TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/28 W215 2153383-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.02.2020
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Entscheidungsdatum

28.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

1) W215 2153383-1/11E

2) W215 2153385-1/10E

3) W215 2153384-1/9E

4) W215 2208870-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von 1) XXXX , 2) XXXX 3) XXXX und 4) XXXX , alle Staatsangehörigkeit Republik Usbekistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) und 2) 24.03.2017, 3) 29.03.2017 und

4) 11.10.2018, Zahlen 1) 1067342701-150463038, 2) 1067342908-150463178,

3) 1133616702-161473284 und 4) 1208878102-180950763, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017,

§ 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist jeweils gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die erste beschwerdeführende Partei (P1) ist der Ehegatte der zweiten beschwerdeführenden Partei (P2) und beide sind die Eltern der dritten beschwerdeführenden Partei (P3) sowie der vierten beschwerdeführenden Partei (P4).

P1 und P2 reisten zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 06.05.2015 Anträge auf Gewährung von internationalem Schutz.

In seiner Erstbefragung am 08.05.2015 sowie seiner niederschriftlichen Befragung am 25.07.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab P1 zusammengefasst an, er sei Staatsangehöriger der Republik Usbekistan, gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und sei Mitte April 2015 von einem unbekannten Mann auf der Straße angesprochen worden, der von P1 gefordert habe, dass ihm dieser umgerechnet ca. 2.000.- US $ pro Monat bezahlen solle. Drei Tage danach sei er wieder von diesem Mann angesprochen worden, der gedroht habe, dass P2 und der gemeinsame Sohn entführ würden, sollte P1 nicht bezahlen. P1 habe dies nicht angezeigt, sondern sei zusammen mit P2 nach Österreich gekommen. Den gemeinsamen Sohn hätten sie bei den Eltern von P1 in XXXX zurückgelassen. P1 und P2 seien mit ihren Pässen in einem Taxi bis Moskau gefahren und von dort mit einem Lkw nach Österreich.

In ihrer Erstbefragung am 08.05.2015 sowie ihrer niederschriftlichen Befragung am 25.07.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab P2 zusammengefasst an, dass sie Staatsangehöriger der Republik Usbekistan sei, der Volksgruppe der Tadschiken angehöre und nicht wisse, welche Problem P1 in der Republik Usbekistan gehabt habe, sie selbst haben keine gehabt. P1 und P2 hätten die Republik Usbekistan ohne ihren minderjährigen Sohn, diesen hätten sie bei ihren Schwiegereltern in XXXX gelassen, verlassen; der Vater von P2 sei von Beruf XXXX .

Nach der Geburt des zweiten gemeinsame Sohnes P3 in Österreich wurde auch für diesen am 28.10.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. P1 und P2 gaben in dessen Verfahren an, dass P3 keine eigenen Asylgründe hat.

Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) und 2) 24.03.2017, Zahlen 1) 1067342701-150463038 und 2) 1067342908-150463178, wurde die Anträge von P1 und P2 auf internationalen Schutz vom 06.05.2015 gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung von P1 und P2 nach Usbekistan gemäß

§ 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging zusammengefasst davon aus, dass das Vorbringen von P1 und P2 zu den behaupteten Asylgründen von P1 nicht glaubhaft ist und P2 keinen eigenen Asylgründe angegeben hat.

Mit Bescheid vom 3) 29.03.2017, Zahl 3) 1133616702-161473284, wurde der Antrag auf internationalen Schutz von P3 vom "06.05.2015" (Anmerkung: gemeint wohl 28.10.2016), gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG iVm § 34 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG iVm § 34 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung von P3 nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging zusammengefasst davon aus, dass das Vorbringen von P1 und P2 zu den behaupteten Asylgründen von P1 nicht glaubhaft ist und für P3 keinen eigenen Asylgründe angegeben wurden.

Gegen diese Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) und 2) 24.03.2017 sowie 3) 29.03.2017, Zahlen 1) 1067342701-150463038, 2) 1067342908-150463178 und 3) 1133616702-161473284, zugestellt am 03.04.2017, erhoben P1 und P2 fristgerecht am 07.04.2017 gegenständliche Beschwerden. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das Vorbringen von P1 glaubhaft sei und die erstinstanzlichen Bescheide von P1 bis P3 entweder zu beheben und die Verfahren an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen seien, oder P1 bis P3 Asyl zu gewähren sei, in eventu subsidiärer Schutz in eventu die Rückkehrentscheidungen auf Dauer unzulässig zu erklären seien in eventu Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 57 AsylG zu erteilen seien.

2. Die Beschwerdevorlagen von P1 bis P3 vom 11.04.2017 langten am 18.04.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Nach einer Unzuständigkeitseinrede wurden die Verfahren am 19.04.2017 der nunmehr zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter P4 in Österreich wurde auch für diese am 08.10.2018 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. P1 und P2 gaben in deren Verfahren an, dass P4 keine eigenen Asylgründe hat.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4) 11.10.2018, Zahl

4) 1208878102-180950763, wurde der Antrag von P4 auf internationalen Schutz vom 08.10.2018 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß

§ 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen von P4 gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. In Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging davon aus, dass das Vorbringen von P1 und P2 zu den behaupteten Asylgründen von P1 nicht glaubhaft ist und für P4 keinen eigenen Asylgründe vorgebracht wurden.

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4) 11.10.2018, Zahl 4) 1208878102-180950763, zugestellt am 18.10.2018, wurde fristgerecht am 30.10.2018 gegenständliche Beschwerde erhoben.

3. Die Beschwerdevorlage von P4 vom 31.10.2018 langte am 05.11.2018 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 12.02.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 und P2, zugleich auch als gesetzliche Vertreter für P3 und P4, sowie deren Rechtsanwältin. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits in den Beschwerdevorlagen für Verhandlungen entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. P1, P2 und ihre Vertreterin verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.

Am 25.02.2020 langte eine schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführer im Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1. P1 dessen Identität feststeht und P2, deren Identität nicht festgestellt werden kann, sind standesamtlich verheiratet und die Eltern von P3 und P4, deren Identitäten ebenfalls nicht feststehen, sowie eines weiteren, nach wie vor in der Republik Usbekistan lebenden, minderjährigen Sohnes. P1 bis P4 sind Staatsangehörige der Republik Usbekistan, gehören der Volksgruppe der Tadschiken an und sind moslemischen Glaubens.

P1 und P2 reisten problemlos legal mit ihren usbekischen Auslandsreisepässen aus der Republik Usbekistan aus, illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 06.05.2015 ihre Anträge auf internationalen Schutz, die mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 1) und 2) 24.03.2017, Zahlen 1) 1067342701-150463038 und 2) 1067342908-150463178, gemäß § 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß

§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurden. Gemäß § 57 AsylG wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung von P1 und P2 nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Dagegen erhoben P1 und P2 fristgerecht gegenständliche Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht.

