TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/2 L516 2162660-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.12.2019
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Entscheidungsdatum

02.12.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53
FPG §55 Abs1a

Spruch

L516 2162660-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb XXXX StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2019, Zahl 1019921506-181058923/BMI-EAST_WEST, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte I und II gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte III bis VIII gemäß § 57, § 10 Abs 1 Z 3, § 15b Abs 1 bis Abs 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46, 55 Abs 1a und 53 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 06.11.2018 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 03.08.2019 gemäß § 68 Abs 1 AVG (I.) hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten und (II.) hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ (IV.) gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei, sprach (VI.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1a keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, erließ (VII.) gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot, und sprach (VIII.) aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs 1 AsylG aufgetragen worden sei, von 07.11.2018 bis 22.11.2018 in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen.

Dieser Bescheid wird mit der vorliegenden Beschwerde zur Gänze angefochten.

Vorverfahren und bisheriger Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer stellte am 27.05.2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht mit am 09.08.2017 mündlich verkündetem und am 18.08.2017 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis, L519 2162660-1/10E, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde kein Aufenthaltstitel gem § 57 AsylG erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei.

Im November 2017 reiste der Beschwerdeführer von Österreich nach Italien, kehrte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach Österreich zurück, reiste von dort unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe am 27.03.2018 nach Pakistan aus, wo er bis Juli 2018 blieb, bevor er am 31.10.2018 erneut in Österreich einreiste.

Am 06.11.2018 stellte der Beschwerdeführer den dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am 07.11.2018 statt, Einvernahme durch das BFA am 22.11.2018, 29.11.2018 sowie am 25.06.2019.

Das Verfahren des Beschwerdeführers zu diesem Antrag wurde nicht zugelassen.

Der gegenständlich angefochtene Bescheid vom 03.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer am 07.08.2019 zugestellt. Dem Beschwerdeführer wurde für das Beschwerdeverfahren eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite gestellt (§ 52 Abs 1 BFA-VG).

Am 20.08.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid des BFA fristgerecht Beschwerde.

Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte am 23.08.2019 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Punjabi sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht fest. Er besuchte fünf Jahre lang die Schule in Pakistan und arbeitete danach als Fahrer bzw als Gemüseverkäufer. Vor der Ausreise hatte er seinen Wohnsitz in einem Dorf im Bezirk Islamabad. Seine Schwester lebt mit ihrer eigenen Familie, ihrer Schwägerin und deren fünf Kinder nach wie vor in Pakistan (BVwG 09.08.2017, L519 2162660-1/10E; Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum zweiten Antrag (VA 2), Aktseite(n) (AS) 47, 49, 89, 147 ff, 239).

1.2. Der Beschwerdeführer reiste im Mai 2014 in Österreich ein, im November 2017 reiste er von Österreich nach Italien und kehrte zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wieder nach Österreich zurück. Unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe reiste er von Österreich am 27.03.2018 nach Pakistan aus, wo er bis Juli 2018 blieb, bevor er am 31.10.2018 erneut in Österreich einreiste (VA 2, AS 53, 55).

1.3. Der Beschwerdeführer lebt in Österreich in keiner Lebensgemeinschaft und hat auch keine Verwandten in Österreich, es besteht kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu einer Person in Österreich (VA2, AS 87). Der Beschwerdeführer brachte nicht vor, über Deutschkenntnisse zu verfügen. Der Beschwerdeführer hat in Pakistan einen Führerschein gemacht (VA2, AS 87), er ist nicht erwerbstätig (VA 2, AS 233) und bezieht gegenwärtig Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde.

Der Beschwerdeführer wurde von einem österreichischen Landesgericht mit seit 07.03.2017 rechtskräftigem Urteil vom 01.03.2017 gemäß § 136 Abs 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Mit seit 19.05.2017 rechtskräftigem Urteil vom 15.05.2017 wurde der Beschwerdeführer von einem österreichischen Bezirksgericht gemäß § 84 Abs 1, § 88 Abs 1 StGB zu einer Zusatzstrafe von einem Monat Freiheitsstrafe bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

1.4. Der Beschwerdeführer stellte am 27.05.2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht mit am 09.08.2017 mündlich verkündetem und am 18.08.2017 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis, L519 2162660-1/10E, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde kein Aufenthaltstitel erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Jene Entscheidung wurde mit mündlicher Verkündung am 09.08.2017 rechtskräftig.

Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass sein Vater Mitglied der Pakistan Peoples Party (PPP) gewesen sei. Im Zuge einer Auseinandersetzung am Rande von Demonstrationen im Jahr 2011 seien der Vater, der Bruder und ein Onkel des Beschwerdeführers getötet worden. Der Beschwerdeführer habe Anzeige gegen die vier Täter erstattet. Zwei bis drei Monate später hätten die Täter versucht, die Angelegenheit mit dem Beschwerdeführer außergerichtlich zu schlichten, was dieser aber abgelehnt habe. Der Beschwerdeführer habe seinen Rechtsanwalt aufgesucht, der gemeint habe, es sei gefährlich für den Beschwerdeführer und er solle zur "Hisbul Mujahedin" gehen und dort Unterschlupf suchen. Nachdem der Beschwerdeführer herausgefunden habe, dass diese Organisation kriminellen Machenschaften nachgehe, habe er Pakistan verlassen (BVwG vom 09.08.2017, L519 2162660-1/10E). Aufgrund der Morde an seinen Angehörigen sei der Beschwerdeführer sechs Monate lang in psychologischer Behandlung gewesen (VA 1, AS 73).

Das BVwG erachtete im Verfahren das Vorbringen des Beschwerdeführers zu dessen Ausreisegründen mit näherer Begründung für nicht glaubhaft und führte aus, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege und eine Rückkehrentscheidung im Falle des Beschwerdeführers keine Verletzung des Art 8 EMRK darstelle (Erkenntnis BVwG 09.08.2017, S 44ff, 62ff).

1.5. Der Beschwerdeführer stellte am 06.11.2018 den verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er bei der Erstbefragung am 07.11.2018 ausführte, dass es am 05.11.2011 eine Auseinandersetzung gegeben habe, bei der sein Onkel und Vater umgebracht und sein Bruder schwer verletzt worden sei. Die Gegner der Familie seien die Nachbarn und es sei im Rahmen eines Gerichtsverfahrens vom Dorfältesten eine Lösung gefunden worden und der Beschwerdeführer habe eine Entschädigung erhalten, mit der er seine gesamte Ausreise finanziert habe. Zwei Tage vor der Ausreise des Beschwerdeführers aus Pakistan sei sein Bruder von den Nachbarn wegen einer Kleinigkeit getötet worden. Deshalb habe er beschlossen, Pakistan zu verlassen (VA 2, AS 55).

Beim BFA brachte er bei der Einvernahme am 22.11.2018 vor, dass seine Angaben bezüglich seines ersten Antrages auf internationalen Schutz richtig seien und immer noch in Geltung stehen würden. Die Lage habe sich aber "etwas" verändert: der Streit, den er bereits damals erzählt habe, sei inzwischen geschlichtet worden, er habe eine Entschädigung von 1.000.000,-- pakistanische Rupien erhalten. An einem Tag im Juli 2018 sei ein Streit betreffend die Kinder seines Bruders und der Nachbarn entbrannt. Die Nachbarn seien reiche Leute und hätten auch schon seinen Vater und Onkel ermordet (VA 2, AS 89). Im Zuge jenes Streits sei sein Bruder umgebracht worden. Der Beschwerdeführer selbst habe zu diesem Zeitpunkt etwa drei Kilometer entfernt Gemüse verkauft. Die Polizei sei gekommen, der Beschwerdeführer habe Anzeige erstattet und die Täter seien drei Tage später festgenommen worden. Nach zwei Wochen sei seine Schwägerin mit den Kindern aus Angst zu ihren Eltern gegangen. Seine Verwandtschaft habe ihm dann gesagt, dass es auch für ihn selbst gefährlich sei, da jene Personen Drohungen ausgesprochen hätten. Seine Verwandten hätten Druck auf ihn ausgeführt und gemeint, dass er wieder dorthin gehen solle, wo er bereits gewesen sei, um sein Leben zu schützen. Beim Streit zwischen den Nachbarn und der Familie des Beschwerdeführers handle es sich um einen alten Streit bzw eine alte Feindschaft. Die Lage habe sich inzwischen dahingehend verändert, dass auch der Bruder ermordet worden sei. Während der Zeit in Pakistan von März bis Juli 2018 habe er sich in Islamabad in seinem Elternhaus aufgehalten. Bedroht sei der Beschwerdeführer persönlich nicht geworden, jedoch hätten Familienangehörige der Täter auf den Beschwerdeführer geschimpft (VA 2, AS 93). Es gebe einen Bericht in der Zeitung und einen FIR betreffend diesen Vorfall; der Beschwerdeführer wurde vom BFA zur Vorlage dieser Dokumente im Original angehalten (VA 2, AS 91).

