Entscheidungsdatum
30.07.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1 Z3Spruch
W117 2233395 -1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Türkei, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, vertreten durch Joan KAHLO, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich vom 26.05.2020, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 421872700/200406883, sowie die Anhaltung in Schubhaft seit 28.05.2020 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. 3 Z 1, Z 2, Z 3, Z 5 und Z 9 FPG idgF, als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG idgF, § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG idgF iVm § 76 Abs. Z 1, Z 2, Z 3, Z 5 und Z 9 FPG idgF wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
III. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG idgF iVm § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV idgF, hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Mit Schreiben der Verwaltungsbehörde vom 18.05.2020 wurde der Beschwerdeführer über die geplante Verhängung der Schubhaft informiert und bekam die Möglichkeit, dazu sowie zu seinem Privat- und Familienverhältnissen Stellung zu nehmen. In seiner schriftlichen Stellungnahme gab er im Wesentlichen folgendes an:
Er wäre im Januar 2014 mit einem Schlepper, in einem Bus illegal nach Österreich eingereist. Der Grund seiner Flucht aus der Türkei wäre gewesen, dass er vom Islam zum Christentum konvertiert sei und dadurch wäre er von seinen Verwandten in der Türkei verfolgt worden. Er hätte einen abgelaufenen Reisepass, der in der JVA Suben im Magazin liegt. Er hätte keine Aufenthaltsberechtigung für Österreich oder einen sonstigen europäischen Staat. Da er bereits seit 1990 in Österreich leben würde, würde sich sein gesamtes soziales Umfeld in Österreich befinden. Er hätte eine Verlobte (…). Da er keinen Aufenthaltstitel hätte, hätte er auch keine Arbeitserlaubnis, deswegen wäre er unbeschäftigt und hätte keine reguläre Anschrift von seinem Arbeitgeber. Er hätte schon in verschiedenen Arbeitsbereichen gearbeitet. Seine letzte Wohnanschrift vor seiner Einreise in das Bundesgebiet würde er nicht angeben können, da er sie nicht mehr wisse. Da alle Ihre Familienmitglieder einer Arbeit nachgehen würden und ihre Verbindung sehr stark wäre, würde Ihre Familie die Kosten für die Wohnung und die Verpflegung übernehmen.
Er würde aus der Justizanstalt Suben eine Rücklage im Wert von € 2.000,-- mitnehmen.
Er wäre gesund und in einem guten Zustand. Er würde keine Medikamente oder sonstige Drogen nehmen.
Er und seine Familie würden seit 30 Jahren in Österreich leben. Da in seiner Familie ausschließlich Deutsch gesprochen werden würde, könnten Sie kaum türkisch sprechen und hätten es dadurch in der Türkei sehr schwer. Sein 5-jähriger Aufenthalt in der Türkei wäre für ihn wegen seiner Sprachkenntnisse sehr schwer gewesen. Er würde sich dadurch nicht integrieren können, was zur Folge gehabt hätte, dass er psychische Probleme bekommen hätte. Ihm wäre bewusst, dass er bisher einige Fehler begangen hätten, die er zutiefst bereuen würde. Er hätte in seiner Haftzeit eine Drogentherapie, eine Einzeltherapie, eine Gewalttherapie, eine psychoedukative und mehrere Gruppentherapien abgeschlossen, damit er in Zukunft ein deliktfreies Leben führen könnte. Er hätte alles in Ihrer Macht stehende getan, um ein besserer Mensch zu werden. Falls die Abschiebung durchgeführt werden würde, würde in der Türkei der sichere Tod durch seine Verwandten auf ihn warten. Im Falle einer Genehmigung würde er sich in Zukunft als gesetzestreuer Bürger verhalten.
Eine freiwillige Ausreise würde für Sie auf gar keinen Fall in Frage kommen.
Mit im Spruch angeführtem Bescheid der Verwaltungsbehörde
wurde in Bezug auf den daraufhin seit 28.05.2020 in Schubhaft angehaltenen Beschwerdeführer die Schubhaft angeordnet. Die Verwaltungsbehörde führte u. a. Folgendes aus:
„1. Feststellungen:
Zu Ihrer Person:
Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.
Ihre Identität steht fest. Sie heißen XXXX , sind am XXXX in XXXX /Türkei geboren und somit volljährig. Sie sind Staatsangehöriger der Türkei.
Sie befinden sich derzeit wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung und der Vergehen der gefährlichen Drohung und der Verleumdung in der JA Suben in Haft. Am 28.05.2020 werden Sie bedingt entlassen.
Sie selbst haben angegeben gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Laut psychologischem Befund der JA Suben wird bei Ihnen jedoch eine psychische und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen: Abhängigkeitssyndrom vermutet und Sie haben während der Haft offenbar auch Mirtazapin (Medikament gegen Depressionen) eingenommen. Eine schwere bzw. lebensbedrohliche Krankheit konnte allerdings nicht festgestellt werden.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen.
