TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/20 L527 2177789-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.01.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L527 2177789/16E

Schriftliche Ausfertigung des am 22.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH - ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 22.11.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, § 46 und § 55 FPG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 28.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Erstbefragung gab er an, er habe den Iran verlassen, weil er seine Religion gewechselt habe, weshalb er von seiner Familie und den Behörden unmenschlich behandelt worden sei. Schließlich haben sie (wohl gemeint: der Beschwerdeführer, seine damalige Lebensgefährtin, die er in er Türkei kennen gelernt hatte, und deren Kind) die Türkei verlassen, weil er nur in der Türkei gewesen sei, um nach Europa zu kommen.

In seiner Einvernahme am 12.09.2017 brachte der Beschwerdeführer gegenüber dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: [belangte] Behörde) als Grund für seinen Asylantrag vor, dass sein Leben im Iran in Gefahr gewesen sei. Wenn er festgenommen worden wäre, würde er für eine lange Zeit verhaftet werden. Da er im Iran zum Christentum konvertiert sei, habe er Probleme im Iran. Das sei sein Fluchtgrund. Erst nach Nachfrage durch den Leiter der Einvernahme machte der Beschwerdeführer weitere Angaben, etwa wie er im Iran christliche Gruppen gefunden habe, seit wann er Angst habe, verhaftet zu werden, und zu einer behaupteten Bedrohung durch staatliche Behörden. Nach seiner Ausreise aus dem Iran habe er in der Türkei eine Kirche besucht. Nach seiner Ankunft in Österreich habe er sich nach dem Besuch verschiedener christlicher Gemeinden schließlich der evangelischen Kirche A.B. angeschlossen.

Die Behörde erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen für nicht glaubhaft. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert sei. Mit dem angefochtenen Bescheid wies sie den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Sie erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt III) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt IV).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in der er die Einvernahme einer namentlich genannten evangelischen Pfarrerin sowie des Pastors von "The Light of God Ministries" beantragte.

Mit Schreiben vom 09.09.2019 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer unter Einräumung einer dreiwöchigen Frist konkret um näher bezeichnete Mitwirkung im Verfahren: Der Beschwerdeführer sollte insbesondere schriftlich seine Glaubensaktivitäten seit der Einreise in Österreich vollständig darlegen, dem Bundesverwaltungsgericht alle bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen (insbesondere betreffend seine Glaubensaktivitäten und Lebenssituation in Österreich) sowie allfällige sonstige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekannt geben und alle Beweismittel vorlegen. Überdies sollte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht aktuelle Bescheinigungen, Beschreibungen und Beurteilungen seiner Glaubensaktivitäten durch offizielle Repräsentanten seiner Glaubensgemeinschaft unter Angabe ladungsfähiger Adressen übermitteln. Ferner ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer, darzulegen, ob die in der Beschwerde gestellten Anträge auf zeugenschaftliche Einvernahmen noch aufrecht seien. Der Beschwerdeführer erstatte daraufhin eine kurze Stellungnahme, in der er u. a. erklärte, die Beziehung zu seiner früheren Lebensgefährtin sei nicht mehr aufrecht, er habe seit einem Monat eine neue Beziehung mit einer namentlich genannten Frau. Den Antrag auf Einvernahme der evangelischen Pfarrerin hielt der Beschwerdeführer ausdrücklich aufrecht, den Antrag auf Einvernahme des Pastors von "The Light of God Ministries" hingegen nicht. Der Beschwerdeführer legte das Zeugnis zur Integrationsprüfung A1 und eine Teilnahmebestätigung zu einem Deutschkurs A2 vor. Er kündigte ferner an, ein aktuelles Schreiben der Pfarre XXXX nachzureichen. Ein entsprechendes Schreiben legte der Beschwerdeführer erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.11.2019 vor.

In dieser Verhandlung vernahm das Bundesverwaltungsgericht neben dem Beschwerdeführer, der mit einem Vertreter der bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation erschein, die vom Beschwerdeführer beantragte evangelische Pfarrerin (als Zeugin) ein. Die belangte Behörde hatte schon im Vorfeld erklärt, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Teilnahme daran zu verzichten. In der Ladung zur Verhandlung hatte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer abermals konkret um Mitwirkung im Verfahren ersucht; der Beschwerdeführer erstattete keine weitere Eingabe. In der mündlichen Verhandlung legte er weitere Bescheinigungsmittel vor.

Im Anschluss an die Verhandlung wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 22.11.2019 zu Gänze als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 27.11.2019 die schriftliche Ausfertigung des Erkentnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren; seine Identität steht nicht fest. Er ist ein erwachsener, arbeitsfähiger männlicher Drittstaatsangehöriger, konkret: iranischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer beherrscht die Sprachen Farsi (Muttersprache) und Türkisch (mittelmäßig), er hat außerdem geringe Englischkenntnisse und Deutschkenntnisse (siehe unten). Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe der Türken bzw. der Volksgruppen der Türken und der Perser an und wurde als Moslem (Schiit) geboren; mittlerweile bezeichnet er sich als Christ, evangelisch A.B. Der Beschwerdeführer ist gesund, ledig und kinderlos.

Der Beschwerdeführer wurde im Iran, der genaue Ort ist nicht feststellbar, geboren und wuchs jedenfalls ab seinem ersten Lebensjahr in Teheran auf, wo er auch bis zu seiner Ausreise lebte. Er besuchte in seinem Herkunftsstaat acht oder neun Jahr die Schule und übte anschließend bis zu seiner Ausreise den Beruf des Schneiders aus. Der Beschwerdeführer arbeitete zeitweise gemeinsam mit einem seiner Brüder, mit dem er ein Design-Unternehmen hatte, und in den letzten Jahren vor seiner Ausreise war er unselbstständig erwerbstätig. Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Ausreise allein in Teheran. Der Lebensstandard des Beschwerdeführers und seiner Familie war mittel.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat Familie/Verwandte, namentlich seine neun Geschwister, die in Teheran oder in der Nähe leben, weiters zahlreiche Neffen und Nichten sowie mehrere Tanten. Der Vater des Beschwerdeführers verstarb 2002, die Mutter 2008. Der Beschwerdeführer hat mit seinen Geschwistern, vor allem mit einem Bruder, sowie seinen Neffen und Nichten regelmäßig Kontakt.