Nach der Geburt des gemeinsame Sohnes P3 in Österreich wurde für diesen am 28.10.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3) 29.03.2017, Zahl 3) 1133616702-161473284, gemäß

§ 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 6 Abs. 1 AsylG iVm § 34 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG iVm § 34 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung von P3 nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Auch gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht gegenständliche Beschwerde erhoben.

Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter P4 in Österreich wurde für diesen am 08.10.2018 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 4) 11.10.2018, Zahl 4) 1208878102-180950763, gemäß

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen von P4 gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig ist. In Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt. Auch gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Ein Bruder von P2 und dessen Ehegattin reisten gemeinsam mit P1 und P2 aus der Republik Usbekistan aus und stellten zeitgleich deren Anträge auf internationalen Schutz. Diese Beschwerdeverfahren des Bruders von P2, dessen Ehegattin und deren Kind werden ebenfalls mit Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zahlen 1) W215 2134459-1/6E, 2) W215 2134460-1/6E und 3) W215 2196883-1/6E, entschieden.

2. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 Mitte April 2015 zwei Mal binnen drei Tagen von einem unbekannten Mann auf der Straße angesprochen wurde oder von drei bis vier (Variante: zwei bis drei) Mafiosi, der oder die die P1 aufforderte/n umgerechnet

ca. 2.000.- US $ pro Monat zu bezahlen, ansonsten würden P2 und der gemeinsame Sohn - den P1 und P2 in XXXX bei der Ausreise bei den Eltern von P1 zurückließen - entführt.

3. P1 bis P4 sind gesund und P1 und P2 lebten bis zur Ausreise mit dem gemeinsamen minderjährigen Sohn in XXXX , den sie bei den Eltern von P1 zurückließen. In XXXX leben nach wie dieser XXXX Sohn von P1 und P2, die Eltern von P1, zwei Brüder und drei Schwestern, der Vater von P2 (der als XXXX arbeitet), sowie ein weiterer Bruder.

P1 besuchte neun Jahre lang die Schule, arbeitete vor seiner Ausreise als XXXX . Zudem reiste P2 ab und zu nach XXXX , um XXXX und von dort XXXX in die Republik Usbekistan zu importiert. Außerdem arbeitete P2 als XXXX , er machte XXXX . P2 absolvierte nach ihrem Schulabschluss ein College und arbeitete danach, bis zu ihrer ersten Schwangerschaft, als XXXX . P1 hatte in der Republik Usbekistan keine Probleme alleine für den Lebensunterhalt seiner Familie aufzukommen, sodass P2 es sich leisten konnte nach der Geburt ihres ältesten Sohnes nicht mehr arbeiten zu müssen. Die Muttersprache von P1 bis P4 ist Tadschikisch. P1 und P2 sprechen darüber hinaus auch noch Usbekisch, Russisch und ein wenig Deutsch. Die Existenz der Beschwerdeführer ist im Falle ihrer Rückkehr durch Erwerbsarbeit von P1, falls nötig auch P2, gesichert.

Darüber hinaus existiert in der Republik Usbekistan das Mahalla-System (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung und Wirtschaft) zur dezentralisierten Unterstützung von bedürftigen Familien. Dabei handelt es sich um lokale Selbstverwaltungsorgane, die staatliche Gelder erhalten, um diese weiter zu verteilen (siehe Feststellungen 5. Sozialleistungen). Zusätzlich verfügen P1 und P2 in der Republik Usbekistan mit zahlreichen Verwandten über ein weitreichendes familiäres und soziales Netz und haben schon wegen des Kontaktes zu ihrem dort lebenden XXXX Sohn nach wie vor sehr starke Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat. Das Verhältnis zu ihren Familienangehörigen ist gut und P2 hat in der Beschwerdeverhandlung am 12.02.2020 angegeben regelmäßig mit ihrem bei ihrer Schwiegermutter in XXXX ebenden Sohn zu telefonieren; sie hat große Sehnsucht nach ihm. Es ist davon auszugehen, dass die Mutter von P1, bei der der XXXX Sohn lebt, in Zukunft auch auf P3 und P4 aufpassen kann, damit P1 und P2 wieder ihren erlernten und bereits ausgeübten Berufen nachgehen können.

4. P1 und P2 halten sich seit Einbringung ihrer Anträge auf internationalen Schutz im Mai 2015 durchgehend in Österreich auf; P3 und P4 wurde im Bundesgebiet geboren. P1 bis P4 verfügten nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb ihrer Asylverfahren und P1 und P2 mussten sich somit ihres unsicheren Aufenthaltes immer bewusst sein.

P1 bis P4 verfügen, abgesehen von ihren familiären Bindungen untereinander, über zwei Brüder von P2, mit deren Familie in Österreich, die ebenfalls Asylanträge in Österreich gestellt haben, aber laut P1 hat sein mitgereister Schwager keine eigenen Asylgründe bzw. hat der bereits früher nach Österreich gereiste andere Schwager eigene Asylgründe, die nicht mit jenen von P1 bis P4 in Zusammenhang stehen. P1 bis P4 leben mit diesen Geschwistern von P2 und deren Familien in Österreich nicht im gemeinsamen Haushalt und es besteht keinerlei Abhängigkeitsverhältnis zu ihnen. Die Beschwerdeverfahren des Bruders von P2, dessen Ehegattin und deren Kind werden ebenfalls mit Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zahlen

1) W215 2134459-1/6E, 2) W215 2134460-1/6E und 3) W215 2196883-1/6E, entschieden.

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass sich P1 und P2 seit nunmehr bald fünf Jahren im Bundesgebiet aufhalten. P1 besuchte am XXXX einen eintägigen Werte- und Orientierungskurs, nahm am XXXX zwei Stunden lang einem XXXX teil, sowie von XXXX an mehreren Deutschkursen und besucht aktuell einen Deutschkurskurs A1, hat aber noch nie eine Deutschprüfung bestanden und sprach in der Beschwerdeverhandlung am 12.02.2020 zwar flüssig Deutsch und man verstand, was er sagen wollte; die Grammatik weist allerdings erhebliche Defizite auf. P2 nahm am XXXX an einem Werte- und Orientierungskurs teil, besucht seit XXXX , zudem mehrere Deutschkurse, bestand am XXXX die ÖSD A2 Integrationsprüfung und besucht aktuell eine Deutschkurs B1. In der Beschwerdeverhandlung verstand P2 noch nicht alles, sprach aber flüssig Deutsch.

