TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W137 2215863-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W137 2215863-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheids des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.02.2019, Zl. 1134911707-161538615 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.05.2019 zu Recht erkannt:

A)

Der Antrag von XXXX auf internationalen Schutz wird bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 und § 34 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein minderjähriger Staatsangehöriger Afghanistans, reiste am 14.11.2016 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab er an, ledig zu sein und aus Ghazni zu stammen. Seine Eltern, seine zwei Schwestern und sein jüngerer Bruder würden in Afghanistan leben. Sein jüngerer Bruder (siehe GZ: W137 2215864-1) sei mit ihm gemeinsam nach Österreich gekommen.

Zum Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass sein Vater "kein guter Mensch" gewesen sei. Er habe immer Probleme gemacht und sei auch einige Male im Gefängnis gewesen. Die Mutter des Beschwerdeführers habe sich von ihm getrennt. Daraufhin habe der Vater des Beschwerdeführers die Mutter bedroht. Auch seitens der Taliban habe es Bedrohungen gegeben. Die Mutter habe sich dann zur Flucht entschlossen.

2. Mit Beschluss des BG Meidling vom 23.11.2016, GZ: 21 Ps 133/16g-5, wurde die Obsorge betreffend den minderjährigen Beschwerdeführer und seinen Bruder dem Magistrat der Stadt Wien als Kinder- und Jugendwohlfahrtsträger übertragen.

3. Mit Schreiben vom 20.12.2016 gab der Beschwerdeführer im Wege seines Rechtsvertreters dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) bekannt, dass er nicht genau wissen würde, wo sein Vater lebe. Seine Mutter würde mit seinen Geschwistern an der genannten Adresse in Afghanistan aufhältig sein. Sie habe vor einem Jahr einen anderen Mann geheiratet und sei der Stiefvater des Beschwerdeführers seit einigen Monaten verschwunden und würde der Stiefvater entweder von dem leiblichen Vater des Beschwerdeführers oder von den Taliban entführt worden sein. Der Beschwerdeführer habe zudem keine Bezugsperson in der EU und habe in Ghazni zwei Jahre lang die Koranschule besucht.

4. Mit Schreiben vom 16.03.2018 gab die Dublin-Abteilung des Bundesamtes bekannt, dass die griechischen Dublin-Behörden, um Familienzusammenführung betreffend drei afghanischer Staatsangehöriger ersuchen würden, die in Griechenland um Asyl angesucht hätten, da es sich dabei um die Mutter des Beschwerdeführers, sowie seine zwei Geschwister handeln würde. Dem Schreiben angefügt wurde eine Evaluierung des Kindeswohls der MA11, die sich dem Grunde nach für eine Familienzusammenführung aussprechen würde.

5. Am 19.03.2018 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt einvernommen. Dabei gab er einleitend an, dass er gesund sei und psychisch und physisch in der Lage sei, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er zurzeit die 4.Klasse der Neuen Mittelschule besuche und sich auch für die HTL eingeschrieben habe. Er sei ledig und sei in Ghazni im Distrikt Nahur im Dorf Esrak geboren. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und würde sich zum schiitisch-muslimischen Glauben bekennen. In seinem Heimatland habe er zwei Jahre lang eine Koranschule besucht und habe seiner Mutter beim Teppichknüpfen geholfen. Sein Vater sei drogenabhängig und sei daher nicht oft zuhause gewesen. Der Beschwerdeführer würde noch über mehrere Tanten und Onkeln verfügen, die in Kabul leben würden, zu denen aber kein Kontakt bestehe. Zu der Mutter, die derzeit in Griechenland sei, habe der Beschwerdeführer regelmäßig telefonischen Kontakt.

Bezüglich seiner Angaben im bisherigen Verfahren erklärte der Beschwerdeführer, er habe zunächst falsche Angaben zu seiner Familie gemacht um nicht nach Griechenland zurückkehren zu müssen.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass sein Vater kein guter Mann gewesen sei. Er habe seine Schwester, seine Mutter und auch manchmal ihn und seinen Bruder geschlagen. Er sei drogensüchtig gewesen und wäre oft im Gefängnis gewesen. Er habe dem Onkel des Beschwerdeführers einen Brief mitgegeben ihn dem er gedroht habe, die Mutter des Beschwerdeführers zu töten. Sechs Monate nach Erhalt dieses Scheidungsbriefes, habe die Mutter des Beschwerdeführers einen neuen Mann geheiratet. Er habe in Kabul beim Sicherheitsdienst der Regierung gearbeitet. Eines Tages seien bewaffnete Männer in das Haus des Beschwerdeführers gekommen und hätten nach dem Stiefvater des Beschwerdeführers gefragt. Aufgrund dieses Vorfalles sei der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie nach Griechenland geflüchtet. Auf der Reise hätten sie erfahren, dass der Stiefvater auf dem Weg in die Arbeit von Fremden entführt worden sei. Im Rahmen der Einvernahme wurden zahlreiche Integrationsunterlagen betreffend den Beschwerdeführer vorgelegt.