Der Beschwerdeführer reiste im Herbst 2014, ca. im November, illegal vom Iran in die Türkei, wo er sich bis Oktober 2015 aufhielt. Im Oktober 2015 verließ er die Türkei und reiste illegal in Österreich ein, wo er am 28.10.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der Beschwerdeführer bezieht seit Anfang November 2015 laufend Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber; er wohnt in einer organisierten Unterkunft der Caritas XXXX . Im Sozialbericht des Caritas Teams wird der Beschwerdeführer als zuverlässig, verantwortungsvoll, hilfsbereit, engagiert und pflichtbewusst charakterisiert. Er sei stets bemüht, Freunde mit vielfältigen Kulturen zu gewinnen und pflege mit dem Betreuer-Team stets eine konstruktive und lösungsorientierte Kommunikationsbasis. Amtswege oder sonstige Termine erledige er stets selbstständig.

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihm erlaubten, die in der Verhandlung am 22.11.2019 in deutscher Sprache gestellten (einfachen) Fragen halbwegs flüssig zu beantworten. Er hat in Österreich mehrere Deutschkurse besucht: Deutsch A2, Integration ab Tag 1, VHS XXXX , seit XXXX 2019; Deutsch A2, Integration ab Tag 1, VHS XXXX , von XXXX 2019 bis XXXX 2019; Deutsch A1, Integration ab Tag 1, von XXXX 2019 bis XXXX 2019; "Alpha-Kurs" im Rahmen des Projekts "Deutsch für Alle", von XXXX 2016 bis XXXX 2016. Er hat ferner die Integrationsprüfung A1, bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau A1 und zu Werte- und Orientierungswissen, bestanden (Prüfungsdatum: XXXX 2019). Der Beschwerdeführer hat zudem im Jahr 2016 an mehreren jeweils eintägigen Info-Modulen (Bildung, Zusammenleben, Gesundheit, Wohnen) des Magistrats der Stadt Wien sowie am 10.05.2018 am Werte- und Orientierungskurs des Österreichischen Integrationsfonds teilgenommen.

Der Beschwerdeführer ist für ehrenamtliche Tätigkeit angemeldet und hat vor ca. zwei Jahren zuletzt gemeinnützig für " XXXX FONDS SOZIALES WIEN gearbeitet. In der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXXhat der Beschwerdeführer beim "Nachkirchenkaffee" geholfen; in Zukunft möchte er als Yogatrainer für interessierte Kirchenmitglieder tätig werden. Im Übrigen war und ist der Beschwerdeführer weder ehrenamtlich/gemeinnützig tätig noch erwerbstätig. Abgesehen von der Teilnahme am Gemeinschaftsleben der besagten Pfarrgemeinde/Kirche ist der Beschwerdeführer nicht in Vereinen oder Organisationen aktiv; er ist ansonsten auch nicht Mitglied von Vereinen oder Organisationen in Österreich.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich. Er verfügt hier über einen Freundes- und Bekanntenkreis, dem wenige österreichische Staatsangehörige beziehungsweise in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen angehören. Konkret hat der Beschwerdeführer einen einzigen österreichischen Freund, mit diesem trainiert er gemeinsam. Wenn der Beschwerdeführer in einem Park Yoga-Übungen macht, kommt er gelegentlich mit österreichischen Staatsangehörigen ins Gespräch. Er hat auch ein Zeitungsinterview zum Thema "Yoga" gegeben; überhaupt beschäftigt sich der Beschwerdeführer viel und gerne mit Yoga. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Bekannten/Freunden besteht kein ein- oder wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis und auch keine über ein herkömmliches Freundschaftsverhältnis hinausgehende Bindung.

Der Beschwerdeführer lernte in der Türkei eine iranische Staatsangehörige, die zu diesem Zeitpunkt bereits eine Tochter hatte, kennen, mit der er gemeinsam nach Österreich reiste und hier eine Zeit lang eine Lebensgemeinschaft führte; sie alle stellten in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Diese Lebensgemeinschaft besteht nicht mehr. Seit ca. September 2019 führt der Beschwerdeführer eine intime Beziehung zu einer polnischen Staatsangehörigen. Zwischen ihr und dem Beschwerdeführer besteht kein (wechselseitiges) Abhängigkeitsverhältnis, die beiden haben keine Kinder und leben nicht in einem gemeinsamen Haushalt; die Freundin des Beschwerdeführers ist auch nicht schwanger.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf.

Dem Beschwerdeführer fehlt es an persönlicher Glaubwürdigkeit.

1.2. Der Beschwerdeführer war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt. Dazu sei hervorgehoben:

1.2.1. Zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:

1.2.1.1. Der Beschwerdeführer ist aus seinem Herkunftsstaat nicht geflohen, er wurde dort nicht verfolgt und nicht bedroht. Namentlich wurde er nie von Behörden in seinem Herkunftsstaat verfolgt; es gab keine Übergriffe oder Misshandlungen durch Vertreter von Behörden. Der Beschwerdeführer war im Iran nie in Haft, wurde nie strafrechtlich verurteilt und es besteht auch kein Haftbefehl gegen ihn. Die iranischen Behörden such(t)en nicht bzw. der iranische Staat sucht(e) nicht nach dem Beschwerdeführer.

Es ist nicht auszuschließen, dass der Beschwerdeführer, wenn er im Iran mit einer Frau unterwegs war, kontrolliert und mitunter bestraft wurde. Ausgeschlossen ist hingegen, dass allfällige Kontrollen und/oder Bestrafungen mit Gewalt, Misshandlungen oder Übergriffen einhergegangen wären, den Beschwerdeführer massiv beeinträchtigt hätten und er deshalb im Iran nicht mehr unbehelligt leben konnte bzw. hätte leben können. Keinesfalls gab es weitere Konsequenzen und dergleichen sind auch weder gegenwärtig noch für den Fall der Rückkehr in den Heimatstaat zu erwarten.

Der Beschwerdeführer war in seinem Herkunftsstaat weder aus Gründen der Religion noch aus anderen Gründen (einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Gefahr von) intensiven staatlichen Übergriffen oder intensiven Übergriffen von Privatpersonen ausgesetzt. Er hatte weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner politischen Gesinnung und auch nicht wegen seiner sozialen Stellung oder Religion Probleme.

Abgesehen von oberflächlichen Informationen hatte der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat keine Kenntnisse über das Christentum. Der Beschwerdeführer hatte sich vor seiner Ausreise aus dem Iran nicht mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt, ihn nicht praktiziert und auch nicht beschlossen, Christ zu werden. Der Beschwerdeführer hat auch nicht versucht, den christlichen Glauben im Iran jemandem näherzubringen. Im Iran hat er keine Hauskirche oder anderweitige christliche Treffen besucht und auch nicht über das Internet an christlichen Sitzungen oder an Bibelunterricht oder Ähnlichem teilgenommen. Dergleichen und ein Abfall vom Islam wurden und werden dem Beschwerdeführer auch nicht unterstellt.

