TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/23 W174 2168857-4

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Veröffentlicht am 23.07.2020
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Entscheidungsdatum

23.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W174 2168857-4/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Viktoria MUGLI-MASCHEK, als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren über die Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Indien, zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 76 FPG in Verbindung mit § 22a Abs. 4 BFA-VG, wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Vorgeschichte:

1.1.1. Der Beschwerdeführer stellte erstmals am 30.3.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet, welcher vom ehemaligen Bundesasylamt mit Bescheid vom 5.4.2011 betreffend die Zuerkennung von Asyl und subsidiären Schutz abgewiesen und der Beschwerdeführer gleichzeitig aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen wurde. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof am 19.9.2011, Zl. C11 418924-1/2011/4E als unbegründet abgewiesen und wurde rechtskräftig. Der Beschwerdeführer verließ das Bundesgebiet jedoch nicht und war ab 14.11.2011 im XXXX obdachlos gemeldet.

1.1.2. Der am 6.10.2011 von der Bundespolizeidirektion Wien (BPD)-Fremdenpolizei an die obige Postadresse geschickte Ladungsbescheid zur Einvernahme samt einer Information über die Verpflichtung zur Ausreise sowie der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe bei einer freiwilligen Ausreise, wurde vom Beschwerdeführer nach vorangegangenem erfolglosem Zustellversuch und dann erfolgter ordnungsgemäßer Hinterlegung beim zuständigen Postamt nicht behoben und der Ladungstermin vom Beschwerdeführer auch nicht wahrgenommen.

1.1.3. Am 28.11.2011 wurde der Beschwerdeführer anlässlich einer Zufallskontrolle festgenommen, der fremdenpolizeilichen Behörde vorgeführt und niederschriftlich einvernommen. Ihm wurde neuerlich mitgeteilt, dass er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und er verpflichtet sei, das Bundesgebiet zu verlassen. Der Beschwerdeführer weigerte sich jedoch, dass zur Erlangung eines Heimreisezertifikat ihm vorgelegte Formblatt auszufüllen und gab an, nicht nach Indien zurückkehren zu wollen.

1.1.4. Am 6.12.2011 ersuchte die Behörde erstmals bei den indischen Vertretungsbehörden um die Ausstellung eines Heimreisezertifikat betreffend den Beschwerdeführer an. Am 28.12.2012 wurde betreffend dieses Ansuchen von der Behörde urgiert und am 29.4.2013 neuerlich eine Anfrage betreffend die Ausstellung des Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer an die Vertretungsbehörde der Republik Indien gerichtet.

1.1.5. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinem unrechtmäßigen Aufenthalt und wegen Schwarzarbeit als Zusteller mehrfach bei Zufallskontrollen wegen Verwaltungsübertretungen zur Anzeige gebracht.

1.1.6. Mit Straferkenntnis vom 12.5.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen Lenkens seines Fahrzeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand und Fahrens ohne entsprechender Lenkerberechtigung zu einer Geldstrafe verurteilt.

1.1.7. Am 9.11.2015 legitimierte sich der Beschwerdeführer bei einer Zufallskontrolle mit einem griechischen Führerschein und einer abgelaufen Aufenthaltskarte. Er wurde festgenommen und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden Bundesamt) vorgeführt. Im Zuge der niederschriftlich festgehaltenen Einvernahme gab der Beschwerdeführer an, dass ihm sein illegaler Aufenthalt bewusst sei, er sich sein Geld als Zusteller verdiene und er sich nicht darum bemüht habe, sich Heimreisedokumente ausstellen zu lassen. Die dem Beschwerdeführer erneut zur Erlangung eines Heimreisezertifikat übergebenen notwendigen Formblätter füllte der Beschwerdeführer diesmal aus.

1.1.8. Am 18.11.2015 stellte das Bundesamt bei den indischen Vertretungsbehörden abermals einen Antrag auf die Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer und vereinbarte einen Interviewtermin zur Klärung seiner Identität für den 31.5.2016. Der hierzu am 13.5.2016 dem Beschwerdeführer an seine Meldeadresse in XXXX , Wien gerichtete Ladungsbescheid konnte trotz mehrmaliger Zustellversuche durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes weder persönlich zugestellt werden, noch wurde der Bescheid trotz erfolgter Hinterlegungsanzeige behoben. Der Beschwerdeführer kam dem Vorstellungstermin nicht nach, er war vielmehr ab 20.5.2016 nicht mehr in XXXX , Wien gemeldet und für die Behörden nicht mehr greifbar.

1.1.9. Am 17.6.2016 erließ das Bundesamt einen Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z. 2 BFA-VG.

Am 18.8.2017 wurde der Beschwerdeführer bei einer Zufallskontrolle festgenommen und noch am selben Tag durch das Bundesamt einvernommen. Dabei gab er eine Wohnadresse bei einem namentlich genannten indischen Staatsangehörigen an, jedoch sei er dort nicht gemeldet und er besitze auch keinen Wohnungsschlüssel. Er wohne bei verschiedenen Freunden und arbeite als Zeitungszusteller, sei nicht sozialversichert und nicht angemeldet. Vor ca. 2 ½ Jahren habe er sich ergebnislos um indische Reisedokumente bemüht und halte sich durchgehend in Österreich auf.

1.1.10. Mit Mandatsbescheid vom 18.8.2017 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 Z. 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt und dem Beschwerdeführer dieser Bescheid durch persönliche Übergabe zugestellt. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde, wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 1.9.2017 abgewiesen und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft gegeben waren.

1.1.11. Am 4.9.2017 konnte ein für den Beschwerdeführer bei den indischen Vertretungsbehörden zur Erlangung eines Heimreisezertifikat Interviewtermin durchgeführt werden und die Vorführung des Beschwerdeführers vor der diplomatischen Vertretungsbehörde fand statt.

1.1.12. Am 20.11.2017 wurde der Beschwerdeführer, weil bis dahin kein Heimreisezertifikat von der indischen Botschaft ausgestellt worden war aus der Schubhaft entlassen. Die danach erfolgte Wohnsitzanmeldung in XXXX , Wien datiert vom 28.12.2017.

