdachlos gemeldete Beschwerdeführer ist bislang jeweils nur kurzfristig einer legalen Beschäftigung in Österreich nachgegangen und verfügt über Lohnzettel für den Zeitraum ab März 2018 bis August 2018. Er bezieht nunmehr keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr und behauptet Unterstützung von seiner Lebensgefährtin zu erhalten. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er hat an einem Werte- und Orientierungskurs und einem Kurs an der VHS teilgenommen. Er besuchte Deutschkurse für das Sprachniveau A1 und A2 und verfügt über ein Deutschkurszertifikat im Niveau A2. Er bezog über lange Zeit während seines Aufenthalts in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Eine besondere Integrationsverfestigung des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht ist nicht feststellbar. Sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer intensiv ausgeprägten Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Eine relevante Änderung der im Verfahren über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Rechtskraft des Bescheides trat am 26.04.2018 ein) festgestellten Situation ist nicht eingetreten.

1.1.8. Zum Einreiseverbot ist darauf hinzuweisen, dass der strafrechtlich unbescholtene BF seit seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet im Jahr 2012 nahezu ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand lebte. Er war trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung im März 2018 dennoch in Österreich geblieben und hat im Dezember 2018 gegenständlichen Antrag gestellt. Er legte Lohnzettel für den Zeitraum März 2018 bis August 2018 vor, gab jedoch in der Einvernahme im Jänner 2019 an, nunmehr keine Arbeit mehr in Österreich nachzugehen und Geldleistungen von seiner Lebensgefährtin, mit der er nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, zu erhalten. Er ist derzeit obdachlos gemeldet und kann den Besitz von Mitteln zu seinem Unterhalt aktuell nicht nachweisen.“

1.2. Am 04.06.2020 stellte der BF den dritten, verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass seine vorhergenannten Fluchtgründe aufrecht blieben. Es bestehe immer noch Lebensgefahr für ihn in Afghanistan. Er habe in Österreich eine Frau kennengelernt und er wolle diese heiraten. Diese Frau würde in Österreich subsidiären Schutz genießen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 09.06.2020 brachte der BF vor, eigentlich keinen Asylantrag in Österreich stellen und nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Den dritten Asylantrag habe er lediglich gestellt, weil ihm Caritas und VMÖ gesagt hätten, dass eine freiwillige Rückkehr aufgrund des momentan herrschenden Ausnahmezustandes aufgrund von Corona nicht möglich sei und er diesbezüglich in 2-3 Monaten wiederkommen solle. Da er kein Zuhause habe und er nicht gewusst habe, wohin er gehen solle, habe er einen Asylantrag gestellt. Die Fluchtgründe für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz seien dieselben Gründe, welche er bereits in seinem Erst- und auch im Zweitasylverfahren angegeben habe. Neue Fluchtgründe gäbe es keine. Befragt nach verwandtschaftlichen oder sonstigen engen Beziehungen in Österreich gab der BF an, eine Verlobte gehabt zu haben, die Verlobung sei mittlerweile annulliert worden. Seit rechtskräftigem Abschluss seines zweiten Asylverfahrens am 05.03.2020 habe er weder gearbeitet, noch Deutschkurse besucht, noch sonstige Ausbildungen absolviert. Er sei arbeitsfähig, verfüge über keine finanziellen Mittel, werde vom Staat versorgt, soziale Kontakte habe er keine und betreibe auch keine sonstigen diesbezüglichen Aktivitäten. Darüber hinaus sei er strafgerichtlich unbescholten.

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 06.07.2020, der im Protokoll beurkundet wurde, hob die belangte Behörde den faktischen Abschiebeschutz des BF auf. Die nunmehr vorgebrachten Gründe, weshalb der BF nicht in sein Herkunftsland zurückkehren wolle, seien im Wesentlichen ident mit denen des Vorverfahrens. Das Vorverfahren sei mit 05.03.2020 rechtskräftig negativ entschieden worden. Die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung bzw. Ausweisung sei aufrecht, zumal der BF das Bundesgebiet noch nicht verlassen habe bzw. 18 Monate ab einer Ausreise noch nicht verstrichen seien. Der BF verfüge über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Der verfahrensgegenständliche Antrag des BF auf internationalen Schutz sei voraussichtlich zurückzuweisen, da der BF keinen neuen Sachverhalt vorgebracht habe und sich der BF auf seine schon behandelten Fluchtgründe bezogen habe, bzw. das Vorbringen jeglicher Glaubwürdigkeit entbehren würde. Die Erlangung der faktischen Notwendigkeiten für eine Abschiebung, z.B. die Ausstellung eines Heimreisezertifikates, seien bereits gegeben bzw. stünden unmittelbar bevor. Auch habe sich die allgemeine Lage Herkunftsland des BF nicht entscheidungswesentlich geändert. Bereits im Vorverfahren sei festgestellt worden, dass dem BF bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität drohe. Da sich die allgemeine Lage wie auch die persönlichen Verhältnisse des BF und sein körperlicher Zustand seit der letzten Entscheidung nicht entscheidungswesentlich geändert hätten, könne davon ausgegangen werden, dass seine Abschiebung in den Herkunftsstaat des BF für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen würde. Selbiges gelte auch für seine persönlichen Verhältnisse. Auch bezüglich dieser sei keine Veränderung in Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung, die in Rechtskraft erwachsen sei, sei somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Aufgrund der Feststellungen zur Lage im Herkunftsland des BF in Verbindung mit seinem Vorbringen könne somit davon ausgegangen werden, dass dem BF keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z. 3 AsylG beschrieben drohe, weshalb somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vorlägen.