1.2.1.2. Nach seiner Einreise in Österreich hat der Beschwerdeführer zunächst zeitweise verschiedene christliche Gemeinden besucht. Anschließend nahm er ca. ein Jahr lang am Leben von "The Light of God Ministries" teil, wo er sich nach ca. vier Monaten Unterricht am 19.11.2016 taufen ließ. Im Frühjahr/Sommer 2017 fand der Beschwerdeführer Zugang zur evangelischen Kirche A.B., Pfarrgemeinde XXXX . Seither nimmt der Beschwerdeführer nahezu jede Woche am deutschsprachigen Sonntagsgottesdient teil. In dieser evangelischen Pfarrgemeinde hat er auch an einer Bibelrunde und an einem Taufkurs teilgenommen; er ließ sich aber nicht nach dem Ritus der evangelischen Kirche A.B. taufen. Ob die in der Gemeinde "The Light of God Ministries" durchgeführte Taufe von der evangelischen Kirche A.B. anerkannt wird, ist nicht abschließend geklärt. Wie unter 1.1. bereits festgestellt, hat der Beschwerdeführer in der Pfarrgemeinde beim "Nachkirchenkaffee" geholfen; in Zukunft möchte er als Yogatrainer für interessierte Kirchenmitglieder tätig werden. Im Übrigen engagiert(e) sich der Beschwerdeführer nicht in der Pfarrgemeinde.

Der Beschwerdeführer meldete am 19.04.2017 bei einer österreichischen Verwaltungsbehörde den Austritt aus der islamischen Kirche/Religionsgemeinde.

Der Beschwerdeführer hat oberflächliche Kenntnisse vom Christentum und von den Grundlagen des evangelischen/protestantischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer hat sich nicht tatsächlich, und schon gar nicht aus Überzeugung, vom islamischen Glauben abgewandt. Die Austrittserklärung aus der islamischen Kirche/Religionsgemeinde ist allein asyltaktisch motiviert. In den vergangenen Jahren hat er zwar ein gewisses Interesse am Christentum entwickelt und sich damit befasst, er ist aber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert und der christliche Glaube ist nicht wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers. Seine Hinwendung zum Christentum erweist sich als eine Scheinkonversion, die der Erlangung des Status des Asylberechtigten dienen soll. Es ist daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat weiterhin mit dem christlichen Glauben befassen oder nach dem christlichen Glauben leben oder sich privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen würde. Der Beschwerdeführer missioniert nicht und würde in seinem Herkunftsstaat auch nicht christlich missionieren.

Jene Personen im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, die von seiner Hinwendung zum Christentum wissen, namentlich die unter 1.1. genannten Familienangehörigen, haben damit kein Problem.

Die Behörden im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers haben von der - nicht aus innerer Überzeugung geschehenen - Konversion keine Kenntnis und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sie vom christlichen Engagement und der Taufe des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr in den Iran Kenntnis erlangen würden. Dasselbe gilt im Hinblick auf den - ebenso wenig aus Überzeugung - erklärten Austritt aus der islamischen Kirche/Religionsgemeinde.

Selbst für den Fall, dass weitere Angehörige, das übrige soziale Umfeld, sonstige Privatpersonen oder die Behörden im Herkunftsstaat von der Austrittserklärung, den religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich Kenntnis haben oder erlangen sollten, liefe der Beschwerdeführer nicht ernstlich Gefahr, im Zusammenhang damit, im Zusammenhang mit der behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen.

1.2.1.3. Der Beschwerdeführer hat sich in Österreich ca. zu Beginn des Jahres 2019 im Halsbereich ein Kreuzsymbol tätowieren lassen.

Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat liefe der Beschwerdeführer nicht ernstlich Gefahr, wegen seiner Tätowierung intensiven Übergriffen durch den Staat, andere Bevölkerungsteile oder sonstige Privatpersonen ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdeführer würde nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit physische oder psychische Gewalt oder Strafverfolgung oder eine andere aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung drohen. Auch in Kombination mit seinen religiösen Aktivitäten in Österreich, seiner behaupteten Konversion zum Christentum oder wegen eines allenfalls unterstellten Glaubensabfalls würde sich keine persönliche und konkrete Verfolgung, Bedrohung oder sonstige Gefährdung des Beschwerdeführers ergeben.

1.2.2. Zur allgemeinen Lage im Iran und der allgemeinen Situation des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat:

1.2.2.1. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel kann nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung der Art 2 oder 3 EMRK oder des 6. und des 13. ZPEMRK bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer hätte auch nicht um sein Leben zu fürchten, es würde ihm nicht jegliche Existenzgrundlage oder notwendige medizinische Versorgung fehlen. Vgl. die folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts.

Die vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr fußen in erster Linie auf der - nicht zutreffenden - Prämisse einer echten, inneren Konversion zum Christentum (AS 190 ff, insbesondere 199; OZ 13, S 23). Im Beschwerdeschriftsatz hat der Beschwerdeführer ferner geäußert, dass nicht festgestellt werden könne, dass eine bloß vorübergehende, der Asylerlangung dienende Annahme des christlichen Glaubens von staatlicher Seite oder von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung nach sich zieht (AS 196 f). Auch dieses - unsubstantiierte - Vorbringen trifft, wie das Bundesverwaltungsgericht dargelegt hat oder darlegen wird, nicht zu. Ebenso wenig trifft die in der mündlichen Verhandlung - in Wahrheit nur vom Rechtsvertreter (siehe 2.3.3.9.) - geäußerte Befürchtung, wegen der Tätowierung bestehe die Gefahr einer Inhaftierung und einer unterstellten Konversion zum Christentum (OZ 13, S 23), zu. Auch ansonsten hat der Beschwerdeführer kein substantiiertes Vorbringen erstattet und hat nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachgewiesen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 2 oder 3 EMRK oder dem 6. und dem 13. ZPEMRK widersprechende Behandlung drohen würde.

1.2.2.2. Die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers in den Iran bedeutet nicht allein wegen der dort vorherrschenden allgemeinen Situation eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art 2 und 3 EMRK geschützten Rechte.

Im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers bestehen zwar latente Spannungen und es kommt verschiedentlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten sowie (vor allem in Minderheitenregionen) zu terroristischen Zwischenfällen, im gesamten Iran herrscht aber nicht ein derart hohes Niveau an willkürlicher Gewalt, dass der Beschwerdeführer allein durch seine Anwesenheit einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer stammt außerdem nicht aus einer Minderheitenregion, wie dem Nordwesten des Iran oder der Region um den Persischen Golf, sondern, wie bereits festgestellt, aus Teheran, wo Geschwister und weitere Verwandte nach wie vor ohne Probleme leben.