Bei der Einvernahme am 29.11.2018 gab der Beschwerdeführer zu seinem bisherigen Vorbringen an, er sei nicht direkt bedroht worden, sondern von seinen Bekannten sei ihm erzählt worden, dass seine Feinde ihn umbringen wollen würden. Des Weiteren legte er in Kopie bzw. Ausdrucke zweier Zeitungsartikel (VA 2, AS 135, 137), ein als polizeiliche Anzeige aus Pakistan (FIR) bezeichnetes Schreiben (VA 2, AS 139) und ein Foto welches eine verletzte Person zeigt, wobei das Gesicht der Person nicht erkennbar ist, vor (VA 2, AS 141). In weiterer Folge legte der Beschwerdeführer die Zeitungsartikel und den FIR im Original vor (VA 2, AS 153-159) (Übersetzungen AS 317 bis 321).

Bei der Einvernahme am 25.06.2019 gab der Beschwerdeführer an, das genaue Datum, wann sein Bruder ermordet worden sei, wisse der Beschwerdeführer nicht, er habe diesbezüglich aber schon Zeitungsartikel vorgelegt. Die Polizei habe nichts gemacht im Fall seines Bruders. Die Täter seien noch frei und es sei nichts unternommen worden. Das BFA hielt dem Beschwerdeführer vor, dass dem FIR zu entnehmen sei, dass es seit Langem Probleme mit jenen Verbrechern gebe, da jene das Eigentum und den Besitz des Beschwerdeführers und seiner Familie gewaltsam und illegal in Besitz nehmen wollen würden, es gehe daraus aber nicht hervor, dass es einen Streit wegen bzw zwischen Kindern gegeben habe. Der Beschwerdeführer erwiderte, dass das alles falsch sei und er denke, dass die Übersetzung nicht gepasst habe. "Ich weiß es nicht" war die Antwort des Beschwerdeführers darauf, als er vom BFA damit konfrontiert wurde, dass das vorgelegte Foto der Zeitung "Täglich Mussalman" nicht mit dem vorgelegten Original jener Zeitung übereinstimme (VA2, AS 231 ff).

Zu seinem Gesundheitszustand gab der Beschwerdeführer bei der Einvernahme am 22.11.2018 gegenüber dem BFA an, gesund zu sein. Bei der Einvernahme am 25.06.2019 gab er an, er sei seit einer Woche krank, habe Fieber und Halsweh, sei aber psychisch und physisch in der Lage, die Einvernahme zu absolvieren (VA2, AS 83, 231).

