Index
41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des 1976 geborenen YM in Wien, vertreten durch die zur Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwältin Dr. Elke Hule in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Jänner 1996, Zl. 112.681/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der auf postalischem Weg an die österreichische Botschaft in Bern übersendeten, als "Verlängerungsantrag" bezeichneten Eingabe vom 10. März 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Er gab an, den gegenständlichen Antrag in Wien unterfertigt zu haben. Als seinen derzeitigen Wohnsitz im Ausland gab er eine Adresse in Syrien an. Den dem Antrag beigelegten Unterlagen war nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer über eine Aufenthaltsbewilligung oder einen gewöhnlichen Sichtvermerk verfügt hätte.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 6. September 1994 wurde dieser Antrag gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Lediglich der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Der gegenständliche Antrag sei auf postalischem Wege der österreichischen Botschaft in Bern übermittelt worden. Damit sei das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus nicht erfüllt, zumal auch keinerlei Grund zur Annahme bestehe, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Antragstellung im Ausland aufgehalten habe.
Der Beschwerdeführer erhob am 26. September 1994 Berufung. Als seine Adresse im Zeitpunkt der Berufungserhebung gab er eine Anschrift in Österreich an. In seiner Berufung vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, die belangte Behörde habe es unterlassen, seinen Aufenthaltsort zu ermitteln. Sowohl die postalische Einbringung eines Antrages als auch die Einbringung eines Antrages durch einen Bevollmächtigten sei zulässig. Im übrigen sei der Antragsteller nicht verpflichtet, während des Zeitraumes des Bewilligungsverfahrens im Ausland "zu verharren". Der Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG sei bereits Genüge getan, wenn der Antrag im Ausland eingebracht werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Jänner 1996 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nach seinen eigenen Angaben das Antragsformular im Inland unterzeichnet und per Post von Österreich aus an die österreichische Botschaft in Bern abgesandt. Der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung daher im Bundesgebiet aufgehalten. Damit sei der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan, weshalb der Antrag abzuweisen gewesen sei. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht inhaltliche Rechtswidrigkeit mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
§ 6 Abs. 2 AufG lautet (auszugsweise):
"§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. ... Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
Der Beschwerdeführer bringt vor, es sei zulässig, den Antrag auf postalischem Weg, auch durch Bevollmächtigte, einzubringen. Der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG sei auch nicht zu entnehmen, daß ein Antragsteller die Entscheidung über seinen Bewilligungsantrag im Ausland abzuwarten hätte. § 6 Abs. 2 AufG bezwecke lediglich eine Arbeitserleichterung der erstinstanzlichen Aufenthaltsbehörden. Der Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG sei im vorliegenden Fall durch die Einreichung des Antrages bei der österreichischen Botschaft in Bern Genüge getan.
Dieser Argumentation ist zu entgegnen, daß es sich bei dem in § 6 Abs. 2 erster Satz AufG normierten Erfordernis um eine Voraussetzung handelt, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht. Die Bestimmung ist im Einklang mit dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen des Gesetzgebers dahin auszulegen, daß der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag in der Regel auch vom Ausland aus abzuwarten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997, Zl. 95/19/1474). Nach dem Vorgesagten entspricht eine - im übrigen durchaus zulässige - Antragstellung auf postalischem Wege oder auch (wovon hier jedoch sachverhaltsbezogen nicht die Rede sein kann) durch einen Vertreter dann nicht der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG, wenn sich der Fremde im Zeitpunkt dieser Antragstellung im Inland aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 95/19/1168). Die auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers bei der Antragstellung gestützte Feststellung der belangten Behörde, er habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung (und auch in der Folge) im Bundesgebiet aufgehalten, wird in der Beschwerde nicht bestritten. Damit kann aber die Auffassung der belangten Behörde, der Voraussetzung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG sei nicht Genüge getan, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er erfülle die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG, weil er bereits über eine Aufenthaltsbewilligung in Österreich verfügt habe, sein diesbezügliches Reisedokument jedoch verlorengegangen sei. Dies habe der Beschwerdeführer auch im erstinstanzlichen Verfahren darzulegen versucht, die erstinstanzliche Behörde habe ihm jedoch entgegen der Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG kein rechtliches Gehör geschenkt. Dieser Argumentation ist jedoch entgegenzuhalten, daß ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz durch die im Berufungsverfahren mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 93/07/0112). Der Bescheidbegründung des erstinstanzlichen Bescheides war für den Beschwerdeführer unzweifelhaft zu entnehmen, daß diese annahm, der Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzungen für die Stellung eines Verlängerungsantrages nicht. Er wäre daher gehalten gewesen, in seiner Berufung das von der erstinstanzlichen Behörde nach seinen Behauptungen unter Verletzung des rechtlichen Gehörs unberücksichtigte Vorbringen betreffend seiner vorangegangenen Aufenthaltsbewilligung zu erstatten.
Daher verstoßen seine nunmehrigen Beschwerdebehauptungen gegen das Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996192576.X00Im RIS seit
02.05.2001