6. Mit Stellungnahme vom 03.04.2018 brachte der Beschwerdeführer im Wege seines rechtlichen Vertreters vor, dass die ganze Familie des Beschwerdeführers im Visier der Feinde des Stiefvaters stehen würde. Da der Stiefvater für den afghanischen Sicherheitsdienst arbeiten würde, sei dieser besonders gefährdet. Dass der Beschwerdeführer keine näheren Angaben zu der Bedrohung seines Stiefvaters machen könne, sei aufgrund seines noch sehr jungen Alters nicht vorwerfbar und seien seine Schilderungen altersgerecht und für sein Alter auch recht detailliert. Der frühere Rechtsvertreter des Beschwerdeführers habe zudem das Protokoll einer Befragung des Beschwerdeführers ohne Zustimmung des Beschwerdeführers oder dessen gesetzlichen Vertreters ungefiltert an das Bundesamt weitergegeben. Es sei außerdem nicht ersichtlich von wem diese Befragung gedolmetscht worden sei und was der Beschwerdeführer dabei genau gesagt habe. Zur Sicherheitslage in seinem Heimatland legte der Beschwerdeführer mehrere Länderberichte insbesondere zu der Lage in seiner Heimatregion sowie zu der Zumutbarkeit einer Neuansiedlung innerhalb Afghanistans vor. Zu dem Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer derzeit die NMS besuche, schon sehr gut Deutsch spreche und aufgrund seiner ausgezeichneten schulischen Leistungen ein Universitätsstudium plane. Der Beschwerdeführer weise für seinen relativen kurzen Aufenthalt in Österreich eine außergewöhnliche Integration auf.

7. Mit den nunmehr angefochtenen - im Spruch bezeichneten - Bescheid des Bundesamtes vom 01.02.2019, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 100/2005 abgewiesen und ihm der Status des/der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde ihm allerdings der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG (zunächst) bis 01.02.2020 erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen nicht habe festgestellt werden können. Aufgrund der individuellen Situation des Beschwerdeführers insbesondere der Lage in der Herkunftsprovinz Ghazni und dessen Minderjährigkeit sei derzeit jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland einer unmenschlichen oder menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt wäre und sei eine Niederlassung in einem anderen Teil Afghanistans aufgrund des fehlenden familiären Netzwerk und mangels entsprechender beruflicher Qualifikationen des Beschwerdeführers nicht zumutbar.

8. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde rechtzeitig Beschwerde erhoben in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die belangte Behörde ihre Ermittlungspflicht verletzt habe, da sie die Stellungnahme vom 03.04.2018 nicht ausreichend berücksichtigt habe und bei ihren Feststellungen auf unvollständige und teilweise veraltete Länderberichte zurückgegriffen habe. Zudem habe die belangte Behörde keine Länderberichte herangezogen, die sich mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers beschäftigen würden. Die belangte Behörde habe zudem eine mangelhafte Beweiswürdigung durchgeführt und habe die Aussagen des Beschwerdeführers zu Unrecht als nicht glaubwürdig befunden. Es sei insbesondere nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Minderjährigen handelt. Zudem seien die vermeintlichen Widersprüche aus der Erstbefragung nicht relevant, da laut Judikatur des VfGH AsylwerberInnen in der Erstbefragung nicht näher zu ihren Fluchtgründen befragt werden dürfen. Der Beschwerdeführer habe ein glaubwürdiges Vorbringen erstattet und hätte ihm bei gesetzmäßiger Beweiswürdigung die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden müssen.

9. Am 27.05.2019 erfolgte vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung bei der der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

Der Beschwerdeführer gab an, gesund zu sein und der Verhandlung in vollem Umfang folgen zu können. Der Beschwerdeführer sei mit seiner Familie - seiner Mutter, seinen zwei Schwestern und seinen zwei Brüdern - nach Griechenland gereist. Aus Griechenland sei der Beschwerdeführer alleine mit seinem älteren Bruder ausgereist, da die Ausreise in einem LKW für die Mutter mit dem kleinen Kind zu schwierig gewesen sei. Die Flucht aus Afghanistan sei von dem Stiefvater des Beschwerdeführers organisiert gewesen. Dieser sei seit sechs Monaten mit der Mutter verheiratet gewesen und habe für einen staatlichen Sicherheitsdienst in Kabul gearbeitet.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine Mutter in Gefahr gewesen sei, da sie von ihrem geschiedenen Ehemann, dem leiblichen Vater des Beschwerdeführers, mit dem Umbringen bedroht worden sei. Der Onkel des Beschwerdeführers mütterlicherseits habe ein Jahr vor der Ausreise einen "Scheidungszettel" des Vaters an die Mutter des Beschwerdeführers übergeben und ihr dabei erzählt, dass der Vater sie töten wolle.