1.6. Das BFA stellte zur Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass der gegenständliche Antrag auf Umstände gestützt werde, die der Beschwerdeführer bereits im ersten Verfahren vorgebracht habe sowie auf Gründe, welche mit seinem Vorbringen aus dem ersten Verfahren in ursächlichem Zusammenhang stehen und unglaubhaft seien bzw keinen glaubhaften Kern aufweisen würden (Bescheid 03.08.2019, S 28). Im Rahmen der Beweiswürdigung führte das BFA zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag einerseits aus jenen Gründen gestellt habe, die er bereits im Vorverfahren vorgebracht hat (Ermordung des Vaters und eines Onkels) und die bereits durch die Asylbehörden geprüft worden seien. Andererseits habe der Beschwerdeführer nun vorgebracht, dass es sich um einen alten Streit bzw eine alte Feindschaft handeln würde und deswegen nun auch sein Bruder ermordet worden sei. Das BFA gelangte beweiswürdigend zu dem Schluss, dass das neue Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweise. So wisse der Beschwerdeführer nicht einmal das Datum der Ermordung seines Bruders, obwohl er diesbezüglich einen FIR und Zeitungsartikel vorgelegt habe bzw habe er dazu unterschiedliche Angaben gemacht (Mai, Juni, Juli 2018). Des Weiteren habe er bei der ersten Einvernahme angegeben, während seines Aufenthaltes in Pakistan im Jahr 2018 immer im Elternhaus aufhältig gewesen zu sein und dort keine Probleme gehabt zu haben; in der zweiten Einvernahme habe er dem widersprechend angegeben, nach seiner Anzeige mehrmals über Dritte bedroht worden zu sein und deshalb immer wo anders geschlafen zu haben. Der Beschwerdeführer habe zudem angegeben, zum Zeitpunkt des Mordes an seinem Bruder kilometerweit entfernt Gemüse verkauft zu haben; im vorgelegten FIR und in den Zeitungsartikeln sei jedoch angeführt, dass auch der Beschwerdeführer anwesend gewesen und sogar von den Mördern seines Bruders misshandelt worden sei. Schließlich sei das Logo jener Zeitung, der ein Bericht über den Mord des Bruders zu entnehmen sei ("Täglich Mussalman") in den beiden vom Beschwerdeführer vorgelegten Versionen (Kopie und Original) nicht ident. Dokumentenfälschung sei laut den getroffenen Länderfeststellungen in Pakistan ein weit verbreitetes Phänomen, es sei problemlos möglich, zum Schein ein Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen, zB FIRs, formal echt seien; auch Zeitungsartikel könne man sich kaufen. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen zu Dokumentenfälschungen in Pakistan und angesichts der in den vorgelegten Unterlagen aufscheinenden Widersprüchlichkeiten seien jene Unterlagen nicht geeignet, sein Vorbringen zu untermauern oder gar zu beweisen [vgl VA 2, AS 135, 157, 229] (Bescheid 03.08.2019, S 92ff).

Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan traf das BFA - gestützt auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 16.05.2019 mit Kurzinformationen zum Stand 28.05.2019 - aktuelle Länderfeststellungen (Bescheid, S 29-86).

1.7. In der Beschwerde wird nach Wiedergabe der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers zusammengefasst vorgebracht, dass es sich beim neuen Vorbringen des Beschwerdeführers um nova reperta handeln würde und es nicht lediglich Nebenumstände seien, die sich verändert haben würden; es liege daher keine entschiedene Sache dar und sei das neue Vorbringen, der andere Sachverhalt, zu Unrecht nicht auf dessen Asylrelevanz geprüft worden. Der vorgelegte FIR sei keiner kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen worden, und es sei zu Unrecht nur lapidar dargelegt worden, dass Dokumentenfälschung ein weit verbreitetes Phänomen sei. Zu den neu vorgelegten Beweismitteln habe das BFA kaum tragfähige Feststellungen getroffen. Zum Mord am Bruder des Beschwerdeführers seien auch keine lokalen Medien eingesehen worden, weshalb die Durchführung von weiteren Ermittlungen gefordert (Hinzuziehen eines Vertrauensanwaltes, Erstellung eines Gutachtens) wurde. Die Schilderungen des Beschwerdeführers seien nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewesen, das BFA habe jedoch keine tragfähige und schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen und nicht geprüft ob dem neuen Vorbringen des Beschwerdeführers ein glaubhafter Kern innewohne. Soweit dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde, dass er das genaue Datum des Mordes an seinem Bruder nicht wisse, wird ausgeführt, dass Daten in Pakistan grundsätzlich nur eine untergeordnete Rolle spielen würden. Weiters habe der Beschwerdeführer nur deshalb gesagt, dass er gesund sei, da ihm das Bewusstsein dafür fehle, dass psychische Belastungen Erkrankungen seien. Die im Bescheid enthaltenen Länderfeststellungen würden nicht aktuell genug seien jedoch trotzdem mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers dahingehend übereinstimmen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Pakistan akut drohender Verfolgung ausgesetzt sei.

2. Beweiswürdigung

2.1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den vom BFA vorgelegten und unverdächtigen Verwaltungsverfahrensakten zu den Anträgen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz. Die Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren sowie zu den Ausführungen des BFA im angefochtenen Bescheid und der Beschwerde ergeben sich konkret aus den im Akt einliegenden Niederschriften, dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde, wobei zu den jeweiligen Feststellungen die entsprechenden Fundquellen bzw Aktenseiten (AS) angeführt sind.