Am 07.07.2020 legte das BFA dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt amtswegig zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes vor. Mit Schreiben vom selben Tag wurde das Einlangen der Akten gemäß § 22 Abs. 10 BFA-VG bestätigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Der folgende Sachverhalt steht fest:

Der BF ist volljährig und afghanischer Staatsbürger. Seine Identität steht fest.

Der BF gehört der Volksgruppe der Hazara an und ist sunnitischer Moslem.

Der BF stammt aus der Provinz Sar-e-Pul. Die Angehörigen des BF leben in Afghanistan.

Der BF hat in Afghanistan mehrere Jahre als Schneider gearbeitet.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Er hat keine in Österreich lebenden sonstigen Familienangehörigen oder Verwandten und verfügt auch sonst über keine ausgeprägten sozialen Bindungen in Österreich.

Der BF ist jung und arbeitsfähig und leidet an keiner ernsten oder lebensbedrohlichen Erkrankung, die seiner Rückkehr nach Afghanistan im Wege stehen würde. Er ist gesund und gehört nicht zur SARS-CoV-2 Risikogruppe.

Der BF ist strafgerichtlich unbescholten.

Er verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung.

Der BF stellte erstmals am 10.07.2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab der BF im Wesentlichen an, aufgrund von Problemen mit einem Mädchen, das er heiraten habe wollen und dessen Vater gegen die Heirat gewesen sei, geflüchtet zu sein. Im Falle einer Rückkehr befürchte der BF von der Familie seiner ehemaligen Freundin getötet zu werden.

Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 29.08.2012 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 BGBl I Nr. 100/2005 idgF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, wobei gleichzeitig gemäß § 10 Abs. 1 leg.cit. seine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgesprochen wurde (Spruchpunkt III.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.02.2015, GZ: W192 1429302-1/6E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wurde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides stattgegeben, dem BF gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 19.02.2016 erteilt.

Am 17.01.2018 stellte der BF beim BFA einen Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes.

Mit Bescheid des BFA vom 23.03.2018 wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 Absatz 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt und gleichzeitig die befristete Aufenthaltsgenehmigung gem. § 9 Absatz 4 AsylG entzogen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist. Ihm wurde gem. § 55 Absatz 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt. Der angeführte Bescheid blieb unbekämpft und erwuchs mit 26.04.2018 in Rechtskraft.

Am 03.12.2018 stellte der BF einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Zu den Fluchtgründen befragt gab er in der Erstbefragung an, dass er dieselben Asylgründe wie aus dem Erstverfahren habe. Er könne nicht nach Afghanistan zurück, es würde dort keine Sicherheit geben.

Mit Bescheid des BFA vom 10.04.2019 wurde der Folgeantrag des BF hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA- VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI.). Es wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF erlassen (Spruchpunkt VII.).

Gegen die Entscheidung des BFA erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, GZ: W240 429302-3/20E, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes erwuchs am 05.03.2020 in Rechtskraft.

Am 04.06.2020 stellte der BF den dritten, verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung gab der BF zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass seine vorhergenannten Fluchtgründe aufrecht blieben. Es bestehe immer noch Lebensgefahr für ihn in Afghanistan. Er habe in Österreich eine Frau kennengelernt und er wolle diese heiraten. Diese Frau würde in Österreich subsidiären Schutz genießen.