Ein weiterer Fluchtgrund des Beschwerdeführers sei die Tätigkeit des Stiefvaters gewesen, da dieser für eine staatliche Sicherheitsbehörde gearbeitet habe und die Familie des Beschwerdeführers eines Nachts Besuch von 6 - 8 bewaffneten Personen bekommen habe, die nach dem Stiefvater gesucht hätten. Dabei habe es sich möglicherweise um Taliban gehandelt, da diese nur schlecht Dari gesprochen hätten.

Abschließend wurde mit der Vertreterin vereinbart, mit der Entscheidung noch zumindest bis Ende Juni zuzuwarten, um im Falle der angestrebten Familienzusammenführung in Österreich die Verfahren sämtlicher Familienmitglieder gemeinsam entscheiden zu können.

10. Mit schriftlichem Parteiengehör vom 11.12.2019 wurden aktualisierte Länderberichte zur Situation in Afghanistan unter Setzung einer Frist zur Stellungnahme in das Verfahren eingebracht. Eine solche Stellungnahme wurde weder vom Beschwerdeführer noch von seinem bevollmächtigten Vertreter erstattet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund der der Entscheidung zugrundeliegenden Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie der durchgeführten mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht steht nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gehört der Volksgruppe der Hazara und dem schiitischen Glauben an. Dem Beschwerdeführer wurde in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig zuerkannt. Der Beschwerdeführer verfügt in seinem Herkunftsstaat über keine nennenswerten familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer hat lediglich zwei Jahre die Koranschule besucht und verfügt über keine Berufserfahrung. Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Ghazni und lebte dort gemeinsam mit seiner Familie.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht belegen konnte, dass sich die Mutter und die restlichen Geschwister des Beschwerdeführers derzeit in Griechenland aufhalten. Sie leben jedenfalls nicht im Bundesgebiet.

1.2. Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit staatlichen Behörden in Afghanistan. Auch Probleme aufgrund seines schiitischen Glaubens oder der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara waren nie gegeben.

Das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers hat sich - abseits der glaubhaften Probleme seiner Mutter mit dem von ihr getrennten Ehemann (dem Vater des Beschwerdeführers) - als zur Gänze nicht glaubhaft erwiesen. Dies gilt insbesondere für eine persönliche Verfolgung des Beschwerdeführers durch die Taliban.

1.3. Zur Situation in Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Provinz Ghazni

Die Provinz Ghazni liegt im Südosten Afghanistans und grenzt an die Provinzen Bamyan und Wardak im Norden, Logar, Paktya und Paktika im Osten, Zabul im Süden und Uruzgan und Daykundi im Westen. Ghazni liegt an keiner internationalen Grenze (UNOCHA 4.2014). Die Provinz ist in 19 Distrikte unterteilt: die Provinzhauptstadt Ghazni-Stadt sowie den Distrikte Ab Band, Ajristan, Andar (auch Shelgar genannt (AAN 22.5.2018)), De Hyak, Gelan, Giro, Jaghatu, Jaghuri, Khwaja Omari, Malistan, Muqur, Nawa, Nawur, Qara Bagh, Rashidan, Waghaz, Wali Muhammad Shahid (Khugyani) und Zanakhan (CSO 2019). Nach Schätzungen der CSO für den Zeitraum 2019-20 leben 1.338.597 Menschen in Ghazni (CSO 2019). Die Provinz wird von Paschtunen, Tadschiken und Hazara sowie von mehreren kleineren Gruppen wie Bayats, Sadats und Sikhs bewohnt (PAJ o.D.). Fast die Hälfte der Bevölkerung von Ghazni sind Paschtunen, etwas weniger als die Hälfte sind Hazara und rund 5% sind Tadschiken (NPS o.D.).