1.1.13. Mit Bescheid vom 20.5.2019 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen durch Ausfüllen von Formblättern bei der Erlangung eines Heimreisezertifikat mitzuwirken. Dieser Bescheid wurde an der aktuellen Meldeadresse durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt, jedoch vom Beschwerdeführer nicht behoben.

1.1.14. Mit Urteil des Landesgerichtes vom 3.10.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 223(2), 224 STGB, Urkundenfälschung rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

1.2. Am 24.1.2020 erließ das Bundesamt abermals einen Festnahmeauftrag betreffend den Beschwerdeführer.

1.3. Am 23.2.2020 wurde der Beschwerdeführer festgenommen. Im Zuge der Einvernahme gab er an, in Österreich keine Angehörigen zu haben und nicht ausreisewillig zu sein. Seit seiner letzten Einvernahme 2017/18 sei er bei der Botschaft gewesen und habe einen Reisepass beantragt. Da er die indische Staatszugehörigkeit nicht nachweisen habe können, sei ihm ein Reisepass verwehrt worden, hierüber habe er aber keine Bestätigung. Er habe von einem Mitwirkungsbescheid nichts gewusst, denn er habe zu dieser Zeit nicht an seiner Meldeadresse gewohnt. Er übernachte bei verschiedenen Freunden und manchmal auch in einem Sikh-Tempel. Er arbeite als Zeitung- bzw. Werbezusteller und habe keine Personaldokumente. Anschließend füllte der Beschwerdeführer die neu aufgelegten Formblätter der indischen Botschaft aus.

1.4. Mit Mandatsbescheid vom 23.2.2020 ordnete das Bundesamt erneut die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Ziffern 1, 3 und 9 FPG erfüllt, es liege Fluchtgefahr vor. Die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers hätten den Interessen des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen, die Verhältnismäßigkeit liege vor. Ein gelinderes Mittel sei nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei somit notwendig und rechtmäßig. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.3.2020, W171 2168857-2/8E abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

1.5. Zuvor war mit Schreiben vom 19.3.2020 mitgeteilt worden, dass die vom Beschwerdeführer angegebene Heimatadresse falsch gewesen sei. In einer weiteren Einvernahme wurde der Beschwerdeführer daher am 21.3.2020 nochmals zum Ausfüllen der Papiere angehalten. Bei dieser Gelegenheit erklärte der Beschwerdeführer abermals seine Rückkehrunwilligkeit.

1.6. Mit Bescheid vom 21.3.2020 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Indien für zulässig erklärt und diesbezüglich keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt sowie ein Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde im Wesentlichen die Unverhältnismäßigkeit der laufenden Schubhaft vorgebracht und die Erreichbarkeit des Sicherungszwecks der Abschiebung in Zweifel gezogen, da bisher noch immer kein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer erlangt werden habe können. Aufgrund der aktuellen Situation im Zusammenhang mit der verbreiteten Viruserkrankungen CoVID-19 und der damit einhergehenden Pandemie sei der Flugverkehr aber auch die konsularische Arbeit zum Erliegen gekommen, sodass eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der gesetzlichen Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar wäre, was die gegenständliche Schubhaft ebenfalls unverhältnismäßig mache. Der Beschwerdeführer sei überdies kooperativ, er habe die Formblätter für die Botschaft freiwillig ausgefüllt und würde sich an ein allenfalls verhängtes gelinderes Mittel halten.

Dieses Beschwerdeverfahren wurde der Gerichtsabteilung W186 des Bundesverwaltungsgerichts unter der Verfahrenszahl W186 1418924-3 zugeteilt und ist zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung noch offen.

1.7. Die amtswegigen Überprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG wurden vom Bundesamt, wie den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden diesbezüglichen Aktenvermerken hierzu zu entnehmen ist, am 17.4., 18.5. und zuletzt am 12.6.2020 durchgeführt.

1.8. Am 15.6.2020 legte das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG infolge länger als vier Monate durchgehender Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft erstmals den gegenständlichen Fall dem Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.6.2020, Zl. W155 2168857-3/3E wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und deren Aufrechterhaltung verhältnismäßig ist.

1.9. Am 13.7.2020 wurde der verfahrensgegenständliche Fall vom Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG infolge länger als fünf Monate durchgehender Anhaltung in Schubhaft erneut zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

Hierzu führte das Bundesamt begründend aus, der Verfahrensgang des Fremden sei unbestritten, er halte sich rechtswidrig im Bundesgebiet auf und gegen ihn bestehe eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Die Anordnung der Schubhaft erweise sich daher als dem Grunde nach zulässig und sei bereits im März 2020 durch das BVwG bestätigt worden. Die Behörde habe bisher alles versucht, um die Schubhaftdauer so kurz wie möglich zu halten. Die konsularische Tätigkeit Indiens sei mittlerweile wieder aufgenommen worden und die Vorführung des Fremden zum indischen Konsulat sei für den 16.7.2020 terminisiert. Aus heutigem Stand sei damit zu rechnen, dass der Flugverkehr in das Heimatland des Fremden zumindest innerhalb einer solchen Zeitspanne wieder aufgenommen werde, dass die weitere Anhaltung im Lichte seiner Straffälligkeit jedenfalls verhältnismäßig erscheine. Einer Ausstellung eines Heimreisezertifikat durch das indische Konsulat werde nach erfolgtem Interview entgegengesehen. Beantragt werde daher im Wege der amtswegigen Schubhaftbeschwerde gemäß § 22 Abs. 1 und 3 BFA-VG der Fortsetzungsausspruch, dass die weitere Anhaltung des Fremden im Stande der Schubhaft den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 13 FPG entspreche.

1.10. Aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung vom 13.7.2020 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer neben persönlichen Gegenständen (Samsung Handy, Rucksack, 5 Schlüssel, 1 Mopedausweis), bei seiner Inhaftierung EUR 100,00 bei sich hatte. Derzeit befindet sich der Beschwerdeführer im PAZ Wien, Hernalser Gürtel und verfügt über kein Bargeld.

