TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/30 W212 2172343-1

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Veröffentlicht am 30.10.2018
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Entscheidungsdatum

30.10.2018

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W212 2172343-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch RA Dr. Joachim RATHBAUER, Weißenwolffstraße 1/4/23 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2017, Zl. 820544900-170471256, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 9 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX gemäß §§ 54, 55 und 58 Abs. 2 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 05.05.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.05.2012, Zl. 12 05.449-BAT, wurde der Antrag gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Indien nicht zukomme. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.11.2012, Zahl C11 426.892-1/2012/6E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005, als unbegründet abgewiesen.

Am 19.04.2017 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (infolge: BFA) den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK ein. Dem Antrag beigelegt war ein Schreiben des Vertreters des Beschwerdeführers, in dem im Wesentlichen dargelegt wurde, dass der Beschwerdeführer seit beinahe fünf Jahren in Österreich lebe und eine gelungene Integration vorzuweisen habe. Er habe im Februar 2016 die A2-Deutschprüfung absolviert und lebe in einer Lebensgemeinschaft mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person, mit der er auch ein gemeinsames Kind habe. Eine baldige Hochzeit mit seiner Lebensgefährtin, die von ihrem Ehegatten geschieden sei, sei geplant. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin würden in Österreich viele gemeinsame Freunde haben. Darunter seien auch viele österreichische Staatsbürger. Nach Erhalt eines Aufenthaltstitels könne der Beschwerdeführer im Restaurant XXXX als Küchenhilfe oder Zusteller arbeiten. Der Beschwerdeführer legte folgende Unterlagen vor:

-        Melderegisterauszug, wonach der Beschwerdeführer mit seiner Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt lebt

-        Arbeitsplatzzusage der Firma „ XXXX “

-        fünf Unterstützungsschreiben

-        positives A2-Prüfungszeugnis

-        diverse identitätsbezeugende Dokumente (Kopie des Reisepasses, Geburtsurkunde, Aufenthaltstitel der Lebensgefährtin, Geburtsurkunde der Tochter, etc.)

-        Bestätigung der Scheidung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers

-        Vaterschaftsanerkennung des Beschwerdeführers

Am 30.05.2017 erfolgte eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Hierbei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er bis 2010 immer in Indien gelebt habe und dort sowohl 12 Jahre in die Schule gegangen sei, als auch in der Landwirtschaft gearbeitet habe. Der Beschwerdeführer wohne in Linz gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen minderjährigen Tochter in der Mietwohnung der Lebensgefährtin. Er habe in Österreich nie gearbeitet und sei seit 2012 (Abschluss des Asylverfahrens) illegal in Österreich. Befragt zu seinen Freunden in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er regelmäßig die indische Kirche in Linz besuche und daher viele indische Leute in Linz kenne. In Indien würde mit Ausnahme seiner beiden Brüder, die in Neuseeland und Deutschland leben würden, seine gesamte Familie leben.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2015, Zl. 82.054.490.0/170471256 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gem. § 55 AsylG abgewiesen. Gem. § 10 Abs. 3 AsylG iVm wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 3 FPG erlassen. Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Indien zulässig sei. Gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für seine freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Begründend wurde angeführt, dass der Beschwerdeführer keiner Beschäftigung nachgehe und sich erst seit 5 Jahren im Bundesgebiet aufhalte. Neben dem Familienleben zu seiner Lebensgefährtin und seiner Tochter besitze der Beschwerdeführer keine sozialen Kontakte außerhalb von Mitgliedern der indischen Glaubensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer habe sich seit 2012 illegal in Österreich aufgehalten und habe seinen Reisepass erst vorgelegt nachdem er abgelaufen war. Der Beschwerdeführer sei in Indien geboren und aufgewachsen und habe den überwiegenden Teil seines Lebens dort verbracht. Da der Großteil seiner Verwandten noch in Indien lebe und zudem auch seine Tochter und seine Lebensgefährtin indische Staatsbürgerinnen seien, sei es dem Beschwerdeführer zuzumuten in seinem Heimatland Fuß zu fassen. Weiters sei die Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers durch seine strafgerichtliche Verurteilung wegen Verwendung von gefälschten, besonders geschützten Urkunden dringend geboten, da dieser die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.