Die Stadt Ghazni liegt an der Ring Road, welche die Hauptstadt Kabul mit dem großen Ballungszentrum Kandahar im Süden verbindet und auch die Straße zu Paktikas Hauptstadt Sharan zweigt in der Stadt Ghazni von der Ring Road ab, die Straße nach Paktyas Hauptstadt Gardez dagegen etwas nördlich der Stadt. Die Kontrolle über Ghazni ist daher von strategischer Bedeutung (CJ 13.8.2018). Einem Bericht vom Dezember 2018 zufolge steht die Ghazni-Paktika-Autobahn unter Taliban-Kontrolle und ist für Zivil- und Regierungsfahrzeuge gesperrt, wobei die Aufständischen weiterhin Druck auf die Kabul-Kandahar-Autobahn ausüben (AAN 30.12.2018), bzw. Straßenkontrollen durchführen (PAJ 31.1.2019). Im Mai 2019 war die Ghazni-Paktika-Autobahn seit einem Jahr geschlossen (PAJ 13.5.2019a). Auch die Ghazni-Paktia-Autobahn war Anfang März 2019 trotz einer 20-tägigen Militäroperation (PAJ 27.2.2019) gegen die Taliban immer noch gesperrt (BAMF 4.3.2019; vgl. PAJ 27.2.2019). Im Mai 2019 führten die Regierungskräfte an den Rändern von Ghazni-Stadt Räumungsoperationen zur Befreiung der Verkehrswege durch (KP 16.5.2019). Die Kontrolle über die Straße nach Gardez, der Provinzhauptstadt von Paktia ist bedeutsam für die Verteidigung von Ghazni, da sich die Militärbasis des für die Provinz zuständigen Corps dort befindet (AAN 25.7.2018).

Gemäß dem UNODC Opium Survey 2018 gehörte Ghazni 2018 nicht zu den zehn wichtigsten schlafmohnanbauenden Provinzen Afghanistans. Während die Provinz zwischen 2013 und 2016 schlafmohnfrei war, wurden 2017 etwa 1.000 Hektar angebaut. Im Jahr 2018 nahm die Anbaufläche um 64% ab. Der größte Teil von Ghazni's Schlafmohn wurde 2018 im volatilen Distrikt Ajristan angebaut (UNODC/MCN 11.2018).

Im Jahr 2018 dokumentierte UNAMA 653 zivile Opfer (253 Tote und 400 Verletzte) in Ghazni. Dies entspricht einer Steigerung von 84% gegenüber 2017. Die Hauptursache für die Opfer waren Kämpfe, gefolgt von Luftangriffen und gezielten oder vorsätzlichen Morden (UNAMA 24.2.2019). Im ersten Halbjahr 2019 zählte UNAMA Ghazni mit insgesamt 186 zivilen Opfern (77 Tote, 109 Verletzte) zu den fünf Provinzen mit den größten Auswirkungen des Konflikts auf Zivilisten in Afghanistan (UNAMA 30.7.2019).

Einem UN-Bericht zufolge, war Ghazni neben Helmand und Farah zwischen Februar und Juni 2019 eines der aktivsten Konfliktgebiete Afghanistans. Mehr als die Hälfte aller Luftangriffe fanden in diesem Zeitraum in den Provinzen Helmand und Ghazni statt. Anfang April 2019 beschloss die Regierung die "Operation Khalid", welche unter anderem auf Ghazni fokussiert (UNGASC 14.6.2019). Auch die Winteroperationen 2018/2019 der ANDSF konzentrierten sich unter anderem auf diese Provinz (UNGASC 28.2.2019). In der Provinz kommt es regelmäßig zu militärischen Operationen (z.B. KP 27.7.2019; KP 25.7.2019; KP 22.7.2019, MENAFN 22.7.2019); ebenso werden Luftangriffe in der Provinz durchgeführt (PAJ 17.3.2019). Bei manchen militärischen Operationen werden beispielsweise Taliban getötet (KP 25.7.2019; vgl. KP 22.7.2019). Außerdem kommt es immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (PAJ 30.3.2019; vgl. PAJ 16.2.2019, SP 15.8.2018). Auch verlautbarte die Regierung im September 2019 nach wie vor Offensiven gegen die Aufständischen in der Provinz zu führen, um das Territorium der Taliban zu verkleinern (XI 22.9.2019).

