TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/21 W233 2120455-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.01.2020
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Entscheidungsdatum

21.01.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55

Spruch

W233 2120455-2/12E

W233 2215978-1/11E

W233 2215973-1/11E

W233 2215975-1/11E

W233 2226194-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I.

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.02.2019, Zl. 506302005 - 171039891, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.12.2019 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. bis VI. werden als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des verhängten Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG auf 4 Jahre herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

II.

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, 2.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan, 3.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan und 4.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.02.2019, Zahl: 1146507405 - 1771001312 (ad 1.), Zahl: 1146507906 - 171001325 (ad 2.), Zahl: 1146508402 - 171001339 (ad 3.) und vom 04.11.2019, Zahl: 1250870904 - 191110477 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.12.2019 zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

I. Verfahrensgang:

Zum Erstbeschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer reiste Ende August 2014 unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 29.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Antrag mit Bescheid vom 11.01.2016 auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten bzw. auf Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und ihm keinen Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Usbekistan zulässig ist und ihm dafür eine Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise gewährt.

Seiner dagegen eingebrachten Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 31.08.2016 stattgegeben und ihm den Status eines Asylberechtigten zuerkannt, da zum damaligen Entscheidungspunkt für ihn im Falle seiner Rückkehr nach Usbekistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, aufgrund seiner früheren Tätigkeiten und damit einhergehend wegen ihm unterstellter politischer Gesinnung von staatlichen Akteuren, Gewalt oder Verfolgung drohte.

Am 23.07.2017 nötigte der Erstbeschwerdeführer eine Frau mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung, weshalb er mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13.08.2018 wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 3 Monate unbedingt, verurteilt wurde. Seiner dagegen eingebrachten Berufung hat das Oberlandesgericht XXXX mit Urteil vom 10.04.2019 keine Folge gegeben.

In der Folge hat das Bundesamt ein Aberkennungsverfahren eingeleitet und mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 30.09.2019 den ihm zuerkannten Status eines Asylberechtigten aberkannt, ihm keinen Status eines subsidiär Schutzberechtigten gewährt, keinen Aufenthaltstitel erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Usbekistan zulässig ist, wofür ihm eine 14-tägige Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt wurde und schließlich ihm gegenüber ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dagegen hat der Erstbeschwerdeführer, unterstützt durch einen ihm amtswegig beigegebenen Rechtsberater, die gegenständliche Beschwerde erhoben.

Zur Zweit-, zum Dritt-, zum Viert- und zum Fünftbeschwerdeführer:

Die Zweit-, der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sind am 24.08.2017 legal unter Verwendung eines ihnen jeweils ausgestellten Visums der österreichischen Botschaft in Moskau in das österreichische Bundesgebiet eingereist und haben gemeinsam am 29.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, den sie damit begründeten, dass ihrem Ehemann bzw. Vater der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

Der Fünftbeschwerdeführer wurde am XXXX im Bundesgebiet geboren und wurde für ihn am 30.10.2019 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Zweit-, des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers mit Bescheiden vom 05.02.2019, auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten bzw. auf Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und ihnen keinen Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Usbekistan zulässig ist und ihnen eine Frist von zwei Wochen zur freiwilligen Ausreise gewährt.

Der Antrag des Fünftbeschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2019, wie jene der Zweit-, des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers, negativ entschieden.

Gegen diese bescheidmäßigen Erledigungen haben die Zweit-, der Dritt-, der Viert- und der Fünftbeschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.12.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die usbekische Sprache, der Beschwerdeführer, ihrer Rechtsvertretung und eines Vertreters der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durch. Im Zuge dieser Verhandlung wurden die Beschwerdeführer (BF 1 - BF 4) zu ihren Vorbringen, ihren persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie ihrer Integration in Österreich befragt und mit den beiden erwachsenen Beschwerdeführern das bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingebrachte aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Usbekistan mit Stand vom 23.11.2018 erörtert. Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung legten die Beschwerdeführer weitere Integrationsunterlagen und ärztliche Befunde des Erstbeschwerdeführers vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten der Beschwerdeführer, insbesondere durch Einsicht in die Niederschriften der Einvernahmen der Beschwerdeführer vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vor dem Bundesamt, durch Einsicht in die von ihnen vorgelegten Urkunden, das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumenten über Usbekistan vom 23.11.2018 sowie durch Einsichtnahme in aktuelle Auszüge aus ZMR, GVS und Strafregister. Zudem durch Einsichtnahme in die im Akt des Erstbeschwerdeführers einliegenden Urteile des LG für Strafsachen Salzburg und jenem des Oberlandesgerichts Linz.

II.1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und den Fluchtgründen des Erstbeschwerdeführers:

Der Erstbeschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Usbekistan, der Volksgruppe der Usbeken und der Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam zugehörig. Seine Muttersprache ist Usbekisch und spricht er auch Russisch und Deutsch. Seine Identität steht fest.

Der Erstbeschwerdeführer hält sich seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 29.08.2014 durchgehend in Österreich auf.

Dem Erstbeschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2016 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

Der Erstbeschwerdeführer ist mit XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörige von Usbekistan, die Zweitbeschwerdeführerin, verheiratet. Dieser Ehe entstammen die gemeinsamen Söhne, XXXX , geboren am XXXX , der Drittbeschwerdeführer, XXXX geboren am XXXX , der Viertbeschwerdeführer und XXXX geboren am XXXX , der Fünftbeschwerdeführer.

Der Erstbeschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat nach seiner Schulbildung auch eine akademische Ausbildung genossen und in der Folge in Usbekistan in verschiedenen Berufen gearbeitet.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt in Usbekistan über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner dort aufhältigen Mutter und Schwester sowie seines dort aufhältigen Bruders, zu denen er Kontakt unterhält.

Der Erstbeschwerdeführer ist als Versandlogistik-Mitarbeiter in einem Unternehmen in XXXX in ungekündigter Stellung beschäftigt, woraus er seinen und den Lebensunterhalt seiner in Österreich aufhältigen Familienmitglieder (BF 2 bis BF 5) bestreitet. Zudem engagiert sich der Erstbeschwerdeführer in einem Fahrradverein in XXXX .

In Österreich oder von Österreich aus geht der Erstbeschwerdeführer keinerlei politischen Aktivitäten nach.

In Österreich leben, abgesehen von den Mitgliedern seiner Kernfamilie (BF 2 bis BF 5), keine weiteren Familienmitglieder oder Verwandten des Erstbeschwerdeführers.