P1 und P2 waren in Österreich nie erwerbstätig und zeigten auch keinerlei ehrenamtliches Engagement. P1 und P2 brachten mehrere Unterstützungsschreiben von Freunden in Vorlage, wobei die Freundschaften von P1 und P2 zu einem Zeitpunkt geschlossen worden, als sie sich ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst gewesen sein mussten. P1 verbringt die Tage damit einen Deutschkurs zu besuchen, Deutsch zu lernen, mit P3 und P4 zu spielen, spazieren zu gehen, Fußball- und Volleyball im Park zu spielen und Freunde zu besuchen, mit ihnen zu essen und zu trinken. P2 verbringt die Tage damit einen Deutschkurs zu besuchen, Deutsch zu lernen, den Haushalt zu führen, ihre Kinder in den Kindergarten zu bringen, spazieren zu gehen, einzukaufen und sich mit Freundinnen zu treffen. P3 und P4 wurden in Österreich geboren und besuchen derzeit einen Kindergarten, weshalb davon auszugehen ist, dass er neben ihrer Muttersprache Tadschikisch auch Deutsch lernen. P1 und P2 sind unbescholten, nicht selbsterhaltungsfähig und alle Beschwerdeführer leben von der Grundversorgung.

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer wird festgestellt:

Allgemein

Die Republik Usbekistan liegt im Herzen Zentralasiens (fr. Mittelasien zwischen Syr-Darja und Amu-Darja, den größten Flüssen dieser Gegend). Sie grenzt im Norden und Nordwesten an Kasachstan, im Nordosten an Kirgisistan, im Osten und Südosten an Tadschikistan, im Südwesten an Turkmenistan und im Süden an Afghanistan. Die Fläche des Landes beträgt 448.900 Quadratkilometer. Das Land erstreckt sich über 930 Kilometer von Nord nach Süd und über 1.425 Kilometer von West nach Ost. Die Länge seiner Grenzen beträgt insgesamt 6.221 Kilometer (LIP Überblick, Dezember 2019, abgefragt am 26.02.2020).

Das heutige Usbekistan befindet sich auf dem Gebiet, das eine jahrtausendalte Geschichte mit alten staatlichen Traditionen aufweist. In seiner heutigen Form ist Usbekistan erst in den 1920er Jahren als Sowjetrepublik entstanden. Hauptstadt von Usbekistan war zunächst Samarkand, 1930 abgelöst von Taschkent (LIP Geschichte und Staat, Jänner 2020, abgefragt am 26.02.2020).

Usbekistan erlangte seine Unabhängigkeit im September 1991. Die wichtigsten Machtbefugnisse sind in den Händen des Präsidenten konzentriert. Seit Dezember 2004 hat das Land ein parlamentarisches Zwei-Kammer-System mit Senat (100 Sitze) als Oberhaus und Mashlis (150 Sitze) als Unterhaus. Im Westen Usbekistans liegt die autonome Republik Karakalpakistan. Seit 2016 ist Shavkat Mirziyoyev Staatspräsident der Republik Usbekistan. Er gewann die Wahlen am 04.12.2016 mit 88,61 % der Stimmen. Zuvor war Mirziyoyev 13 Jahre Premierminister unter Amtsvorgänger und Staatsgründer Islom Karimov. Mirziyoyev verfolgt einen Reformkurs im Innern und betreibt eine Öffnung seines Landes für mehr internationale und regionale Zusammenarbeit. Usbekistan ist u.a. Mitglied der Vereinten Nationen, des Freihandelsabkommens der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Usbekistan hat den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter ratifiziert. Mit der EU hat Usbekistan ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, das 1999 in Kraft trat (AA politisches Porträt Stand 25.02.2020, abgefragt am 26.02.2020).

1991 wurde Usbekistan unabhängig. 1992 wurde eine demokratische Verfassung einführt, die die Achtung der Menschrechte, Gewaltenteilung und anderes garantiert. Allerdings bleibt Usbekistan ein dysfunktionaler Staat, in dem Oppositionsparteien bis heute nicht zugelassen sind und wo die Versammlungs- und Meinungsfreiheit gar nicht existieren. Mit anderen Worten: nach der Unabhängigkeit konnte sich hier kein Staat nach dem OECD-Modell etablieren. Usbekistan ist heute eine autoritäre Präsidialrepublik, genauer gesagt eine Diktatur. Die Position des Präsidenten innerhalb des Machtapparates ist dominant, Gewaltenteilung, Institutionen, Regeln existieren nur formal. Der Präsident gilt als Vater der Nation sowie als Garant für die Stabilität und Sicherheit des Landes und regiert dieses durch Dekrete. Er ist zugleich Vorsitzender des Ministerkabinetts, das aus dem Ministerpräsidenten, den stellvertretenden Ministerpräsidenten, den Ministern, den Vorsitzenden staatlicher Komitees und anderer staatlicher Organe besteht. Der Vorsitzende des Ministerrates der Autonomen Republik Karakalpakstan gehört ebenfalls zum Ministerkabinett. Der Präsident ernennt und entlässt den Ministerpräsidenten, die Stellvertretenden Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts, den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Zentralbank sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Er ist Oberster Befehlshaber der Streitkräfte (LIP Geschichte und Staat, Jänner 2020, abgefragt am 26.02.2020).

Am 15.10.2019 ließ die Zentrale Wahlkommission, nach Überprüfung der Unterlagen, alle fünf registrierten Parteien zur Beteiligung an der Parlamentswahl am 22.12.2019 zu (ZA 29.11.2019). Am 16.12.2019 kritisierte Human Rights Wacht (HRW), dass das aktuelle Wahlgesetz eine echte Auswahl unter den Kandidaten bei der Parlamentswahl nicht zulässt. Am 13.12.2019 hatte bereits die ODIHR Mission kritisiert, dass nur die fünf registrierten, nichtoppositionellen Parteien, an der Wahl teilnehmen können. Am 22.12.2019 fanden im ganzen Land Wahlen zum Unterhaus des Parlaments statt. Die meisten Stimmen kann die regierende Liberaldemokratische Partei auf sich vereinigen. In 25 Wahlkreisen war eine Stichwahl am 05.01.2020 nötig. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,1 %. Am 23.12.2019 erklärte die OSZE/ODIHR Wahlbeobachtungsmission, dass die Parlamentswahlen am Vortag unter deutlich verbesserten Bedingungen gegenüber vorangegangenen stattgefunden hätten, kritisiert aber auch viele Missstände bei der Stimmabgabe und der Auszählung. Die GUS-Wahlbeobachtermission erklärt die Parlamentswahlen vom Vortag dagegen als frei, transparent und alternativ. Am 05.01.2020 fanden in 25 von 125 Wahlkreisen ein zweiter Wahlgang der Parlamentswahl statt, da bei der ersten Wahlrunde (22.12.2019) kein Kandidat die erforderliche Mehrheit erreicht hatte. Am 06.01.2020 verkündete die zentrale Wahlkommission das endgültige Wahlergebnis der Parlamentswahl vom 22.12.2019. Laut dem amtlichen Endergebnis entfallen 53 Sitze auf Liberaldemokratische Partei, 36 Sitze auf die Demokratische Partei der Nationalen Wiedergeburt "Mili Tiklanisch", 24 Sitze auf die Sozialdemokratische Partei "Adolat", 22 Sitze auf die Volksdemokratische Partei Usbekistans und 15 Sitze auf die Ökologische Partei Usbekistans. 48 der 150 Parlamentssitze werden nun von Frauen belegt. 2014 waren 24 Frauen im Parlament vertreten (ZA 31.01.2020).