1.11. Laut Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom 13.7.2020 wurde der Beschwerdeführer mit 31.12.2019 von seinem letzten Hauptwohnsitz in XXXX , Wien abgemeldet. Zuvor verfügte er in folgenden Zeiträumen über eingetragene Wohnsitzmeldungen: 28.12.2017 bis 31.12.2019 (Hauptwohnsitz: XXXX , Wien), 18.8.2017 bis 28.11.2017 (Hauptwohnsitz: PAZ Breitenfelder, 1180, Wien), 16.11.2011 bis 19.5.2016 (Hauptwohnsitz: XXXX , Wien) und 14.4.2011 bis 16.11.2011 (obdachlos, XXXX ).

1.12. Laut Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS-Grundversorgung) wurde der Beschwerdeführer mit 8.4.2011 aus der Grundversorgung entlassen und erhält seither keine Leistungen und ist auch nicht krankenversichert.

1.13. Mit E-Mail-Mitteilungen vom 17.7.2020 teilte das Bundesamt mit, dass der Beschwerdeführer am 16.7.2020 dem indischen Konsulat vorgeführt worden sei. Dieser sei im Zuge der Vorführung nicht kooperativ gewesen, jedoch würden die von ihm angeführten Daten in sein Heimatland zu Überprüfung übermittelt.

Aufgrund des vom Beschwerdeführer anlässlich dieses Termins an den Tag gelegten unkooperativen Verhaltens erscheine seine weitere Anhaltung derzeit noch verhältnismäßig. Sollten seitens des indischen Konsulat in den nächsten vier Wochen keine substanziellen Äußerungen zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats betreffend den Beschwerdeführer bei der Behörde einlagen, werde amtswegig das gelindere Mittel der Meldeverpflichtung erlassen werden.

1.14. Mit E-Mail-Mitteilung vom 21.7.2020 langten die von amtsärztlicher Seite während aufrechter Schubhaft erstellten medizinischen Unterlagen betreffend den Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht ein. Laut Anhalteprotokoll III / Polizeiamtsärztliches Gutachten vom 23.02.2020 war der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt haftfähig, eine psychiatrische Behandlung bei weiterer Anhaltung wurde als erforderlich erachtet. Wie dem beigefügten Auszug aus der Krankendatei entnommen werden kann, befindet sich der Beschwerdeführer laufend unter ärztlicher Beobachtung und wurde sein Zustand am 21.7.2020 von Seiten des Amtsarztes beschrieben mit „guter AZ, subjektiv beschwerdefrei“, sodass die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers als weiterhin bestehend bestätigt wurde.

2. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.1. Getroffene Feststellungen:

2.1.1. Der volljährige Beschwerdeführer reiste bereits 2011 illegal in das Bundesgebiet ein und befindet sich seit 23.02.2020 in Schubhaft, welche aktuell im PAZ Wien, Hernalser Gürtel vollzogen wird. Er ist indischer Staatsangehöriger und somit Fremder im Sinne des FPG. Die gesetzlich normierte Fünfmonatsfrist gemäß § 22 a Abs 4 BFA-VG läuft auf Grundlage des diese Schubhaft anordnenden Mandatsbescheides am 24.07.2020 ab.

2.1.2. Der der laufenden Schubhaft zugrunde liegende Mandatsbescheid vom 23.02.2020 mit dem die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, wurde vom Bundesverwaltungsgericht am 30.3.3030 rechtskräftig bestätigt.

2.1.3. Mit Erkenntnis vom 24.6.2020 stellte das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG fest, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung verhältnismäßig ist.

Diese Umstände, die zur Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft geführt haben, liegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts unverändert vor, eine Veränderung zu Gunsten des Beschwerdeführers ist im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen. Sie finden vielmehr ihre Bestätigung insbesondere in dem Umstand, dass der Beschwerdeführer sich auch zuletzt anlässlich seiner Vorführung bei den indischen Vertretungsbehörden zum wiederholten Male nicht kooperativ gezeigt hat, und damit seine Abschiebung in sein Heimatland zumindest zu verzögern oder zu verhindern suchte.

2.1.4. Das Bundesamt hat die Identifizierung des Beschwerdeführers durch die indischen Vertretungsbehörden seit nunmehr an die insgesamt 10 Jahren mehrfach, intensiv und fortlaufend betrieben. Nach einem ersten Versuch 2011 ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer bei den indischen Vertretungsbehörden zu erlangen, einer diesbezüglichen Urgenz 2012, einer neuerlichen Anfrage 2013, scheiterte der nochmalige Antrag 2015 nicht nur an der mangelnden Mitwirkung des Beschwerdeführers, sondern der Beschwerdeführer war ab 20.5.2016 wegen nicht mehr erfolgter behördlicher Anmeldung eines Wohnsitzes nicht mehr für die Behörde erreichbar. Erst im Jahr 2017 konnte der Beschwerdeführer, der sich zu diesem Zeitpunkt erstmals in Schubhaft befand am 4.9. von den indischen Vertretungsbehörden zur Erlangung eines Heimreisezertifikat erstmals interviewt werden, wurde jedoch in weiterer Folge, da bis dahin kein Heimreisezertifikat von der indischen Botschaft ausgestellt worden war, am 20.11.2017 aus der Schubhaft wieder entlassen. Auch danach führte ein im Mai 2019 vom Bundesamt zum Ausfüllen von Formblättern für die Erlangung eines Heimreisezertifikat erlassene und dem Beschwerdeführer ordnungsgemäß zugestellte Bescheid nicht zu dessen Mitwirkung und weder zu seiner Identifizierung noch zu einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats, denn der Beschwerdeführer unterließ die Behebung dieses Bescheides, obwohl er ab 28.12.2017 bis inklusive 31.12.2019 über eine registrierte Hauptsitzmeldung verfügte, an der die Zustellung dieses Bescheides auch zulässigerweise und rechtskonform stattfand. Nachdem für den Beschwerdeführer ab 23.2.2020 nochmals zur Sicherung der Abschiebung vom Bundesamt die Schubhaft angeordnet und bekannt geworden war, dass die vom Beschwerdeführer vor der Behörde damals angegebene Adresse falsch gewesen war, hielt die Behörde den Beschwerdeführer am 21.3.2020 nochmals zum Ausfüllen der Papiere zur Erlangung eines Heimreisezertifikates an und vereinbarte neuerlich einen Termin zur Vorführung des Beschwerdeführers bei den indischen Vertretungsbehörden für den 16.7.2020. Wie der Stellungnahme des Bundesamtes vom 17.7.2020 zu entnehmen ist, fand dieser Interviewtermin beim indischen Konsulat zu diesem Termin statt, jedoch verhielt sich der Beschwerdeführer im Zuge dieser Vorführung abermals unkooperativ, sodass die von ihm angeführten Daten von den indischen Vertretungsbehörden nach Indien zur Überprüfung übermittelt werden. Nachdem die Konsulatstätigkeiten wieder aufgenommen wurden und angesichts der zuletzt bereits erfolgten und laufend stattfindenden weiteren Öffnungen im Zuge der Zurücknahme von Beschränkungen von CoVID-19-Maßnahmen kann von einer Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer und seiner Außerlandesbringung innerhalb der Schubhafthöchstdauer durchaus ausgegangen werden. Zudem hat das Bundesamt bereits mitgeteilt, dass es falls es in den nächsten vier Wochen dennoch zu keiner Ausstellung eines Heimreisezertifikats von Seiten der indischen Botschaft für den Beschwerdeführer kommen sollte, beabsichtigt sei die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft zu beenden und das gelindere Mittel einer Meldeverpflichtung anzuordnen.