1.2.2.3. Allein der Umstand, dass eine Person (im Ausland) einen Asylantrag gestellt hat, löst bei der Rückkehr in den Iran keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Im gegebenen Fall ist den iranischen Behörden nicht bekannt, dass und mit welcher Begründung der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Wenn Rückkehrer in einzelnen Fällen zu ihrem Auslandsaufenthalt befragt werden, geht damit keine psychische und auch keine physische Folter einher. Selbst Personen, die das Land illegal verlassen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren, jedenfalls wenn sie sonst keine weiteren Straftaten begangen haben.

1.2.2.4. Ungeachtet der angespannten Wirtschaftslage und der ebenso angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ist die Grundversorgung jedenfalls durch staatliche Hilfe und das islamische Spendensystem gesichert. Im Iran besteht ein differenziertes Sozialversicherungssystem; kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Das Gesundheitssystem ist fast flächendeckend, in Städten haben 100 % der Bevölkerung Zugang zu ärztlicher Versorgung. Seit der islamischen Revolution hat sich das Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die medizinische Versorgung ist in Teheran und anderen großen Städten ausreichend bis gut. Freilich ist die spezialisierte, medizinische Versorgung in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard.

Unter Bedachtnahme auf die festgestellte Lage im Herkunftsstaat und auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers (insbesondere Schulbildung, Arbeitsfähigkeit, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Sozialisation im Herkunftsstaat, familiäre Anknüpfungspunkte) ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr die wirtschaftliche Wiedereingliederung möglich sein wird. Er wird in der Lage sein, jedenfalls die notdürftigsten Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz, auch in medizinischer Hinsicht, zu decken. Außergewöhnliche Umstände, die dem entgegenstünden, sind weder in Bezug auf die allgemeine Lage im Iran noch auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers feststellbar.

1.2.2.5. Mord, Sexualdelikte, gemeinschaftlicher Raub, wiederholter schwerer Diebstahl, Drogenschmuggel, schwerwiegende Verbrechen gegen die Staatssicherheit, "Mohareb", Abfall vom islamischen Glauben und homosexuelle Handlungen, Drogenkonsum und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind im Iran mit Todesstrafe bedroht. Die Todesstrafe wird, vor allem bei Drogendelikten, auch tatsächlich verhängt und vollstreckt. Folter ist zwar offiziell verboten, Verhörmethoden und Haftbedingungen im Iran schließen in einzelnen Fällen seelische und körperliche Folter sowie unmenschliche Behandlung aber nicht aus. Außerdem verhängen und vollstrecken die Justizbehörden weiterhin grausame und unmenschliche Strafen, die Folter gleichkommen. Exemplarisch erwähnt sei, dass im Mai 2016 mehr als 30 Studenten wegen Teilnahme an einer Party mit Alkohol und Tanz zu je 99 Peitschenhieben verurteilt wurden.

Die Haftbedingungen im Iran sind auch abseits von Folter, Misshandlungen und Körperstrafen, wovon vor allem politische Häftlinge betroffen sind, problematisch: Überbelegung von Zellen, Unterbringungen von Häftlingen im Freien, gesundheitsschädigende Haftbedingungen, unzureichende Ernährung und medizinische Behandlung, mangelnde Hygiene.

Im Hinblick auf sein Vorleben im Iran und in Österreich besteht jedoch keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat der Todesstrafe unterworfen, inhaftiert oder sonst einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sein könnte.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

Diese Vorgaben stehen im Einklang mit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs, wonach eine Person, die internationalen Schutz beantragt und zur Stützung ihres Antrags eine Gefahr der Verfolgung aus religiösen Gründen geltend macht, zur Stützung ihres Vorbringens zu ihren religiösen Überzeugungen keine Erklärungen abgeben oder Schriftstücke vorlegen muss, die sich auf alle Komponenten des Begriffs "Religion" im Sinne der Statusrichtlinie (RL 2011/95/EU) beziehen. Jedoch obliegt es dem Antragsteller, dieses Vorbringen glaubhaft zu substantiieren, indem er Anhaltspunkte darlegt, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, den Wahrheitsgehalt des Vorbringens zu überprüfen; vgl. EuGH 04.10.2018, C-56/17.

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. mwN VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0376.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.1.4. Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die (Un-)Zulässigkeit der Abschiebung ist zu beachten: Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde; vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, und VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314. In seiner Entscheidung vom 10.08.2018, Ra 2018/20/0314, hat der Verwaltungsgerichtshof bekräftigt, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs 1 oder Abs 2 FPG glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Wie das Bundesverwaltungsgericht noch näher ausführen wird, ist der Beschwerdeführer als Person unglaubwürdig und hat - nicht nur zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaats - widersprüchliche, implausible und/oder inkonsistente Angaben gemacht. In umfassender Würdigung waren dennoch einzelne Angaben des Beschwerdeführers den Feststellungen zugrunde zu legen.

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht. Da keine (unbedenklichen) Identitätsdokumente im Original vorliegen, kann die Identität des Beschwerdeführers nicht abschließend geklärt werden. Weitere Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen Lebensverhältnissen in seinem Herkunftsstaat und in Österreich waren auf Grundlage von - bisweilen lediglich in groben Zügen - stringenten und insoweit glaubhaften Angaben im Verwaltungsverfahren (AS 15 ff, 44 ff) und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (OZ 9, 13, S 7 ff), teils in Zusammenschau mit Bescheinigungsmitteln (z. B. AS 61 ff; OZ 9, OZ 13, Beilage A) sowie vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafften Unterlagen (z. B. OZ 12; Auszug aus dem Zentralen Melderegister und aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Melderegister betreffend die Freundin des Beschwerdeführers, zum Akt genommen [vgl. OZ 13, S 10]) zu treffen. Auf einzelne Aspekte geht das Bundesverwaltungsgericht noch näher ein:

