Entscheidungsdatum
15.07.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W159 2229722-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehöriger von Serbien, vertreten XXXX gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2020, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde am 05.03.2020, von Organen der XXXX im Ortsgebiet von Lanzendorf mit einem Fahrzeug angehalten, mit montierten Probefahrtkennzeichen, um die Rechtmäßigkeit der Verwendung der Probefahrtkennzeichen zu überprüfen.
Der Beschwerdeführer gab befragt an, er hätte den Beschwerdeführer den LKW nach XXXX zum Waschen überstellen wollen, um ihn danach nach Serbien zu verbringen. Er hätte sich den LKW gekauft sowie das Probekennzeichen von einem Bekannten ausgeliehen, um den LKW überstellen zu können.
Im Zuge der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers, stellten die Sicherheitskontrollorgane fest, dass der Beschwerdeführer am 11.01.2020 über den Grenzübergang XXXX , Ungarn in den Schengenraum eingereist war. Dabei wurde festgestellt, dass die sichtvermerkfreie Zeit von 90 Tagen um 2 Tage überschritten worden war. Die Anfragen in den Applikationen des BMI ergaben, dass für den Beschwerdeführer keinerlei Vormerkungen, keinen aufrechten Aufenthaltstitel und auch keinerlei ZR-Meldungen im Bundesgebiet bestanden.
Der Beschwerdeführer wurde festgenommen und nach § 41 BFA-VG unterrichtet. Bei der Personsuntersuchung nach § 40 Abs. 1 SPG wurden keinerlei Waffen oder sonstige gefährliche Gegenstände vorgefunden.
In der Niederschrift vor der belangten Behörde vom 06.03.2020 gab der Beschwerdeführer befragt seinen Namen, sein Geburtsdatum und die serbische Staatsangehörigkeit an. Es wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass er sich im österreichischen Bundesgebiet rechtswidrig aufhalte und es zu prüfen sei, ob gegen seine Person auch ein Einreiseverbot bzw die Schubhaft zu verhängen sei.
Der Beschwerdeführer gab an, er habe etwa sechs Jahre die Grundschule besucht. Er habe keine weitere Schulbildung. Er habe in Serbien gearbeitet. Es seien Gelegenheitsjobs gewesen und er habe am Flohmarkt Dinge zum Kauf angeboten. Er würde in einer Lebenspartnerschaft leben und für drei Kinder sorgepflichtig sein. Seine Lebensgefährtin und die Kinder, seine Eltern und seine Geschwister würden in Serbien, in einer Kleinstadt wohnhaft sein.
Der Beschwerdeführer gab nach der Belehrung an, er habe nicht gewusst, dass er sich im Zeitraum von 180 Tagen 90 Tage visumsfrei im Bundesgebiet zu touristischen Zwecken aufhalten dürfe. Er würde sich nunmehr über 90 Tage im Bundesgebiet aufhalten und über keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet verfügen. Der Beschwerdeführer erklärte, er habe sich, nach seiner Einreise zeitweilig bei Verwandten aufhalten, denn Cousins mit deren Familie würden im Bundesgebiet leben. Nachgefragt führte er auch, er habe 520 Euro Barmittel bei sich, er würde über keine Kreditkarte, Bankomatkarte verfügen und habe keine Möglichkeit in Österreich auf legale Art und Weise an Geld zu kommen. Er sei nach Österreich gekommen um ein Auto zu kaufen.
Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, er würde sich seiner Abschiebung in sein Heimatland nicht widersetzen, er willige in die Abschiebung ein. Er habe auch keine Gründe gegen die Verhängung eines Einreiseverbotes gegen seine Person anzuführen. Er erklärte, er habe keinerlei Probleme mit Behörden gehabt.
Mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid vom 06.03.2020 erteilte das BFA dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005, erließ gem. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG und stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erteilt (Spruchpunkt II.) und gem. § 18 Abs. 2 Z 1 BFA VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkennt (Spruchpunkt III.).
Ausschließlich gegen Spruchpunkt II. erhob der Beschwerdeführer durch den XXXX , Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde soweit wesentlich vorgebracht, das Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren sei unverhältnismäßig. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass der Zweck seiner Einreise ein Autokauf gewesen sei und er habe seine in Österreich aufhältigen Cousins besucht. Er habe die visumsfreie Zeit geringfügig überschritten. Er sei unbescholten und habe das Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht verletzt. Es gehe vom Beschwerdeführer keine Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit aus.
Der Beschwerdeführer beantragte, den Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zur Gänze aufzuheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes zu reduzieren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsangehöriger und wurde am XXXX geboren. Sein Lebensmittelpunkt liegt in Serbien.
Der Beschwerdeführer reiste laut Einreisestempel in seinem Reisepass zuletzt am 11.01.2020 über den Grenzübergang XXXX , Ungar, in den Schengenraum. Er wurde am 05.03.2020 von Sicherheitsorganen der XXXX angehalten und es wurde festgestellt, dass er Probefahrtkennzeichen für einen LKW widerrechtlich, lt. seinen Angaben unwissentlich widerrechtlich, verwendete. Er wollte den LKW kaufen und nach Serbien verbringen. Im Zuge dieser Anhaltung und Überprüfung des Reisepasses wurde auf festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer durchgehend 92 Tage in Österreich aufgehalten habe und die visumsfreie Zeit um zwei Tage überschritten habe. Der Beschwerdeführer war zu keinem Zeitpunkt polizeilich gemeldet.
Der Beschwerdeführer ist und war nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels oder Niederlassungsbewilligung für Österreich.