2.1.5. Der Beschwerdeführer der sich nach eigenen Angaben seit 2011 durchgehend in Österreich aufhält, verfügte im Bundesgebiet über einen mehrmonatigen Zeitraum (vgl. OZ 1, Anfrage ZMR 13.07.2020) über keine ordentliche Wohnsitzmeldung und hielt sich nach eigenen Angaben auch nicht ständig an den registrierten Hauptsitzen auf, sodass er wiederholt und auch zuletzt für die Behörde dort nicht greifbar war. Sein Aufenthalt in Österreich ist illegal, er ist nicht in der Lage einer Beschäftigung legal nachzugehen und er ist weder sozial- noch krankenversichert. Er verfügt aktuell über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung (vgl. OZ 1, Abfrage Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung 13.7.2020) und hat in den letzten Jahren seinen Unterhalt durch illegale Beschäftigungen als Zeitungs- und Werbezusteller bestritten. Der Beschwerdeführer wies weder familiäre oder sonstige maßgebliche soziale Kontakte nach, auch sind solche im Zuge des durchgeführten und rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens nicht hervorgekommen.

2.1.6. Der Beschwerdeführer ist weiterhin haftfähig und befindet sich seit seiner Unterbringung in Schubhaft unter stetiger amtsärztlicher Kontrolle, welche keine für die Haftfähigkeit maßgeblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen bescheinigen.

2.1.7. Gegen den Beschwerdeführer, dessen Antrag vom März 2011 auf die Gewährung von internationalen Schutz bereits mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom September 2011 in allen Punkten als unbegründet abgewiesen wurde, wurde vom Bundesamt am 21.3.2020 eine Rückkehrentscheidung erlassen, seine Abschiebung nach Indien für zulässig erklärt, ihm diesbezüglich keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt und ein Einreiseverbot erlassen. Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gleichzeitig die aufschiebende Wirkung aberkannt. Über das mittlerweile beim Bundesverwaltungsgericht eingeleitete Beschwerdeverfahren wurde bislang nicht entschieden. Die Ausreiseverpflichtung ist demzufolge rechtskräftig geworden und der Beschwerdeführer verfügt über keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich. Er hat bisher keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität bescheinigen.

2.1.8. Nachdem der Beschwerdeführer bereits in den Jahren zuvor in Zusammenhang mit seinem unrechtmäßigen Aufenthalt und wegen Schwarzarbeit als Zusteller mehrfach bei Zufallskontrollen wegen Verwaltungsübertretungen zur Anzeige gebracht worden war, stellte er nach eigenen Angaben diese Tätigkeiten als illegaler Zusteller nicht ein, sondern wurde er mit Straferkenntnis vom 12.5.2015 wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigenden Zustand und Fahrens ohne entsprechender Lenkerberechtigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Am 3.10.2019 erfolgte mit Urteil des Landesgerichtes eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten mit einer Probezeit von drei Jahren. Dieses fortdauernde, nicht vertrauenswürdige und die staatliche Rechtsordnung negierende Verhalten macht unmissverständlich einerseits deutlich, dass die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Beschwerdeführer weiterhin als aufrecht zu beurteilen ist und zeigt andererseits klar auf, dass er nichts unversucht lässt, um einer weiteren Anhaltung in Schubhaft bzw. seiner Abschiebung nach Indien zu entgehen.

2.2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die hierzu sowie zur Person des Beschwerdeführers, den Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft und zum Sicherungsbedarf getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde, den bisherigen Gerichtsakten und dem aktuellen den Beschwerdeführer betreffenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts. Demnach wurde insbesondere der der laufenden Schubhaft zugrunde liegende Mandatsbescheid vom 23.2.2020 vom Bundesverwaltungs-gericht bestätigt und diese Entscheidungen wurden rechtskräftig.

Mangels vorliegender Dokumente geht das Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren davon aus, dass der Beschwerdeführer den Namen XXXX führt, er am XXXX geboren und er indischer Staatsangehöriger ist.

Die Angaben zum Vollzug der Schubhaft ergeben sich aus der Anhaltedatei.

Die unzureichenden Mittel zur Eigenversorgung ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus der Anhaltedatei, wonach der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Festnahme nur Barmittel in der Höhe von EUR 100,00 mit sich führte, diese Bargeld mittlerweile verbraucht ist und er nach eigenen Angaben, nachdem er bereits 2011 aus der Grundversorgung entlassen wurde, sein Leben ausschließlich mit Einkünften aus illegaler Beschäftigung finanziert. Infolge des Verlustes seines Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet besteht für den Beschwerdeführer auch keine Aussicht auf eine legale Arbeitsberechtigung. Demzufolge ist der Beschwerdeführer keinesfalls in der Lage, sich den Aufenthalt im Bundesgebiet weder kurz- noch mittelfristig aus eigenem zu sichern. Die Feststellungen betreffend den gegebenen polizeilichen Meldestatus bzw. den tatsächlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers bevor er in Schubhaft genommen wurde, ergeben sich insbesondere aus dem Zentralen Melderegister.