Es spricht nicht für die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, dass dieser zu verschiedenen Umständen/Verhältnissen betreffend seine Person im behördlichen und gerichtlichen Verfahren keine gleichbleibenden Angaben machte; z. B.: Volksgruppe: Fars (= Perser) (AS 15) vs. Perser und Türke (AS 46) vs. Türke (OZ 13, S 12); Dauer des Schulbesuchs im Iran: acht Jahre (AS 47) vs. neun Jahre (AS 15; OZ 13, S 11); Geburtsort: Teheran (AS 46) vs. ein Dorf, an dessen Namen sich der Beschwerdeführer nicht erinnern könne (OZ 13, S 11). Weitere Ermittlungen waren insofern jedoch nicht erforderlich, da es inhaltlich nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer etwa acht oder neun Jahre lang im Iran die Schule besucht hat, in Teheran oder einem Dorf geboren wurde (vgl. OZ 13, S 11: er lebte jedenfalls ab seinem ersten Lebensjahr in Teheran) oder ob er der Volksgruppe der Perser, der Türken oder der Perser und Türken angehört, zumal er ohnedies keine Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit vorbrachte (vgl. OZ 13, S 12). Sowohl im Hinblick auf die persönliche Glaubwürdigkeit als auch im Hinblick auf die Frage der Mitwirkung im Verfahren (vgl. insbesondere § 15 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 AsylG 2005; vgl. auch AS 17: Merkblatt über Pflichten und Rechte von Asylwerbern in verständlicher Sprache erhalten; vgl. überdies AS 45: Hinweis auf Mitwirkungspflichten und zweiwöchige Frist zur Nachreichung von Identitätsdokumenten) ist ferner zu berücksichtigten, dass der Beschwerdeführer, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht danach befragt, ob seine dem bisherigen Verfahren zugrunde gelegte Identität richtig sei und ob er Identitätsdokumente vorzulegen habe, behauptete, dass er nicht am XXXX , sondern am XXXX geboren sei. Obwohl der Beschwerdeführer bereits zuvor die Möglichkeit gehabt hatte, Bescheinigungsmittel vorzulegen (OZ 13, S 6), legte er eine - schlecht lesbare - Kopie angeblich seiner iranischen Geburtsurkunde erst nach entsprechender ausdrücklicher Frage durch den Richter vor (OZ 13, S 7, Beilage/B 2). Der Rechtsvertreter legte in der Folge eine weitere Kopie der angeblichen iranischen Geburtsurkunde des Beschwerdeführers vor (OZ 13, S 7, Beilage/B 1). Inhaltlich stimmen die in Kopie vorgelegten Dokumente nicht miteinander überein; es bestehen ferner Divergenzen zu den Angaben des Beschwerdeführers und dieser war nicht in der Lage, die Unstimmigkeiten vollständig und schlüssig aufzuklären (OZ 13, S 7 f).

Für die Feststellung zu den Deutschkenntnissen waren nicht nur die unbedenklichen im Akt enthaltenen Unterlagen maßgeblich, sondern das Bundesverwaltungsgericht konnte sich davon in der Verhandlung am 22.11.2019 auch selbst ein Bild machen (OZ 13, S 9).

Vor der belangten Behörde hatte der Beschwerdeführer angegeben, mit seinen Angehörigen im Iran keinen Kontakt mehr zu haben. Weil er Christ sei, habe er sich mit ihnen zerstritten, und er wolle nichts mehr mit ihnen zu tun haben (AS 45). Ob dies den Tatsachen entspricht, mag zwar angesichts dessen, dass keine echte, innere Konversion vorliegt, fraglich sein, muss aber nicht abschließend geklärt werden. Es steht - nach den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht - jedenfalls außer Frage, dass er gegenwärtig Kontakt zu seinen Angehörigen im Iran hat. Er sagte dezidiert, jeden Tag rufe jemand an; mit seinen Neffen und Nicht habe er öfter Kontakt als mit seinen Geschwistern. (OZ 13, S 12) Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer einen Grund haben könnte, tatsachenwidrig zu behaupten, er habe jetzt Kontakt mit seinen Angehörigen.

Dass die Beziehung zu jener namentlich genannten iranischen Staatsangehörigen, die der Beschwerdeführer nach dem Verlassen des Iran in der Türkei kennen gelernt hatte (AS 47), nicht mehr bestehe, hat der Beschwerdeführer, nachdem ihn das Bundesverwaltungsgericht zu näher bezeichneter Mitwirkung im Verfahren aufgefordert hatte (OZ 8), selbst vorgebracht (OZ 9). Anlass, an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens zu zweifeln, hat das Bundesverwaltungsgericht keinen. Ebenso glaubhaft erscheint dem Bundesverwaltungsgericht, dass der Beschwerdeführer nunmehr eine neue Freundin habe, es handelt sich um eine polnische Staatsangehörige. In der Stellungnahme vom 30.09.2019 gab der Beschwerdeführer an, seit ca. einem Monat diese Beziehung zu führen (OZ 9). In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sagte der Beschwerdeführer, er sei seit zwei Monaten mit seiner neuen Freundin zusammen (OZ 13, S 10). Kinder zu haben, eine Schwangerschaft seiner Freundin sowie einen gemeinsamen Haushalt mit ihr verneinte der Beschwerdeführer (OZ 13, S 10). Im Hinblick auf die Intensität der Beziehung ist neben den bisherigen Ausführungen nicht außer Acht zu lassen, dass der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 22.11.2019 den Geburtstag seiner Freundin nicht angeben konnte (OZ 13, S 10).

Wann der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in einer unbedenklichen Urkunde festgehalten (AS 15 ff). Dass er illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, steht außer Frage, zumal er bei seiner Einreise kein (gültiges) Einreisedokument vorlegen konnte (vgl. auch AS 49). Im Lichte der Angaben in der Erstbefragung (AS 21) erscheint nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer, wie er gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht aussagte, im Herbst 2014 illegal vom Iran in die Türkei gereist ist (OZ 13, 12; vgl. auch AS 49: November 2014). Angesichts einer in der Erstbefragung mit 13 Tagen angegebenen Dauer der Reise von der Türkei nach Österreich, die der Beschwerdeführer ca. am 12.10.2015 angetreten habe, (AS 21) und der Antragstellung am 28.10.2015 war festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Oktober 2015 die Türkei verließ und in Österreich einreiste (in diesem Sinne auch: AS 49). Er ist also nicht - wie er gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht zu glauben behauptete (OZ 13, S 12) - im November 2015 nach Österreich gekommen; dies wäre mit der Antragstellung im Oktober 2015 chronologisch unvereinbar.

Widersprüchlich sind die Angaben, wann der Beschwerdeführer den Entschluss zur Ausreise aus dem Iran gefasst haben will. Ob ein exaktes Datum angegeben werden kann, will das Bundesverwaltungsgericht an dieser Stelle nicht überbewerten. Es fällt aber auf, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung behauptete, er habe - bezogen auf das Datum derselben - vor ca. einem Jahr den Entschluss zur Ausreise gefasst und er habe ebenfalls vor ca. einem Jahr seinen Herkunftsstaat verlassen (AS 19). Nach der Aussage in der mündlichen Verhandlung will der Beschwerdeführer bereits zwei Monate vor der Ausreise aus dem Iran, als angeblich Probleme begonnen haben, als er verfolgt worden sei, den Entschluss, den Iran zu verlassen, gefasst haben (OZ 13, S 13). Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass, hätte der Beschwerdeführer tatsächlich zwei Monate vor der Ausreise Probleme bekommen bzw. wäre er verfolgt worden und hätte der Beschwerdeführer deshalb den Entschluss zu Ausreise gefasst, er in der Erstbefragung den Zeitpunkt des Fassens des Ausreiseentschlusses nicht mit dem Zeitpunkt der Ausreise gleichgesetzt hätte.

