TE Vwgh Erkenntnis 1997/11/5 96/21/0984

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Veröffentlicht am 05.11.1997
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §26;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §48 Abs4 Z3;
StGB §229 Abs1;
StGB §269 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des (am 7. April 1951 geborenen) OT, vertreten durch Dr. Gerhard Hackenberger, Rechtsanwalt in Graz, Kaiserfeldgasse 13/V, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 30. April 1996, Zl. Fr 227/1996 (6), betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines liberianischen Staatsangehörigen, vom 21. Dezember 1995 auf Aufhebung des mit Bescheid vom 8. März 1994 wider ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes in der Dauer von fünf Jahren, abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich der Beschwerdeführer seit 16. Februar 1994 in Österreich aufhalte. Er sei in der Nacht von 15. auf 16. Februar 1994 in einem Zug versteckt ohne gültiges Reisedokument und ohne Aufenthaltsberechtigung aus dem ehemaligen Jugoslawien kommend in das Bundesgebiet eingereist. Der Beschwerdeführer sei am 19. Februar 1994 von Beamten der Bundespolizeidirektion Graz wegen versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen Verdachtes der Urkundenunterdrückung sowie wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet festgenommen worden und bis 7. März 1994 in Verwahrungs- bzw. Untersuchungshaft gehalten worden. Am 7. März 1994 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen § 269 Abs. 1 erster Fall, §§ 15 und 229 Abs. 1 StGB zu einer Haftstrafe von vier Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden. Dieser Verurteilung liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer anläßlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung am 19. Februar 1994 zur Ausweisleistung aufgefordert worden sei und sich hiebei mit einem Meldezettel lautend auf eine andere Person ausgewiesen habe. Im Zuge dieser Überprüfung habe der Beschwerdeführer versucht zu fliehen und sei nur mit Mühe festzuhalten gewesen. Im Zuge dieser Überprüfung habe sich herausgestellt, daß der Beschwerdeführer durch Vorweisung dieses Meldezettels seine wahre Identität zu verschleiern versucht habe. Anläßlich dieser Amtshandlung sei auch hervorgekommen, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitze von Barmitteln gewesen sei.

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 8. März 1994 sei gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von fünf Jahren verhängt worden. Dieser Bescheid habe sich auf die rechtswidrige Einreise des Beschwerdeführers und den daran anschließenden rechtswidrigen Aufenthalt sowie den der gerichtlichen Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Graz zugrundeliegenden Sachverhalt und die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers gestützt.

Bereits mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 7. März 1994 sei über den Beschwerdeführer die Schubhaft nach Beendigung der gerichtlichen Haft angeordnet worden. Aus dieser Haft sei der Beschwerdeführer am 29. April 1994 entlassen worden. Mit weiterem Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 9. März 1994 sei über Antrag des Beschwerdeführers festgestellt worden, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, daß der Beschwerdeführer in Liberia Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu sein, bzw. daß dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre.

Der Beschwerdeführer sei deswegen aus der Schubhaft entlassen worden, weil ihm kein Heimreisezertifikat von der Botschaft der Republik Liberia ausgestellt worden sei. Eben aus diesem Grund sei die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 36 Abs. 2 FrG jeweils aufgeschoben worden.

Am 31. März 1994 habe der Beschwerdeführer beim Bundesasylamt, Außenstelle Graz, einen Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt. Dieser sei mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 31. März 1994 abgewiesen worden. In diesem Bescheid sei ausgesprochen worden, daß einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.

Der Beschwerdeführer, der über keinen Reisepaß verfüge, habe sich mit einem liberianischen Personalausweis ausgewiesen. Die Botschaft der Republik Liberia in Bonn habe diesen Ausweis als Fälschung bezeichnet und die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers verneint. Eine kriminaltechnische Untersuchung der Bundespolizeidirektion Graz am 16. Jänner 1996 habe ergeben, daß es sich bei diesem Personalausweis um eine Verfälschung handle. Der Beschwerdeführer sei daher am 29. Jänner 1996 bei der Staatsanwaltschaft Graz wegen des Verdachtes des Vergehens der Fälschung einer besonders geschützten Urkunde zur Anzeige gebracht worden.

Der Beschwerdeführer habe sich vom 29. April 1994 bis 4. Mai 1994 in stationärer Behandlung im Landeskrankenhaus Graz befunden. Die dadurch entstandenen Kosten habe der Beschwerdeführer nicht bezahlt, eine Krankenversicherung zu seinen Gunsten habe nicht bestanden, sodaß diese Kosten der öffentlichen Hand zur Last fielen.