Ihr Aufenthalt ist illegal.
Eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot gegen Ihre Person ist durchsetzbar. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
- Sie sind am 08.01.2014 illegal, trotz bestehendem Aufenthaltsverbot, nach Österreich eingereist. Am 06.05.2014 stellten Sie in der Haft einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit 20.06.2018 in II. Instanz rechtskräftig abgewiesen worden war. Seither halten Sie sich illegal im Bundesgebiet auf.
- Sie sind in Österreich zuletzt 2008 einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Es besteht keine begründete Aussicht, dass Sie eine Arbeitsstelle finden.
- Sie tauchten in Österreich unter, indem Sie einreisten ohne sich anzumelden.
- Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.
- Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen stellten Sie einen Asylantrag, um eine Abschiebung zu verhindern.
- Obwohl bezüglich Ihrer Person ein Aufenthaltsverbot bestand, kehrten Sie nach Österreich zurück.
- Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie unter anderem die Delikte der Sachbeschädigung, des Widerstandes gegen die Staatsgewalt, der gefährlichen Drohung, der Körperverletzung, des (Einbruchs-)diebstahls, des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, der Nötigung, des Raubes, der falschen Beweisaussage und des Betruges begingen und deswegen bereits 12 Mal verurteilt wurden.
- Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.
- Sie sind nicht besonders integriert, weil Sie keine beruflichen und abgesehen von Ihrer Familie keine wesentlichen sozialen Bindungen in Österreich haben und außerdem eine besondere Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werten zum Ausdruck gebracht haben.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind angeblich verlobt mit Frau XXXX , geb. XXXX , StA Österreich. Sie haben keine Sorgepflichten.
Ihr Vater ist 2006 verstorben. Ihre Mutter und Ihre Geschwister leben in Wien.
Sie haben in Österreich die Schule besucht. Sie haben bei verschiedenen Firmen gearbeitet, jedoch immer nur für sehr kurze Zeit. Ihre längste durchgehende Beschäftigung dauerte gerade einmal 6 Monate. Zuletzt gingen Sie keiner Beschäftigung nach. Sie wurden von der Caritas und von Ihrer Familie unterstützt.
Sie haben Freunde in Österreich. Weitere wesentliche soziale und private Bindungen konnten nicht festgestellt werden, zumal Sie auch von 2009 bis Jänner 2014 in der Türkei waren und den Großteil Ihrer Zeit seit Ihrer Rückkehr in Justizanstalten verbracht haben.
Sie wurden in Österreich straffällig und 12 Mal gerichtlich verurteilt.
Eine nachhaltige Integration im Bundesgebiet ist nicht ersichtlich.
Sie haben auch noch Verwandte in der Türkei, zu denen Sie jedoch angeblich keinen Kontakt haben.
Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 421872700.
Rechtliche Beurteilung
(…)
In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.
(…)
In Ihrem Fall kommen vor allem die Ziffern 1, 2, 3, 5 und 9 zum Tragen.
Sie haben durch Ihr Verhalten und Ihre Angaben deutlich gemacht, dass Sie keinesfalls in Ihr Heimatland zurückwollen. Sie haben auch schon einmal einen Asylantrag gestellt, um eine drohende Abschiebung zu verhindern. In Ihrer letzten Stellungnahme haben Sie wieder angegeben, dass eine freiwillige Rückkehr für Sie keinesfalls in Frage kommt. Es muss daher auch davon ausgegangen werden, dass Sie versuchen werden eine Abschiebung zu umgehen und Sie nach der Haftentlassung untertauchen werden.
Sie sind im Jänner 2014 trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes illegal wieder nach Österreich eingereist und haben auch gleich wieder Straftaten begangen.
Es wurde nun im Zuge Ihres Asylverfahrens eine neuerliche Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot befristet auf 10 Jahre gegen Sie erlassen. Diese erwuchs mit 20.06.2018 in II. Instanz in Rechtskraft. Sie haben bereits angekündigt Ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachzukommen.
Zum Zeitpunkt Ihrer Asylantragsstellung waren Sie gerade erst, trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes, illegal wieder nach Österreich eingereist und befanden sich aufgrund neuerlicher Straftaten in Haft. Sie versuchten so Ihre drohende Abschiebung nach Haftentlassung zu verhindern.