Der Beschwerdeführer ging keinen Erwerbstätigkeiten in Österreich nach, er verfügte über Barmittel in Höhe von 520 Euro und Gespartes. Seine Cousins mit ihren Familien halten sich in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer hat sich seiner Festnahme und Abschiebung nicht widersetzt.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch die Befragung und Anzeige der Sicherheitsorgane der PI N Leopoldsdorf am 05.03.2020, Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA am nächsten Tag sowie durch Einsichtnahme in den Beschwerdeschriftsatz des XXXX vom 16.03.2020.
Dass der Beschwerdeführer in den Schengenraum einreiste und sich 2 Tage über den erlaubten Zeitraum von 90 Tagen aufhielt, ergibt sich aus dem Sichtvermerk im Reisepass. Der unangemeldete Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich daraus, dass im Zentralen Melderegister kein den Beschwerdeführer betreffender Datensatz aufscheint. Der Zweck seiner Reise nach Österreich ergibt sich aus den glaubhaften und gleichbleibenden Angaben vor der Sicherheitsbehörde, der belangten Behörde und dem Beschwerdeschriftsatz.
Dass der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers in Serbien liegt, wo sich seine Lebensgefährtin und seine drei Kinder, seine Eltern und seine Geschwister aufhalten, hat der Beschwerdeführer in der Einvernahme vor dem BFA am 06.03.2020 selbst glaubhaft angegeben.
Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer über nennenswerte Geldmittel verfügt, haben sich nicht ergeben.
Dass der Beschwerdeführer sich seiner Abschiebung und Abschiebung nicht widersetzte, geht aus dem Verwaltungsakt hervor.
3. Rechtliche Beurteilung:
zu A:
Der mit „Einreiseverbot“ überschriebene § 53 FPG lautet:
„(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(1a) (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“
Auf Grundlage des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (vgl. ErläutRV, 1078 BlgNR 24. GP 29 ff. und Art. 11 Abs. 2 Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG idF FrÄG 2011 anzunehmen. In den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG idF FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Z 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht. Dass bei Vorliegen der letztgenannten Konstellation – wie die ErläutRV formulieren – „jedenfalls“ ein unbefristetes Einreiseverbot zu erlassen ist, findet im Gesetz aber keine Deckung und stünde auch zu Art. 11 Abs. 2 der Rückführungs-RL (arg.: „kann“) in Widerspruch. Dagegen ist festzuhalten, dass – wie schon nach bisheriger Rechtslage (vgl. VwGH 20.11.2008, 2008/21/0603) – in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern immer auf das zugrundeliegende Verhalten abzustellen ist. Maßgeblich sind Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild; darauf kommt es bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots an.
Nach der Rechtsprechung des VwGH zum früher geltenden § 63 FPG (idF vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet), wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.
§ 53 Abs. 3 FPG idgF hat im Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 keine inhaltliche Änderung erfahren. Daraus ist zu schließen, dass auch in Bezug auf die vom VwGH statuierten (obgenannten) Kriterien, die bei der Verhängung des Einreiseverbots und seiner Dauer zur Anwendung gelangen sollen, kein Wandel stattgefunden hat. Aus diesem Grund erachtet das Gericht diese auch nach wie vor als anwendbar.
Nach dem nunmehr geltenden § 53 Abs. 2 zweiter Satz FPG ist bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes von der Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. In diesem Sinn sind auch die bei einem auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG gegründeten Einreiseverbot die dort genannten Umstände als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant sind, zu berücksichtigen (VwGH 22.05.2013, 2011/18/0259).
Im zu beurteilenden Fall stützte das BFA das für eine Dauer von drei Jahren verhängte Einreiseverbot im Spruch auf den Tatbestand des FPG § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2– den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag sowie, dass sich der Beschwerdeführer 2 Tage über die Aufenthaltsdauer von 90 Tagen aufgehalten hat., … .
Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsagehöriger und hat seinen Lebensmittelpunkt in Serbien. Der Beschwerdeführer hat eine geringe Schulbildung. Er reiste in das Bundesgebiet ein um einen LKW zu kaufen und nach Serbien zu verbringen. Er hat sich bei den Aufgriff durch Sicherheitsorgane bereits zweit Tage über der Frist von 90 Tagen aufgehalten, die er sich sichtvermerkfrei im Schengenraum aufhalten darf. Er hat glaubhaft dargelegt, dass er unwissentlich gehandelt hat. Das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass bei der Zumessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes im Falle des Beschwerdeführers eine Orientierung im unteren Bereich geboten ist, zumal die Überschreitung der visumsfreien Zeit nur geringfügig war, sonst nichts gegen den Beschwerdeführer vorliegt und er auch nicht absolut mittellos war. Daher erweist sich allerdings die vom BFA verhängte Dauer des Einreiseverbotes mit drei Jahren als nicht angemessen. Dies insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist. Es konnte daher mit einer Befristung von 18 Monaten das Auslangen gefunden werden.
Im Hinblick darauf und unter Berücksichtigung der sonstigen persönlichen Umstände des Beschwerdeführers war die Dauer des Einreiseverbots daher in angemessener Weise herabzusetzen und der Beschwerde insoweit stattzugeben.
Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, sind im gegenständlichen Fall erfüllt, zumal in den entscheidungswesentlichen Punkten die Beschwerde dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend substantiiert entgegen trat und die Entscheidungsgrundlagen unzweifelhaft vorlagen (vgl. VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316; 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; 22.11.2006, 2005/20/0406 uva.).
Zu B – Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenso wenig liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist daher gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Schlagworte
Dauer Einreiseverbot Herabsetzung illegaler Aufenthalt TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W159.2229722.1.00Im RIS seit
12.10.2020Zuletzt aktualisiert am
12.10.2020