Separatistische Tendenzen waren in der Vergangenheit nur in der Autonomen Republik Karakalpakstan zu beobachten. Als sich der Zerfall der UdSSR ankündigte und rasch vollzog, plädierten auch einige Politiker in Karakalpakstan für eine Souveränität ihrer autonomen Region und forderten Unabhängigkeit - auch von Usbekistan. Aber Präsident Karimov machte sehr schnell klar, dass eine Abspaltung Karakalpakstan von Usbekistan nicht geduldet wird (LIP Geschichte und Staat, Jänner 2020, abgefragt am 26.02.2020).

In einem Bericht im März 2019 forderte das Europäische Parlament die Europäische Union auf, die politischen Reformen Usbekistans genau zu überwachen und Taschkent wurde aufgefordert, ein "wirklich unabhängiges Parlament zu schaffen, welches sich nach einer tatsächlich freien Wahl konstituiert" sowie Maßnahmen zu ergreifen, die auf den, "Schutz der Menschenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter und Medienfreiheit" abzielen. Der Bericht entstand nach offenen Gesprächen Brüssels mit Taschkent über ein umfassendes, verstärktes Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (EPCA) mit Usbekistan, das bestehende Handelsvereinbarungen und andere Bereiche der Zusammenarbeit aufwerten würde (HRW 14.01.2020).

Am 19.12.2019 ernannte die britische Zeitschrift Economist Usbekistan wegen seiner raschen Demokratisierungsfortschritte zu ihrem "Country of the Year 2019" (ZA 31.01.2020).

(AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, politisches Porträt, Stand 25.02.2020, abgefragt am 26.02.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Überblick, letzte Aktualisierung Dezember 2019, abgefragt am 26.02.2020, https://www.liportal.de/usbekistan/ueberblick

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 138, 29.11.2019, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/138/ZentralasienAnalysen138.pdf

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Jänner 2020, abgefragt am 26.02.2020, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 139, 31.01.2020, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/139/ZentralasienAnalysen139.pdf

HRW, Human Rights Watch World Report 2019, Uzbekistan, 14.01.2020, https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/uzbekistan)

Sicherheitslage

Die Lage im Land ist ruhig. Es ist weiterhin von einer latenten Gefährdungslage durch radikale Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren (LIP Alltag, Dezember 2019, abgefragt am 26.02.2020).

Landesweit, aber insbesondere in den Grenzregionen zu Afghanistan und die Grenzgebiete zu Tadschikistan und Kirgisistan ist von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen, die in Teilen Zentralasiens operieren. Die Bedrohung richtet sich bislang nicht gegen den Tourismus im Lande. Teile der grenznahen Gebiete des Fergana-Tals zu Kirgisistan und Tadschikistan sind vermint. Verhalten Sie sich umsichtig bei Reisen durch Usbekistan. Vermeiden Sie nicht notwendige Reisen in Grenznähe, mit Ausnahme der offiziellen Grenzübergänge und Bewegungen in unbekanntem Gelände ohne ortskundige Begleitung. Seien Sie insbesondere an belebten Orten und bei besonderen Anlässen aufmerksam. Die Lage in Usbekistan ist grundsätzlich ruhig. Gewisse politische Spannungen und auch Demonstrationen können nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Es finden verstärkt Ausweiskontrollen statt. Insbesondere an vielbesuchten Orten wie Basaren und in öffentlichen Transportmitteln kommt es zu Kleinkriminalität wie Taschendiebstählen, vereinzelt finden auch Überfälle, insbesondere bei Dunkelheit statt, sowohl auf Fußgänger in abgelegenen Orten der Städte als auch auf Fahrzeuge über Land (AA Reise- und Sicherheitshinweise, Stand 26.02.2020).

Der staatliche Fernsehsender Uzbekistan 24 berichtet am 25.12.2018, dass Präsident Mirsijojew bei einem Treffen mit Vertretern des Staatlichen Sicherheitsdienstes dazu aufgerufen habe, der Resozialisierung von Unterstützern religiös extremistischer Organisationen mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Am 11.02.2019 wurde der Vorsitzende des Dienstes für staatliche Sicherheit (SGB), Ichtijor Abdullajew, aus gesundheitlichen Gründen seines Amtes enthoben. Nachfolger wird der bisherige Verteidigungsminister Abdusalom Asisow, dessen Amt sein bisheriger Stellvertreter Bachodir Kurbanow übernimmt. Der usbekische Dienst von RFE/RL meldet unter Berufung auf Insider, dass ein polizeiliches Ermittlungsverfahren gegen Abdullajew laufe. In der Vorwoche war bereits bekannt geworden, dass Strafverfahren wegen Korruption gegen eine Reihe hochrangiger Mitglieder des SGB laufen (ZA 22.02.2019).

Es besteht ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) für die Grenzregionen zu Afghanistan (v.a. wegen dort operierender Schmugglerbanden und islamischer Extremisten) und zu Tadschikistan und Kirgisistan (teilweise Verminungen, v.a. im Fergana-Tal). Von nicht unbedingt notwendigen Reisen in diese Gebiete wird abgeraten. Erhöhtes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 2) im Rest des Landes. Landesweit und v.a. in der usbekischen Diaspora ist eine verbotene islamistische Szene aktiv. Da jederzeit mit polizeilichen Kontrollen zu rechnen ist, sollten Reisepass (mit Einreisestempel) und Meldebestätigung zumindest in Kopie mitgeführt werden. Kleinkriminalität, wie etwa Taschendiebstahl, kommt vor. Generell sollten keine wertvollen Gegenstände oder größere Geldbeträge mitgeführt werden. Abgeschiedene Plätze sollten nach Einbruch der Dunkelheit nicht aufgesucht und nachts möglichst keine Fußwege unternommen werden. Es wird empfohlen, Demonstrationen und Menschenansammlungen zu meiden. Den Anordnungen der Behörden sollte jedenfalls Folge geleistet werden. Überlandfahrten in der Nacht sollten vermieden werden (BMEIA Stand 26.02.2020).

Der Dienst für nationale Sicherheit (SNB) hat nach Meldung von UzA am 08.05.2019 im Gebiet Samarkand 15,4 kg aus Tadschikistan geschmuggeltes Opium beschlagnahmt. Am 14.05.2019 fanden in Bischkek Konsultationen der Sekretäre der Sicherheitsräte Kirgistans und Usbekistans, Damir Sagynbajew und Wiktor Machmudow, zu Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und des Kampfes gegen Terrorismus und Extremismus statt (ZA 28.06.2019).

Am 26.06.2019, anlässlich des internationalen Tages gegen Drogenmissbrauch, verbrannten Mitarbeiter des Dienstes für staatliche Sicherheit (SGB) in Taschkent in Anwesenheit von Journalisten, Diplomaten und Vertretern internationaler Organisationen mehr als 1 Tonne beschlagnahmte Narkotika, darunter 7,8 kg Heroin und 195,4, kg Opium (ZA 26.07.2019).