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 12).

2.3. Zur Feststellung "Der Beschwerdeführer war im Iran keiner aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt und wäre auch im Falle seiner Rückkehr dorthin mit nicht maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt.":

2.3.1. Soweit der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz das von der belangten Behörde geführte Ermittlungsverfahren bemängelt (AS 190 ff), hat er ein weitgehend verfehltes Vorbringen erstattet, was seine Glaubwürdigkeit weiter schmälert:

Der Beschwerdeführer hatte in der behördlichen Einvernahme am 12.09.2017 zunächst die Gelegenheit, in freier Erzählung zu schildern, weshalb er einen Asylantrag in Österreich stelle (AS 49). Der Beschwerdeführer beschränkte sich auf die folgenden Sätze: "Mein Leben war im Iran in Gefahr. Wenn ich festgenommen worden wäre, würde ich für lange Zeit verhaftet werden. Da ich im Iran zum Christentum konvertiert bin, habe ich Probleme im Iran. Das ist mein Fluchtgrund." (AS 49 f) Der Leiter der Einvernahme fragte den Beschwerdeführer anschließend, ob dieser weitere Fluchtgründe habe; der Beschwerdeführer verneinte. In der Folge forderte der Leiter der Einvernahme zu genaueren Angaben auf und stellte dem Beschwerdeführer konkrete Fragen (AS 50 ff).

Zumindest soweit man von der Frage, ob eine Zeugeneinvernahme im behördlichen Verfahren geboten gewesen wäre, absieht, worauf das Bundesverwaltungsgericht an dieser Stelle nicht eingeht, weil ein (diesbezüglicher) allfälliger Verfahrensmangel jedenfalls durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren saniert wäre (z. B. VwGH 26.02.2019, Ra 2019/06/0011), ist die belangte Behörde - entgegen der Darstellung im Beschwerdeschriftsatz (AS 190) - ihrer aus § 18 AsylG 2005 in Verbindung mit § 37 und § 39 Abs 2 AVG resultierenden Pflicht, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, nachgekommen; vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236. Namentlich hat die belangte Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hingewirkt, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Zu beachten ist überdies, dass aus § 18 AsylG 2005 keine Verpflichtung abgeleitet werden kann, Umstände ermitteln zu müssen, die ein Asylwerber gar nicht behauptet hat; vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0202. Ferner zieht § 18 AsylG 2005 nicht die Pflicht nach sich, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen; vgl. VwGH 15.10.2018, Ra 2018/14/0143. Insbesondere kann keine Verpflichtung der belangten Behörde erkannt werden, den Beschwerdeführer zu seinem Standpunkt dienlichen Angaben durch zielgerichtete Befragung gleichsam anzuleiten.

Auch das Vorbringen, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer damit hätte konfrontieren müssen, dass er unzureichende Angaben gemacht habe, entbehrt jeglicher Grundlage. Zum einen hatte der Beschwerdeführer vor Beendigung der Einvernahme die Möglichkeit, noch etwas anzugeben, wovon er jedoch nicht Gebrauch machte (AS 52). Er habe ausreichend Zeit gehabt, seine Probleme vollständig und so ausführlich, wie er es gewollt habe, zu schildern (AS 52). Zum anderen ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 31.01.2019, Ra 2018/20/0529) weder das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, dem Asylwerber im Wege eines Vorhaltes zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden sind, die im Rahmen der gemäß § 45 Abs 2 AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grund eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen. Nicht außer Acht zu lassen ist zudem, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz zwar behauptet, er hätte bei entsprechender Befragung eingehender dazu sprechen können, wieso ihn das Christentum im Innersten anspreche und welchen Stellenwert es in seinem Leben einnehme (AS 196), er hat es aber unterlassen, die entsprechenden Ausführungen in den Beschwerdeschriftsatz aufzunehmen. Auch vor diesem Hintergrund erweist sich das Vorbringen als unzutreffend.

Auf die ebenfalls unzutreffende Behauptung der Mangelhaftigkeit der Länderfeststellungen (AS 194) und der fehlenden Auseinandersetzung mit den Folgen einer Scheinkonversion (AS 196 f) wird das Bundesverwaltungsgericht unter 2.3.3.8. noch eingehen.

2.3.2. Ergänzend zu den Ausführungen unter 2.2. hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer auch sonst seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht (vgl. insbesondere § 15 AsylG 2005 sowie generell zur Mitwirkungsobliegenheit im Verwaltungsverfahren z. B. VwGH 15.11.1994, 94/07/0099, und Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 16 [Stand 1.7.2005, rdb.at]) nicht (ausreichend) nachkam. Dass der Beschwerdeführer im Jahr 2017 dem Bundesverwaltungsgericht "in Entsprechung der Mitwirkungspflicht" (OZ 3) einen aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister übermittelte, kann an dieser Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht nichts ändern. Es belegt gewiss, dass sich der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht bewusst war. Dass der Beschwerdeführer - unter Berufung auf die Mitwirkungspflicht - einen Meldezettel übermittelte, aber zur konkreten Mitwirkung insbesondere an der Ermittlung des zur Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz relevanten Sachverhalts (vgl. bereits 2.1.2.) ersucht, diesem Ersuchen nur unzureichend entsprach, ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer keinen begründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat. Von einer Person, die tatsächlich wohlbegründete Furcht vor Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat wegen einer Konversion vom Islam zum Christentum hat und dementsprechend in einem anderen Staat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wäre eine umfassende Mitwirkung im Verfahren, insbesondere um die Verfolgung(sgefahr) und im konkreten Fall die Konversion zum Christentum auch glaubhaft machen zu können, zu erwarten.

Mit Schreiben vom 09.09.2019, OZ 8, ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer unter Einräumung einer dreiwöchigen Frist konkret um näher bezeichnete Mitwirkung im Verfahren: Der Beschwerdeführer sollte insbesondere schriftlich seine Glaubensaktivitäten seit der Einreise in Österreich vollständig darlegen, dem Bundesverwaltungsgericht alle bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen (insbesondere betreffend seine Glaubensaktivitäten und Lebenssituation in Österreich) sowie allfällige sonstige wesentliche Änderungen oder Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bekannt geben und alle Beweismittel vorlegen. Überdies sollte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht aktuelle Bescheinigungen, Beschreibungen und Beurteilungen seiner Glaubensbetätigung durch offizielle Repräsentanten seiner Glaubensgemeinschaft unter Angabe ladungsfähiger Adressen übermitteln. Ferner ersuchte das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer, darzulegen, ob die in der Beschwerde gestellten Anträge auf zeugenschaftliche Einvernahmen (AS 195) noch aufrecht seien.