Der am 21. Dezember 1995 eingebrachte Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes sei von der Behörde erster Instanz zu Recht abgewiesen worden, weil die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben, keinesfalls weggefallen seien. Die auch zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führende Mittellosigkeit des Beschwerdeführers könne durch die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung der Firma Hurtig & Flink vom 28. November 1995 keinesfalls als weggefallen angesehen werden. Nach dieser Bestätigung habe der Beschwerdeführer von Mai bis Oktober 1995 bei dieser Firma insgesamt S 48.745 bezogen. In der Bestätigung sei festgehalten, daß der Beschwerdeführer weiterhin Aufträge von dieser Firma entgegennehmen könne. Daraus ergebe sich jedoch nicht, daß der Beschwerdeführer auch zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides über die entsprechenden Mittel für seinen Unterhalt verfügt habe. Selbst wenn man aufgrund der vorgelegten Bestätigung der Firma Hurtig und Flink davon ausgehe, daß der Beschwerdeführer im Mai 1995 bereits Unterhaltsmittel bezogen habe, sei er trotzdem nicht in der Lage, für sämtliche mit seinem Aufenthalt in Österreich verbundenen Kosten, so auch Behandlungskosten für Krankheitsfälle, aufzukommen. Für den Beschwerdeführer bestehe keine alle Risken abdeckende Krankenversicherung.

Personen, die sich trotz eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes im Bundesgebiet aufhielten und ihre Abschiebung durch Verschleierung ihrer wahren Identität unmöglich machten, stellten eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar. Der Beschwerdeführer habe auch nicht nur ansatzweise versucht, die Ausstellung eines Reisedokumentes zu erwirken. Dies zeige recht deutlich, daß der Beschwerdeführer, der noch dazu rechtsfreundlich vertreten werde, in keinster Weise daran interessiert sei, die für die Klärung seiner Identität notwendigen Schritte von sich aus vorzunehmen. Der Beschwerdeführer habe auch nichts unternommen, um seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu legalisieren.

Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine nahen Angehörigen. Ein relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben liege daher nicht vor. Die Umstände, die zur Beurteilung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers maßgebend seien, hätten sich keinesfalls zu seinen Gunsten geändert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, Zl. 95/21/0140, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer macht sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß seine Mittellosigkeit weggefallen sei. Aufgrund der Bestätigung der Firma Hurtig & Flink habe er von Mai bis Oktober 1995 insgesamt S 48.745,-- auf Werkvertragsbasis ins Verdienen gebracht. Daraus errechne sich ein durchschnittliches Monatseinkommen von S 8.124,--. Durch die Vorlage dieser Bestätigung sei er seiner erhöhten Mitwirkungspflicht wohl nachgekommen. Wenn die Behörde weiterhin von seiner Mittellosigkeit ausgehen wolle, hätte sie daher von sich aus weitere einschlägige Ermittlungen durchführen müssen. Die belangte Behörde habe zu Unrecht aufgrund des Fehlens des Nachweises eines alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutzes und des Umstandes, daß der Beschwerdeführer im Jahre 1994 die Krankenhausbehandlungskosten nicht bezahlt habe, auf seine Mittellosigkeit im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides im Februar 1996 geschlossen.

Mit diesem Vorbringen kann der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzeigen. Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Bestätigung der genannten Firma weist lediglich ein Einkommen des Beschwerdeführers von Mai bis Oktober 1995 auf. Weder bei der Beantragung der Aufhebung des Aufenthaltsverbotes im Dezember 1995 noch in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid hat der Beschwerdeführer ein Einkommen in diesen Zeitpunkten behauptet oder gar nachgewiesen. Auch in der Beschwerde unterläßt er es darzutun, daß er auch nach Oktober 1995 im Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt war. Es kann daher der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes mitherangezogene Mittellosigkeit des Beschwerdeführers nach wie vor vorliegt.

Zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes wurde auch das Verhalten des Beschwerdeführers vom 19. Februar 1994, das schließlich zur gerichtlichen Verurteilung führte, sowie seine rechtswidrige Einreise und der daran anschließende unrechtmäßige Aufenthalt herangezogen. Diese verpönten Verhaltensweisen sind angesichts der Kürze der verstrichenen Zeit nach wie vor als erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu werten, die die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß dem Beschwerdeführer mangels faktischer Möglichkeit seiner Abschiebung bisher Abschiebungsaufschübe erteilt wurden. Es erübrigt sich daher auf das übrige Beschwerdevorbringen einzugehen, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht den Vorwurf macht, sich nicht um die Ausstellung eines nationalen Reisedokumentes und eine Legalisierung seines Aufenthaltes bemüht zu haben.

Der Beschwerdeführer meint, die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sei gemäß § 20 Abs. 1 FrG unzulässig. Er habe sich seit seiner rechtskräftigen Verurteilung wohlverhalten. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet dauere nun bereits 2 3/4 Jahre, er habe eine auch für Inländer ortsübliche Unterkunft gemietet und sich dort polizeilich gemeldet. Die Auswirkungen der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes wögen daher wesentlich schwerer als die nachteiligen Folgen von deren Abstandnahme.

Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, daß aufgrund der Kürze des Aufenthaltes des Beschwerdeführers von einem relevanten Eingriff in sein Privatleben im Sinne des § 19 FrG keine Rede sein kann. Ein Eingriff in sein Familienleben kommt sachverhaltsmäßig nicht in Betracht. Eine Prüfung im Sinne des § 19 FrG und des § 20 Abs. 1 FrG erübrigt sich daher. Abgesehen davon, kann der belangten Behörde jedoch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, daß sich auch die für die Beurteilung der privaten Interessen des Beschwerdeführers maßgebenden Umstände keinesfalls zu seinen Gunsten geändert hätten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996210984.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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