Sie sind in Österreich nicht besonders integriert. Sie behaupten verlobt zu sein und auch Ihre Mutter und Ihre Geschwister leben im Bundesgebiet. Bei diesen könnten Sie nach Ihrer Haftentlassung Unterkunft nehmen. Ansonsten haben Sie jedoch keine wesentlichen Bindungen zu Österreich, zumal Sie auch von 2009 bis Jänner 2014 in der Türkei waren und den Großteil Ihrer Zeit seit Ihrer Rückkehr in Justizanstalten verbracht haben. Sie sind zuletzt 2008 einer Beschäftigung nachgegangen. Aufgrund Ihres illegalen Aufenthalts sind Sie auch nicht im Besitz einer Arbeitsbewilligung. Sie erhalten nun nach Ihrer Entlassung zwar laut eigenen Angaben ca. € 2.000,--, dieser Betrag stellt jedoch keineswegs ausreichende Existenzmittel dar, zumal Sie auch nicht beabsichtigen in nächster Zeit auszureisen. Sie verfügen in Österreich über keine derartigen Bindungen, dass ein Untertauchen ausgeschlossen werden kann. Es ist daher anzunehmen, dass Sie zum Abschiebetermin für die Behörde nicht greifbar sein werden.
Sie haben sich bisher in keinster Weise an die österreichischen Gesetze gehalten. Es ist nicht ersichtlich warum dies nun anders sein sollte, wo Sie doch deutlich gemacht haben, dass Sie nicht in Ihr Heimatland zurückwollen. Es muss davon ausgegangen werden, dass Sie alles tun werden um eine Abschiebung zu verhindern. Es besteht erhebliche Fluchtgefahr.
Sie verfügen über einen abgelaufenen türkischen Reisepass. Daher steht die Erlangung eines Heimreisezertifikates für Sie in absehbarer Zeit in Aussicht.
Bezüglich der Möglichkeit der Abschiebung muss angemerkt werden, dass jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass Überstellungen im sonst üblichen Zeitraum möglich sein werden. Die momentanen Beschränkungen sind zeitlich begrenzt. Es wird auch unermüdlich von allen Beteiligten daran gearbeitet diese Zeit möglichst kurz zu halten. Danach kann mit einer sofortigen Wiederaufnahme von Abschiebungen gerechnet werden.
Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, weil Sie nicht in Ihr Heimatland zurück wollen, Sie eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, Sie keine Gesetze oder Anordnungen von Behörden achten und Ihre Abschiebung daher ehestmöglich erfolgen soll.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Sie könnten zwar bei Ihrer Familie Unterkunft nehmen, die Behörde kann jedoch nicht davon ausgehen, dass Sie zum Abschiebetermin dann dort auch greifbar sein werden. Sie sind zuletzt 2008 einer Beschäftigung nachgegangen und Sie haben keine sonstigen wesentlichen privaten oder sozialen Bindungen im Bundesgebiet. Sie haben in Österreich kein derart stabiles Umfeld, dass ein Untertauchen, um eine Abschiebung zu verhindern, ausgeschlossen werden kann.
Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).
Sie wurden in Österreich bereits insgesamt 12 Mal wegen diverser Delikte verurteilt. Ihr gesamter Aufenthalt in Österreich ist durchzogen von Anzeigen wegen Gewalt- oder Vermögensdelikten. Seit 2000 gibt es kaum ein Jahr in dem Sie in Österreich und nicht in Haft waren, in dem Sie nicht verurteilt wurden. Weder die Verurteilungen, noch die Haftaufenthalte, die Trennung von Ihrer Familie oder das Aufenthaltsverbot konnten Sie eines Besseren belehren. Es besteht erhebliche Wiederholungsgefahr. Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie vor Ihrer Ausreise weitere Straftaten begehen würden, ist daher sehr hoch. Die Sicherstellung Ihrer baldigen Abschiebung liegt jedenfalls im öffentlichen Interesse.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Sie haben sich bisher in keinster Weise an die österreichische Rechtsordnung gehalten. Sie haben deutlich klargestellt, dass Sie nicht in Ihr Heimatland zurückwollen. Es ist leider nicht anzunehmen, dass Sie jetzt, wo es um Ihre ehestmögliche Abschiebung geht, Anordnungen der Behörde respektieren werden. Es besteht erhebliche Fluchtgefahr. Außerdem soll Ihnen jegliche Möglichkeit genommen werden wieder straffällig zu werden.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Sie befinden sich nun seit Dezember 2015 durchgehend ohne Probleme in Haft. Laut Ihren eigenen Angaben und auch der Entlassungsuntersuchung der JA Suben sind Sie gesund. Sie selbst haben auch angegeben keine Medikamente zu nehmen, laut Information der JA Suben haben Sie allerdings Mirtazapin verabreicht bekommen. Sollten Sie dies weiterhin benötigen, steht dem jedoch auch in Schubhaft nichts entgegen. Laut psychologischem Befund der JA Suben wird bei Ihnen eine psychische und Verhaltensstörung durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen: Abhängigkeitssyndrom vermutet. Eine eventuelle weitere Medikation kann jedoch auch im Stande der Schubhaft erfolgen. Eine schwere bzw. lebensbedrohliche Krankheit konnte jedenfalls nicht festgestellt werden.