2.2. Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus dem Strafregister der Republik Österreich, der festgestellte Bezug der Leistungen aus der Grundversorgung ergibt sich dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS).

3. Rechtliche Beurteilung

Zu A)

Spruchpunkt I

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz (§ 68 Abs 1 AVG)

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.2. Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall ist somit das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, L519 2162660-1/10E, rechtskräftig am 09.08.2017 mündlich verkündet.

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (§ 3 AsylG)

3.3. Wie sich bei einem Vergleich der Verfahrensinhalte des ersten sowie des gegenständlichen Verfahrens zeigt, stützt der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag mit seinem nunmehrigen Vorbringen einerseits auf seine bereits im Vorverfahren getätigten Angaben, denen zufolge er in Gefahr sei, von den Gegnern, seinen Nachbarn, bedroht bzw getötet zu werden, da bereits sein Vater, ein Onkel und ein Bruder im Jahr 2011 von jenen Gegnern im Rahmen einer politischen Demonstration getötet worden seien (II.1.4.). Das Bundesverwaltungsgericht erachtete das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im Vorverfahren als nicht glaubhaft und erkannte, dass auch kein Sachverhalt im Sinne der Art 2 und 3 EMRK vorliege. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte im Vorverfahren auch keinen Aufenthaltstitel, erließ eine Rückkehrentscheidung und erklärte die Abschiebung nach Pakistan für zulässig (oben 1.4.).

3.4. Neu brachte der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vor, dass sich die Lage "etwas" verändert habe, da im Frühsommer 2018 sein zweiter Bruder von den Nachbarn, bei denen es sich um dieselben Gegner handle, die 2011 bereits Vater, Onkel und anderen Bruder getötet haben würden, wegen eines Streits zwischen Kindern getötet worden sei. Beim Streit zwischen den Nachbarn und der Familie des Beschwerdeführers handle es sich um einen alten Streit bzw eine alte Feindschaft (VA 2, AS 55, 93).

3.5. Das BFA führte in der Beweiswürdigung zum neuen Vorbringen des Beschwerdeführers (Mord am Bruder 2018) im Wesentlichen aus, dass dieses keinen glaubhaften Kern aufweise, da der Beschwerdeführer nicht einmal das Datum der Ermordung seines Bruders wisse, obwohl er diesbezüglich einen FIR und Zeitungsartikel vorgelegt habe bzw habe er dazu unterschiedliche zeitliche Angaben gemacht (Mai, Juni, Juli 2018); des Weiteren habe er bei der ersten Einvernahme angegeben, während seines Aufenthaltes in Pakistan im Jahr 2018 immer im Elternhaus aufhältig gewesen zu sein und dort keine Probleme gehabt zu haben; in der zweiten Einvernahme habe er dem widersprechend angegeben, nach seiner Anzeige mehrmals über Dritte bedroht worden zu sein und deshalb immer wo anders geschlafen zu haben. Der Beschwerdeführer habe zudem angegeben, zum Zeitpunkt des Mordes an seinem Bruder kilometerweit entfernt Gemüse verkauft zu haben; im vorgelegten FIR und in den Zeitungsartikeln sei jedoch angeführt, dass auch der Beschwerdeführer anwesend gewesen und sogar von den Mördern seines Bruders misshandelt worden sei. Schließlich sei das Logo jener Zeitung, der ein Bericht über den Mord des Bruders zu entnehmen sei ("Täglich Mussalman") in den beiden vom Beschwerdeführer vorgelegten Versionen (Kopie und Original) nicht ident. Dokumentenfälschung sei laut den getroffenen Länderfeststellungen in Pakistan ein weit verbreitetes Phänomen, es sei problemlos möglich, zum Schein ein Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen, zB FIRs, formal echt seien; auch Zeitungsartikel könne man sich kaufen. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen zu Dokumentenfälschungen in Pakistan und angesichts der in den vorgelegten Unterlagen aufscheinenden Widersprüchlichkeiten seien jene Unterlagen nicht geeignet, sein Vorbringen zu untermauern oder gar zu beweisen.

