Entscheidungsdatum
04.08.2020Norm
NAG 2005 §11Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Allraun als Einzelrichter über die Beschwerde der Frau A, geb. ***, StA: Nordmazedonien, vertreten durch C, Rechtsanwalt, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von NÖ vom 12.12.2019, Zl. ***, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) für die Dauer von 12 Monaten erteilt.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF, (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 idgF, (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin vom 12.06.2019 auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels
„Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Familienzusammenführung gemäß § 46 Abs. 1 NAG mit dem Ehegatten, Herrn B, angestrebt werde, der für die Beschwerdeführerin und ihr minderjähriges Kind, D, geb. ***, unterhaltspflichtig sei.
Damit der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führe, müsse zum Richtsatz des § 293 ASVG für ein Ehepaar in der Höhe von € 1.398,97 und einem im gemeinsamen Haushalt lebenden minderjährigen Kind € 143,97, nach Abzug des in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Wertes der freien Station, mindestens ein Betrag von € 614,60 (€ 837,86 für Miete + € 71,39 an Kreditraten – € 294,65 Wert der freien Station) hinzugerechnet werden, womit vom unterhaltspflichtigen Zusammenführenden feste und regelmäßige Einkünfte in der Höhe von mindestens € 2.157,54 monatlich netto erforderlich seien.
Aufgrund der mangelnden Mitwirkung am Verfahren könne nicht ausgeschlossen werden, dass unter Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen, die vom Familienerhalter zu tragenden regelmäßigen Aufwendungen derzeit höher seien, als jene, welche im Verfahren bekannt gegebenen worden seien und somit auch die erforderlichen regelmäßigen Einkünfte des Familienerhalters dementsprechend höher sein müssten.
Betreffend den Familienerhalter scheine ab 03.12.2019 weder eine Erwerbstätigkeit noch eine aufrechte Meldung zur Sozialversicherung auf.
Der Behörde lägen keine Nachweise vor, aus denen ersichtlich wäre, dass
der Zusammenführende zukünftig aus seiner Erwerbstätigkeit Einkünfte erzielen können werde, welche dem ASVG-Richtsatz entsprechen.
Eine Zukunftsprognose, ob der unterhaltspflichtige Familienerhalter für die Dauer
des beabsichtigten Aufenthaltes im Bundesgebiet ein über dem ASVG-Richtsatz
entsprechendes regelmäßiges Einkommen verfügen werde, könne somit nicht zu Gunsten der Beschwerdeführerin erfolgen.
Der für den beantragten Aufenthaltstitel erforderliche Nachweis im Sinne
der Bestimmung des § 11 Abs. 2 Z. 4 i.V.m. § 11 Abs. 5 NAG sei nicht erbracht worden.
Die belangte Behörde ist nach Abwägung gemäß § 11 Abs. 3 NAG zum Schluss gelangt, dass die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels nicht zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens geboten sei.
Dagegen hat Frau A fristgerecht Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass das derzeitige Problem die Einkommenslage sei. Anders als im Antragszeitraum habe der Zusammenführende im September seine Arbeit bei E (via F) verloren und habe seitdem Arbeitslosengeld bezogen. Die Wiedereinstellung am 22.11.2019 durch die
Fa. F in derselben (Nachfolge)-Firma sei nicht befristet gewesen, habe aber leider am 02.12.2019 wieder geendet.
Am 07.01.2020 habe der Zusammenführende bei der Firma E in *** zu arbeiten begonnen und hoffe, dort auch länger bleiben zu können. Damit sollte die Einkommensgrenze von 1542.94.- € für ein Ehepaar mit Kind (+ Mietanteil) wieder erreicht werden. Eine Lohnbestätigung bekomme der Zusammenführende erst ca. am 10.02.2020. Wegen der Mietkosten dürfe nicht die ganze Miete berücksichtigt werden, da die Miete gemeinsam mit der Mutter und dem Bruder des Zusammenführenden, bezahlt werde, diese also nur alle 2-3 Monate vom Beschwerdeführer zu bezahlen sei.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 22.07.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Einvernahme des Zeugen B sowie durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zur Zl. *** und in den gegenständlichen Akt des Landesverwaltungsgerichts, auf deren Verlesung verzichtet wurde.
Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:
Frau A, geboren ***, StA: Nordmazedonien, hat am 12.06.2019 bei der österreichischen Botschaft in Skopje einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gestellt.
Gleichzeitig hat sie einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ für D, geb. ***, StA. Nordmazedonien, welche das gemeinsame Kind der Beschwerdeführer und des Herrn B ist, gestellt.
Geplant ist die Familienzusammenführung mit dem Ehemann der Beschwerdeführerin, Herrn B, geb. am ***, wohnhaft *** in ***.
Herrn B kommt der Status des Asylberechtigten in Österreich zu und wurde ihm ein Konventionsreisepass vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Gültigkeit bis 20.02.2022 gemäß § 94 FPG ausgestellt.
Der Beschwerdeführerin wurde im Zeitpunkt der Antragstellung ein Quotenplatz zugeteilt.