Die usbekisch-tadschikische Grenze wurde von Landminen befreit (RFE/RL 06.01.2020).

(LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Alltag, letzte Aktualisierung Dezember 2019, abgefragt am 26.02.2020, https://www.liportal.de/usbekistan/alltag

RFE/RL, Radio Free Europe/Radio Liberty, Usbekistan, Die usbekisch-tadschikische Grenze ist von Landminen befreit, 06.01.2020, https://www.rferl.org/a/report-tajik-uzbek-border-cleared-of-mines/30362369.html

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 135, 28.06.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 133, 22.02.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen133.pdf

BMEIA, Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Reiseinformation Usbekistan, Sicherheit und Kriminalität, unverändert gültig seit 21.02.2020, Stand 26.02.2020, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 136, 26.07.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen136.pdf

AA, Auswärtige Amt, Länderinformationen Usbekistan, Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 26.11.2019, Stand 26.02.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790)

Justiz

Der Präsident ernennt und entlässt die Mitglieder des Verfassungsgerichts und des Obersten Gerichts (LIP Geschichte und Staat, Jänner 2020, abgefragt am 26.02.2020).

Die Justiz in der Republik Usbekistan untersteht dem Präsidenten. Im Jahr 2017 wurden jedoch eine Reihe von Justizreformen nach Verfassungs-und Gesetzesänderungen verabschiedet, die unter anderem zur Schaffung von spezifischer Amtszeiten für Richter führten, sowie zur Einrichtung eines Obersten Richterrates zwecks Überwachung von Ernennungen und Disziplinarmaßnahmen. Dieser Rat, dessen Vorsitzender auf Vorschlag des Präsidenten und mit Zustimmung des Senates ernannt wird, ersetzt eine Kommission, welche direkt dem Präsidenten unterstellt war. Im September 2018 richtete der Oberste Gerichtshof eine interaktive Website ein, die der Bevölkerung Zugang zum Rechtssystem und Zugriff auf Gerichtsdokumente und Entscheidungen ermöglicht, sowie Nutzer die Möglichkeit gibt Videos von Gerichtsverfahren zu "streamen". Dennoch sind die Verfahrensrechte extrem schwach. Die Anwaltskammer, eine Regulierungsstelle mit Pflichtmitgliedschaft, dient als Vehikel der staatlichen Kontrolle über den Juristenberuf. Die 2017 beschlossenen Justizreformen geben nunmehr Richtern, statt bisher Staatsanwälten, die Befugnis, bestimmte Ermittlungsschritte, wie Exhumierungen und einige Formen der Überwachung, zu genehmigen (FH 04.02.2019).

Laut Gesetz muss ein Richter jeden Festnahmeauftrag eines Beschuldigten oder Verdächtigen überprüfen. In den meisten Fällen genehmigen Richter Festnahmeaufträge. Ab dem Zeitpunkt der Festnahme haben Angeklagte gesetzlichen Anspruch auf Rechtsbeistand. Für diejenigen, die keinen Rechtsanwalt beauftragen, gibt es vom Staat zur Verfügung gestellte Anwälte (USDOS 13.03.2019).

Im Juli 2018 beschloss die EU, ein erweitertes Partnerschafts-und Kooperationsabkommen mit Usbekistan auszuhandeln, das die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit der EU verbessern soll. Das geplante Abkommen soll auch Fragen wie Rechtsstaatlichkeit, Justiz und Menschenrechte umfassen (HRW 17.01.2019).

Am 16.03.2019 wird mit einem Dekret Präsident Mirsijojews die Zahl der Stellen im Strafverfolgungssystem Usbekistans erheblich verringert, im ganzen Land sollen fast 1.200 Staatsanwälte und zwei stellvertretende Generalstaatsanwälte entlassen werden. Durch eine Amnestie Präsident Mirsijojews am 20.03.2019 können 30 Häftlinge das Gefängnis verlassen, 13 wird die Haftzeit verkürzt. 23 der Betroffenen saßen wegen Tätigkeit für eine verbotene Organisation ein (ZA 26.04.2019).

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, dennoch gibt es einige Fälle, in denen die Justiz nicht völlig unabhängig und unparteilich agiert. Obwohl die Verfassung die Unabhängigkeit der Justiz vorsieht, berichteten Mitgliedern der Justiz von Urteilen, deren Inhalte vom Büro der Generalstaatsanwaltschaft oder anderen Strafverfolgungsbehörden erwünscht waren. Dies war zum Teil einem Richtermangel und der hohen Aktenbelastung geschuldet. Die Regierung reagierte darauf mit einer Erhöhung der Zahl der Studenten der Rechtswissenschaften. Gemäß der geänderten §§ 63, 63 Abs. 1 und Abs. 2 welche im April 2017 in Kraft getreten sind, werden Richter vom neu eingerichteten Obersten Richterrat, vorbehaltlich der Zustimmung des Senates, ernannt. Lebenslange Bestellungen sind dadurch möglich geworden. Ein Richter soll nach einem festgelegten Verfahren vorab für eine fünfjährige, danach für eine reguläre zehnjährige und in weiterer Folge für eine unbefristete Amtszeit ernannt oder gewählt werden (USDOS 13.03.2019).

Anlässlich des Endes der Fastenzeit begnadigte Präsident Mirsijojew am 04.06.2019 575 Gefangene, 361 können die Gefängnisse vorzeitig verlassen, 214 weiteren wird die Haftstrafe verkürzt (ZA 28.06.2019).

Am 03.07.2019 berichtete der usbekische Dienst von RFE/RL, dass nach der Festnahme des bisherigen Generalstaatsanwalts Otabek Muradow im Juni 2019 weitere Mitarbeiter der Generalstaatsanwaltschaft entlassen, verhaftet und verhört wurden. Muradow befindet sich seit 28.06.2019 unter Hausarrest. Mit einer Änderung der Strafprozessordnung erhielten am 09.07.2019 Angehörige der Nationalgarde das Recht, Ermittlungen in Strafsachen durchzuführen. Erst jetzt wurde gemeldet, dass durch Änderungen des Strafgesetzbuches Anfang des Monats die Übertretung gesetzlicher Regelungen zum Schutz persönlicher Daten mit hohen Geldstrafen (6.900 US-Dollar) bzw. Freiheitsentzug bis zu drei Jahren bestraft werden kann (ZA 26.07.2019).