In der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 09.06.2020 brachte der BF vor, eigentlich keinen Asylantrag in Österreich stellen und nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Den dritten Asylantrag habe er lediglich gestellt, weil ihm Caritas und VMÖ gesagt hätten, dass eine freiwillige Rückkehr aufgrund des momentan herrschenden Ausnahmezustandes aufgrund von Corona nicht möglich sei und er diesbezüglich in 2-3 Monaten wiederkommen solle. Da er kein Zuhause habe und er nicht gewusst habe, wohin er gehen solle, habe er einen Asylantrag gestellt. Die Fluchtgründe für den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz seien dieselben Gründe, welche er bereits in seinem Erst- und auch im Zweitasylverfahren angegeben habe. Neue Fluchtgründe gäbe es keine. Befragt nach verwandtschaftlichen oder sonstigen engen Beziehungen in Österreich gab der BF an, eine Verlobte gehabt zu haben, die Verlobung sei mittlerweile annulliert worden. Seit rechtskräftigem Abschluss seines zweiten Asylverfahrens am 05.03.2020 habe er weder gearbeitet, noch Deutschkurse besucht, noch sonstige Ausbildungen absolviert. Er sei arbeitsfähig, verfüge über keine finanziellen Mittel, werde vom Staat versorgt, soziale Kontakte habe er keine und betreibe auch keine sonstigen diesbezüglichen Aktivitäten. Darüber hinaus sei er strafgerichtlich unbescholten.

Eine entscheidungswesentliche Änderung der persönlichen Situation des Antragstellers sowie der Ländersituation im Herkunftsstaat ist seit der Entscheidung über den vorhergehenden Antrag des BF auf internationalen Schutz nicht eingetreten.

Der Folgeantrag wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

2. Beweiswürdigung:

Beweise wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des gegenständlichen Verfahrens sowie in die den BF betreffenden Verwaltungs- und Gerichtsakte der Vorverfahren sowie in das Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation Afghanistan vom 13.11.2019 (letzte Kurzinfo 29.06.2020).

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und der den BF betreffenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF, zur Herkunft des BF und seiner Berufserfahrung sowie dass der BF über Familie in Afghanistan verfügt, wurden bereits vom BFA und vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz festgestellt. Es haben sich daran im weiteren Verfahren keine Zweifel ergeben, zumal der BF diese Angaben anlässlich seiner Befragung im Folgeverfahren bestätigte.

Die Feststellungen zum ersten Verfahren auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Die Feststellung zur neuerlichen Antragstellung sowie die vom BF vorgebrachten Gründe beruhen ebenso auf dem unzweifelhaften Akteninhalt.

Dass hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des BF gegenüber den im rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren vom 05.03.2020, GZ: W240 429302-3/20E, getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten sind, gründet auf einer Zusammenschau der den beiden Entscheidungen zugrunde gelegten Länderfeststellungen.

Die Feststellungen zur familiären und sozialen Anbindung des BF in Österreich gründen zum einen auf den expliziten Aussagen des BF in den Vorverfahren sowie in seiner Einvernahme vom 09.06.2020.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.).

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Nach § 12a Abs. 2 AsylG kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz eines Fremden aufheben, wenn er einen Folgeantrag im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG gestellt hat, wenn

„1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“

Ein Folgeantrag ist nach § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG jeder einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag.

§ 22 BFA-VG, der die Überprüfung des faktischen Abschiebeschutzes regelt, lautet:

„(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.“

Die ersten beiden Anträge des BF erwuchsen in Rechtskraft. Bei seinem nunmehrigen dritten Antrag handelt es sich daher um einen Folgeantrag.

3.2.2. Zur Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 1 AsylG (aufrechte Rückkehrentscheidung)

Mit Bescheid des BFA vom 10.04.2019, der insoweit durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.03.2020, GZ: W240 429302-3/20E, vollinhaltlich bestätigt wurde, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG getroffen. Gegen den BF besteht damit eine aufrechte Rückkehrentscheidung, zumal 18 Monate nicht vergangen sind und der BF das Bundesgebiet nicht verlassen hat.

3.2.3. Zur Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG (res iudicata):

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG („wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist“) führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass „eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags“ zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für „klar missbräuchliche Anträge“ beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern (VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0451).

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

„Entschiedene Sache“ im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Eine neue Sachentscheidung ist im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen, sodass einem Asylfolgeantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, die Rechtskraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegensteht (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684, mwH).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Antrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Im gegenständlichen Verfahren hat sich der BF auf die Verfolgungsgründe der ersten beiden Verfahren bezogen. Als Fluchtgrund gab der BF im Wesentlichen an, aufgrund von Problemen mit einem Mädchen, das er heiraten habe wollen und dessen Vater gegen die Heirat gewesen sei, geflüchtet zu sein. Im Falle einer Rückkehr befürchte der BF von der Familie seiner ehemaligen Freundin getötet zu werden.