Mitte August 2018 eroberten die Taliban große Teile der Stadt Ghazni, was zu heftigen Kämpfen zwischen den Aufständischen und den Regierungskräften führte (SP 15.8.2018). Nach fünf Tagen erlangte die Regierung wieder die Kontrolle über die Provinzhauptstadt (AAN 16.12.2018). Die dabei durchgeführten Luftangriffe führten zu zivilen Opfern und zerstörten Häuser von Zivilisten (AAN 16.12.2018; vgl. UNAMA 24.2.2019). UNAMA verzeichnete 262 zivile Opfer (79 Tote, 183 Verletzte) im Zusammenhang mit dem Talibanangriff im August 2018 (UNAMA 24.2.2019). Zeitgleich mit dem Angriff auf die Stadt Ghazni eroberten die Taliban den Distrikt Ajristan westlich der Provinzhauptstadt (NYT 12.8.2018; vgl. TN 13.8.2018). Im November 2018 starteten die Taliban eine Großoffensive gegen die von Hazara dominierten Distrikte Jaghuri und Malistan, nachdem die Aufständischen bereits Ende Oktober das benachbarte Khas Uruzgan in der Provinz Uruzgan angegriffen hatten (RFE/RL 13.11.2018; vgl. AAN 29.11.2018). Bis Ende November 2018 wurden die Taliban aus Jaghuri und Malistan vertrieben (AAN 29.11.2018).

Die Parlamentswahlen, die im Oktober 2018 hätten stattfinden sollen, wurden in Ghazni aufgrund der volatilen Sicherheitslage zunächst auf April 2019 verschoben (AAN 16.8.2018). Ende Dezember 2018 kündigte die Unabhängige Wahlkommission (independent election commission, IEC) an, dass die Parlamentswahlen in Ghazni sowie die Präsidentschaftswahlen in ganz Afghanistan im Juli 2019 mit dreimonatiger Verspätung stattfinden würden (F24 30.12.2018). Neben der Sicherheitslage nannte ein Bericht des UN-Generalsekretärs auch Proteste, welche die Provinzzentrale der IEC blockierten, als einen Grund für die Verschiebung der Wahl in Ghazni (UNGASC 28.2.2019).

Kinder

Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren insgesamt verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Während Mädchen unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren, machen sie von den heute ca. acht Millionen Schulkindern rund drei Millionen aus. Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe ab. Den geringsten Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Helmand, Uruzgan, Zabul und Paktika). Laut UNAMA-Berichten sank die Gesamtzahl der konfliktbedingt getöteten oder verletzten Kinder im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 13% (327 Todesfälle, 880 Verletzte). Die Beteuerungen regierungsfeindlicher Gruppen, Gewalt gegen Zivilisten und insbesondere Kinder abzulehnen, werden immer wieder durch ihre Aktionen konterkariert (AA 2.9.2019).

Die afghanische Bevölkerung ist eine der jüngsten und am schnellsten wachsenden der Welt - mit rund 63% der Bevölkerung (27,5 Millionen Afghanen) unter 25 Jahren und 46% (11,7 Millionen Kinder) unter 15 Jahren (UNFPA 18.12.2018; vgl. CSO 6.2018). Die Volljährigkeit beginnt in Afghanistan mit dem 18. Geburtstag (AA 2.9.2019).

Das Familienleben gilt als Schnittstelle für Fürsorge und Schutz. Armut, schlechte Familiendynamik und der Verlust wichtiger Familienmitglieder können das familiäre Umfeld für Kinder stark beeinflussen. Die afghanische Gesellschaft ist patriarchal (ältere Männer treffen die Entscheidungen), patrilinear (ein Kind gehört der Familie des Vaters an) und patrilokal (ein Mädchen zieht nach der Heirat in den Haushalt des Mannes). Die wichtigste soziale und ökonomische Einheit ist die erweiterte Familie, wobei soziale Veränderungen, welche mit Vertreibung und Verstädterung verbunden sind, den Einfluss der Familie etwas zurückgedrängt haben. Zuhause und Familie sind private Bereiche. Das Familienleben findet hinter schützenden Mauern statt, welche allerdings auch familiäre Probleme vor der Öffentlichkeit verbergen (Ventevogel et al. 2013).

