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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in Graz, Brockmanngasse 91, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 2. April 1997, Zl. UVS 30.5-12/97-6, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1997,
Spruch
I. den Beschluß gefaßt:
Die Behandlung der Beschwerde wird in Ansehung der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Schuldsprüche abgelehnt.
II. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Aussprüche über die verhängten Strafen und die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hinsichtlich der Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1996, Zl. 96/03/0247, verwiesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer neuerlich im Instanzenzug wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 64 Abs. 1 KFG 1967 mit Geldstrafen von je S 10.000,-- bestraft, weil er am 27. Juli 1994 "1.) um 11.15 Uhr in Ilz auf der B 65, auf Höhe des Gendarmeriepostens von Dörfl kommend in Richtung Ortsmitte und 2.) um 11.45 Uhr auf der L 436 im Ortsgebiet Großhartmannsdorf, vor dem Haus Nr. 28 bis zum Gasthaus Spörk, Großhartmannsdorf Nr. 63" einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw auf einer öffentlichen Verkehrsfläche gelenkt habe, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung (Führerschein) zu sein.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Zu I::
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Beschwerdefall liegen - wenngleich in einer einzigen Bescheidausfertigung zusammengefaßt - zwei Bescheide mit ebensovielen selbständigen (trennbaren) Absprüchen über zwei verschiedenen Taten vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0531).
Da die Voraussetzungen des § 33a VwGG in Ansehung der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Schuldsprüche gegeben sind, konnte die Behandlung der Beschwerde in diesem Umfang abgelehnt werden.
Zu II.
Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde erwogen:
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde unter anderem aus, daß die erstinstanzliche Behörde von sechs einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen als Erschwerungsgrund ausgegangen sei. Davon seien zwei bereits getilgt, könnten jedoch von der entscheidenden Behörde im Hinblick auf die subjektive Beurteilung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Einstellung zur Frage der Verkehrssicherheit nicht gänzlich außer acht gelassen werden. Ferner heißt es im angefochtenen Bescheid, daß der Beschwerdeführer letztmalig im Jahr 1991 wegen derartiger Übertretungen mit Geldstrafen von S 10.000,-- bestraft habe werden müssen.
Gemäß § 55 Abs. 1 VStG zieht ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von fünf Jahren nach Fällung des Straferkenntnisses als getilgt. Getilgte Verwaltungsstrafen dürfen gemäß § 55 Abs. 2 leg. cit. in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 24. März 1993, Zlen. 92/03/0246, 93/03/0051) hat die Berufungsbehörde allenfalls auch während des Berufungsverfahrens eingetretene Umstände bei der Strafbemessung wahrzunehmen. Dies gilt auch für den Ablauf der Tilgungsfrist hinsichtlich einer Vorstrafe.
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides waren, wenn der Beschwerdeführer "letztmalig im Jahr 1991" einschlägig bestraft worden war, die Tilgungsfristen hinsichtlich sämtlicher einschlägiger Straferkenntnisse bereits abgelaufen. Diese Verwaltungsstrafverfahren hätten daher bei der Strafbemessung nicht mehr berücksichtigt werden dürfen, und zwar auch nicht "im Hinblick auf die subjektive Beurteilung des Berufungswerbers aufgrund seiner Einstellung zur Frage der Verkehrssicherheit".
Der angefochtene Bescheid war somit in Ansehung der Aussprüche über die verhängten Strafen und die Kosten des Strafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997030141.X00Im RIS seit
19.03.2001