3.6. Die Beschwerde bringt vor, dass es sich bei der Ermordung des Bruders um einen neuen, anderen Sachverhalt handle, den der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall vorbrachte, daher keine entschiedene Sache vorliege und das BFA eine inhaltliche Entscheidung hätte treffen müssen. Dazu ist jedoch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein neues Vorbringen in einem neuen Asylverfahren nur dann zu einer neuen Sachentscheidung, wenn die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweist (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Das BFA hat jedoch fallbezogen in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides verneint, dass dem neuen Vorbringen des Beschwerdeführers ein solcher glaubhafter Kern zukomme.

3.7 Soweit die Beschwerde die Beweiswürdigung des BFA bekämpft, da diese keine tragfähigen Argumente beinhalte, die Schilderungen des Beschwerdeführers nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewesen seien, der vorgelegte FIR keiner kriminaltechnischen Untersuchung unterzogen worden sei und zum Mord am Bruder des Beschwerdeführers keine medialen Berichte eingesehen worden seien, so tritt die Beschwerde der Beweiswürdigung des BFA nicht substantiiert entgegen, und zwar aus den folgenden Gründen: In strukturierter und nachvollziehbarer Weise führt das BFA im bekämpften Bescheid aus (siehe im Detail oben 1.5. und 3.5.), dass das Vorbringen des Beschwerdeführers mit Widersprüchen behaftet ist und die vorgelegten Beweismittel mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht in Einklang stehen und die Versionen eines der vorgelegten Zeitungsartikel nicht ident sind. Eine Untersuchung der Echtheit des vorgelegten FIR wurde vom BFA zu Recht nicht vorgenommen, da bereits der Inhalt des FIR (Beschwerdeführer war beim Mord am Bruder anwesend und wurde misshandelt) nicht übereinstimmt mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers (habe drei Kilometer entfernt Gemüse verkauft). Dass keine medialen Berichte eingesehen worden wären, entspricht nicht den Tatsachen; die vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeitungsartikel ließ das BFA übersetzen und zeigte sich zusätzlich, dass die Kopie und das Original des Ausschnitts der vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeitung "Täglich Mussalman" dahingehend nicht übereinstimmen, als das Logo nicht ident ist (vgl VA 2, AS 229). Diesen Widerspruch konnte der Beschwerdeführer vor dem BFA nicht aufklären (VA 2, AS 237). Die Beschwerde enthält keinerlei Aufklärungen dazu, weshalb das Logo dieser Zeitungsversionen nicht übereinstimmend sind und lässt somit dieses Argument des BFA unbestritten. Auch dazu, dass der Inhalt des FIR nicht übereinstimmt mit den Angaben des Beschwerdeführers enthält die Beschwerde keine Kritik. Das BFA verwies auf die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid und führte dazu aus, dass Dokumentenfälschung in Pakistan ein weit verbreitetes Phänomen sei, es problemlos möglich sei, zum Schein ein Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen, zB FIRs, formal echt seien; auch Zeitungsartikel könne man sich kaufen. Das BFA gelangte aus diesen Gründen zu der Überzeugung, dass vor dem Hintergrund der Länderinformationen zu Dokumentenfälschungen in Pakistan und angesichts der in den vorgelegten Unterlagen aufscheinenden Widersprüchlichkeiten jene Unterlagen nicht geeignet, sein Vorbringen zu untermauern oder gar zu beweisen. Jene Argumente des BFA, die das Bundesverwaltungsgericht als überzeugend, stringent und schlüssig erachtet, lässt die Beschwerde somit unbestritten.

3.8. Soweit in der Beschwerde dem BFA vorgeworfen wird, einen Verfahrensfehler begangen zu haben, da es sich auf Länderfeststellungen berufe, die älter als ein Jahr und daher nicht aktuell genug seien, erweist sich dies als unberechtigt. Das BFA stützte sich bei seinen Länderfeststellungen auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 16.05.2019 mit Kurzinformationen zum Stand 28.05.2019, das zahlreiche Quellen aufweist, die aktuell und jünger als ein Jahr sind (Bescheid, S 29-86). Zudem reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne in konkreter Weise die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012), was jedoch in der Beschwerde unterlassen wurde.