Ihre Haftfähigkeit ist gegeben.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.“
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte aus:
„Der BF reiste mit seiner Mutter und seiner Schwester im Jahr 1990 legal ein. Mit Bescheid des BFA Regionaldirektion Linz wurde über dem BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der BF befindet sich zurzeit in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung im PAZ Hernalser Gürtel.
Die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist gern. § 76 Abs 2 Z 2 FPG nur bei Vorliegen von Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit zulässig.
Fluchtgefahr
Art 3 Z 7 der Rückführungs-RL (Richtlinie 2008/115/EG) definiert Fluchtgefahr als Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven, gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich Drittstaatsangehörige einem Rückkehrverfahren durch Flucht entziehen könnten, Schubhaft darf nie als Standard-Maßnahme gegenüber Asylwerbern oder Fremden angewendet werden, weder eine illegale Einreise noch das Fehlen beruflicher Integration oder einer Krankenversicherung noch der Mangel finanzieller Mittel sind für sich genommen als Schubhaftgründe zu werten (VwGH 24.10,2017, 2006/21/0239).
Der belangten Behörde gelinkt es nicht, im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar darzulegen, warum im Fall des BF Fluchtgefahr (Sd § 76 Abs 2 Z 2 besteht. Die Fluchtgefahr würde sich daraus ableiten, dass der BF sich dem Verfahren in Österreich entzogen hat, was nicht der Fall war.
Der BF erklärt sich bereit, das Bundesgebiet freiwillig auszureisen. Er meldete sich für die freiwillige Ausreise.
Der BF war im Bundesgebiet immer aufrecht gemeldet und jederzeit für die Behörde greifbar. Eine Fluchtgefahr ist nicht ersichtlich und ein Untertauchen auch nicht zu befürchten.
Der BF hat Bezugspunkte in Österreich. Seine Mutter und Schwester befinden sich im Bundesgebiet. Die Behörde stellte fest, dass der BF in Österreich nicht besonders integriert ist. Der BF verbrach fast sein ganzes Leben in Österreich und spricht Deutsch als Muttersprache. Er hat einen großen Freundeskreis in Österreich aufgebaut.
Die Schubhaft stellt im gegenständlichen Fall ein unverhältnismäßiges Mittel dar. Der Zweck der Sicherung der Abschiebung kann auch ohne Schubhaft und jedenfalls in eventu durch ein gelinderes Mittel (Meldeverpflichtung) erreicht werden.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass eine Fluchtgefahr iSd § 76 Abs 2 Z 2 iVm Abs 3 FPG besteht, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft zu verhängen, da ein solches zur Erreichung des Sicherungszweckes ausreichend gewesen wäre. Hier wäre es an der belangten Behörde gelegen, darzulegen, warum ein gelinderes Mittel anstatt der Schubhaft nicht in Frage kommt. Dies ist jedoch nicht in nachvollziehbarer Weise erfolgt. Dies trifft insbesondere auf das gelindere Mittel einer periodischen Meldeverpflichtung gern. § 77 Abs 3 Z 2 FPG, sowie auf das gelindere Mittel der Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten gern. § 77 Abs 3 Z 1 FPG zu.
In diesem Zusammenhang verkennt die belangte Behörde die Judikatur des VwGH. Die fehlenden finanziellen Mittel oder die Nicht-Verfügbarkeit eines Wohnsitzes schließen die Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels nicht aus (vgl. VwGH 20.10.2016, 2015/21/0091), Der Zweck der Sicherung der Abschiebung hätte im vorliegenden Fall auch durch ein gelinderes Mittel in Form einer periodischen Meldeverpflichtung oder der angeordneten Unterkunftnahme erreicht werden können. Der BF könnte sich wieder an der Adresse in der Donaufelder Straße 99/7/3, 1210 Wien anmelden und aufhalten.
Insbesondere vor dem gelinderen Mittel einer Meldeverpflichtung scheint die Schubhaft in der gegenständlichen Konstellation unverhältnismäßig.
Concluslo
Die beweiswürdigenden Überlegungen im angefochtenen Bescheid wurden nicht offengelegt und die Nichtanwendbarkeit gelinderer Mittel nicht nachvollziehbar begründet In Anbetracht der konkreten Umstände hätte die Behörde bei richtiger rechtlicher Beurteilung somit zu dem Ergebnis kommen müssen, dass im gegenständlichen Fall keine Schubhaft verhängt wird.