Von 19. bis 25.09.2019 besuchte der UN-Sonderberichterstatter für die Unabhängigkeit von Richtern und Anwälten, Diego Garcia-Sayan, zum ersten Mal Usbekistan. Während seines Besuchs traf er mit Präsident Mirziyoyev, Vertretern des Justizministeriums, der Generalstaatsanwaltschaft und Rechtsanwälten sowie Vertretern der Zivilgesellschaft, Vertretern der akademischen Gemeinschaft, UN-Agenturen, Gebern und Diplomaten zusammen. In einer Erklärung, die der Sonderberichterstatter am Ende des Besuchs veröffentlichte, kam er zu dem Schluss, dass trotz einiger positiver Schritte "erhebliche Bedrohungen für die Unabhängigkeit der Justiz und die Rechtsstaatlichkeit bestehen bleiben" und verwies auf "die starke und ständige Präsenz staatlicher Sicherheitsdienste in der gesamten Gesellschaft und den Institutionen Usbekistans". Der Sonderberichterstatter empfahl, dass Usbekistan "Maßnahmen zur Stärkung und Verbesserung der Beteiligung der Zivilgesellschaft an Justizverfahren ergreift". Der Sonderberichterstatter wird dem Menschenrechtsrat im Juni 2020 in Genf einen umfassenden Bericht mit seinen Ergebnissen und Empfehlungen vorlegen (IPHR 25.10.2019).

Am 05.11.2019 unterzeichnet Präsident Mirsijojew eine Veränderung im Strafgesetzbuch, mit der die Strafen für eine fehlende oder nicht rechtzeitige Registrierung für Ausländer um das zehnfache gesenkt werden (ZA 29.11.2019).

(LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Usbekistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung Jänner 2020, abgefragt am 26.02.2020, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat

HRW, Human Rights Watch World Report 2018, Uzbekistan, 17.01.2019, https://www.hrw.org/world-report/2019/country-chapters/uzbekistan

FH, Freedom House, Freedom in the World 2019, Usbekistan, 04.02.2019, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/uzbekistan

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 135, 28.06.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289264.htm

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 134, 26.04.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen134.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 136, 26.07.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen136.pdf

IPHR, International Partnership for Human Rights, Update zur Entwicklungen betreffend Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit von April 2018 bis Anfang Oktober 2018, 25.10.2019, https://www.iphronline.org/uzbekistan-reforming-or-redecorating.html

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 138, 29.11.2019, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/138/ZentralasienAnalysen138.pdf)

Sicherheitsbehörden

Die Regierung ermächtigt drei verschiedene Einheiten kriminelle Aktivitäten zu untersuchen. Das Innenministerium kontrolliert die Polizei, die für die Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und die Untersuchung von Verbrechen im Allgemeinen zuständig ist. Die Generalstaatsanwaltschaft untersucht Gewaltverbrechen wie Mord sowie Korruption durch Beamte und Machtmissbrauch. Der nationale Sicherheitsdienst unter der Leitung eines Vorsitzenden, der direkt dem Präsidenten berichtet, befasst sich mit nationalen Sicherheits- und Geheimdienstangelegenheiten, dazu gehören Probleme in Zusammenhang mit Terrorismus, Korruption, organisierter Kriminalität, Grenzschutz und Drogen. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Das Innenministerium ist offiziell mit Ermittlungen und Verhängung Disziplinarmaßnahmen bei Behördenmitarbeitern beauftragt, die beschuldigt werden Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben (USDOS 13.03.2019).

Ein Militärgericht verurteilt am 27.09.2019 den ehemaligen Vorsitzenden des Dienstes für staatliche Sicherheit, Ichtijor Abdullajew, zu 18 Jahren Freiheitsentzug wegen Organisation einer kriminellen Vereinigung, Annahme von Bestechungsgeldern, Erpressung u.a.; 22 weitere, zum Teil hochrangige Angeklagte, erhalten Haftstrafen bis zu 17 Jahren (ZA 29.11.2019).

Am 09.01.2020 sind wegen einer Reihe von Verstößen in Taschkent 15 Polizisten vom Dienst suspendiert worden, meldet Gazeta.uz (ZA 31.01.2020).

(ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 138, 29.11.2019, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/138/ZentralasienAnalysen138.pdf

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289264.htm

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 139, 31.01.2020, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/139/ZentralasienAnalysen139.pdf)

Folter/unmenschliche Behandlung

Präsident Schawkat Mirsijaew bestätigte Gesetzesänderungen, darunter die Verkürzung der Untersuchungshaft von zwölf auf sieben Monate und der Dauer der vorläufigen Festnahme durch die Polizei von 72 auf 48 Stunden (RFE 30.03.2017).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, schlagen Strafverfolgungsbehörden und Sicherheitsbeamte routinemäßig und misshandeln Häftlinge auf andere Art, um Geständnisse und belastende Informationen zu erhalten, oder um sich durch Korruption zu bereichern. Zu den gemeldeten Missbrauchsmethoden zählen harte Schläge, die Verweigerung von Lebensmitteln oder Benutzung einer Toilette, sowie das Fesseln der Hände. Im März 2017 erließ die Regierung Regeln für das Verhalten von Strafverfolgungsbehördenmitarbeitern und sprach das Thema Folter an. In § 8 des reformierten Polizeigesetzes heißt es, dass die Mitarbeiter der Behörde für Innere Angelegenheiten keine Folter, Gewalt, oder andere grausame oder erniedrigende Behandlungen anwenden dürfen. Die Mitarbeiter der Behörden für inneren Angelegenheiten haben die Pflicht vorsätzliche Handlungen die Schmerzen, körperliches oder moralisches Leiden von Staatsbürgern verursachen, zu verhindern. Seit November 2017 verbietet dieses Gesetz die Verwendung von Beweismitteln, die durch Folter in Gerichtsverfahren gewonnen werden (USDOS 13.03.2019).

RFE/RL meldet am 03.08.2019, dass Präsident Mirsijojew am Vortag die Schließung des berüchtigten Sondergefängnisses Dschaslyk in der Autonomen Republik Karakalpakstan angeordnet hat. Laut Innenministerium handelt es sich um eine historische Entscheidung, mit der die Effektivität der Umerziehung von Gefangenen erhöht und das Image Usbekistans im Ausland positiv beeinflusst wird. Die Anwendung von Folter wird in der Erklärung aber bestritten (ZA 27.09.2019).

Am 22.11.2019 werden mit Erlass Präsident Mirsijojews, beginnend mit dem stellvertretenden Innenminister Muchiddin Dschurajew, ca. ein Dutzend Führungsfiguren des Innenministeriums ihres Amtes enthoben. Die Maßnahme soll im Zusammenhang mit dem Tod von Gefangenen durch Folter und anderen Missständen im Strafvollzugswesen stehen (ZA 29.11.2019).