Der Erstbeschwerdeführer leidet aktuell an einer akuten Belastungsreaktion und nimmt zur Behandlung dieser Erkrankung Medikamente ein. Allerdings leidet der Erstbeschwerdeführer nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung, welche im Falle seiner Abschiebung ihn dem realen Risiko aussetzen würde, in Usbekistan unter qualvollen Umständen zu sterben, noch dass er wegen des Fehlens angemessener Behandlung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung in Usbekistan mit dem realen Risiko konfrontiert wäre, einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgesetzt zu sein, die zu einem intensiven Leiden oder einer erheblichen Verkürzung seiner Lebenserwartung führen würde. Der Erstbeschwerdeführer hat in Usbekistan freien Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Der Erstbeschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich bescholten: Er wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13.08.2018, GZ: XXXX , wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung (§ 202 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon 9 Monate unter der Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt, verurteilt. Somit wurde der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe mit drei Monaten festgesetzt.

In der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht XXXX zeigte sich der Erstbeschwerdeführer wider die ihn erhobenen Vorwürfe im Ergebnis nicht geständig und verantwortete sich zunächst dahingehend, dass er alkoholisiert gewesen wäre und nicht wüsste, was er gemacht habe und in der Folge damit, dass er vorbrachte, dass die ihm angelastete Handlung einvernehmlich geschehen wäre.

Der gegen das Urteil angemeldeten Berufung des Erstbeschwerdeführers wurde vom Oberlandesgerichts XXXX mit Urteil vom 10.04.2019, GZ: XXXX nicht Folge gegeben. Das Urteil des Landesgerichts XXXX vom 13.08.2018, GZ: XXXX , ist somit in Rechtskraft erwachsen.

Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesamt am 06.082019 relativierte der Erstbeschwerdeführer seine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung dahingehend, dass er ausführte, dass es sich dabei um eine Verschwörung handle. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.12.2019 wiederholte der Erstbeschwerdeführer dieses Vorbringen und unterstellte den österreichischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten zudem mit seiner Aussage, dass dies so organisiert worden sei und hinter diesem Fall "große Leute" stünden, gegen die er alleine nicht kämpfen könne bzw. die großen Einfluss in Österreich und auch Kontakte zur österreichischen Polizei hätten (vgl. Niederschrift über die mündliche Beschwerdeverhandlung vom 18.12.2019, S 9f), zumindest eine Nähe zur Korruption.

Festgestellt wird, dass die Umstände, auf Grund derer dem Erstbeschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2016 seinerzeit die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde, weggefallen sind. Dabei handelt es sich um jene Umstände, die in den damals der Zuerkennung des Asylstatus zugrunde gelegten Länderinformationen der Staatendokumentation vom 26.02.2016 dokumentiert sind. Diese aus 2016 stammenden Berichte stellen Usbekistan als eine autoritäre Präsidialrepublik dar, in der der frühere Präsident Karimov eine dominante Rolle innerhalb des Machtapparates spielte und Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln nur formal existierten. Weiters ist in diesen aus 2016 stammenden Berichten zu lesen, dass die usbekischen Behörden sich damals um die Auslieferung politischer Gegner oder Regierungskritiker bemüht haben und dass die nach Usbekistan zwangsweise zurückgeführten Personen, ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert worden seien und Folter oder andere Misshandlungen erlitten hätten. In den nunmehr aktuellen aus März 2018 stammenden Länderfeststellungen ist hingegen festgehalten, dass es keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden gäbe. Der nunmehrige Präsident Mirziyoyev habe einige Schritte unternommen um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern vor der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht. Um die Menschenrechte in Usbekistan zu überwachen, arbeite die usbekische Regierung mit Vertretern der Vereinten Nationen zusammen.

Unter Zugrundelegungen dieser obigen Feststellungen und dem Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer keinen politischen Aktivitäten mehr nachgeht, existiert jene Situation, welche die Zuerkennung seines Flüchtlingsstatus am 31.08.2016 rechtfertigte nicht länger.

Da die einschlägigen Länderinformationen eine umfassende politische Veränderung hin zur Verbesserung der allgemeinen Menschenrechtslage und zu einer Reform des Justizwesens und der Sicherheitsapparate aufzeigen, welche nicht bloß vorübergehender Natur, sondern von Stabilität und Dauer gekennzeichnet sind, ist der dem Erstbeschwerdeführer im August 2016 zuerkannte Schutz nicht mehr erforderlich.

Der Erstbeschwerdeführer konnte auch nicht glaubhaft vorbringen, dass, nachdem er bereits am 27.07.2014 Usbekistan verlassen hat, seine Mutter nach wie vor im Herkunftsstaat von einem Polizeiorgan regelmäßig aufgesucht und nach seinem Verbleib gefragt werde.

Zudem ist auch das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, dass er auf einer "schwarzen Liste" stehe und ihm deshalb Verfolgung von staatlichen Organen in Usbekistan drohe, nicht glaubhaft.

Somit kann zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer, der sich nicht mehr politisch engagiert bzw. aufgrund der umfassenden und dauerhaften politischen Veränderungen in seinem Herkunftsstaat, im Falle seiner Rückkehr in den Fokus der usbekischen Behörden gerät und ihm von den usbekischen Behörden wegen einer ihm seinerzeit unterstellten regierungsfeindlichen politischen Gesinnung noch immer Verfolgung droht.

Somit droht dem Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine gegen ihn gerichtete aktuelle Bedrohung oder Verfolgung, sei es durch staatliche Organe oder durch Private, aufgrund seiner Religion, Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung. Er hat eine solche im Falle seiner Rückkehr nach Usbekistan auch nicht zu erwarten.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Erstbeschwerdeführers nach Usbekistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Erstbeschwerdeführers im Herkunftsstaat festgestellt werden.

1.2. Zur Person und den Fluchtgründen der Zweit-, des Dritt-, des Viert- und des Fünftbeschwerdeführers:

1.2.1. Zur Zweitbeschwerdeführerin:

Die Zweitbeschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Usbekistan, der Volksgruppe der Usbeken und der Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam zugehörig. Ihre Muttersprache ist Usbekisch. Darüber hinaus hat sie Kenntnisse der russischen und der deutschen Sprache auf dem Niveau A2. Ihre Identität steht fest.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet. Dieser Ehe entstammen die gemeinsamen Söhne, XXXX , geboren am XXXX , der Drittbeschwerdeführer, XXXX , geboren am XXXX , der Viertbeschwerdeführer und XXXX , geboren am XXXX , der Fünftbeschwerdeführer.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat in ihrem Herkunftsstaat die Pflichtschule abgeschlossen und sodann vier Jahre lang eine universitäre Ausbildung erhalten.

Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt in Usbekistan über familiäre Anknüpfungspunkte in Form ihrer dort aufhältigen Geschwister, mit denen sie sporadisch in Kontakt steht.

Die Zweitbeschwerdeführerin engagiert sich in Österreich ehrenamtlich in einem Haus für Senioren.