Der Beschwerdeführer stellte die Anträge
„das Bundesverwaltungsgericht möge
1. den bekämpften Bescheid beheben und aussprechen, dass die Anordnung der Schubhaft und die bisherige Anhaltung in rechtswidriger Weise erfolgt;
2. in eventu ein gelinderes Mittel anordnen;
3. eine mündliche Verhandlung zur Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes durchführen.“
Die Verwaltungsbehörde legte den Akt vor und begehrte die Abweisung der Beschwerde und den Ausspruch der Fortsetzung der Schubhaft sowie Kostenersatz für Schriftsatz- und Vorlageaufwand. Unter anderem führte sie noch aus:
„Insbesondere muss jedoch das Verhalten des Beschwerdeführers (BF) bis zur Schubhaftverhängung, sowie das Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft, hervorgehoben werden:
? Der BF wurde in Österreich insgesamt zwölf Mal rechtskräftig von Strafgerichten verurteilt und hatten diese Verurteilungen nicht unwesentliche Freiheitsstrafen zur Folge.
? 9 Verurteilungen erfolgten während eines legalen Aufenthalts des BF.
? Gegen den BF wurde ein Aufenthaltsverbot erlassen und reiste der BF 2009 in die Türkei aus. Trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes kehrte der BF am 08.01.2014 widerrechtlich in das Bundesgebiet zurück und beging auch während seines unrechtmäßigen Aufenthalts neuerlich Straftaten. Bereits 1 ½ Monate nach der illegalen Einreise in das Bundesgebiet erfolgte die 10 Verurteilung durch das Landesgericht Linz und zwei Monate später die 11 strafrechtliche Verurteilung durch das LG Wien.
? Am 06.05.2014 stellte der BF aus der Strafhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher unbegründet war und offensichtlich nur dazu diente, eine drohende Abschiebung zu verhindern.
? Noch bevor eine Entscheidung im Asylverfahren erging, beging der BF abermals Straftaten, welche eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monate zur Folge hatten. Diese Verurteilung wurde am 28.04.2016 vom LG Wien ausgesprochen und erwuchs am 16.08.2016 in Rechtskraft. Der BF befand sich seit 14.12.2015, bis zur Verhängung der Schubhaft in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.
? Nachdem das BFA über die Entlassung des BF aus der Strafhaft informiert wurde, erfolgte die Information an den BF über die geplante Schubhaftverhängung und wurde diesem die Möglichkeit des Parteiengehörs im Verfahren gewährt. Im Zuge der eingebrachten Stellungnahme führte der BF u.a. aus, dass eine freiwillige Ausreise auf gar keinen Fall in Frage kommt.
? Am 09.06.2020 erfolgte eine Vorführung des BF vor das türkische Generalkonsulat zwecks HRZ-Beschaffung. Der BF zeigte sich dabei nicht gewillt freiwillig in die Türkei auszureisen. Aus diesem Grund wurden die Unterlagen vom Konsulat nach Ankara übermittelt.
? Am 28.05.2020 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen und in Schubhaft genommen. Seither versucht der BF mit allen Mitteln aus der Anhaltung entlassen zu werden und begeht wiederholt Übertretungen:
o Am 09.06.2020 zeigte sich der BF wie vorangeführt beim türkischen Generalkonsulat nicht rückkehrwillig.
o Am 18.06.2020 zeigte der BF Symptome eines Medikamentenmissbrauchs, verweigerte jedoch eine Ausführung in ein Krankenhaus.
o Am 19.06.2020 ergab sich der Verdacht, dass der BF Gegenstände in das Polizeianhaltezentrum eingeschmuggelt hat, Suchtmittel besitzt und konsumiert.
o Ebenfalls am 19.06.2020 gab der BF gegenüber den Beamten des PAZ an, eine Rasierklinge verschluckt zu haben.
o Am 20.06.2020 trat der BF in den Hungerstreik.
o Ebenfalls am 20.06.2020 gab der BF vor, Suizid zu begehen und versuchte sich selbst zu verletzen.
o Am 15.07.2020 stellte der BF via NGO einen Antrag auf freiwillige Rückkehr. Da vom türkischen Generalkonsulat eine sofortige HRZ-Erteilung bei freiwilliger Ausreise zugesichert wurde und somit eine kürze Anhaltedauer möglich wäre, wurde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dem Antrag zugestimmt, jedoch unter der Auflage, dass die freiwillige Rückkehr aus dem Stande der Schubhaft und als Selbstzahler (aufgrund der Tatsache, dass der BF in seiner Stellungnahme finanzielle Mittel von € 2000,- angab) zu erfolgen hat. Daraufhin stellte der BF am 18.07.2020 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
o Nach Folgeantragstellung am 18.07.2020, wurde der BF am selben Tag darüber informiert, dass die Schubhaft weiter aufrecht bleibt. Am 22.07.2020 wurden dem BF im INT-Verfahren eine Verfahrensanordung gem. § 29 AsylG sowie gem. § 52a BFA-VG zugestellt, wonach
o mit heutigem Datum der BF gegen den Schubhaftbescheid Beschwerde einbrachte.
Der im Schubhaftbescheid ersichtliche Verfahrensgang, sowie vorangeführtes Verhalten des BF zeigen, dass der in der Beschwerde vorgebrachte Sachverhalt nicht den Tatsachen entspricht und nur Bruchteile des bisherigen Lebens des BF schildert:
Schemenhaft wird in der Beschwerde angeführt, dass der BF mit seiner Mutter und Schwester 1990 legal einreiste und nun Schubhaft zum Zwecke der Abschiebung angeordnet wurde.
Dass der BF während seines legalen Aufenthalts in Österreich massiv straffällig wurde, sein Aufenthaltsrecht verlor, trotz Aufenthaltsverbot nach Österreich zurückkehrte, während seines illegalen Aufenthalts abermals nicht unwesentlichen Straftaten beging, mehrjährige Haftstrafen verbüßen musste, einen ungerechtfertigten Asylantrag, sowie einen Folgeantrag stellte, wird gänzlich ausgespart.
Weiters wird in der Beschwerde angeführt, dass es der Behörde nicht gelingt, nachvollziehbar darzulegen, warum Fluchtgefahr iSd § 76 Abs. 2 Z 2 besteht und führt der BF aus, dass die Behörde die Fluchtgefahr daraus ableitet, dass er sich dem Verfahren in Österreich entzogen hat, was nicht der Fall ist. Außerdem wird in der Beschwerde angeführt, dass der BF im Bundesgebiet immer aufrecht gemeldet und für die Behörde greifbar war.
Dieses Vorbringen ist für die ho. Behörde nicht nachvollziehbar und scheint sich dieses, nicht auf gegenständlichen Fall zu beziehen. Die Fluchtgefahr wurde von der Behörde tatsächlich nicht mit einem bereits erfolgten Verfahrensentzug begründet. Vielmehr wurden in der rechtlichen Beurteilung des Bescheids dezidiert die Ziffern 1, 2, 3, 5 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG als tragend, bei der Beurteilung einer Fluchtgefahr, angeführt und wurde diese Beurteilung in weiterer Folge auch nachvollziehbar dargelegt. Das Vorbringen im Hinblick einer aufrechten Meldeadresse muss dahingehend relativiert werden, da sich der BF seit 14.12.2015 durchgehend im strafrechtlichen Gewahrsam befand und die Schubhaft unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft verhängt wurde.
In der Beschwerde wird als weiterer Punkt ausgeführt, dass eine Fluchtgefahr nicht ersichtlich ist, da sich der BF zur freiwilligen Ausreise angemeldet hat.
Wie oben ausgeführt teilte der BF in seiner Stellungnahme im Verfahren mit, dass eine freiwillige Ausreise für Ihn auf gar keinen Fall in Frage kommt. Am 09.06.2020 zeigte sich der BF im Zuge einer Vorführung beim türkischen Generalkonsulat ebenfalls nicht rückkehrwillig. Tatsächlich meldete sich der BF am 15.07.2020 für die freiwillige Rückkehr an, welcher aus dem Stande der Schubhaft und als Selbstzahler auch zugestimmt wurde. Der BF nahm diese jedoch nicht war, sondern stellte am 18.07.2020 einen Folgeantrag, was darauf schließen lässt, dass der BF in Wahrheit weiterhin nicht rückkehrwillig ist.
Im Zuge der Beschwerde wird weiters vorgebracht, dass selbst bei Vorliegen einer Fluchtgefahr, die Behörde nicht mit Schubhaft, sondern mit einem Gelinderen Mittel hätte vorgehen müssen. Weiters hätte die Behörde darlegen müssen, warum ein Gelinderes Mittel nicht in Frage kommt, dies wäre jedoch nicht in nachvollziehbarer Weise erfolgt.
Auch in diesem Punkt ist für die Behörde die Beschwerde nicht nachvollziehbar und erweckt den Anschein, dass sich diese nicht auf gegenständliches Verfahren bezieht, da in der rechtlichen Beurteilung des Schubhaftbescheids die Verhängung eines Gelinderen Mittels gegenüber einer Schubhaft abgewogen und begründet wurde. Dabei sind nicht nur die finanziellen Mitteln, sondern auch die Straffälligkeit, sowie das bisherige Gesamtverhalten des BF in die Entscheidung miteingeflossen. Auch auf die in Österreich lebende Familie wurde in diesem Zusammenhang Bezug genommen.
Der BF zeigt in seinem gesamten bisherigen Verhalten - seit Jahren bis dato -, dass er nicht gewillt ist, sich behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen zu fügen, den gesetzmäßigen Zustand herzustellen und ist in keinerlei Hinsicht erkennbar, dass der BF sein Verhalten in Zukunft zu ändern beabsichtigt und sich den Behörden zur Verfügung halten wird.