Der Beschwerdeführer erstatte daraufhin eine kurze Stellungnahme, in der er u. a. erklärte, die Beziehung zu seiner früheren Lebensgefährtin sei nicht mehr aufrecht, er habe seit einem Monat eine neue Beziehung mit einer namentlich genannten Frau. Den Antrag auf Einvernahme der evangelischen Pfarrerin hielt der Beschwerdeführer ausdrücklich aufrecht, den Antrag auf Einvernahme des Pastors von "The Light of God Ministries" hingegen nicht. Der Beschwerdeführer legte das Zeugnis zur Integrationsprüfung A1 und eine Teilnahmebestätigung zu einem Deutschkurs A2 vor.

Entgegen der Aufforderung legte der Beschwerdeführer seine Glaubensaktivitäten seit seiner Einreise in Österreich nicht (vollständig) dar. Er übermittelte auch keinerlei aktuelle Bescheinigungen, Beschreibungen und Beurteilungen seiner Glaubensbetätigung. Er kündigte lediglich an, ein aktuelles Schreiben der Pfarre XXXX nachzureichen. Ein entsprechendes Schreiben legte der Beschwerdeführer allerdings erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 22.11.2019 vor.

Auf die Aussage der vom Beschwerdeführer beantragten und in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Zeugin, XXXX , wird das Bundesverwaltungsgericht unter 2.3.1.7. noch näher eingehen. An dieser Stelle bereits anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer die Zeugin in seinem Schreiben vom 30.09.2019, OZ 9, als "Liturgin der XXXX kirche" (Evangelische Pfarrgemeinde A.B. XXXX ) bezeichnete und ihre Ladungsadresse mit "Evangelische Pfarrgemeinde A.B. XXXX [...]" angab. Wie aus ihrer Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht unmissverständlich folgt, war die Zeugin allerdings nur bis August 2018 (Pfarrerin) (in) der XXXX kirche/Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX (OZ 13, Beilage Z, S 2). Diese Aussage erhellt im Nachhinein, weshalb der Zeugin die Ladung per Adresse Evangelische Pfarrgemeinde A.B. XXXX , nicht zugestellt werden konnte ("verzogen"). Die Bekräftigung des Beweisantrags, wie sie der Beschwerdeführer in der soeben dargestellten Form in der OZ 9 vornahm, mag man als unzureichende Mitwirkung und/oder als Ausdruck fehlender Kenntnisse von der Pfarrgemeinde, die der Beschwerdeführer seit Jahren besucht (z. B. AS 51), was wiederum fehlendes Interesse und Engagement indiziert, werten. In jedem Fall weist es klar auf die Unbegründetheit des Antrags auf internationalen Schutz hin, dass der Beschwerdeführerin die Zeugin in der Eingabe vom 30.09.2019 als "Liturgin der XXXX kirche" (Evangelische Pfarrgemeinde A.B. XXXX ) bezeichnete und ihre Ladungsadresse mit "Evangelische Pfarrgemeinde A.B. XXXX [...]" angab, obwohl die Zeugin nur bis August 2018 (Pfarrerin) (in) der XXXX kirche/Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX war und längst eine andere Funktion ausübt (OZ 13, Beilage Z, S 2).

2.3.3. Zu den Feststellungen zu den (behaupteten) Fluchtgründen und den geäußerten Befürchtungen für den Fall der Rückkehr:

2.3.3.1. In der behördlichen Einvernahme am 12.09.2017 gab der Beschwerdeführer unmissverständlich an, dass er im Iran nicht in Haft gewesen und auch nicht strafrechtlich verurteilt worden sei; es bestehe kein Haftbefehl gegen ihn. Er sei in seinem Heimatland nicht politisch tätig gewesen und kein Mitglied einer Partei oder Organisation gewesen (AS 49). Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und sozialen Stellung sei er nie konkret und persönlich einer Verfolgung ausgesetzt gewesen (AS 49). Auch gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht verneinte der Beschwerdeführer Probleme wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit und politischen Gesinnung (OZ 13, S 12). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Angaben nicht stimmen sollten. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sie daher ohne Weiteres den Feststellungen zugrunde legen.

In der mündlichen Verhandlung nach einer behördlichen Verfolgung und Übergriffen bzw. Misshandlungen durch Vertreter von Behörden im Iran befragt, sagte der Beschwerdeführer zunächst, er möchte über seinen Fluchtgrund erzählen, dies sie die einzige Verfolgung gewesen. Sie haben ihn verhaften wollen und deshalb sei er geflüchtet. Nach Nachfrage durch den Richter gab der Beschwerdeführer an, dass es sonst keine Vorfälle gegeben habe, und fügte hinzu, wenn er mit einer Frau unterwegs gewesen und kontrolliert worden sei, sei es vorgekommen, dass er bestraft worden sei (OZ 13, S 12). Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderinformationen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, S 27) erscheinen Kontrollen bei Verdacht auf (nach dem im Iran vorherrschenden Verständnis) "illegitime Beziehung" und Bestrafungen deshalb nicht ausgeschlossen. Gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers spricht freilich, dass er dieses erstmals vor dem Bundesverwaltungsgericht erstattete. Unterstellt man, dass dieses Vorbringen den Tatsachen entspricht, indiziert der Umstand, dass der Beschwerdeführer es erstmals und auch erst nach Nachfrage durch den Richter in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstattete, dass die entsprechenden Geschehnisse vom Beschwerdeführer nicht als einschneidend empfunden worden sind und diesen auch nicht zur Ausreise aus seinem Herkunftsstaat veranlasst haben. Dass allfällige derartige Kontrollen und Bestrafungen mit Gewalt, Misshandlungen oder Übergriffen einhergegangen wären, den Beschwerdeführer massiv beeinträchtigt hätten und er deshalb im Iran nicht mehr unbehelligt leben konnte bzw. hätte leben können, brachte er ebenso wenig vor wie allfällige deshalb gegenwärtig oder im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat zu befürchtende Konsequenzen.

Das Fluchtvorbringen beruht auf der behaupteten Abwendung vom Islam, Hinwendung zum Christentum und angeblich daraus resultierenden Verfolgung (AS 48 f; 189 ff; OZ 13, S 12 f). Dieses Vorbringen ist nicht glaubhaft.