Indem der Beschwerdeführer nachdem sein Antrag auf die Gewährung von internationalen Schutz rechtskräftig mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 19.9.2011 abgewiesen worden war, seine seit 16.11.2011 bestehende Hauptwohnsitzmeldung in XXXX , Wien mit 19.5.2016 beendete, ohne sich im Bundesgebiet an einer anderen Adresse ordnungsgemäß anzumelden – die Möglichkeit der Obdachlosenmeldung gemäß § 19a MeldeG, um eine Zustelladresse für die Behörde zu gewährleisten war dem Beschwerdeführer nachweislich bekannt, da er zuvor über eine solche Zustelladresse in XXXX verfügte – vernachlässigte er die ihm somit seit Jahren bekannten Meldepflichten gröblich. Auch sein übriges Verhalten im Zusammenhang mit den jahrelangen und mehrfachen Versuchen des Bundesamtes im Wege der indischen Vertretungsbehörden die wahre Identität des Beschwerdeführers zu klären und ein Heimreisezertifikates für ihn zu erlangen, führen in Zusammenschau mit der wissentlichen Negierung seiner Verpflichtung zur polizeilichen Meldung und nachdem ihm sein illegaler Aufenthaltsstatus nach eigener Erklärung schon seit langer Zeit bewusst gewesen ist, dazu, dass sein Verhalten nur dahingehend gewertet werden kann, dass sich der Beschwerdeführer dem Zugriff der Behörde weiterhin entziehen und ein Leben im Verborgenen führen wollte. Die Beteuerungen des Beschwerdeführers vom August 2017, er habe sich bereits selbst vor ca. 2 ½ Jahren ergebnislos um ein indisches Reisedokument bemüht und auch nach seiner Einvernahme 2017/18 bei der indischen Botschaft die Ausstellungen eines Reisepasses beantragt, welche ihm aber verwehrt worden sei, stellen sich insbesondere wegen seiner seit 2011 wiederholt stattgefundenen Weigerungen am Verfahren der Behörde zu Erlangung eines Heimreisezertifikat mitzuwirken und aufgrund seiner Erklärung vom März 2020, wonach er rückkehrunwillig sei, als nicht glaubwürdige Schutzbehauptungen dar.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und der nach wie vor gegebenen Hafttauglichkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus den dem Bundesver-waltungsgericht aktuell vorliegenden amtsärztlichen Unterlagen.

Die Feststellungen betreffend die fehlenden familiären und sozialen Kontakte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stützen sich primär auf die Aussagen des Beschwerdeführers und die hierzu von der Behörde getroffenen und rechtskräftig gewordenen Angaben sowie die diesbezüglichen Hinweise, die im Zuge des Ermittlungsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hervor gekommen sind.

Die Angaben zum negativ abgeschlossenen Asylverfahren des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorliegenden Akten, ebenso die Angaben zur Rückkehrentscheidung und zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats. An der Durchsetzbarkeit der rechtskräftig gewordenen Rückkehrentscheidung besteht kein Zweifel.

Vom rechtzeitigen Vorliegen des bislang aufgrund der gegebenen, diesbezüglich nicht nur infolge des unkooperativen Verhaltens des Beschwerdeführers deutlich erschwerten Umständen, sondern auch wegen der getroffenen und zuletzt laufend wieder zurückgenommenen Maßnahmen zur Vermeidung einer CoVID-19 Infektion noch nicht ausgestellten Heimreisezertifikats, ist an Betracht der schon mehrjährig andauernden Konsultationen der indischen Vertretungsbehörden durch das Bundesamt und der zuletzt erfolgten Vorführung des Beschwerdeführers derzeit auszugehen. Aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Unterlagen geht wie bereits oben im Detail dargestellt wurde, klar hervor, dass das Bundesamt seit 2011 bis heute stets bemüht war und ist, die Ausstellung eines Heimreisezertifikats durch die indischen Behörden betreffend den Beschwerdeführer zeitnah zu bewerkstelligen. Bei der laufenden freiheitsentziehenden Maßnahme ist zudem die Tatsache zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer bislang durch sein stetiges unkooperatives und seine im Verfahren gebotene Mitwirkungspflicht nicht erfüllendes Handeln, fortdauernd versuchte, sich der ihm sonst drohenden Abschiebung in sein Heimatland zu entziehen. Die bisherige Haftdauer ist somit primär auf das Verhalten des Beschwerdeführers zurück zu führen. Eine möglichst zeitnahe Abschiebung nach Indien innerhalb der gesetzlich determinierten Höchstgrenzen für die Schubhaft ist somit aus aktueller Sicht erwartbar und hat auch die Behörde für den Fall, dass eine Ausstellung eines Heimreisezertifikats in den nächsten vier Wochen durch die indische Botschaft nicht erfolgen sollte, angekündigt den Beschwerdeführer aus der Schubhaft zu entlassen und ein gelinderes Mittel anzuordnen.

Weitere Beweise waren wegen der bereits im Zuge des Ermittlungsverfahrens erlangten Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen.

Der Sachverhalt ist aufgrund der Aktenlage klar und der Beschwerdeführer hat diesen zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt. Da mit der Vorlage des Verwaltungsaktes lediglich eine Beschwerde fingiert wird, war auch in diesem Sinne von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

2.3. Rechtliche Beurteilung:

2.3.1. Verfahrensrechtliche Voraussetzungen, insbesondere Zuständigkeit:

2.3.1.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorge-sehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, des Agrarverfahrensgesetzes und des Dienstrechtsverfahrens-gesetzes 1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

2.3.1.2. Gemäß § 22a Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung (Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft) hat der Fremde das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist (Z. 1) , er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird (Z. 2) oder wurde, oder gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde (Z. 3).