Der BF ist massiv straffällig. Trotz bereits verspürtem Haftübel, der Gefahr seinen Aufenthaltstitel zu verlieren und von seinen in Österreich lebende Familienangehörigen getrennt zu werden, ließ sich der BF nicht davon abbringen wiederholt Straftaten zu begehen. Auch nach Verlust seines Aufenthaltsrechts zeigt der BF kein Umdenken. Vielmehr kehrte er widerrechtlich nach Österreich zurück und wurde abermals straffällig, was die Verurteilung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen zur Folge hatte.
Der BF zeigt somit eindeutig, dass weder Haftstrafen, noch Familienangehörige ihn davon abhalten könnten, weiterhin Gesetzesübertretungen zu begehen. Auch während seiner Anhaltung in Schubhaft ist beim BF kein Umdenken zu erkennen. Wie oben ausgeführt, setzt der BF auch in Schubhaft Gesetzesübertretungen und versucht mittels verschiedener „Aktionen“ aus der Schubhaft entlassen zu werden. Eine Rückkehrwilligkeit ist jedenfalls nicht gegeben, da der BF sowohl schriftlich, als auch vor dem türkischen Generalkonsulat seine fehlende Rückkehrwilligkeit belegte und eine Zustimmung zur freiwilligen Ausreise nicht wahrgenommen hat.
Seitens der ho. Behörde wird eine erhebliche Fluchtgefahr in der Person des BF erkannt und ist die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft aus Sicht des BFA verhältnis- und zweckmäßig.“
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die von der Verwaltungsbehörde im oben angeführten Schubhaftbescheid getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.
Ergänzend wird festgestellt:
Am 09.06.2020 erfolgte eine Vorführung des Beschwerdeführers vor das türkische Generalkonsulat zwecks HRZ-Beschaffung. Der Beschwerdeführer zeigte sich dabei nicht gewillt freiwillig in die Türkei auszureisen. Aus diesem Grund wurden die Unterlagen vom Konsulat nach Ankara übermittelt.
Am 18.06.2020 zeigte der Beschwerdeführer Symptome eines Medikamentenmissbrauchs, verweigerte jedoch eine Ausführung in ein Krankenhaus.
Am 19.06.2020 ergab sich der Verdacht, dass der Beschwerdeführer Gegenstände in das Polizeianhaltezentrum eingeschmuggelt hat, Suchtmittel besitzt und konsumiert.
Ebenfalls am 19.06.2020 gab der Beschwerdeführer gegenüber den Beamten des PAZ an, eine Rasierklinge verschluckt zu haben.
Am 20.06.2020 trat der Beschwerdeführer in den Hungerstreik.
Ebenfalls am 20.06.2020 gab der Beschwerdeführer vor, Suizid zu begehen und versuchte sich selbst zu verletzen.
Am 15.07.2020 stellte der Beschwerdeführer via NGO einen Antrag auf freiwillige Rückkehr. Da vom türkischen Generalkonsulat eine sofortige HRZ-Erteilung bei freiwilliger Ausreise zugesichert wurde und somit eine kürze Anhaltedauer möglich wäre, wurde aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dem Antrag zugestimmt, jedoch unter der Auflage, dass die freiwillige Rückkehr aus dem Stande der Schubhaft und als Selbstzahler (aufgrund der Tatsache, dass der BF in seiner Stellungnahme finanzielle Mittel von € 2000,- angab) zu erfolgen hat.
Daraufhin stellte der Beschwerdeführer am 18.07.2020 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Am selben Tag setzte sich die Behörde mit der Frage des Vorliegens einer Verzögerungsabsicht im Sinne des §76 Abs. 6 FPG auseinander und hielt ihre Überlegungen in einem Aktenvermerk vom 18.07.2020 wie folgt fest:
„Aus den folgenden Gründen ist davon auszugehen, dass der Antrag mit Verzögerungsabsicht gestellt wurde;
Eine rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren internationaler Schutz wie auch die Feststellung der Identität insbesondere Nationalität - liegt aufgrund eines im Original abgelaufenen türkischen Reisepasses vor, so dass von einer Zeitnahmen HR7-Ausstellung wie auch Abschiebung auszugehen ist. Auch gab es bereits Anzeichen für eine freiwillige Ausreise, nachdem die Schwester im Rahmen eines Besuchs diesbezüglich um eine Kontaktaufnahme mit dem BFA ersuchte (siehe AV vom 13.07.2020/Rückkehrberatung VMÖ wurde eingebunden). Diese Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr relativiert das Vorbringen durch den Antrag auf internationalen Schutz, so dass die neuerliche Antragstellung zweifelsfrei als Verzögerungstaktik zu werten ist.