2.3.3.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im behördlichen und gerichtlichen Verfahren, warum er in Österreich einen Asylantrag stelle (AS 49 ff) bzw. weshalb er den Iran verlassen und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe (OZ 13, S 13 ff) war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts vor allem durch Widersprüche in zentralen Punkten gekennzeichnet, implausibel und - zusammenfasst - zur Glaubhaftmachung eines bestimmten Sachverhalts ungeeignet.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung, die sich nach § 19 Abs 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, bestehen; vgl. etwa VfGH 20.02.2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017. Im gegenständlichen Fall kann jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass zwischen der zum Fluchtgrund in der Erstbefragung protokollierten Aussage des Beschwerdeführers (AS 23) und den in weiterer Folge gegenüber der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben beträchtliche Diskrepanzen bestehen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte, bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor der belangten Behörde die Wahrheit gesagt zu haben (OZ 13, S 7). Die bei der Erstbefragung und in der behördlichen Einvernahme gemachten Angaben wollte er - abgesehen vom Geburtsdatum (vgl. bereits 2.2.) - nicht korrigieren; "Alles andere ist korrekt." (OZ 13, S 8). Das Bundesverwaltungsgericht zieht daher auch die Angaben des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung zur Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftmachung seines Vorbringens heran. Vgl. zur Zulässigkeit derartiger Erwägungen mwN VwGH 30.09.2019, Ra 2019/20/0455:

In der Erstbefragung behauptete der Beschwerdeführer, er habe den Iran verlassen, weil er seine Religion gewechselt habe und deshalb von seiner Familie und den Behörden unmenschlich behandelt worden sei. Schließlich haben sie (wohl gemeint: der Beschwerdeführer, seine damalige Lebensgefährtin, die er in er Türkei kennen gelernt hatte, und deren Kind) die Türkei verlassen, weil er nur in der Türkei gewesen sei, um nach Europa zu kommen. (AS 23) Im weiteren Verfahren brachte der Beschwerdeführer allerdings überhaupt (nicht) mehr vor, von den iranischen Behörden und/oder seiner Familie wegen der angeblichen Konversion zum Christentum unmenschlich behandelt worden zu sein (AS 49 ff; OZ 13, S 13 ff): Vor der Behörde sprach er allgemein von Problemen (AS 50) und dass er Angst habe, verhaftet zu werden (AS 50). Er erwähnte ferner, worauf das Bundesverwaltungsgericht noch näher eingehen wird, dass er einmal von einem Motorrad verfolgt worden sei (AS 50), wobei dieser behauptete Vorfall weder ein Vorbringen zu einer konkreten unmenschlichen Behandlung noch einen konkreten und nachvollziehbaren Bezug zu Behörden oder Familienangehörigen beinhaltet. Vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptete der Beschwerdeführer auch lediglich, "sie" hätten ihn verhaften wollen (OZ 13, S 12), was der Beschwerdeführer überhaupt nicht konkretisierte, und dass er nicht habe verhaftet werden wollen (OZ 13, S 13). Auch den Ausführungen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde zum angeblichen Abbruch des Kontakts zu seiner Familie ist nicht einmal ansatzweise zu entnehmen, dass er von seiner Familie unmenschlich behandelt worden wäre. Er sagte nur, dass er sich "verstritten" habe mit seinen Geschwistern, weil er Christ sei, und dass er nichts mehr mit ihnen zu tun haben wolle (AS 45). Ähnlich gab der Beschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass seine Familie, als diese erfahren habe, dass er Christ sei, nichts mehr von ihm habe wissen wollen (OZ 13, S 12).

Die aufgezeigten beträchtlichen Diskrepanzen begründen weitere Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und deuten zudem eindeutig darauf hin, dass dieser, wenn er über seinen angeblichen Fluchtgrund sprach, durchwegs nicht tatsächlich Erlebtes berichtete, sondern eine konstruierte Fluchtgeschichte wiedergab - und dies in nicht stringenter Weise. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung die Fragen "Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen? Hätten Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihren Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen? Wenn ja, welche?" mit "Nein" beantwortete, während er bei der Frage zuvor behauptet hatte, er befürchte, dass er von der iranischen Behörde die Todesstrafe bekommen könnte (AS 23), und in der behördlichen Einvernahme ausdrücklich behauptete, die iranischen Behörden suchen nach ihm (AS 45). Dieses Vorbringen wiederum steht nicht im Einklang mit der Aussage des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht: Gefragt, ob im Iran ein Verfahren gegen ihn anhängig sei, ob nach ihm gefahndet werde, ob seine Familie seit seiner Ausreise Probleme mit den iranischen Behörden gehabt habe, erwähnte der Beschwerdeführer mit keinem Wort, dass nach Behörden nach ihm suchen würden. Er sagte vielmehr: "Ich weiß es nicht, meine Familie bekam keine Probleme." (OZ 13, S 13 f) Das Bundesverwaltungsgericht erachtet es daher nicht für glaubhaft, dass iranischen Behörden bzw. der iranische Staat nach dem Beschwerdeführer suchten oder suchen bzw. suchte oder sucht.

Wenngleich es - im Hinblick auf die in Mitteleuropa zu erwartenden Lebensbedingungen - menschlich nachvollziehbar sein mag, dass der Beschwerdeführer bestrebt war, nach Europa zu gelangen (AS 23), ist doch bemerkenswert, dass zwischen den angeblich fluchtkausalen Ereignissen (AS 50; OZ 13, S 13) und dem Stellen des Antrags auf internationalen Schutz über ein Jahr verging (vgl. bereits 1.1. und 2.2.). Offenbar sah sich der Beschwerdeführer nicht dazu veranlasst, in der Türkei, in die er unmittelbar aus dem Iran einreiste, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Sichtlich war er auch nicht bemüht, unverzüglich nach Europa zu gelangen. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer, hätte er sich im Iran tatsächlich dem Christentum zugewandt und hätte deshalb tatsächlich die (konkrete) Gefahr einer Verhaftung bestanden, entweder in der Türkei einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hätte oder jedenfalls unverzüglich in die Zieldestination (AS 23: Europa, AS 49: Niederlande) weitergereist wäre, um dort einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Jedenfalls wäre er nicht, ohne dergleichen zu unternehmen, - sichtlich bedenkenlos - ca. ein Jahr in der Türkei geblieben, und zwar auch nicht im Falle von Visafreiheit für iranische Staatsangehörige in der Türkei, zumal der Beschwerdeführer angab, ohne Reisedokumente den Iran verlassen zu haben und

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten