TE Vwgh Beschluss 1997/10/31 97/19/1601

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Veröffentlicht am 31.10.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/1602

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, 1. über den Antrag des 1969 geborenen N R in E, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Hegergasse 9, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Juni 1997, Zl. 307.549/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung (hg. Zl. 97/19/1601), und 2. in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den oben genannten Bescheid (hg. Zl. 97/19/1602), den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen des Antragstellers im Wiedereinsetzungsantrag vom 3. Oktober 1997 war ihm der oben genannte Bescheid zu Handen seines damaligen Rechtsvertreters am 13. Juni 1997 zugestellt worden. Sein damaliger Vertreter habe ihm zwecks Einholung eines Auftrages zur Erhebung der Bescheidbeschwerde einen Brief geschrieben, in welchem er den Antragsteller über die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde informiert und darauf hingewiesen habe, daß er nur über einen ausdrücklichen Auftrag seitens des Antragstellers dieses Rechtsmittel ergreifen würde. Dieses Schreiben seines damaligen Rechtsvertreters habe den Antragsteller nicht erreicht, weshalb er keine Kenntnis davon haben konnte, daß der letztinstanzliche Bescheid vorgelegen und daß sein Einverständnis für die Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erforderlich sei.

Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind der Partei Handlungen und Unterlassungen ihres Vertreters zuzurechnen (siehe die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 656 f, zitierte hg. Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall wurde der anzufechtende Bescheid dem damaligen Vertreter des Antragstellers zugestellt, sodaß ihm die Kenntnis von der Zustellung zuzurechnen ist. Das Vorbringen des Antragstellers enthält keine Behauptung dahingehend, daß die vom Antragsteller seinem damaligen Rechtsvertreter erteilte Vollmacht auf das Verwaltungsverfahren eingeschränkt oder ihm im Falle einer negativen Berufungsentscheidung eine Beschwerdeerhebung ohne eine ausdrückliche Weisung seitens des Antragstellers untersagt gewesen sei. Aus seinem Vorbringen, sein damaliger Rechtsanwalt habe sich zwecks Einholung eines Auftrages an ihn gewandt, ist eine solche Behauptung nämlich nicht ableitbar. Fehlte es - wie dem Antragsvorbringen zu entnehmen ist - an einem Auftrag zur Erhebung einer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, so wäre dem damaligen Vertreter des Antragstellers aufgrund der diesem im Verwaltungsverfahren obliegenden Sorgfaltspflicht nur dann kein einen minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden anzulasten, wenn er seinen Mandanten zwecks Einholung eines diesbezüglichen Auftrages von der Zustellung des letztinstanzlichen Bescheides zumindest mittels Einschreibebriefes verständigt hätte. Die Behauptung einer solchen Vorgangsweise des früheren Rechtsvertreters des Antragstellers findet sich im gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch nicht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 27. Februar 1996, Zlen. 95/08/0309, 0314) ausspricht, ist das Verschulden des Vertreters einer Partei einem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten. Der Antragsteller hat daher die mangelnde Sorgfaltspflicht seines damaligen Vertreters bei der Auftragseinholung gegen sich gelten zu lassen. Im übrigen hätte die Beschwerde im vorliegenden Fall vom Anwalt innerhalb der Beschwerdefrist auch ohne Kontakt mit seinem Mandanten erhoben werden können. Ein Hindernis, die Beschwerde einzubringen, bestand für den damaligen Vertreter des Antragstellers nicht. Dieser ließ die Beschwerdefrist vielmehr mangels Auftrages des Antragstellers bewußt verstreichen. Mängel in der Kommunikation zwischen der Partei und ihrem Vertreter, welche die Entscheidung, von der Einbringung einer Beschwerde (bewußt) Abstand zu nehmen, beeinflussen konnten, stellen nach dem Gesagten kein unvorhergesehens oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG dar (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 26. Jänner 1994, Zlen. 93/01/1372, 1373, und vom 3. November 1994, Zlen. 94/18/0634, 0635).

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher nicht stattzugeben.

Die gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebrachte Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Aus diesem Grund erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997191601.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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