3.9. Mit dem gegenständlich zweiten Antrag auf internationalen Schutz wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sachlage und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs 1 AVG verhindert werden soll (vgl VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

3.10. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 AsylG)

3.11. Durch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das Bundesverwaltungsgericht im Erstverfahren wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan kein reales Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht bzw relevante exzeptionelle Umstände nicht vorliegen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn der Beschwerdeführer im Folgeverfahren den Beweis des realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte.

3.12. Soweit in der Beschwerde dem BFA vorgeworfen wird, einen Verfahrensfehler begangen zu haben, da es sich auf Länderfeststellungen berufe, die älter als ein Jahr und daher nicht aktuell genug seien, erweist sich dies als unberechtigt. Das BFA stützte sich bei seinen Länderfeststellungen auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 16.05.2019 mit Kurzinformationen zum Stand 28.05.2019, das zahlreiche Quellen aufweist, die aktuell und jünger als ein Jahr sind (Bescheid, S 29-86). Zudem reicht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne in konkreter Weise die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen (VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012), was jedoch in der Beschwerde unterlassen wurde.

Die Beschwerde bringt des Weiteren vor, dass die Lage in Pakistan instabil sei und dass insbesondere ineffizienten Rechtsschutzmechanismen vorherrschen würden.

Dazu ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es nach der ständigen Judikatur des EGMR - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 MRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 MRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Derartige Nachweise hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht. Das Vorbringen einer (nach Abschluss des Vorverfahrens bestehenden) allgemeinen prekären Sicherheits- bzw Versorgungslage in Pakistan reicht nicht; die behauptete Lageänderung war für sich daher von vornherein nicht geeignet, eine maßgebliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zu bewirken. Insofern in der Beschwerde ohne Bescheinigung vorgebracht wird, der Beschwerdeführer sei psychisch belastet und könne deshalb in eine ausweglose Situation geraten, ist auf die Angaben des Beschwerdeführers am 22.11.2018 vor dem BFA zu verweisen, wonach er gesund sei. Lediglich bei der Einvernahme am 25.06.2019 gab er an, seit einer Woche Fieber und Halsweh zu haben (VA2, AS 83, 231). Der Beschwerdeführer leidet demnach an keiner unmittelbar lebensbedrohlichen und stationär behandlungsbedürftigen Erkrankung; derartiges wurde auch nicht vorgebracht. Besondere, in der Person des Beschwerdeführers (neu) begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung Pakistans im Allgemeinen - höheres Risiko bestünde, einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, wurden somit nicht glaubhaft vorgebracht und sind nicht ersichtlich.

3.13. Es war daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Spruchpunkt II

Zu einem Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 AsylG)

3.14. Fallbezogen liegen nach dem festgestellten Sachverhalt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 57 AsylG für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist weder seit einem Jahr geduldet noch ist eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen zu erteilen; schließlich hat der Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft gemacht, Opfer von Gewalt geworden zu sein sowie, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.15. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan (§ 10 AsylG; §§ 46, 50, 52, 55, FPG; § 9 BFA-VG)

3.16. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

3.17. Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Fallbezogen hat sich der Beschwerdeführer nach unrechtmäßig erfolgter Einreise im Mai 2014 bis November 2017 in Österreich aufgehalten, reiste danach erneut unrechtmäßig in Österreich ein kehrte nach einem Aufenthalt in Pakistan am 31.10.2018 wiederum unrechtmäßig nach Österreich zurück. Er verfügt über keinen aufrechten Aufenthaltstitel für Österreich; sein bisheriger Aufenthalt stützte sich ausschließlich auf das Asylrecht. Der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.05.2014 wurde im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 09.08.2017 zur Gänze rechtskräftig negativ abgewiesen. Der Beschwerdeführer leistete der gleichzeitig mit jenem Erkenntnis verfügten Rückkehrentscheidung nicht Folge, sondern ging stattdessen nach Italien, bevor er erneut unrechtmäßig in Österreich einreiste. Nachdem er schließlich doch nach Pakistan zurückkehrte, verblieb er dort nur wenige Monate und reiste am 31.10.2018 erneut nach Österreich ein, um den gegenständlichen Antrag zu stellen, obwohl die ausgesprochene Rückkehrentscheidung nach wie vor aufrecht war. Der Beschwerdeführer wurde, wie festgestellt, bereits zweimal von österreichischen Gerichten zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt.