In Österreich leben, abgesehen von den Mitgliedern ihrer Kernfamilie (BF 1, BF 3, BF 4 und BF 5), keine weiteren Familienmitglieder oder Verwandte der Zweitbeschwerdeführerin.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund und nimmt keine Medikamente.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist in Österreich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Zweitbeschwerdeführerin jemals einer konkret gegen ihre Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen wäre oder ihr im Falle ihrer Rückkehr eine solche droht.

1.2.2. Zum Drittbeschwerdeführer:

Der Drittbeschwerdeführer ist Staatsangehörige von Usbekistan, der Volksgruppe der Usbeken und der Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam zugehörig. Seine Muttersprache ist Usbekisch. Seine Identität steht fest.

Der Drittbeschwerdeführer ist der älteste minderjährige Sohn des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin.

Der Drittbeschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat neun Jahre die Pflichtschule besucht. In Österreich besucht der Drittbeschwerdeführer aktuell die siebente Klasse des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums " XXXX ". Der Drittbeschwerdeführer wurde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf Deutsch befragt und konnte seine für eine Kommunikation ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache unter Beweis stellen.

Der Drittbeschwerdeführer verfügt in Usbekistan über familiäre Anknüpfungspunkte in Form der Familienangehörigen seiner Eltern.

In Österreich leben, abgesehen von den Mitgliedern seiner Kernfamilie (BF 1, BF 2, BF 4 und BF 5), keine weiteren Familienmitglieder oder Verwandte des Drittbeschwerdeführers.

Der Drittbeschwerdeführer ist gesund und nimmt keine Medikamente.

Der Drittbeschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Drittbeschwerdeführer jemals einer konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen wäre oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.

1.2.3. Zum Viertbeschwerdeführer:

Der Viertbeschwerdeführer ist Staatsangehörige von Usbekistan, der Volksgruppe der Usbeken und der Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam zugehörig. Seine Muttersprache ist Usbekisch. Seine Identität steht fest.

Der Viertbeschwerdeführer ist der zweitälteste minderjährige Sohn des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin.

Der Viertbeschwerdeführer hat in seinem Herkunftsstaat sieben Jahre die Schule besucht. In Österreich besucht der Drittbeschwerdeführer aktuell die erste Klasse einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt. Der Viertbeschwerdeführer wurde in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf Deutsch befragt und konnte seine für eine Kommunikation ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache unter Beweis stellen.

Der Viertbeschwerdeführer verfügt in Usbekistan über familiäre Anknüpfungspunkte in Form der Familienangehörigen seiner Eltern.

In Österreich leben, abgesehen von den Mitgliedern seiner Kernfamilie (BF 1, BF 2, BF 3 und BF 5), keine weiteren Familienmitglieder oder Verwandte des Viertbeschwerdeführers.

Der Viertbeschwerdeführer ist gesund und nimmt keine Medikamente.

Der Viertbeschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Viertbeschwerdeführer jemals einer konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen wäre oder ihm im Falle seiner Rückkehr eine solche droht.

1.2.4. Zum Fünftbeschwerdeführer:

Der im österreichischen Bundesgebiet geborene Fünftbeschwerdeführer ist Staatsangehörige von Usbekistan, der Volksgruppe der Usbeken und der Religionsgemeinschaft des sunnitischen Islam zugehörig. Seine Identität steht fest.

Der Fünftbeschwerdeführer ist der jüngste minderjährige Sohn des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin.

Der Fünftbeschwerdeführer verfügt in Usbekistan über familiäre Anknüpfungspunkte in Form der Familienangehörigen seiner Eltern.

In Österreich leben, abgesehen von den Mitgliedern seiner Kernfamilie (BF 1, BF 2, BF 3 und BF 4), keine weiteren Familienmitglieder oder Verwandte des Fünftbeschwerdeführers.

Der Fünftbeschwerdeführer ist gesund und nimmt keine Medikamente.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Fünftbeschwerdeführer im Falle seiner Einreise nach Usbekistan aufgrund einer konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen wäre oder ihm eine solche droht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Usbekistan:

(Auszug aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Usbekistan mit Stand vom 23.11.2018):

1. Politische Lage

Usbekistan ist ein Binnenstaat, der zwischen Kasachstan im Norden und Nordwesten, Kirgisistan und Tadschikistan im Nordosten und Osten, Afghanistan und Turkmenistan im Süden und Südwesten liegt. Die Fläche des Landes beträgt 448 900 km2, die Einwohnerzahl wird mit Stand 2016 auf 31,5 Millionen geschätzt. Hauptstadt ist Taschkent (GIZ 9.2018a). Das Staatsgebiet ist in die zwölf Provinzen (Viloyatlar), Andischan, Buchara, Choresm, Dschisak, Fergana, Kaschkadaria, Namangan, Navoi, Samarkand, Syrdarja, Surchandarja und Taschkent sowie die Stadtregion Taschkent und die autonome Republik Karakalpakstan gegliedert. Die Provinzen gliedern sich wiederum in Bezirke (Tuman/Rayon) (AA 3.2018; vgl. GIZ 9.2018a).

Die Republik Usbekistan erlangte 1991 ihre Unabhängigkeit und erhielt 1992 eine demokratische Verfassung (GIZ 9.2018b). Usbekistan ist eine autoritäre Präsidialrepublik mit einer dominanten Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates. Gewaltenteilung, Institutionen und Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, welches aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden der staatlichen Komitees und anderer staatlicher Organe, sowie dem Vorsitzenden des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan, besteht. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die stellvertretenden Minister, die Richter des Verfassungs- und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (GIZ 9.2018b).

Am 14.12.2016 übernahm der langjährige Ministerpräsident Shavkat Mirziyoyev offiziell das Amt des Präsidenten der Republik Usbekistan. Mirziyoyev gewann die Präsidentschaftswahlen vom 04.12.2016 mit 88,61 Prozent der Stimmen. Die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurden angesetzt, nachdem der ehemalige Präsident Islam Karimov am 2.9.2016 gestorben war. Mirziyoyev hatte seit Anfang September 2016 das Land bereits als Interimspräsident geführt (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b).

Seit den Parlamentswahlen im Dezember 2004 hat das Land ein Zweikammer-Parlament, bestehend aus dem Unterhaus, Olij Maschlis (Oberste Versammlung) und dem Senat. Das Unterhaus umfasst 150 Abgeordnete, von denen laut Verfassung 135 Vertreter von der wahlberechtigten Bevölkerung gewählt und 15 von der Ökologischen Bewegung Usbekistans ernannt werden. Der Senat umfasst 100 Sitze, von denen 84 aus den Provinzen sowie der Republik Karakalpakstan und der Stadt Taschkent gewählt werden, während die restlichen 16 Senatoren vom Staatspräsidenten ernannt werden (AA 3.2018; vgl. AA 4.2018a).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 21.12.2014 (Stichwahl 5.1.2015) statt. Alle vier im Unterhaus vertretenen Parteien stehen der Regierung nahe, andere Parteien durften nicht antreten (AA 4.2018a; vgl. GIZ 9.2018b). Das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE/ODIHR) stellte in seinem abschließenden Wahlbeobachtungsbericht fest, dass es bei den Wahlen an Wettbewerbsfähigkeit mangelte und den Wählern keine echte Auswahl an politischen Alternativen angeboten wurden. Wahlbeobachter führten schwerwiegende Unregelmäßigkeiten auf, welche mit den nationalen Rechtsvorschriften und den OSZE-Verpflichtungen unvereinbar sind, darunter stellvertretende Stimmabgaben und Wahlfälschung durch das Auffüllen der Wahlurnen mit Stimmzetteln (USDOS 20.4.2018).

Die aus der kommunistischen Partei hervorgegangene Xalq Demokratik Partiyasi (Demokratische Volkspartei) hat die Mehrheit der Parlamentssitze inne. Die anderen Parteien im Parlament sind Adolat (Gerechtigkeit), Milliy Tiklanish (Nationale Wiedergeburt), und Fidokorlar (Die sich Aufopfernden), welche alle regierungsnah sind. Im April 2000 fusionierte die Partei Vatan Taraqiyoti (Fortschritt des Vaterlandes) mit Fidokorlar. Die jüngste Neugründung ist die Liberaldemokratische Partei Usbekistans. Die Gründung regierungsnaher Parteien soll die Fassade eines Mehrparteiensystems aufrechterhalten (GIZ 9.2018b).

Mahallas (Nachbarschaftsgemeinden) haben Funktionen der lokalen Selbstverwaltung übernommen. In Usbekistan sind sie seit 1992 als gesetzliche Organe der lokalen Selbstverwaltung in den Staatsapparat eingegliedert. Die Mahalla-Kommissionen unterliegen staatlicher Kontrolle, ihre Sekretäre und Vorsitzenden werden vom Staat bezahlt und vom jeweiligen Provinzgouverneur (Hokim) ernannt (GIZ 9.2018b).

[...]

2. Sicherheitslage

Es ist in Usbekistan von einer latenten Gefährdung durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (GIZ 8.2018b). Radikaler politischer Islamismus scheint sich vor allem im Ferganatal zu konzentrieren (GIZ 9.2018c). Landesweit herrscht die Gefahr von Terroranschlägen durch islamistische Gruppen (BMEIA 13.11.2018). Die seit den neunziger Jahren aktive "Islamische Bewegung Usbekistans" (IBU) ist eine der aktivsten Extremisten-Gruppen in Zentralasien. Die IBU unterstützte lange die Taliban im Nachbarland Afghanistan und war auch in Pakistan aktiv. 2015 legte sie den Treueeid auf den Islamischen Staat (IS) ab (SD 8.4.2017).

Usbekistan und Kirgisistan haben sich 2017 darauf geeinigt, einen jahrzehntelangen Grenzstreit über Enklaven im Ferganatal lösen zu wollen, welcher in vorangegangenen Jahren zu Schusswechseln und anderen Formen der Gewalt geführt hat. Insbesondere in der 350 km2 großen Enklave Sokh, in der über 50.000 Usbeken leben, sind mehrfach Konflikte zwischen Grenzschutzbeamten und Einheimischen aufgeflammt. Dies führt oft zu Grenz- und Straßensperren durch kirgisische Beamte, was einen Gütermangel zur Folge hatte, der wiederum oft zu neuerlichen Aufständen und Gewalt führte. Neben dem usbekischen Sokh geht es auch um die kirgisische Enklave Barak und die usbekischen Enklaven Shohimardan, Jani-Ayil und Chon Qora/Qalacha (RFE/RL 14.12.2017). Im August 2018 haben sich beide Länder im Fall der Enklave Barak auf einen Gebietstausch gegen Ländereien im Gebiet um das usbekische Grenzdorf Birleshken geeinigt, welcher bis zu zwei Jahre dauern könnte (RFE/RL 15.8.2018).

[...]

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Obwohl die Verfassung eine unabhängige Justiz vorsieht, gibt es einige Fälle in denen die Justiz nicht mit völliger Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gearbeitet hat (USDOS 20.4.2018).

Alle Richter werden vom Präsidenten für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt. Die Absetzung von Richtern des Obersten Gerichtshofs muss vom Parlament bestätigt werden, welches im Allgemeinen den Wünschen des Präsidenten nachkommt (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsanwaltskammer, eine Aufsichtsbehörde mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Instrument der staatlichen Kontrolle über den Rechtsberuf (FH 1.2018).

Die Garantien für ein ordnungsgemäßes Verfahren sind nach wie vor äußerst schwach. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Verhaftung von Personen, welche des religiösen Extremismus verdächtigt werden, routinemäßig gerechtfertigt, indem sie Konterbande platzierten, zweifelhafte Anklagen wegen finanzieller Verfehlungen erhoben oder Zeugenaussagen erfanden (FH 1.2018). Obwohl laut dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, haben sich die Empfehlungen eines Staatsanwalts im Allgemeinen durchgesetzt. Beklagte haben das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen, Zeugen zu befragen und Beweise vorzulegen. Richter lehnten Anträge der Verteidigung jedoch ab, zusätzliche Zeugen vorzuladen oder Beweise, die den Beklagten unterstützen, in die Akte aufzunehmen. Angeklagte haben das Recht auf Vertretung durch einen Anwalt. Bei Bedarf wird ein Rechtsbeistand, und wenn nötig auch ein Dolmetscher, kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubwürdigen Berichten zufolge handelten staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 20.4.2018).

Die überwiegende Mehrheit der Strafverfahren endeten mit einem Schulspruch. Mitglieder der Justiz sollen Entscheidungen auf Wunsch der Exekutive, der Generalstaatsanwaltschaft oder anderer Strafverfolgungsbehörden, gefällt haben. Gerichte stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnissen oder Zeugenaussagen, die durch Misshandlung, Bedrohung von Familienangehörigen oder anderer Formen von Gewaltanwendung gewonnen wurden. Verteidiger haben Richter gelegentlich aufgefordert Geständnisse abzulehnen und Folterbehauptungen zu untersuchen. Solche Forderungen wurden häufig aber als unbegründet abgelehnt. Foltervorwürfe wurden nicht richtig untersucht und in Gerichtsurteilen wird oft festgehalten, dass Foltervorwürfe dazu dienen würden, sich der strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen. Es gibt ein Recht auf Berufung, wobei diese selten zu einer Aufhebung der Verurteilung führt, in einigen Fällen jedoch zu einer Verringerung oder Aussetzung von Strafen (USDOS 20.4.2018).

Bürger können bei Zivilgerichten wegen angeblicher Menschenrechtsverletzungen durch Beamte, mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern, Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Entscheidungen von Zivilgerichten beeinflussen (USDOS 20.4.2018).

Im Februar 2017 verabschiedete Usbekistan eine Handlungsstrategie für die Jahre 2017 bis 2021, die Reformen im Justizbereich vorsieht. Dazu gehören neben der Verbesserung der Verwaltungs-, Straf-, Zivil- und Handelsgerichtsbarkeit auch präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität und eine verbesserte juristische Ausbildung (AA 4.2018a).

Usbekistan hat die Kompetenz zum Ausstellen von Haftbefehlen von der Staatsanwaltschaft auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip"). Die Umsetzung dieser Maßnahme ist aber nach wie vor nicht abgeschlossen (AA 4.2018a).

[...]

4. Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden behielten im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte bei, jedoch sind die zivilen Strukturen von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 20.4.2018).

Usbekistan verfügt über drei Institutionen zur Bekämpfung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Untersuchung allgemeiner Verbrechen ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewalttaten wie Mord, außerdem Korruption und Machtmissbrauch durch Beamte. Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB), welches über seinen Vorsitzenden direkt dem Präsidenten unterstellt ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und der Spionage, welche auch die Bereiche Terrorismus, Korruption, organisierte Kriminalität, Grenzkontrolle und Drogen umfassen (USDOS 20.4.2018).

Der Nationale Sicherheitsdienst (SNB) wird für die Verhaftung und Folterung von Hunderten von Bürgern sowie Aktivisten und religiösen Persönlichkeiten verantwortlich gemacht (IWPR 4.4.2018).

Es gibt mehrere Berichte, dass die Regierung oder deren Agenten, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen - auch durch Folter - begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Offiziell wird das Innenministerium mit der Untersuchung und Disziplinierung von Beamten beauftragt, die wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt sind. Es gibt keine Fälle in denen es zur Bestrafung kam. Auch das dem Parlament angegliederte Büro des Bürgerbeauftragten für Menschenrechte hat - obwohl seine Entscheidungen nicht verbindlich sind - eine Befugnis zur Untersuchung von Fällen (USDOS 20.4.2018).

Ende März verabschiedete das usbekische Oberhaus das Gesetz "Über den Staatlichen Sicherheitsdienst" und formuliert damit erstmals seit der Unabhängigkeit des Landes einen rechtlichen Rahmen für die Arbeit des Sicherheitsdienstes. Nach dem neuen Gesetz gehört zu den Aufgaben des Sicherheitsdienstes der Schutz der Verfassung, der Souveränität und der territorialen Integrität vor äußeren wie inneren Gefahren. Er ist direkt Präsident Mirziyoyev rechenschaftspflichtig (Novastan 9.4.2018). Am 1.4.2018 hat Präsident Mirziyoyev per Dekret eine umfassende Reorganisation des Nationale Sicherheitsdienstes (SNB) eingeleitet, mit der die bisherige, umfassende Autorität des SNB, beendet wird. Einige Aufgabenbereiche, wie die Sicherung staatlicher Institutionen werden dem Innenministerium unterstellt, andere, wie der Bau und die Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen wurden dem Verteidigungsministerium übertragen. Der SNB wurde im Zuge dessen in Staatssicherheitsdienst (GSB) umbenannt (IWPR 4.4.2018).

Der OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan unterstützt die usbekische Polizeiakademie bei ihrem Aus- und Weiterbildungsprogramm durch internationale Austauschbesuche und das Einbringen von internationalem Fachwissen in den Ausbildungsplan. Für Mitarbeiter der Abteilung für Menschenrechte und Rechtsschutz des Innenministeriums werden auch Kurse zur Menschenrechtslehre, den Rechten von Jugendlichen und zu Korruption organisiert (OSZE 2018).

Im Oktober 2018 fand in Taschkent eine vom OSZE-Projektkoordinator organisierte Schulung für Polizeibeamte statt. Der Fokus der Schulung lag auf der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards im Polizeidienst, wie die Wahrung der Unschuldsvermutung, das Verbot von Folter und repressiven Praktiken und den Schutz von Würde und Achtung von Zeugen und Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses (OSZE 6.11.2018). Im Mai 2018 fand der erste Teil einer Reihe von Kursen zur Erkennung und Untersuchung von Fällen von Menschenhandel statt. Die Schulung ist Teil eines langjährigen Engagements des OSZE-Projektkoordinators in Usbekistan zur Unterstützung des Landes bei der Bekämpfung des Menschenhandels (OSZE 21.5.2018).

[...]

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Während die Verfassung und Gesetze solche Praktiken verbieten, haben Polizei- und Sicherheitsbeamte regelmäßig Häftlinge geschlagen und misshandelt, um Geständnisse oder belastende Informationen zu erhalten (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018; FH 1.2018). Quellen berichteten, dass Folter, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Gefängnissen, Untersuchungseinrichtungen und örtlichen Polizei- und Sicherheitsdienststellen für Personen üblich seien, die wegen religiöser oder extremistischer Anschuldigungen verhaftet oder festgehalten werden. Foltermethoden umfassen harte Schläge, die Verweigerung von Nahrung und Toilettenbenutzung, das Fesseln der Hände und eine Ausübung von psychologischem Druck, einschließlich von Drohungen gegen Familienangehörige (USDOS 20.4.2018).

Ein Polizeigesetz aus dem Jahr 2016 verbietet Folter, und ein Präsidialdekret vom November 2017 verbietet es Gerichten Beweise zu verwenden, die durch Folter gewonnen wurden (FH 1.2018).

Am 1.6.2018 endete in Taschkent die erste internationale Diskussionsrunde über die Einrichtung eines Nationalen Präventionsmechanismus (NPM) Usbekistans gegen Folter. Bei der vom OSZE-Projektkoordinator in Usbekistan und vom Ombudsmann organisierten Veranstaltung nahmen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier, Vertreter nationaler Menschenrechtsinstitutionen, ein Mitglied des UN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter sowie lokale und internationale Rechtsexperten teil und besprachen die Entwicklung eines Rechtsrahmens gemäß internationaler Normen (OSZE 1.6.2018).

[...]

6. Korruption

Korruption ist allgegenwärtig. Bestechung, wie auch Bestechung unter Beamten niedriger und mittlerer Ebene sind üblich und manchmal sogar transparent. Die mediale Diskussion über korrupte Praktiken hat sich seit Präsident Karimovs Tod vorsichtig ausgeweitet, aber in einigen Fällen sind die beteiligten Journalisten und Kommentatoren - nicht die korrupten Beamten - unter Druck geraten (FH 1.2018).

Im Dezember 2016 wurde im Parlament ein neues Gesetz zur Korruptionsbekämpfung verabschiedet, welches die strafrechtlichen Sanktionen für Korruption von Beamten verschärft. Trotz einiger Verhaftungen auf hohen Ebenen, darunter einige Richter, bleibt Korruption endemisch. Strafrechtliche Verfolgung von Beamten durch die Regierung ist weiterhin selten, selektiv, aber oft öffentlich. Beamte sind häufig ungestraft an korrupten Praktiken beteiligt. Es gab eine Reihe von Fällen, in denen untergeordnete Amtsträger verhaftet und als "Opferlämmer" wegen angeblicher Korruption verfolgt wurden. Diese Strafverfolgung ist jedoch weder systematisch und unparteiisch, noch spiegelt sie eine entschlossene Anti-Korruptionspolitik der usbekischen Regierung und der Strafverfolgungsbehörden wider (BTI 2018).

Auf dem weltweiten Korruptionsindex wird Usbekistan 2017 im Bezug auf Korruption im öffentlichen Sektor mit 22 von 100 möglichen Punkten bewertet und liegt damit auf Rang 157 von 180 indizierten Staaten, gleichauf mit den Staaten gleichauf mit Burundi, Haiti und Zimbabwe (TI 21.2.2018).

[...]

7. Allgemeine Menschenrechtslage

Usbekistan hat wichtige Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert, darunter den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter. Dem stehen aber in der Praxis Menschenrechtsverletzungen gegenüber. Es wird weiterhin von Verhaftungen unter dem Vorwurf des Terrorismus oder der Mitgliedschaft in islamistischen Organisationen bzw. Unterstützung islamischer Fundamentalisten berichtet (AA 4.2018a).

Zu den gravierendsten Menschenrechtsfragen in Usbekistan gehörten Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftung, Isolationshaft, ausgeweitete Haft und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft, die Unmöglichkeit, die Regierung in freien, fairen und regelmäßigen Wahlen zu wählen, endemische Korruption, Menschenhandel, einschließlich staatlich veranlasster Zwangsarbeit, und die Inhaftierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen/Transgender und Intersexuellen (LGBTI- Personen) auf der Grundlage von Gesetzen, welche gleichgeschlechtliches Sexualverhalten kriminalisieren. Es gab keine Berichte über politisch motiviertes langfristiges Verschwinden von Personen durch oder im Auftrag von Regierungsbehörden. In ihrem Jahresbericht von 2017 stellt die in Genf ansässige Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen zu erzwungenem oder unfreiwilligem Verschwinden fest, dass es sieben Fälle aus den Vorjahren gibt. Nach Angaben der Arbeitsgruppe hat die Regierung nicht auf Anfragen der Gruppe, das Land besuchen zu dürfen reagiert (USDOS 20.4.2018).

Präsident Mirziyoyev hat einige Schritte unternommen, um Usbekistans "katastrophale" Menschenrechtsbilanz zu verbessern, wie z.B. die Freilassung einiger politischer Gefangener, die Lockerung bestimmter Einschränkungen der Meinungsfreiheit, die Streichung von Bürgern von der berüchtigten "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste und eine stärkere Rechenschaftspflicht staatlicher Institutionen gegenüber der Bürger (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Die Regierung arbeitet mit Vertretern der Vereinten Nationen (VN) sowie mit VN- Sonderorganisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren internationalen Organisationen, welche die Menschenrechte überwachen, zusammen und erlaubt Besuche (USDOS 20.4.2018).

Das nationale Zentrum für Menschenrechte (National Human Rights Center - NHRC), eine Regierungsbehörde, ist für die Aufklärung von Öffentlichkeit und Beamtenschaft über die Grundsätze von Menschenrechten und Demokratie zuständig und soll sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt. Das NHRC arbeitete mit der OSZE bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. (USDOS 20.4.2018).

Im Mai 2017 besuchte Zeid Ra'ad Al Hussein, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, die Republik Usbekistan. Dies war der erste Besuch eines Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, seit dessen Etablierung im Jahr 1993. Erstmals nach sieben Jahren war es auch der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch Anfang September 2017 möglich die Republik Usbekistan zu besuchen. 2017 und auch bereits 2018 wurde eine Reihe langjähriger politischer Gefangener freigelassen. Eine zunehmende Anzahl von Strafurteilen wurde in den vergangenen Monaten überprüft und aufgehoben (AA 4.2018a).

[...]

8. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland. jedoch wird diese in der Praxis eingeschränkt (USDOS 20.4.2018). Für den Umzug in eine neue Stadt ist eine Genehmigung erforderlich und häufig werden Bestechungsgelder gezahlt. um erforderliche Dokumente zu erhalten (FH 1.2018). Für den Umzug nach Taschkent ist beispielsweise eine behördliche Aufenthaltsgenehmigung oder der Erwerb einer Immobilie notwendig. Nicht registrierte Personen in Taschkent erhalten keine städtischen Dienstleistungen. können nicht legal arbeiten. ihre Kinder nicht zur Schule schicken und erhalten keine routinemäßige medizinische Versorgung.

Bürger Usbekistans sind verpflichtet für Reisen außerhalb der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Ausreisevisa zu beantragen (USDOS 20.4.2018; vgl FH 1.2018). Generell gewährt die Regierung Bürgern und Ausländern mit Daueraufenthaltsberechtigung die erforderlichen Ausreisevisa. um außerhalb der GUS zu reisen oder um auszuwandern. Ein Visum kann jedoch auch verweigert werden. wobei die Bestimmungen dafür schlecht definiert sind und Bescheide nicht angefechtet werden können. Der Verstoß gegen die Ein- und Ausreisebestimmungen wird mit einer Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren bedroht (USDOS 20.4.2018). Präsident Mirziyoyev kündigte an. dass die Ausreisevisa bis Jänner 2019 abgeschafft werden sollen (FH 1.2018; vgl. AI 22.2.2018; HRW 18.1.2018).

Dennoch wurde die Reisefreiheit von neu entlassenen Häftlingen, welche aus politischen Gründen verurteilt worden waren eingeschränkt und einige ehemalige Häftlinge wurden daran gehindert, für eine dringende medizinische Behandlung ins Ausland zu reisen (AI 22.2.2018).

[...]

9. Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung ist unterfinanziert. Das in der Sowjetunion relativ leistungsfähige, stark zentralisierte und subventionierte Gesundheitswesen ist kaum noch in der Lage eine ausreichende flächendeckende Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Armutsbezogene Krankheiten, wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch. Einige unabhängige Experten schlagen Alarm und weisen auf katastrophale Zustände im Gesundheitssystem des Landes hin (GIZ 9.2018c).

Das staatliche Gesundheitssystem besteht aus drei hierarchischen Ebenen: der nationalen (republikanischen) Ebene, der Viloyat- (regionalen) Ebene und der lokalen Ebene, die sich aus ländlichen Tumanen (Bezirken) oder Städten zusammensetzt. Daneben existiert ein relativ kleiner Privatsektor (BDA 22.9.2017).

Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern freien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Öffentliche Primärgesundheitszentren gewährleisten eine flächendeckende Versorgung mit staatlich garantierter Heil- und Vorsorgepflege. Das von der Regierung garantierte Grundleistungspaket umfasst die Grundversorgung, die Notfallversorgung, die Versorgung unter sozial schwierigen und gefährlichen Bedingungen (insbesondere bei schweren, übertragbaren Krankheiten sowie bei einigen nicht übertragbaren Krankheiten, wie schlechte psychische Gesundheit und Krebs) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, die von der Regierung als gefährdet eingestuft werden. Medikamente, die während der stationären Versorgung verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für von der Regierung deklarierte Bevölkerungsgruppen, wie Veteranen des Zweiten Weltkriegs, HIV/AIDS- Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs, sowie bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Rentner, kostenlos (BDA 22.9.2017).

Da das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz von formellen Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).

Aufgrund finanzieller Probleme ist der Standard des staatlichen Gesundheitswesens, besonders in den ländlichen Regionen, stark beeinträchtigt. 2014 kamen durchschnittlich auf 1.000 Einwohner 2,7 Ärzte und 4,4 Krankenhausbetten. (Brockhaus 13.11.2018).

Das Gesetz schützt HIV-Infizierte vor Diskriminierung und sieht eine kostenlose Gesundheitsversorgung vor. Personen, von denen bekannt wurde, dass sie HIV-positiv sind, berichteten über darauf folgende soziale Isolation und Diskriminierung durch Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, Gesundheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Vermieter und Arbeitgeber. Das Militär hat HIV-positive Rekruten aus der Armee ausgestoßen (USDOS 20.4.2018).

LGBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle/Transgender und Intersexuelle) Aktivisten berichteten, dass Krankenstationen die persönliche Geschichte von HIV-infizierten Patienten überprüften und sie als Drogenabhängige, Homosexuelle oder an Prostitution beteiligte Personen einstuften. Diejenigen, die den Aktenvermerk "homosexuell" erhielten, wurden zur polizeilichen Überprüfung verweisen, da Homosexualität zwischen Männern eine Straftat ist (USDOS 20.4.2018).

[...]

10. Rückkehr

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist in Usbekistan mit dem Assisted Voluntary Return and Reintegration Programm (AVRR) zur unterstützten freiwilligen Rückkehr und Reintegration aktiv. In den Jahren 2016 und 2017 haben jeweils weniger als 100 usbekische Staatsbürger Leistungen im Rahmen des AVRR-Programms in Anspruch genommen (IOM 2017; vgl IOM 2018).

Bis Ende 2014 gab es keine konkreten Beweise für Verhaftungen oder Verurteilungen von nach Usbekistan zurückgekehrten Asylbewerbern. ohne politischen oder religiösen Hintergrund. Im Dezember 2014 wurden sechs ehemalige Asylbewerber. die aus Norwegen nach Usbekistan zurückkehrten. wegen verfassungsfeindlicher Aktivitäten zu zwölf und 13 Jahren Haft verurteilt. Seit der Amtsübernahme von Präsident Mirziyoyev im Dezember 2016 wurden einige Veränderungen zum Besseren beobachtet (Landinfo 18.4.2018). Präsident Mirziyoyev hat sich auch an die große usbekische Diaspora gewandt und sie aufgefordert. zurückzukehren und die wirtschaftliche Liberalisierung des Landes zu unterstützen (Euromoney 4.10.2018).

Im Jahr 2015 kehrten 300.000 bis 350.000 Arbeitsmigranten aus Russland nach Usbekistan zurück. Da die Behörden wegen der Massenrückkehr von Bürgern. die keine Arbeit finden konnten ernste soziale Spannungen befürchteten. wurde einerseits ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen genehmigt. andererseits das Überwachungssystem für zurückkehrende Bürger verstärkt. Insbesondere die Mahalla-Kommitees berichteten über die Bürger. Dieses Klima hat dafür gesorgt. dass viele Arbeitsmigranten wieder nach Russland zurückkehrten (Regnum 14.8.2017).

Die usbekischen Behörden versuchen Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten zu schaffen. Der stellvertretende Minister für Arbeit und Sozialschutz. Furkat Khalilov. erinnerte in einem Interview mit der RIA Novosti daran. dass 2015 für Wanderarbeiter, die in ihre Heimat zurückkehren wollten, 409.500 Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ein spezielles

Regierungsprogramm liefert in sieben Regionen des Landes Arbeitsplätze für zurückkehrende Migranten. Gleichzeitig erhalten sie Unterstützung von der Regierung und Kleinkredite von Geschäftsbanken (Stan Radar 3.2.2017).

Der prominente usbekische Menschenrechtsaktivist und Kritiker des verstorbenen Präsidenten Islam Karimow ist am 26.9.2018. nach mehr als einem Jahrzehnt im Exil in Frankreich nach Usbekistan zurückgekehrt. Beamte der usbekischen Botschaft in Paris haben ihn Mitte August kontaktierten, um ihm mitzuteilen, dass er mit einem Jahresvisum nach Usbekistan zurückkehren kann. Ihm wurde 2014 die usbekische Staatsbürgerschaft aberkannt (RFE/RL 27.9.2018).

Die Behörden haben weiterhin Rückführungen usbekischer Staatsangehöriger, welche als Bedrohung für die "verfassungsmäßige Ordnung" oder die nationale Sicherheit angesehen werden, erzwungen. Einerseits durch Auslieferungsverfahren, andererseits durch Entführungen durch NSS-Offiziere. Die Entführten oder anderweitig zurückgeholten Personen werden in Isolationshaft genommen, gefoltert oder anderweitig misshandelt, um Geständnisse oder die Belastung anderer zu erzwingen. In vielen Fällen drängten die Sicherheitskräfte die Angehörigen dazu, keine Unterstützung von Menschenrechtsorganisationen zu suchen oder Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen einzureichen (AI 22.2.2018).

[...]

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Erstbeschwerdeführers, zu seinem Leben in Österreich und zu einer Rückkehr nach Usbekistan:

Die Feststellungen zur Person des Erstbeschwerdeführers in Bezug auf seine Identität beruhen auf der Vorlage von Identitätsdokumenten in seinem Vorverfahren. Die übrigen Feststellungen zur Person des Erstbeschwerdeführers, sohin zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seiner Muttersprache, seinen gesprochenen Sprachen und seinem Familienstand gründen sich auf seine Angaben im Verfahren. Die Feststellungen über seine Schulbildung und seine akademische Ausbildung in Usbekistan gründen sich ebenso auf seine Angaben in seinen Verfahren. Auch die Feststellungen zu den familiären Anknüpfungspunkten in Usbekistan entspringen wiederum seinen eignen Angaben im Verfahren. Dass der Erstbeschwerdeführer, abgesehen von den Mitgliedern seiner Kernfamilie, über keine weiteren Familienmitglieder oder Verwandte im Bundesgebiet verfügt, war aufgrund seiner eigenen Angaben, festzustellen.

Dass der Erstbeschwerdeführer seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 29.08.2014 durchgehend in Österreich aufhältig ist, gründet sich auf seine eigenen Angaben.

Dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich in einer ungekündigten Anstellung erwerbstätig ist, gründet sich zum einen auf seine eigenen Angaben und der Vorlage eines entsprechenden Arbeitsvertrages. Der Umstand, dass er sich in Österreich in einem Fahrradverein engagiert, gründet sich auf sein eigenes Vorbringen, welches durch die Vorlage entsprechender Bescheinigungen gestützt wird.

Die Feststellung, dass sich der Erstbeschwerdeführer in Österreich noch von Österreich aus politisch nicht betätigt, stützt sich auf seine Aussage.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers beruhen auf seinen eigenen Angaben und dem von ihm in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Ambulanzbrief des Uniklinikums XXXX , vom 07.10.2019. Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, welche im Falle seiner Abschiebung ihn dem realen Risiko aussetzen würde, in Usbekistan unter qualvollen Umständen zu sterben, leidet, noch dass er im Falle seiner Rückkehr einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgesetzt wäre, die zu einem intensiven Leiden oder einer erheblichen Verkürzung seiner Lebenserwartung führen würde, stützt sich darauf, dass dem von ihm ins Verfahren eingebrachten ärztlichen Befund eine solche Gefahr nicht ableitbar ist. Dass dem Erstbeschwerdeführer in Usbekistan eine solche Gefahr wegen des Fehlens angemessener Behandlung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung in Usbekistan nicht droht, stützt sich auch auf die einschlägigen Länderfeststellungen, welchen vom Erstbeschwerdeführer auch nicht substantiiert entgegengetreten wurde. So ist in diesen aktuellen Länderinformationen ausgeführt, dass zwar die Gesundheitsversorgung in Usbekistan unterfinanziert sei, jedoch die usbekische Verfassung jedem usbekischen Bürger einen freien Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleistet. Die öffentlichen Primärgesundheitszentren in Usbekistan gewährleisten eine flächendeckende Versorgung mit staatlich garantierter Heil- und Vorsorgepflege. Dieses garantierte Grundleistungspaket umfasst u.a. die Grundversorgung, die Notfallversorgung und die Versorgung unter sozial schwierigen und gefährlichen Bedingungen. Medikamente, die während der stationären Versorgung verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben.

Der Umstand, dass dem Erstbeschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten gewährt worden ist, stützt sich auf die in seinem Akt diesbezüglich einliegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2016.

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Bescholtenheit des Erstbeschwerdeführers ist dem im Akt einliegenden Urteil des Landesgerichts XXXX , Zahl XXXX , vom 13.08.2018 zu entnehmen. Aus diesem ergeben sich auch die Tathandlung und die Entscheidungsgründe des Landesgerichts Salzburg. Auch die Feststellung, dass seiner Berufung mit Urteil des Oberlandesgericht XXXX , Zahl XXXX , vom 10.04.2019 keine Folge gegeben wurde, ist dem im Akt einliegenden Urteil des Oberlandesgerichts Linz zu entnehmen.

Der Umstand, dass sich der Erstbeschwerdeführer vor dem Landesgericht XXXX nicht geständig zeigte, gründet sich auf die in diesem Urteil festgehaltene Beweiswürdigung. Die Feststellungen, dass der Erstbeschwerdeführer seine Verantwortung für sein rechskräftig erkanntes Verbrechen auch zum Entscheidungszeitpunkt noch leugnet, stützt sich auf sein eigenes Vorbringen vor dem Bundesamt im Zuge seiner Einvernahme im Aberkennungsverfahren und sein Aussageverhalten in der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.12.2019.

Die Feststellung, dass sich die Umstände, auf Grund derer dem Erstbeschwerdeführer mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.08.2016 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, weggefallen sind, stützt sich zum einen auf die in den aktuellen Länderfeststellungen der Staatendokumentation über Usbekistan vom 23.11.2018. Darin wird ausgeführt, dass die usbekische Regierung mit Vertretern internationaler Organisationen, welche die Einhaltung der Menschenrechte überwachen, wie etwa den Vereinten Nationen, zusammenarbeitet. Zu diesem Zweck soll das usbekische nationale Zentrum für Menschenrechte sicherstellen, dass die Regierung ihren internationalen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Menschenrechtsinformationen nachkommt und arbeitet deshalb mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei der Entwicklung eines nationalen Aktionsplans für Menschenrechte zusammen. In diesem Zusammenhang darf auch nicht unerwähnt werden lassen, dass der seit Ende 2016 neu amtierenden Präsidenten Mirziyoyev Schritte unternommen hat, die Menschenrechtsbilanz Usbekistans zu verbessern, indem er u.a. die Streichung von Bürgern von der "schwarzen Liste" der Sicherheitsdienste angeordnet hat. Zudem wurden in den vergangenen Monaten in Usbekistan Strafurteile überprüft und aufgehoben.

Zudem hat die usbekische Regierung Reformen bei den Sicherheitsbehörden und im Justizbereich eingeleitet. So wurde per Präsidentendekret eine umfassende Reorganisation des Nationalen Sicherheitsdienstes eingeleitet, mit der die bisherige umfassende Autorität dieses Sicherheitsdienstes, beendet wird. Zusätzlich werden usbekische Polizeibeamte mit Unterstützung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Einhaltung der nationalen und internationalen Menschenrechtsstandards, wie insbesondere dem Verbot der Folter und von repressiven Praktiken und dem Schutz der Würde von Verdächtigen in allen Phasen des Ermittlungsprozesses, geschult. Im Bereich des Justizwesens hat Usbekistan im Februar 2017 eine Handlungsstrategie für Reformen im Justizbereich verabschiedet und die Kompetenz zur Ausstellung von Haftbefehlen von den Staatsanwaltschaften auf die Gerichte übertragen ("Habeas-Corpus-Prinzip").

Der Erstbeschwerdeführer ist diesen Länderinformationen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht entgegengetreten, sondern hat in der mündlichen Beschwerdeverhandlung pauschal und nicht weiter substantiiert entgegnet, dass er an die neuen Reformen, die in den letzten drei Jahren in Usbekistan durchgeführt worden wären, nicht glaube. Vielmehr verfolge er im Internet Berichte über Usbekistan. Wenn er diese lese, bekomme er Angst zurückzukehren, da er sich auf der "schwarzen Liste" befind

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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