Gegen den vorgenannten Bescheid wurde durch den bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht am 25.09.2017 Beschwerde erhoben. In dieser wird im Wesentlichen folgendes Vorbringen erstattet:

Der Beschwerdeführer bereue, dass er keinen Reisepass vorgelegt habe bzw. erst als dieser abgelaufen war. Er habe jedoch aus eigener Anstrengung versucht einen neuen Reisepass bei der österreichischen Botschaft in Indien zu erhalten und sei daher bemüht mit den österreichischen Behörden zu kooperieren. Die belangte Behörde habe dem bestehenden Familienleben des Beschwerdeführers kein ausreichendes Gewicht gegeben und habe nicht berücksichtigt, dass die einjährige Tochter des Beschwerdeführers seit ihrer Geburt mit dem Beschwerdeführer zusammenlebe und die Trennung einen wesentlichen Einschnitt in das bisherige Familienleben bedeuten würde. Weiters sei nicht ausreichend beachtet worden, ob eine Rückkehr der Mutter gemeinsam mit dem Kind nach Indien gewollt sei bzw. ob dies aus gesundheitlichen Aspekten des Kleinkindes überhaupt möglich sei.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.12.2017, W212 2172343-1, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.06.2018, Ra 2018/22/0035-14, wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes aufgehoben. Angesichts der in der Beschwerde vorgebrachten engen Bindung zur einjährigen Tochter des Beschwerdeführers sei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Klärung des Sachverhalts notwendig.

Mit Schreiben vom 23.08.2018 legte der Beschwerdeführer eine Heiratsurkunde vom 21.08.2018 vor.

In einer vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er seit drei Jahren mit seiner Lebensgefährtin im gemeinsamen Haushalt lebe und seit 21.08.2018 verheiratet sei. Seine Frau arbeite in einer Bäckerei, er kümmere sich um die gemeinsame Tochter. Er habe von zwei Bekannten, die ein Lebensmittelgeschäft besäßen, das Angebot erhalten, bei ihnen arbeiten zu können. Er habe in Griechenland als Fliesenleger gearbeitet und könne dies auch in Österreich wieder tun. Ein Bekannter arbeite bei BMW und könne ihm dort einen Arbeitsplatz vermitteln. Auch bei McDonald’s würden immer wieder Arbeitsplätze frei. Seine Eltern lebten in Indien in einem eigenen Haus, sein Vater sei pensioniert. Seine Brüder lebten im Ausland.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geborener, indischer Staatsangehöriger. Er ist nach seiner unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet seit Mai 2012 in Österreich aufhältig.

Mit Bescheid vom 14.05.2012, Zahl: 12 05.449-BAT, wies das BAA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.05.2012 ab.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des AsylGH vom 23.11.2012, Zahl C11 426.892-1/2012/6E, gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005, als unbegründet abgewiesen.

Am XXXX wurde die Tochter des Beschwerdeführers, XXXX , StA. Indien, geboren. Die Mutter des gemeinsamen Kindes, mit der der Beschwerdeführer seit Jänner 2016 im gemeinsamen Haushalt lebt, Frau XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, ist seit 2005 in Österreich und Inhaberin einer Aufenthaltsberechtigung „Daueraufenthalt – EU“. Der Beschwerdeführer und XXXX sind seit 21.08.2018 verheiratet.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er geht derzeit keiner legalen Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er verfügt über mehrere mündliche Einstellungszusagen. Er lebt von den Einkünften seiner Lebensgefährtin. Der Beschwerdeführer besucht regelmäßig ein indisches Gebetshaus in Linz.

Am 19.04.2017 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK ein.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Sprachzertifikat des Österreichischen Integrationsfonds, Niveaustufe A2.

Der Beschwerdeführer wurde am 12.07.2016 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten mit einer Probezeit von 3 Jahren wegen der Verwendung von gefälschten, besonders geschützten Urkunden gem. § 223 Abs. 2 iVm § 224 StGB verurteilt.

2. Beweiswürdigung:

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen eigenen, glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung am XXXX sowie dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und aus den vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (Art. 2 Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz BGBl. I 87/2012) idF des Art. 2 FNG-Anpassungsgesetz BGBl. I 68/2013 und des BG BGBl. I 144/2013 (in der Folge: BFA-VG) und gemäß § 9 Abs. 2 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit, da im Fremdenpolizeigesetz nichts anderes vorgesehen ist, Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetz 2005 lauten:

Gemäß § 10 Abs 3 Asylgesetz ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag eines Drittstaatangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56, oder 57 abgewiesen wird.

Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn

1.       dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2.       der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4.       einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5.       ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 ist von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2.       bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3.       gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1.       das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2.       der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1.       ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2.       die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben.

Gemäß § 52 Abs. 3 hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

Für den vorliegenden Fall ergibt sich folgendes:

Der Beschwerdeführer lebt seit Mai 2012, also seit sechseinhalb Jahren, im österreichischen Bundesgebiet. Sein Aufenthalt war jedoch nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens Im November 2012 unrechtmäßig.

Im Fall des Beschwerdeführers ist jedoch seine spezielle familiäre Situation zu berücksichtigen:

Der Beschwerdeführer lebt seit Jänner 2016 mit seiner nunmehrigen Ehefrau im gemeinsamen Haushalt, die Eheschließung erfolgte am 21.08.2018. Die gemeinsame Tochter wurde am XXXX geboren und lebt ebenso im gemeinsamen Haushalt des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau. Der Beschwerdeführer geht aktuell in Österreich keiner Beschäftigung nach, verfügt jedoch über mehrere Einstellungszusagen und konnte er seine hohe Motivation in Österreich einer Arbeit nachgehen zu wollen genauso wie seine sehr guten Deutschkenntnisse in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht unter Beweis stellen.

Die Rückkehrentscheidung betreffend stellt somit einen Eingriff in das Recht auf Familienleben sowie in das Recht auf Privatleben dar.

Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und konnte seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines Asylantrages vorübergehend legalisieren. Der Beschwerdeführer verfügt über umfassende familiäre bzw. private Anknüpfungspunkte in Österreich, nämlich seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter, welche in Österreich aufenthaltsberechtigt sind. Laut EGMR ist maßgebend das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Im vorliegenden Fall kann von einer engen Verbundenheit des Beschwerdeführers zu seiner rechtmäßig in Österreich aufhältigen Ehefrau und seiner Tochter ausgegangen werden. In die Abwägung ist allerdings auch miteinzubeziehen, dass der Beschwerdeführer sein Privat- bzw. Familienleben in Österreich zu einem Zeitpunkt begründete, als sein Aufenthalt in Österreich aufgrund des rechtskräftigen Abschlusses seines Asylverfahrens unrechtmäßig war.

Der Beschwerdeführer wurde im Juli 2017 wegen Verwendung eines gefälschten Führerscheins zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.

Aus den dargelegten Umständen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer die Kriterien, die bei der Abwägung der betroffenen Interessen maßgeblich zu berücksichtigen sind, erfüllt und diese besonders intensiven privaten und familiären Interessen auch die öffentlichen Interessen an der Ausweisung überwiegen. Der Beschwerdeführer führt ein Familienleben hoher Intensität mit seiner Ehefrau und seiner Tochter, die in Österreich aufenthaltsberechtigt sind, und ist gewillt, weitere Schritte in Richtung Integration zu setzen.

Vor dem Hintergrund der getroffenen Sachlage ist unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur (Erk. d. VfGH vom 05.03.2008, B1859/07ua) im Rahmen einer Interessensabwägung gem. § 75 Abs. 20 AsylG festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht auf Dauer unzulässig ist. Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im Rahmen einer Güterabwägung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das private Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Familien- und Privatlebens des Beschwerdeführers dennoch höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an einer Ausweisung. So ist auch keine ausreichende Rechtfertigung zu erkennen, warum öffentliche Interessen es zwingend erfordern würden, dass der Beschwerdeführer Österreich verlassen müsste.

Da im Hinblick auf diese Abwägungen zum Entscheidungszeitpunkt das private Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung vor allem seines Familienlebens in Österreich im konkreten Fall die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen überwiegt, erweist sich die im angefochtenen Bescheid angeordnete Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat als unzulässig.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung dient gemäß § 14 Abs. 2 NAG dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung (d.h. Deutschkenntnisse auf A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen).

Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 im Falle des Beschwerdeführers in Folge des Ausspruchs der dauerhaften Unzulässigkeit einer dem Beschwerdeführer betreffenden Rückkehrentscheidung gegeben sind und der Beschwerdeführer Deutschkenntnisse mindestens auf dem Niveau A2 nachweisen konnte, war dem Beschwerdeführer gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem BF den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung plus Ehe familiäre Situation Integration Interessenabwägung Kind Privat- und Familienleben Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Sprachkenntnisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W212.2172343.1.00

Im RIS seit

09.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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