Deutschkenntnisse brachte der Beschwerdeführer nicht vor, eine (besondere) Beziehung zu bzw in Österreich bzw ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen verneinte der Beschwerdeführer. In Pakistan leben nach wie vor die Schwester, die Schwägerin sowie Neffen und Nichten des Beschwerdeführers und weitere Verwandte. Es deutet somit nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Im Falle des Beschwerdeführers hat das bisherige Verfahren auch sonst keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Pakistan verbracht und wurde dort auch sozialisiert. Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten iSd Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art 8 Abs 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.

3.18. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen und Ausführungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde in der gegenständlichen Beschwerde zwar moniert, jedoch nicht schlüssig begründet.

3.19. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkte IV und V des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

Zur Ausreisefrist (§ 55 Abs 1a FPG)

3.20. Fallbezogen liegt eine zurückweisende Entscheidung gemäß § 68 AVG vor. Es besteht daher gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Verhängung eines Einreiseverbotes (§ 53 FPG)

3.21. Das BFA begründete die Erlassung des zweijährigen Einreiseverbotes auf das Wesentliche zusammengefasst einerseits damit, dass der Beschwerdeführer einer aufrechten Rückkehrentscheidung nicht Folge geleistet habe, illegal nach Italien weitergereist sei um einer Abschiebung zu entgehen und danach noch zweimal unrechtmäßig in Österreich eingereist sei, sowie andererseits damit, dass der Beschwerdeführer den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte und dass nicht anzunehmen sei, dass der Beschwerdeführer in Zukunft den österreichischen Rechtsnormen und behördlichen bzw gerichtlichen Entscheidungen Folge leisten werde. Das Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer sei daher zum Zwecke des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erlassen worden. Auch unter Berücksichtigung der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich sei das erlassene Einreiseverbot gerechtfertigt und notwendig (Bescheid, S 109ff).

3.22. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sei, das erlassene Einreiseverbot lediglich auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gestützt werde und der Beschwerdeführer in Pakistan niemanden mehr habe (VA 2, AS 389), weshalb gar kein bzw ein nicht so lange bemessenes, Einreiseverbot zu verhängen gewesen wäre.

3.23. Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass es nichtzutreffend ist, dass der Beschwerdeführer unbescholten ist - er weist zwei gerichtliche Verurteilungen auf - sowie dass es ebenso nichtzutreffend ist, dass das Einreiseverbot ausschließlich auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gestützt wurde - das BFA hat auch das gesamte bisherige (Reise-)Verhalten des Beschwerdeführers berücksichtigt. Der Begründung des Ausspruches des Einreiseverbotes durch das BFA sowie die vom BFA ausgesprochene Dauer des Einreiseverbotes waren daher nicht entgegenzutreten.

3.24. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Anordnung einer Unterkunftnahme (§ 15b Abs 1 AsylG)

3.25. Mit Spruchpunkt VIII erfüllte das BFA die gesetzlich normierte Pflicht, über eine Verfahrensanordnung im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Fallbezogen wurde (zuletzt) mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.08.2017, L519 2162660-1/10E, gegenüber dem Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig ausgesprochen. Der Beschwerdeführer reiste zwar zunächst im November 2017 nach Italien aus, reiste jedoch erneut nach Österreich ein, und reiste nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in Pakistan im Oktober 2018 abermals nach Österreich ein, obwohl die Rückkehrentscheidung nach wie vor Aufrecht war (§ 12a Abs 6 AsylG).

Der vom BFA verfügten Anordnung war daher nicht entgegenzutreten, zumal auch in der Beschwerde diese Anordnung nicht konkret bekämpft wurde.

3.26. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.27. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da die das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Anträge der Parteien zurückzuweisen sind. Bei der Frage, ob das Prozesshindernis der entschiedenen Sache vorlag, handelt es sich bloß um eine nicht übermäßig komplexe Rechtsfrage (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).

Zu B)

Revision

3.28. Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.29. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Asylverfahren aufrechte Rückkehrentscheidung Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig entschiedene Sache Folgeantrag glaubhafter Kern Interessenabwägung Mittellosigkeit non refoulement öffentliche Interessen Plausibilität res iudicata Rückkehrentscheidung Rückkehrentscheidung rechtmäßig Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Unterkunft Urkundenfälschung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L516.2162660.2.00

Im RIS seit

09.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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