Am 07.12.2019, anlässlich des 27. Jahrestages der Annahme der Verfassung, begnadigt Präsident Mirsijojew 92 Gefangene, 79 von ihnen sollen wegen Mitgliedschaft in verbotenen Organisationen verurteilt worden sein (ZA 31.01.2020)

(ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 137, 27.09.2019, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen137.pdf

RFE/RL, Radio Free Europe/Radio Liberty, Präsident Schawkat Mirsijaew bestätigt Gesetzesänderungen, 30.03.3017, https://www.rferl.org/a/uzbekistan-mirziyaev-softening-punishment-crimes-legislation/28400115.html

USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289264.htm

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 138, 29.11.2019, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/138/ZentralasienAnalysen138.pdf

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 139, 31.01.2020, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/139/ZentralasienAnalysen139.pdf)

Tadschiken

Die Amtssprache der Republik Usbekistan ist Usbekisch, Regionalsprachen sind Tadschikisch, Kasachisch, Karakalpakisch und Kirgis. Die Republik Usbekistan liegt im Herzen Zentralasiens und grenzt im Osten und Südosten an Tadschikistan. Die Anzahl der Einwohner (Stand 2018) wurde mit circa 32,08 Millionen geschätzt. Ethnien und ethnische Gruppen (geschätzt): Usbeken (80%), Russen (5,5%), Tadschiken (5%), Kasachen (3%), Karakalpaken (2,5%), Tataren (1,5% [LIP Überblick Dezember 2019, abgefragt am 26.02.2020]).

Usbekistan ist ein sehr junges Land, denn etwa 10,4 Millionen Menschen, das entspricht knapp 40% der gesamten Bevölkerung, sind unter 18 Jahre alt. Etwa 17 Millionen Menschen, also circa 65% der Bevölkerung, sind unter 30 Jahre alt und so kommt es zu einem Durchschnittsalter von nur 28,6 Jahren (Stand 2018). Die Bevölkerung Usbekistans besteht aus über 100 Völkerschaften, davon nach offiziellen Angaben zu 71% aus Usbeken, 5,1% Russen, 5% Tadschiken, 4,1% Karakalpaken, 3,2% Kasachen, 2,7% Krimtataren, 2,5% Koreaner (LIP Gesellschaft September 2019, abgefragt am 26.02.2020).

Zu Beginn des Schuljahres 2018/19 gab es in Usbekistan 9.774 allgemeine Bildungseinrichtungen, davon 6.044 (62 Prozent) in ländlichen Gebieten und 3.730 (38 Prozent) in Städten, was einem Anstieg von 56 (0,6 Prozent) gegenüber dem Vorjahr entspricht. Nach Sprache gab es 8.853 Schulen, die Usbekisch als Unterrichtsmedium nutzten (4.981.511 Schüler); 862 mit Russisch (581.881 Schüler); 366 mit Karakalpak (115.656 Schüler); 244 mit Tadschikisch (69.385 Schüler); 370 mit kasachischen (54.926 Schüler); 42 mit Kirgisisch (7.859 Schüler); und 43 mit Turkmenisch (10.643 Schüler). Folgende Kinder erhielten eine Ausbildung in ihrer Muttersprache: im Schuljahr 2014/15 - 3.877.592; 2015/16 - 3.987.443; 2016/17 - 4.116.420; 2017/18 - 4.488.733; und in 2018/19 - 4.981.694. Der nationale Fernseh- und Rundfunkkonzern Usbekistans sendet Programme in 12 Sprachen. Mehr als 20 Fernseh- und Radiosendungen werden in den Sprachen der im Land lebenden Nationalitäten und ethnischen Gruppen ausgestrahlt, darunter Usbekisch, Karakalpak, Tadschikisch, Russisch, Kasachisch, Kirgisisch, Turkmenisch, Koreanisch, Tatar, Uigurisch und andere (UN CESCR 14.08.2019).

Die Minority Rights Group International (MRG), schreibt in ihrem im Juli 2014 veröffentlichten Jahresbericht zur Lage von Minderheiten im Jahr 2013, laut Gesetz sei Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und nationaler Herkunft verboten, Berichten zufolge würden Beamte Schlüsselpositionen im Staat und in der Geschäftswelt jedoch ausschließlich mit ethnischen Usbeken besetzen. Seit dem Zerfall der Sowjetunion seien die Möglichkeiten nationaler Minderheiten, in der eigenen Sprache unterrichtet zu werden, stetig gesunken. Gleichzeitig seien die Methoden für Nachhilfeunterricht in usbekischer Sprache zu wenig entwickelt, was zu eingeschränkten akademischen Möglichkeiten für Personen führe, deren Muttersprache nicht Usbekisch sei. Der Status der Tadschiken, nach der russischen die größte Minderheit Usbekistans, gelte generell als heikel, teilweise wegen der Spannungen zwischen den politischen Führungen von Usbekistan und Tadschikistan. Einige Beobachter würden diese Feindlichkeit auf die dramatische Reduktion tadschikisch-sprachiger Schulen in den vorangegangenen zehn Jahren in und um die Städte Samarkand und Buchara, wo die tadschikische Bevölkerung Usbekistans konzentriert sei, zurückführen. Insgesamt sei die Zahl der tadschikisch-sprachiger Schulen von ungefähr 318 im Jahr 2001 auf 256 im Schuljahr 2012-2013 zurückgegangen. Das US-amerikanische Außenministerium (US Department of State, USDOS) schreibt in seinem Länderbericht zur Menschrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass laut Verfassung alle Bürger Usbekistans, ungeachtet ihres ethnischen Hintergrunds, gleich seien, und alle, ungeachtet ihrer nationalen, rassischen oder ethnischen Herkunft, durch die Gerichte den gleichen Schutz bekommen sollten. In dem Land gebe es zahlenmäßig bedeutende Minderheiten wie die tadschikische mit fünf Prozent und die russische mit 5,5 Prozent. Es habe nur wenige Beschwerde über Diskriminierung oder gesellschaftliche Gewalt gegenüber dieser Gruppe gegeben. Die usbekische Verfassung garantiere auch das Recht der Bürger auf Arbeit und Berufswahl. Diskriminierung bei der Einstellung aufgrund der ethnischen oder nationalen Abstammung sei zwar per Gesetz verboten, dennoch hätten sich ethnische Russen und Vertreter anderer Minderheiten bisweilen besorgt gezeigt wegen beschränkter Beschäftigungsmöglichkeiten. Berichten zufolge hätten Beamte hochrangige Positionen in der staatlichen Verwaltung und Geschäftswelt nur mit ethnischen Usbeken besetzt, auch wenn es zahlreiche Ausnahmen gegeben habe. Die Beherrschung der usbekischen Sprache sei laut Gesetz keine Voraussetzung für den Erwerb der usbekischen Staatsbürgerschaft, das Thema "Sprache" sei aber oft heikel gewesen. Usbekisch sei die Amtssprache und die Verfassung verlange vom Präsidenten, diese Sprache zu sprechen. Per Gesetz sei Russisch die "Sprache der interethnischen Kommunikation". Freedom House, eine in den USA ansässige NGO, die zu den Themen Demokratie, politische Freiheit und Menschenrechte forscht und sich für diese einsetzt, schreibt in ihrem im Jänner 2014 veröffentlichten Bericht Freedom in the World 2014, dass Diskriminierung aufgrund von Rasse oder Ethnizität per Gesetz verboten sei, der Glaube, dass hochrangige Positionen im Staat und in der Geschäftswelt ethnischen Usbeken vorbehalten seien, sei jedoch weit verbreitet. Im November 2013 berichtet EurasiaNet, dass die tadschikische Sprache in Samarkand über Jahrhunderte die Lingua franca gewesen sei. Jetzt scheine es allerdings, als seien die usbekischen Behörden fest entschlossen, die tadschikischen Wurzeln der Stadt zu kappen. In Samarkand, wo Tadschikisch die Muttersprache vieler Menschen sei, habe dieses Sprache keinen offiziellen Status. Die Regierung mache keine Angaben dazu, wie viele Tadschiken in Samarkand leben würden, das Statistikamt des Landes sage aber, dass Tadschiken etwa fünf Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen würden. Der "Ethnische Atlas von Usbekistan" habe 2002 angegeben, dass etwa ein Fünftel aller ethnischen Tadschiken in Samarkand lebe. Der Atlas behaupte, dass die Anzahl der ethnischen Tadschiken im Land ein wenig höher sei, da einige es bevorzugt hätten, sich als ethnische Usbeken zu registrieren, was eine pragmatische Einstellung nahelege, die ein soziales und wirtschaftliches Vorankommen unterstütze, sowie ein geringes Gespür für ethnische und kulturelle Identität unter Vertretern von Minderheiten in Usbekistan. Weiters habe der Atlas angegeben, dass der erste Grund wahrscheinlicher sei, da der Status der ethnischen Titulargruppe mit mehr Vergünstigungen verbunden sei als der Status einer ethnischen Minderheit. Die Anzahl der Schulen mit Unterricht in tadschikischer Sprache sei auf eine Schule mit gemischtem tadschikisch-usbekisch-sprachigem Unterricht reduziert worden, so ein Beamter aus der Bildungsabteilung von Samarkand gegenüber EurasiaNet. Im Bezirk Samarkand, zu dem die Vorstädte gehörten, nicht aber die Stadt selbst, gebe es vier Schulen mit Unterricht ausschließlich auf Tadschikisch und 19 mit gemischtem tadschikisch-usbekisch-sprachigem Unterricht. Offizielle Zahlen zu tadschikisch-sprachigem Unterricht in Samarkand und den umliegenden Gebieten gebe es nicht, aber der landesweite Trend zeige, dass die Anzahl der Schulen mit Unterricht in einer Minderheitensprache abnehme. 2001 habe es nach Angaben des in Moskau ansässigen Föderalen Zentrums für Bildungsgesetzgebung 318 Schulen mit tadschikisch-sprachigem und tadschikisch-usbekisch-sprachigem Unterricht in Usbekistan gegeben, 2004 nur mehr 282 (Accord 16.03.2015).