Er behauptet damit das Fortbestehen des bereits im ersten Verfahren erstatten Vorbringens. Dieses wurde bereits im ersten Verfahren rechtskräftig als nicht glaubhaft beurteilt. Diesem Vorbringen steht daher die Rechtkraft des über den Erstantrag absprechenden Bescheides entgegen (VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684). Die Antragstellung verfolgt somit in Wirklichkeit den Zweck, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundene (rechtskräftige) Vorentscheidung zu verhindern.

Der Folgeantrag des BF wird daher voraussichtlich zurückzuweisen sein, sodass auch § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG verwirklicht ist.

3.2.4. Zur Voraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG (Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK):

Als Voraussetzung für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutz normiert § 12a Abs. 2 AsylG in seiner Ziffer 3, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für den Asylwerber keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen darf.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.03.2020, GZ: W240 429302-3/20E, wurde ausgesprochen, dass der BF bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keiner realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehen würde.

Auch im nunmehr dritten Asylverfahren bzw. im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG ist nichts hervorgekommen, was gegen die Abschiebung des BF in seinen Heimatstaat Afghanistan im Sinne dieser Bestimmungen spricht:

Bei der Beurteilung betreffend einen drohenden Verstoß gegen Art. 2 oder 3 EMRK ist stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0482).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560).

Die Außerlandesschaffung in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059).

Es sind keine erheblichen in der Person des BF liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie etwa eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des BF wurde kein entsprechendes Vorbringen hiezu getätigt. Der BF ist gesund und gehört nicht zur SARS-CoV-2 Risikogruppe. Es sind im Verfahren somit keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass dem BF bei einer Rückkehr ein „reales Risiko“ einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder die Todesstrafe droht. Vielmehr handelt es sich beim BF um einen gesunden, arbeitsfähigen, jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Insbesondere in Bezug auf Herat und Mazar-e Sharif stellt sich auch die Sicherheitslage nicht derartig dar, dass dem BF bei einer Rückkehr dorthin eine reale Gefahr der Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 oder 3 EMRK droht, darüber hinaus befinden sich auch nach wie vor Familienmitglieder des BF in Afghanistan, die ihn unterstützen können.

Auch eine reale Gefahr einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 8 EMRK liegt nicht vor beziehungsweise ist ein Eingriff in die Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt:

Aus Art. 8 EMRK ist keine generelle Verpflichtung abzuleiten, dem Wunsch eines Fremden, sich in einem bestimmten Mitgliedstaat aufzuhalten, nachzukommen. Unter besonderen Umständen kann sich aus Art. 8 EMRK aber eine Verpflichtung des Staates ergeben, den Aufenthalt eines Fremden zu ermöglichen, mit der Folge, dass die Verweigerung der Einreise oder Niederlassung einen Eingriff in Art. 8 EMRK bildet (VfGH 11.06.2018, E 343/2018 ua.).

Unter dem „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Sisojeva ua gg Lettland, Nr. 60654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Aus folgenden Gründen handelt es sich nicht um einen unzulässigen Eingriff in das Familien- und Privatleben des BF:

Der BF befindet sich zwar seit dem Jahr 2012 im Bundesgebiet. Bereits im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.03.2020 wurde der Eingriff in das Privatleben des BF als verhältnismäßig angesehen, zumal er nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Verfahrens auf internationalen Schutz verfügte, überwiegend von der Grundversorgung lebte, nicht selbsterhaltungsfähig war und keine ausreichende soziale Integration aufwies. Daran hat sich seit rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens nichts geändert. Auch die Beziehung zu der im Verfahren näher genannten Frau ist nicht derart ausgeprägt, dass sie eine andere Beurteilung erfordern würde, hat der BF doch explizit in der Einvernahme vom 09.06.2020 angegeben, dass die Verlobung mit der genannten Frau mittlerweile annulliert worden sei.

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass – nach einer Grobprüfung des Aktes – aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat für ihn somit keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK darstellt beziehungsweise ein Eingriff in allfällig bestehende Rechte nach Art. 8 EMRK gerechtfertigt erscheint. Es besteht für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens und seiner Unversehrtheit infolge

willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes. Die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG sind daher gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig ist. Gemäß § 22 Abs. 10 AsylG hat diese Entscheidung in Form eines Beschlusses und gemäß § 22 Abs. 1 2. Satz BFA-VG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu ergehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Glaubwürdigkeit non-refoulement Prüfung Pandemie res iudicata Risikogruppe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.1429302.4.00

Im RIS seit

12.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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