Die Beschwerdeführerin verfügt über einen bis 25.04.2023 gültigen Reisepass der Republik Nordmazedonien.
Die Beschwerdeführerin hat am 27.04.2019 die Prüfung „ÖSD Zertifikat A1“ am Prüfungszentrum ***, erfolgreich absolviert.
Über diese bestandene Prüfung hat die Beschwerdeführerin das ÖSD Zertifikat A1 vom 26.05.2019 im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin ist seit 07.11.2017 mit B, geb. ***, wohnhaft *** in ***, verheiratet.
Herr B ist gemeinsam mit seiner Mutter, Frau G, Hauptmieter der Wohnung an der genannten Adresse.
Diese Wohnung hat eine Wohnfläche von ca. 124m². Die Wohnung verfügt über 4 Zimmer, Abstellraum, Küche, Bad samt WC und Gang.
Herr B bewohnt diese Wohnung gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder, Herr H, wobei jedem ein eigenes Schlafzimmer zur Verfügung steht. Herrn B steht gemeinsam mit seiner Frau und seinem Kind ein eigenes Schlafzimmer zur Verfügung.
Das Mietverhältnis ist befristet bis 31.03.2024.
Die Miete inklusive Betriebskosten - Akonto beträgt monatlich € 861,56, wobei Herr B nur jeden zweiten Monat diese Miete bezahlt, da sie an den anderen Monaten von seinem Bruder beglichen wird.
Weitere regelmäßige Belastungen konnten nicht festgestellt werden.
Die Kosten für Heizung und Strom tragen Frau G und der Bruder des Zusammenführenden. Frau G ist auch die Vertragspartnerin der I GmbH &Co KG betreffend den Bezug von Strom und Gas.
Herr B ist seit 07.01.2020 bei der J GmbH, ***, ***, als Arbeiter beschäftigt und wurde mit selben Datum an die K GmbH, ***, ***, überlassen und hat dort in den Monaten Jänner bis Juni 2020 ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von 12.427,46 durchschnittlich somit monatlich € 2.071, 24, bezogen.
Beweiswürdigung:
Soweit im Folgenden nicht darauf eingegangen wird, ist der festgestellte Sachverhalt unbestritten und ergibt sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den persönlichen Daten der Beschwerdeführerin, zur Antragstellung, der Zuteilung eines Quotenplatzes und des Nachweises über die Kenntnisse der deutschen Sprache ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde.
Dies gilt ebenso für die Feststellungen zu den persönlichen Daten des Zusammenführenden.
Die Größe und Raumaufteilung der Wohnung an der Wohnadresse des Zusammenführenden und die Feststellungen über die Eigenschaft als Hauptmieter neben - Frau G - sind dem Mietvertrag im Akt der belangten Behörde zu entnehmen. Die Befristung des Mietverhältnisses ergibt sich aus der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Vereinbarung über die Verlängerung des Mietvertrages vom 21.07.2020, dem auch eine Vorschreibung über die monatlichen Mietkosten (Miete inkl. Betriebskosten - Akonto von € 861,56) angeschlossen ist.
Dass der Zusammenführende nur jeden zweiten Monat die Miete bezahlt, ist den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Kontoauszügen für den Zeitraum 01.05.2019 bis 31.12.2019 und vom 01.01.2020 bis 30.06.2020, lautend auf Herrn B, IBAN ***, zu entnehmen. Daraus ergibt sich auch, dass seit August 2019 nur zwei regelmäßige, monatliche Abbuchungen zulasten des Kontos für einen Kredit bei der L in der Höhe von € 71, 39 und in der Höhe von € 50,- für einen Ratenkauf bei der M erfolgen.
Der Kredit bei der L wurde laut Kontoauszug zur Vertragsnummer *** mit 17.07.2020, der Kredit bei der M wurde laut Bestätigung der Bank vom 24.07.2020, welche im Akt des erkennenden Gerichts einliegt, vollständig getilgt.
Dass die Heiz- und Stromkosten von der Mutter bzw. des Bruders des Zusammenführenden bezahlt werden, ist der Zeugenaussage des Herrn B zu entnehmen, der einen sehr glaubwürdigen Eindruck vermittelte. Außerdem finden sich auch in den vorgelegten Kontoauszügen keine Anweisungen an die I GmbH & Co KG und sind die Jahresabrechnungen der I an die Mutter des Zusammenführenden adressiert.
Somit konnten keine weiteren regelmäßigen Belastungen festgestellt werden.
Die Feststellungen zum Beschäftigungsverhältnis des Herrn B gründen sich auf die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Lohnzettel, den Dienstvertrag und die Arbeiter - Überlassungsmitteilung, die sich im Akt des erkennenden Gerichts befinden.
Aus diesen Lohnzetteln ergibt sich auch der durchschnittliche monatliche Nettolohn des Herrn B.
Die zur Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes lauten wie folgt:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt,
Gemäß Z 9 ist Familienangehöriger, wer Ehegatte oder minderjähriges lediges Kind, einschließlich Adoptiv- oder Stiefkind, ist (Kernfamilie).