Gemäß Abs 1a leg. cit gelten für Beschwerden gemäß Abs. 1 die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs 3 leg. cit. jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Hinsichtlich der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über eine Viermonatsfrist, wie im vorliegenden Fall zu beurteilen, sieht das Gesetz vor:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gegen die Anordnung der Schubhaft ist gemäß Abs. 5 leg. cit. eine Vorstellung nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft und somit für Entscheidung in der gegenständlichen Sache zuständig.

2.3.2. Zu Spruchpunkt A) Fortsetzungsausspruch:

Der Beschwerdeführer wird auf Grund des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom 23.2.2020, Zl. 810309303/200206728, in Schubhaft angehalten.

2.3.2.1. Voraussetzungen für die Schubhaft:

Gemäß § 76 Abs. 1 FPG Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 in der geltenden Fassung können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

Die Schubhaft darf gemäß Abs. 2 leg. cit nur dann angeordnet werden, wenn dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist (Z 1), dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder (Z. 2 ) die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen (Z. 3).

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger, jedenfalls kein österreichischer Staatsbürger und sohin Fremder im Sinne des § 76 Abs. 1 FPG. Er ist volljährig und verfügt über kein Aufenthaltsrecht in Österreich.

Der Beschwerdeführer befindet sich unrechtmäßig im Bundesgebiet. Auf Grund der von der Behörde mit Bescheid vom 21.3.2020 erlassenen Rückkehrentscheidung – der dagegen fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde vom Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, über dieses Beschwerdeverfahren wurde zum gegenständlichen Zeitpunkt noch nicht entschieden – liegt betreffend den Beschwerdeführer in Bezug auf sein Heimatland Indien eine rechtskräftige und sohin durchführbare bzw. grundsätzlich durchsetzbare Maßnahme vor.

Nach der Rechtsprechung ist die Anhaltung in Schubhaft nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Allein die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, für sich genommen vermag die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein und solche sind im vorliegenden Fall, worauf das Bundesamt in seiner Entscheidung auch zutreffend hingewiesen hat, durchaus gegeben. Nach der Rechtsprechung zählen dazu neben etwa einer mangelnden sozialen Verankerung in Österreich, auch insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet, welche die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen können. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich, ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Im vorliegenden Fall liegen weitere und zwar mehrere verschiedene Umstände tatsächlich vor, die zum Teil in derselben Rechtsprechung ausdrücklich angeführt werden, was dazu führt, dass das Risiko, der Beschwerdeführer werde Untertauchen, als schlüssig anzusehen ist. Der Beschwerdeführer hat weder eine legale berufliche, noch eine familiäre oder anderweitige soziale Verankerung im Inland und auch sein Verhalten bis zu seiner neuerlichen Anhaltung in Schubhaft seit 23.02.2020 vergrößern das öffentliche Interesse an der Sicherstellung einer baldigen Durchsetzung seiner Abschiebung maßgeblich. So hat es der Beschwerdeführer ab 20.5.2016 unterlassen, sich über mehr als ein Kalenderjahr ordnungsgemäß polizeilich anzumelden. Auch nachdem er im August 2017 erstmalig zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung vom Bundesamt in Schubhaft angehalten und in weiterer Folge am 20.11.2017 wieder aus der Schubhaft entlassen worden war, verabsäumte er es zunächst mehr als ein Kalendermonat seiner Verpflichtung zur Wohnsitzmeldung nachzukommen und war zudem auch danach trotz zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgter Hauptwohnsitzmeldung in XXXX , Wien weder dort anzutreffen, noch behob er den an ihn gerichteten behördlichen Bescheid und kam somit erneut seiner Mitwirkungsverpflichtung im Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats in sein Heimatland nicht nach. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer ausdrücklich zugestand, sich seines illegalen Aufenthalts in Österreich und damit auch seiner Verpflichtung zur umgehenden Ausreise bewusst zu sein, lässt klar erkennen, dass er zu keiner Zeit tatsächlich bereit war, mit den Behörden zusammen zu arbeiten und seine geplante Außerlandesbringung nicht durch ein neuerliches Untertauchen zu verhindern. Dies macht deutlich, dass der Beschwerdeführer, wenn er die Möglichkeit erhalten würde, nichts unversucht lassen würde, um sich der Behörde zu entziehen und bestätigt somit weiterhin das Vorliegen von Fluchtgefahr.

2.3.2.2. Fluchtgefahr:

Gemäß § 76 Abs. 3 FPG liegt Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit. n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert (Z 1); ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind (Z 1a); ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist (Z 2); ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat (Z 3); ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt (Z 4); ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde (Z 5); ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist (Z 6), insbesondere sofern der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat (lit. a), der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen (lit. b), oder es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt (lit. c); ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt (Z 7); ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen zur Unterkunftsname gemäß §§ 52a, 56 ,57 oder 71 FPG, § 38 b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme (Z 8) und der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes (Z 9).

Gemäß Abs 4 leg. cit. ist die Schubhaft schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß Abs 5 leg. cit. wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Stellt ein Fremder gemäß Abs. 6 leg. cit. während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Das zuvor dargelegte Verhalten des Beschwerdeführers bedingt, wie die Behörde in ihrer Entscheidung nachvollziehbar und zutreffend darlegte – was im Übrigen vor dem Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 30.3.2020 seine Bestätigung fand –, dass im Falle des Beschwerdeführers Fluchtgefahr gemäß § 76 Abs 3 FPG, Ziffern 1 (der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert), 3 (sich der Fremde über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat) und 9 (fehlende soziale Verankerung im Bundesgebiet, keine ausreichenden existenzsichernden Mittel, kein gesicherter Wohnsitz und der Fremde kann keine legale Erwerbstätigkeit ausüben) gegeben ist. Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass im Falle des Beschwerdeführers weiterhin Fluchtgefahr besteht.

2.3.2.3. Verhältnismäßigkeit:

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

In Bezug auf Gefährdungsprognosen ist bei deren Erstellung das gesamte Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Schon aus dem Gesetzeswortlaut von § 67 Abs. 1 FPG geht klar hervor, dass auf das „persönliche Verhalten“ des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0305 unter Hinweis auf 22.8.2019, Ra 2019/21/0091, Rn, 9, mwN.)