Die Führungselite der Taliban hat erklärt, dass Schulen kein Angriffsziel mehr seien (LI 16.5.2018), was aber in der Praxis nicht immer eingehalten wird (NYT 21.5.2019; UNAMA 24.4.2019; PAJ 16.4.2019; PAJ 15.4.2019; UNAMA 24.2.2019; PAJ 31.1.2019; HRW 17.10.2017). In den vergangenen Jahren haben die Taliban mehrere Stellungnahmen veröffentlicht, in welchen sie sich unterstützend zu Schulbildung äußerten. Lehrer aus Gebieten unter Talibaneinfluss berichteten, dass sich die Lage bei der Bildungsvermittlung gegenüber 2011 vergleichsweise verbessert hat (CIC 5.2016). So würden die Taliban beispielsweise mitunter die Anwesenheit der Lehrer kontrollieren (CIC 5.2016; für den Distrikt Andar in Ghazni vgl. AAN 13.6.2019). Aufgrund des anhaltenden Konflikts und der sich verschlechternde Sicherheitslage wurden aber bis Ende 2018 mehr als 1.000 Schulen geschlossen. UNICEF zufolge haben sich die Angriffe auf Schulen in Afghanistan zwischen 2017 und 2018 von 68 auf 192 beinahe verdreifacht. Die Zunahme von Angriffen auf Schulen ist unter anderem darin begründet, dass Schulen als Wählerregistrierungs- und Wahlzentren für die Parlamentswahlen 2018 genutzt wurden (UNICEF 28.5.2019; vgl. UNAMA 24.2.2019). Von den rund 5.000 Örtlichkeiten, die als Wahlzentren dienten, waren etwa 50% Schulen (UNICEF 2019). Auch ist vorrangig nicht mehr die Schließung von Schulen (wie es während der gewalttätigen Kampagne in den Jahren 2006-2008 der Fall war) Ziel der Aufständischen, als vielmehr die Erlangung der Kontrolle über diese. Die Kontrolle wird durch Vereinbarungen mit den jeweiligen örtlichen Regierungsstellen ausgehandelt und beinhaltet eine regelmäßige Inspektion der Schulen durch die Taliban (AREU 1.2016). Die Taliban "kapern" im Bereich der Bildung wohlfahrtsstaatliche Leistungen des Staates : Sie setzten in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihren Lehrplan, ihre Schulbücher und Lehrer ein, während die Regierung weiterhin die Gehälter und andere Dienste bezahlt (LI 23.8.2017). Dennoch bleibt die Haltung der Taliban "inkonsistent": Qualität und Zugang zur Schulbildung sind in den von den Taliban kontrollierten Gebieten immer noch mangelhaft und Einschränkungen des Schulzugangs für Mädchen sind weit verbreitet (CIC 5.2016). Die Taliban bedrohten oder schlossen im Jahr 2018 Hunderte von Schulen, oftmals bei dem Versuch, Gelder vom Bildungsministerium zu erpressen (USDOS 13.3.2019). Nach Vorfällen in der Provinz Farah legten Vertreter der Provinzregierung und Dorfälteste nahe, dass die Angriffe auf Mädchenschulen eine Spaltung innerhalb der Taliban offenbaren: Während viele Zivilbehörden der Taliban eine Ausbildung für Mädchen tolerieren, lehnen manche Militärkommandanten der Taliban dies ab (NYT 21.5.2019).

Angriffe auf Lehrende und Schulen vonseiten der Taliban finden somit nicht mehr systematisch statt (CIC 5.2016), existieren allerdings immer noch. Auch der ISKP führte bis zum Ende des Jahres 2018 34 Angriffe auf Bildungseinrichtungen mit 64 zivilen Opfern (25 Toten und 39 Verletzten), darunter neun Kindern, durch (UNAMA 24.2.2019).

Das Problem der Rekrutierung von Kindern durch regierungsfeindliche Gruppen oder afghanische Sicherheitskräfte besteht weiter fort (AA 2.9.2019). Die UNO verifizierte im Jahr 2018 die Rekrutierung und den Einsatz von 45 Buben sowie einem Mädchen - einige von ihnen wurden bereits im Alter von 8 Jahren rekrutiert; sie sollten kämpfen, improvisierte Sprengkörper bauen, Selbstmordanschläge ausführen usw., wurden aber auch Opfer sexueller Ausbeutung. In diesem Zusammenhang wurden mindestens 22 Buben getötet. 67% dieser Verstöße, gegen insgesamt 31 Kinder, wurden bewaffneten Gruppierungen zugeschrieben, wie z.B. der Teherik-e Taliban Pakistan, den Taliban, dem ISKP und einer weiteren nicht identifizierten bewaffnete Gruppe. 15 Kinder wurden von der ALP, der ANP und regierungsnahen Milizen rekrutiert und eingesetzt (UNGASC 20.6.2019).