Gemäß Z. 10 ist Zusammenführender ein Drittstaatsangehöriger, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder von dem ein Recht im Sinne dieses Bundesgesetzes abgeleitet wird.
§ 11
(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein
aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-
Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde
und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die
für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der
Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des
Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen
in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.
(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.
§ 21a Abs. 1
Drittstaatsangehörige haben mit der Stellung eines Erstantrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen. Dieser Nachweis hat mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung gemäß Abs. 6 oder 7 bestimmten Einrichtung zu erfolgen, in welchem diese schriftlich bestätigt, dass der Drittstaatsangehörige über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau verfügt. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein.
Gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 lit. c NAG ist Familienangehörigen von Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen, und ein Quotenplatz vorhanden ist und der Zusammenführende Asylberechtigter ist und § 34 Abs. 2 AsylG 2005 nicht gilt.
Das Landesverwaltungsgericht NÖ hat erwogen:
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zunächst, dass für die Beschwerdeführerin ein Quotenplatz vorhanden ist, der Ehemann als Zusammenführender gemäß § 2 Abs. 1 Z 10 NAG ein Asylberechtigter ist, § 34 Abs. 2 AsylG nicht gilt, weil die Ehe nicht schon vor der Einreise des Asylberechtigten bestanden hat (§ 35 Abs. 5 AsylG 2005) und die Beschwerdeführerin als Ehegattin Familienangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 9 NAG ist.
Aus dem Akteninhalt sowie aus dem durchgeführten Verfahren ergibt sich kein Hinweis darauf, dass ein Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 NAG vorliegt und wurde dies auch von der belangten Behörde nicht behauptet.
Es sind auch die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 NAG gegeben, da kein Hinweis darauf vorliegt, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin den öffentlichen Interessen widerstreiten würde.
Ebenso wurde der Nachweis der Deutschkenntnisse im Sinne des
§ 21a Abs. 1 NAG von der Beschwerdeführerin erbracht, obwohl sie von der Verpflichtung gemäß § 21a Abs. 4 Z 4 NAG ausgenommen wäre.
Der Nachweis eines alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes in Österreich ist aufgrund der Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin nach
§ 123 Abs. 1 und 2 Z 1 ASVG gegeben.
Gemäß § 51a Abs. 3 Z 2 ASVG ist auch kein Zusatzbeitrag für Angehörige zu leisten.
Durch Vorlage des Mietvertrages und der Verlängerung des Mietverhältnisses kann aufgrund der Wohnfläche und dem zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehenden Schlafzimmer sowie dem sich aus der Ehe ergebenden Anspruch auf Benutzung der Wohnung festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin einen Rechtsanspruch auf eine ortsübliche Unterkunft nachgewiesen hat.
Die strittige Frage, ob der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, ist wie folgt zu entscheiden:
Wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat, ist bei der Beurteilung, ob ausreichende Unterhaltsmittel für den zuziehenden Drittstaatsangehörigen vorliegen, das Einkommen des zusammenführenden Familienangehörigen heranzuziehen.
Zur Errechnung der Unterhaltsmittel, die mindestens zur Verfügung stehen müssen, ist laut NAG der Richtsatz gemäß § 293 ASVG heranzuziehen.
Für das Jahr 2020 beträgt der Richtsatz laut § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar € 1.524,99. Für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind erhöht sich der Richtsatz um € 149,15.
Als regelmäßige Belastungen sind diesem Richtsatz gemäß § 11 Abs. 5 NAG die durchschnittliche Miete in der Höhe von monatlich € 430,78 zuzuschlagen, da der Zusammenführende nur jeden zweiten Monat die Miete zu bezahlen hat.
Insgesamt beträgt das zu erreichende Nettoeinkommen, unter Abzug des Wertes der freien Station gemäß § 292 Abs. 3 ASVG in der Höhe von € 299,95, € 1.804,97.
Nach der Judikatur des VwGH (Entscheidung vom 20.10.2011, Zl. 2009/18/0122) hat die Prüfung, ob der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, ob also ausreichende Unterhaltsmittel zur Verfügung stehen, durch Prognose über die Erzielbarkeit ausreichender Mittel zu erfolgen (vgl. E 21. Juni 2011, 2009/22/0060).
Der Zusammenführende ist seit November 2017 bis dato mit einer ca 4-monatigen Unterbrechung durchgehend unselbständig Erwerbstätig und hat in den Monaten Jänner bis April 2020 durchschnittlich im Monat € 2071,24 netto verdient, was das erforderliche Mindesteinkommen übersteigt.
Aufgrund der anzustellenden Prognose ist nicht davon auszugehen, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.
Insgesamt sind alle Voraussetzungen für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels erfüllt, weshalb der Beschwerde spruchgemäß Folge zu geben war.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Fremden- und Aufenthaltsrecht; Rot-Weiß-Rot-Karte-plus; Familienzusammenführung; Quotenplatz; Einkünfte; Einkommen; Sprachnachweis;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.117.001.2020Zuletzt aktualisiert am
09.10.2020