Eine Abwägung zwischen den persönlichen Interessen der Freiheit des Beschwerdeführers und den Interessen der Öffentlichkeit hinsichtlich eines geordneten Fremdenwesens (Verhältnismäßigkeit) hat ergeben, dass in diesem Fall den öffentlichen Interessen der Vorzug zu geben ist und somit eine Aufrechterhaltung der Anhaltung weiterhin als verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer wurde bereits zweimal im Bundesgebiet strafrechtlich rechtskräftig verurteilt und zwar am 12.5.2015 wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand und Fahrens ohne entsprechende Lenkerberechtigung zu einer Geldstrafe und am 3.10.2019 wegen Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten bedingt mit einer Probezeit von 3 Jahren. Zuvor war der Beschwerdeführer bereits mehrfach wegen seines unrechtmäßigen Aufenthalts und wegen Schwarzarbeit als Zusteller anlässlich von Zufallskontrollen wegen Verwaltungsübertretungen zur Anzeige gebracht worden.

Hinsichtlich des sonstigen persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers ist festzustellen, dass er sich bereits seit rechtskräftig gewordener Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz im September 2011 seines illegalen Aufenthalts im Bundesgebiet bewusst sein musste. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass der danach mehrmals wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und wegen Schwarzarbeit zur Anzeige gebracht wurde und er trotzdem nach eigenen Angaben seinen Aufenthalt ohne entsprechenden Aufenthaltstitel bis heute durchgehend im Bundesgebiet fortsetzte und sich auch weiterhin illegal als Zusteller von Zeitungen und Werbematerial verdingte. Zwar erklärte er sich im November 2015 erstmals bereit, die ihm von der Behörde zum wiederholten Male ausgehändigten Formblätter zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats auszufüllen, behob aber wenige Monate später den an seiner damaligen Meldeadresse mittels Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellten Ladungsbescheid vom 13.5.2016 nicht, sondern beendete die polizeiliche Meldung an dieser Meldeadresse in XXXX , Wien mit 19.5.2016, offenbar mit dem Ziel für die Behörde nicht mehr greifbar zu sein. Als der Beschwerdeführer daher erst am 18.8.2017 im Zuge einer Zufallskontrolle festgenommen werden konnte, erklärte er zwar eine Wohnadresse bei einem namentlich genannten indischen Staatsangehörigen zu haben, gab jedoch weiters an, dort weder gemeldet zu sein, noch einen Schlüssel für diese Wohnung zu haben. Auch nachdem er aus der in weiterer Folge erstmals angeordneten Schubhaft zur Zwecke der Sicherung der Abschiebung am 20.11.2017 entlassen wurde, verabsäumte es der Beschwerdeführer wiederum sich entsprechend der geltenden Meldebestimmungen zeitgerecht behördlich anzumelden und kam dieser Verpflichtung erst mit einer mehr als einmonatigen Verspätung nach. Schließlich erklärte er sich auch nach seiner neuerlichen Festnahme am 23.2.2020 ausdrücklich als „ausreiseunwillig“ und bestätigte diese Einstellung zuletzt damit, dass er sich anlässlich seiner Vorführung bei den indischen Vertretungsbehörden am 16.7.2020 als unkooperativ zeigte.

Damit hat sich der Beschwerdeführer bewusst über längere Zeiträume dem Zugriff der Behörde entzogen und er ging auch bewusst mehrere Jahre lang einer illegalen Beschäftigung im Bundesgebiet nach.

Dass sich der Beschwerdeführer über die Verpflichtung in sein Heimatland zurück zu kehren, klar ist, zeigt schon seine Aussage, er sei nicht bereit auszureisen und er versucht weiterhin durch mangelnde Mitwirkung am Verfahren zur Ausstellung eines Heimreiszertifikats dieses zumindest weiterhin zu verzögern bzw. dessen Erlangung zu verhindern. Er kam somit seiner Verpflichtung zur Mitwirkung im Verfahren gegenüber dem Bundesamt nicht nach, zeigte sich mehrfach unkooperativ und setzt dieses unkooperative und nicht vertrauenswürdige Verhalten auch während aufrechter Schubhaft fort. Damit zeigt sich, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin nicht gewillt sein wird, die für ihn in Österreich geltenden gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten und er sich – wenn er dazu Gelegenheit erhalten würde – wiederum dem Zugriff der Behörde nachhaltig zu entziehen versuchen wird. Auch hat das Ermittlungsverfahren keine ausreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkte sichtbar gemacht, dass der Beschwerdeführer dieses Verhalten in Zukunft ändern und er sich, im Falle der Entlassung aus der Schubhaft, tatsächlich ordnungsgemäß behördlich melden bzw. eine ihm zugewiesene Unterkunft annehmen und auf diese Weise den Zugriff der Behörde ermöglichen würde.

Der Beschwerdeführer war bei Inschubhaftnahme haftfähig und ist dies – wie aus den vorliegenden amtsärztlichen aktuellen Unterlagen hervorgeht – auch weiterhin.

Wie bereits festgestellt, verfügt der Beschwerdeführer über keinerlei nennenswerte Sozialkontakte, keine finanziellen Mittel zur Existenzsicherung und aktuell auch über keinen Wohnsitz im Bundesgebiet.

Dies alles spricht deutlich dafür, dass das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesens, insbesondere aufgrund des aufgezeigten Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers und der daher von ihm ausgehenden Gefährdung für die öffentlichen Ordnung bzw. Sicherheit, gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers auf Freiheit überwiegt. Seit der zuletzt rechtskonform erfolgten gerichtlichen Feststellung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs: 4 BFA-VG durch das Bundesverwaltungsgericht am 24.6.2020 ist diese Situation unverändert, sodass von der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Maßnahme weiterhin auszugehen ist.