In Bezug auf die afghanischen Sicherheitskräfte ist die Rekrutierung von Minderjährigen zum einen auf fehlende Mechanismen zur Überprüfung des Alters von Rekruten zurückzuführen. Zum anderen setzt sich die Praxis einiger Distrikt-Kommandeure fort, die formale Rekrutierungsvorschriften bewusst zu umgehen, um Minderjährige in die Sicherheitskräfte einzugliedern - zum Teil, um sich an ihnen sexuell zu vergehen. Die afghanische Regierung bemüht sich, diese Art von Rekrutierung zu unterbinden und hat die Rekrutierung Minderjähriger mittels Präsidialdekret unter Strafe gestellt. Das Dekret ist am 2. Februar 2015 in Kraft getreten, die Umsetzung verläuft schleppend. Laut UNAMA wurden im ersten Halbjahr 2019 mindestens drei Jungen zwischen zwölf und 17 Jahren von afghanischen Sicherheitskräften und 23 Jungen von den Taliban rekrutiert (AA 2.9.2019). Die Rekrutierung und der Einsatz von Kindern durch die afghanischen Sicherheitskräfte ist deutlich zurückgegangen. Die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen zum besseren Schutz der vom bewaffneten Konflikt betroffenen Kinder beinhaltet unter anderem auch Schutzeinheiten für Kinder in den afghanischen nationalen Polizeirekrutierungszentren, die inzwischen in allen 34 Provinzen existieren (UNGASC 20.6.2019).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Einreise nach Österreich (insbesondere deren Modalitäten) und zu seinen familiären Verhältnissen in Österreich ergeben sich aus dem Gerichtsakt und dem vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie den diesbezüglich glaubhaften Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des Beschwerdeführers im Ausland ergeben sich aus den widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Der Beschwerdeführer hat in der Erstbefragung angegeben, dass seine Familienangehörigen noch in Afghanistan an seiner Heimatadresse leben würden. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer hingegen an, dass seine Familienangehörigen gemeinsam mit ihm nach Griechenland gereist wären und sich derzeit dort aufhalten würden. Der Beschwerdeführer machte in der Erstbefragung und in der Einvernahme zudem widersprüchliche Angaben zu den Namen und Geburtsdaten seiner Familienangehörigen. Auf diese Widersprüche in der Einvernahme angesprochen, gab der Beschwerdeführer an, dass er aus Angst nach Griechenland zurückgeschickt zu werden, falsche Angaben gemacht habe. Aufgrund seiner widersprüchlichen Angaben konnte der Aufenthaltsort seiner Familienangehörigen nicht festgestellt werden. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass es sich bei den im Beschwerdeverfahren präsentierten Personen (vorgelegte Lichtbilder) tatsächlich um die Mutter und die jüngeren Geschwister des Beschwerdeführers handelt.

Die Zuerkennung des Status des/der subsidiär Schutzberechtigten ergibt sich aus der unstrittigen Aktenlage.

2.2. Während des gesamten Verfahrens wurden Probleme mit staatlichen Behörden in Afghanistan nie dargelegt. Probleme aus ethnischen und/oder konfessionellen Gründen wurden ebenso nicht vorgebracht, wie solche aufgrund politischer Aktivitäten des Beschwerdeführers selbst. Darüber hinaus ergeben sich aus den - im Übrigen unbestrittenen - Länderberichten keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung von Schiiten und/oder Hazara in Afghanistan.

2.3. Die Angaben des Beschwerdeführers über die Probleme mit dem leiblichen Vater des Beschwerdeführers waren zwar vage, aber unter Einbeziehung des Alters des Beschwerdeführers hinreichend stimmig um diese Umstände der Entscheidung zugrunde zu legen. Daraus ergibt sich nachvollziehbar allerdings nur eine Bedrohung der Mutter des Beschwerdeführers - die Bedrohung der Kinder blieb lediglich abgeleitete Spekulation. Gegen eine tatsächliche Bedrohung durch den Vater des Beschwerdeführers spricht zudem, dass der Vater des Beschwerdeführers zuletzt ein Jahr vor der Ausreise der Familie im Zuge des "Scheidungsbriefes" in Kontakt mit ihnen getreten sei. Seitdem habe die Familie laut eigenen Angaben des Beschwerdeführers nichts mehr von ihm gehört.

2.4. Soweit der Beschwerdeführer vorgebracht hat, dass er auch wegen der Bedrohung seines Stiefvaters durch Unbekannte (mutmaßlich Taliban) aus Afghanistan geflohen sei, konnte er diese Furcht nicht glaubhaft darlegen.

Weder der Beschwerdeführer noch sein Bruder konnten gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht substanzielle Angaben zur Tätigkeit ihres Stiefvaters machen. In der Einvernahme und in der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer dazu lediglich vor, dass sein Stiefvater beim Sicherheitsdienst für die Regierung gearbeitet habe. Auch der Bruder des Beschwerdeführers gab lediglich an, dass ihr Stiefvater "im Sicherheitsdienst" tätig gewesen sei; genauere Angaben könne er nicht machen. Auch wenn der Beschwerdeführer und sein Bruder zu diesem Zeitpunkt noch jung (zwischen 10 und 12 Jahren) gewesen sind, weisen diese Angaben derart wenig Substanz auf, dass es unmöglich ist, eine konkrete Funktion des Stiefvaters der Entscheidung zugrunde zu legen. Auch in diesem Alter sind Kinder in aller Regel in der Lage, etwa Polizisten von Soldaten zu unterscheiden und muss dies auch vom Beschwerdeführer verlangt werden können. Umso mehr, als er mit dem Stiefvater zumindest 6 Monate in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