Daher war die Schubhaft trotz Antragsstellung auf internationalen Schutz aufrecht zu erhalten und das Vorliegen der Voraussetzungen hierfür in einem Aktenvermerk fcstzuhalten, der dem fremden zuzustellen ist.
2. Beweiswürdigung:
Hinsichtlich der vom angeführten Schubhaftbescheid übernommenen Feststellungen ist auf die eindeutige Aktenlage im Zusammenhang mit den erwägenden Ausführungen der Verwaltungsbehörde zu verweisen, mögen letztere zum Teil systemwidrig im Rahmen der rechtlichen Beurteilung erfolgt sein.
In diesem Sinne geht die Beschwerderüge „Die beweiswürdigenden Überlegungen im angefochtenen Bescheid wurden nicht offengelegt” ins Leere.
Auf die erhebliche Fluchtgefahr wurde jedenfalls von der Verwaltungsbehörde auch schon mit der Darlegung der eindeutigen und unstrittigen Sachverhaltsparameter wie Ausreiseunwilligkeit, neuerliche Einreise trotz Verbotes, massive Straffälligkeit etc. zutreffend hingewiesen.
Die ergänzende Feststellungen, die auf dem Verhalten des Beschwerdeführers während der Anhaltung in Schubhaft beruhen, ergeben sich ebenfalls unzweifelhaft aus der Aktenlage und dokumentieren die weiter bestehende Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers.
In diesem Sinne ist die Beschwerdeausführung in Richtung Ausreisebereitschaft schlichtweg als aktenwidrig zu bezeichnen.
Mit der neuerlichen Asylantragstellung, die von der Verwaltungsbehörde zutreffend als eine solche in Verzögerungsabsicht erfolgte, beurteilt wurde, zeigt der Beschwerdeführer zusätzlich auf, dass er nicht im Geringsten an eine freiwillige Rückkehr denkt.
Zutreffend hatte die Verwaltungsbehörde auch darauf hingewiesen, dass das HRZ-Verfahren aktuell wegen der neuerlichen Asylantragstellung nicht weiter betrieben werden kann.
Weder zeigt also die Beschwerde Mängel des Schubhaftbescheides noch der darauf aufbauenden Anhaltung auf und muss daher zwingend der Schluss gezogen werden, dass zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist:
Da der Sachverhalt als geklärt anzusehen war, war von der Durchführung einer Verhandlung Abstand zu nehmen.
3. Rechtliche Beurteilung
Rechtliche Beurteilung
Zuständigkeit
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;
4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:
(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über
1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,
2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,
3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,
4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und
5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2.
Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.
Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Zu Spruchpunkt A) I. (Schubhaftbescheid, bisherige Anhaltung):
Gesetzliche Grundlagen:
Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.
Materielle Rechtsgrundlage:
Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
§ 77 FPG - Gelinderes Mittel
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.
Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).
„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Vor dem Hintergrund des aktuell feststehenden Sachverhaltes, welcher aber in seiner Kernsubstanz des Bestehens von Fluchtgefahr bereits dem angeführten Mandatsbescheid zugrunde gelegt wurde und auch keine zwischenzeitlich für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren waren, wird daher die rechtliche Beurteilung des Schubhaftbescheides zur gegenständlich rechtlichen Beurteilung erhoben: Die Verwaltungsbehörde hatte im Ergebnis zutreffend den Sachverhalt den Tatbeständen des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 2, Z 3, Z5 und Z 9 FPG unterstellt – nochmals stichwortartig zusammengefasst
Hier ist insbesondere das Vortäuschen der Rückkehrbereitschaft im Zusammenhang mit der neuerlichen Asylantragstellung in Verzögerungsabsicht hervorzuheben.
Dass die Abschiebung prinzipiell möglich ist, ergibt sich aus dem Umstand des Vorliegens einer Reisepasskopie.
Neuerliche Einreise trotz bestehenden Aufenthaltsverbotes – im vollen Bewusstsein des Aufenthaltsverbotes; Weigerung, das Land trotz Vorliegen einer aktuellen Rückkehrentscheidung zu verlassen.
Damit ist auch dieser Tatbestand – Aufenthaltsverbot/Rückkehrentscheidung = aufenthaltsbeendende Maßnahme – erfüllt.
Permanente Missachtung der österreichischen Rechtsordnung – siehe insbesondere massive Straffälligkeit.
Aufgrund des angeführten Verhaltens, welches den Schluss nahelegte, dass sich der Beschwerdeführer der drohenden Abschiebung entziehen würde, war auch kein gelinderes Mittel zu verhängen.
Da der Beschwerdeführer erst seit 28.05.2020 in Haft befindlich ist, ist die bisherige Anhaltung als verhältnismäßig anzusehen. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer die bisherige Anhaltung durch sein Verhalten selbst zu verantworten, ind