2.3.2.3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Nach dem im Ermittlungsverfahren klar hervorgekommenen Sachverhalt, versuchte der Beschwerdeführer durch jahrelanges und wiederholtes Untertauchen in Österreich und sein unkooperatives Verhalten seine Rückkehr in sein Heimatland zumindest zu verschleppen, wenn nicht auf Dauer zu verhindern, womit er gleichzeitig bislang auch die Anordnung und Durchführung seiner Abschiebung (also das Abschiebeverfahren) verunmöglichte. Es ist daher dem Beschwerdeführer zuzurechnen, wenn sich die Dauer seiner Schubhaft aufgrund seiner notorisch fehlenden Mitwirkung bzw. Sabotage verlängert. In diesem Sinne ist daher auch die Dauer der Schubhaft als nicht unverhältnismäßig zu beurteilen.

Die belangte Behörde leitete das Verfahren zur freiwilligen Rückkehr des Beschwerdeführers nach Indien erstmals bereits im Oktober 2011 ein, welches jedoch schon damals an der fehlenden Bereitschaft des Beschwerdeführers daran mitzuwirken erfolglos blieb. Auch weitere diesbezügliche Schritte des Bundesamtes wie z.B. im November 2011 scheiterten daran, dass der Beschwerdeführer sich weigerte, die dafür notwendigen Formblätter auszufüllen und angab, nicht nach Indien zurückkehren zu wollen. In den folgenden Jahren wurde der Beschwerdeführer mehrfach verwaltungsstrafrechtlich (Anzeigen wegen unrechtmäßigen Aufenthalts und wegen Schwarzarbeit) und strafrechtlich (Verurteilung 12.5.2015 zu einer Geldstrafe wegen Lenkens eines Fahrzeuges ohne entsprechende Lenkerberechtigung und in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand) auffällig, zeigte sich anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 9.11.2015 kooperativ, indem er die Formblätter zur Erlangung eines Heimreisezertifikats ausfüllte, um wenige Monate später für die Behörde nicht mehr erreichbar zu sein, denn mehrerer Zustellversuche des Ladungsbescheides vom 13.5.2016 an seiner damaligen Hauptwohnsitzadresse scheiterten und der Beschwerdeführer beendete seine Hauptsitzmeldung am 19.5.2016 und blieb bis zu einem Zufallsaufgriff am 18.8.2017 unter getaucht. Auch danach setzte der Beschwerdeführer sein nicht vertrauenswürdiges Verhalten fort, denn wie am 19.3.2020 festgestellt werden konnte, war die vom Beschwerdeführer angegebene Heimatadresse falsch und er musste am 21.3.2020 erneut angehalten werden, die Rückkehrformulare auszufüllen. Bei dieser Gelegenheit gab der Beschwerdeführer nochmals an, nicht Rückkehrwillig zu sein, sodass schließlich erst vor wenigen Tagen am 16.7.2020 wiederum aus dem Stande der Schubhaft es möglich wurde, den Beschwerdeführer zur Klärung seiner Identität zum zweiten Male den indischen Vertretungsbehörden 16.7.2020 vorzuführen und so die Ausstellung eines Heimreisezertifikats zu ermöglichen. Trotz der überwiegend dem Beschwerdeführer zuzurechnenden schwierigen Umstände intensivierte das Bundesamt damit neuerlich seine Schritte im Verfahren zur Erlangung eines Heimreiszertifikats und führt somit das Prozedere zur Außerlandesbringung des Beschwerdeführers äußerst rasch und zügig durch. Die Verhängung der Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung erweist sich demzufolge auch aus dem Blickwinkel, dass sie schon seit 23.02.2020 vollzogen wird weiterhin als verhältnismäßig. Verfahrensverzögerungen, die die Aufrechterhaltung der Schubhaft unverhältnismäßig machen würden, liegen sohin jedenfalls nicht vor (vgl. VwGH 27.01.2011, 2008/21/0595; 2009/21/0049; 2008/21/0670) und sind aus heutiger Sicht nicht zu erwarten.

Nach den dem Bundesverwaltungsgericht aktuell zur Verfügung stehenden Informationen kann damit gerechnet werden, dass nach der in den nächsten Wochen erwartbaren Bestätigung der Identifizierung des Beschwerdeführers und der danach kurzfristig möglichen Ausstellung eines Heimreisezertifikats durch die indischen Behörden dieser zügig Außerlandes gebracht werden wird können. Wie sich aus den derzeit laufend stattfindenden Aufhebungen der zuvor wegen der Pandemie getroffenen CoVID-19-Maßnahmen und vor allem der Wiederaufnahme des zuvor in Österreich eingestellten Flugverkehrs ableiten lässt, besteht die realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft, welche im Falle des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 4 Z. 1 und Z. 4 FPG 18 Monate beträgt. Aus derzeitiger Sicht ist damit zu rechnen, dass durch die stetige Lockerung der im Zusammenhang mit CoVID-19 getroffenen Restriktionen Abschiebungen wieder vermehrt durchführbar werden. Dass es mit Sicherheit zur Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme kommt, wird für die Schubhaft nicht gefordert (VwGH 07.02.2008, 2006/21/0389).

Auch die Verhängung von einem gelinderen Mittel erscheint zum Entscheidungszeitpunkt infolge des Verhaltens des Beschwerdeführers in der Vergangenheit, seiner weiterhin gegebenen Mittellosigkeit und der aktuell jedenfalls gegebenen Kenntnis des Beschwerdeführers über seine demnächst bevorstehende Außerlandesbringung und der damit einhergehenden erhöhten Fluchtgefahr ausgeschlossen. Zudem hat die Behörde zugesichert, die Ausstellung eines Heimreisezertifikats in den nächsten 4 Wochen stets im Auge zu behalten und auch schon ihr weiteres Vorgehen dahingehend konkretisiert hat, dass im Falle, dass die Ausstellung des Heimreisezertifikats sich dennoch noch länger hinauszögert, sie beabsichtige den Beschwerdeführer aus der Schubhaft zu entlassen und ein gelinderes Mittel anzuordnen.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt dieser Entscheidung die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft und deren Verhältnismäßigkeit gegeben sind.

Betreffend eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung sehen die gesetzlichen Bestimmungen eine neuerliche gerichtliche Überprüfung vor, wobei abermals eine Prognoseentscheidung hinsichtlich der zeitnahen Effektuierung der Abschiebung des Beschwerdeführers zu treffen sein wird.

2.3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht gemäß Abs 1 leg. cit. auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen hat.

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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