Soweit der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erwähnt habe, dass es sich bei den Feinden des Stiefvaters (wahrscheinlich) um Mitglieder der Taliban handeln würde, sind dies lediglich spekulative Annahmen, die auf dem Umstand beruhen, dass der Beschwerdeführer wahrgenommen haben will, dass die Personen, die in das Haus eingedrungen sein sollen, schlecht Dari gesprochen hätten und daher wahrscheinlich Paschtunen gewesen wären. Die Schlussfolgerung des Beschwerdeführers, dass es sich daher um Mitglieder der Taliban gehandelt haben könne, ist somit zwar grundsätzlich nachvollziehbar, erfüllt aber deutlich noch nicht jenes Maß an Schlüssigkeit, dass für eine Glaubhaftmachung im Asylverfahren erforderlich ist. Es wird der Entscheidung daher auch nicht zugrunde gelegt, dass der Stiefvater des Beschwerdeführers von Mitgliedern der Taliban bedroht worden ist.

2.5. Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan sind jenen Länderberichten entnommen, die im Dezember 2019 vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführt worden sind. Der Vertreter des Beschwerdeführers ist diesen im Rahmen der ihm eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit in keiner Form entgegengetreten.

Diese Länderfeststellungen sind auch nach wie vor als hinreichend aktuell anzusehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Zu A)

3.2. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF):

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.2.2. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457).

Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599)

3.2.3. Die Ausführungen des Beschwerdeführers sind nicht geeignet, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK sowie eine für sie aktuelle Verfolgungsgefahr aus eben diesen Gründen darzutun.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Zunächst gibt es keinen Hinweis, dass der Beschwerdeführer - der sich der Volksgruppe der Hazara zurechnet, dem schiitischem Glauben angehört und selbst nicht politisch aktiv war - im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Die allgemeine (Sicherheits-)Lage in der Herkunftsregion hat ohnehin schon zur Gewährung von subsidiärem Schutz geführt. Eine staatliche Verfolgung wurde von dem Beschwerdeführer im ganzen Verfahren nicht vorgebracht. Im gesamten Vorbringen finden sich keine einschlägigen Hinweise.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei vor der Verfolgung durch die Taliban oder Privatpersonen geflohen, hat sich, wie in der Beweiswürdigung dargelegt als nicht glaubhaft erwiesen.

Selbst unter der Annahme, dass der Stiefvater des Beschwerdeführers von Mitgliedern der Taliban bedroht und in weiterer Folge entführt worden sei, ergibt sich aus diesen Ereignissen im Übrigen keine nachvollziehbare Verfolgungssituation für den Beschwerdeführer (bzw. seine Familie). Da der Stiefvater des Beschwerdeführers als eigentliches Ziel bereits erfolgreich entführt worden sei, gibt es keinen Grund für Rachehandlungen der Taliban an Familienangehörigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall ergab sich im Verlauf einer mündlichen Verhandlung, dass der Beschwerdeführer keine (asylrelevante) Verfolgung glaubhaft machen konnten. Darüber hinaus ist - ganz allgemein - unstrittig, dass auch im Fall von Personen(gruppen) mit erhöhter Vulnerabilität oder einem verstärkten Verfolgungsrisiko letztlich die Beurteilung der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung einer begründeten Beurteilung im Einzelfall bedarf. Zudem kann auch aus Fällen, in denen - bei ähnlichen Voraussetzungen - vergleichsweise pauschal der Status eines/r Asylberechtigten zuerkannt worden ist, nicht abgeleitet werden, dass dies hinkünftig bei allen ähnlich gelagerten Fällen geradezu zwingend ebenfalls erfolgen müsste. Umso weniger, wenn eine ausführliche Einzelfallprüfung in Verbindung mit dem Wortlaut der Genfer Flüchtlingskonvention (und des § 3 AsylG) ein anderslautendes Ergebnis zeitigt. Wenn Entscheidungen im Einzelfall aus eben diesem Grund voneinander abweichen, ist das für sich genommen kein Indiz für eine neue Rechtsprechungslinie, zu der etwa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlen könnte. Vielmehr ist eben dies zwingendes Ergebnis des durch höchstgerichtliche Judikatur abgesicherten Prinzips der Einzelfallprüfung.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit mündliche Verhandlung Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2215863.1.00

Im RIS seit

09.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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