Im März vergangenen Jahres haben wir ein Abkommen zwischen Tadschikistan und Usbekistan geschlossen. [...] Daraufhin überqueren jetzt täglich 25.000 Personen die Grenze. Das Passieren der Grenze ist jetzt sehr einfach und offen. Sie kommen mit ihrem Pass zur Grenze, zeigen ihn vor und nach drei oder fünf Minuten können sie einreisen. Alle Länder Zentralasiens haben sehr enge verwandtschaftliche Beziehungen untereinander. Zu Zeiten der Sowjetunion haben wir alle in einem Land gelebt, daher leben noch heute mehr als 1,5 Millionen ethnische Usbeken in Tadschikistan. In der Republik Usbekistan wiederum leben 1,5 Millionen Tadschiken, die usbekische Staatsbürger sind. Früher war es für sie ein großes Problem, Verwandte zu besuchen. Heute bin ich sehr stolz darauf, sagen zu können, dass wir für diese Menschen gute Konditionen schaffen konnten, insbesondere für diejenigen, die in den grenznahen Gebieten wohnen. Als Folge [der neuen Abkommen, die Red.] ist auch der grenzüberschreitende Handel zwischen Usbekistan und den anderen Ländern Zentralasiens um mehr als 50 % gestiegen. Das ist ein ganz neues Phänomen (ZA 22.02.2019).

Leitende Positionen in der staatlichen Verwaltung und Geschäftswelt sind laut Berichten für ethnischen Usbeken reserviert, auch wenn es zahlreiche Ausnahmen gibt. Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung von Angehörigen ethnischer Minderheiten sind selten (USDOS 13.03.2019).

In der Karimovschen Zeit eskalierte sich ein Streit zwischen Usbekistan und Tadschikistan wegen des geplanten Baus des Roghun-Kraftwerks. Usbekistan kritisierte heftig jegliche Baupläne und führte sogar Sabotageakte durch, sah es doch den Wasserstrom des Wachsch und in der Folge des Amu-Darja stark beeinträchtigt. Das Wasser, das im Frühling während der Schneeschmelze in den Talsperren gesammelt wird, fehlt den Bauern am Unterlauf des Amudarja bei der Aussaat, zumal es nach Schätzungen 7-12 Jahre dauern wird, bis die Talsperre gefüllt sein wird. Usbekistan, das im Wesentlichen Einbußen für seine staatliche Baumwollwirtschaft befürchtet, drängt auf eine internationale Untersuchung, um die Auswirkungen des Baus auf den Wasserstrom des Amu-Darja zu ergründen. Ein ähnlicher Wasserstreit mit Kirgisistan führte zu einer Eskalation an der usbekisch-kirgisischen Grenze. Usbekistan war unter Karimow zunehmend in eine politische und wirtschaftliche Isolation innerhalb Zentralasiens wie der internationalen Gemeinschaft geraten. Misstrauen und Feindseligkeit dominierten die Beziehungen mit allen Nachbarn. Mirsijojew ist nun offensichtlich bestrebt, durch eine "Null Probleme mit den Nachbarn"- Politik alte Probleme zu lösen und sein Regime aus der Isolation herauszuführen. Ende Dezember 2016 kam der kirgisische Präsident Almasbek Atambajew zu einem von den usbekischen Medien als Durchbruch in den Beziehungen beider Länder bewerteten Besuch nach Taschkent. Bei Mirziyoyevs Gegenbesuch in Bischkek Anfang September 2017 wurden mehr als ein Dutzend zwischenstaatlicher Abkommen in den Bereichen Kultur, Handel, Transport (inkl. Auto- und Eisenbahnlinie nach China), Terrorismusbekämpfung, Bewässerung unterzeichnet. Sein erster Auslandsbesuch führte Mirsijojew Anfang März 2017 nach Turkmenistan, wo es reichlich Freundschaftsbekundungen und noch mehr Regierungsabkommen über Kooperation im Energiebereich gab. Ende März begab sich der usbekische Präsident zu einem historischen Besuch nach Astana zu seinem kasachischen Amtskollegen Nursultan Nasarbajew, mit dem er sich, anders als sein Vorgänger, gut versteht. Mitte September 2017 folgte Nasarbajews Gegenbesuch in Taschkent, bei dem mehrere Abkommen über Kooperation i

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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