Entscheidungsdatum
27.04.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W212 2229359-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA Syrien, vertreten durch die ARGE RB, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2020, ZI. 1255426003/191278793, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, brachte am 13.12.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich ein, nachdem ihm die Einreise nach Deutschland verweigert und er nach Österreich rücküberstellt worden war.
Es liegt eine EURODAC-Treffermeldung zu Kroatien vom 06.12.2019 vor.
2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13.12.2019 gab der Beschwerdeführer an, keine Krankheiten oder Beschwerden zu haben, keine Medikamente zu benötigen und der Einvernahme ohne Probleme folgen zu können. Er habe sein Heimatland Anfang 2015 verlassen und sodann für etwa vier Jahre in der Türkei gelebt, von wo aus er über Griechenland und in weiterer Folge unbekannte Länder bis nach Österreich gereist sei. Auf Vorhalt des im Akt aufliegenden EURODAC-Treffers, führte der Beschwerdeführer weiter aus, vor seiner Einreise nach Österreich in Kroatien für etwa zwei Monate lang inhaftiert gewesen zu sein. Zum Fluchtgrund befragt, erklärte der Beschwerdeführer schließlich, Syrien aufgrund des Bürgerkrieges verlassen zu haben. Er hätte zum Militär müssen und fürchte um sein Leben.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.12.2019 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien. Mit Schreiben vom 17.02.2020, erklärten sich die kroatischen Behörden ausdrücklich für zuständig.
4. Nach durchgeführter Rechtsberatung gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG fand am 20.02.2020 im Beisein eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt. Konkret nachgefragt, ob sich der Beschwerdeführer in der Lage sehe, die Befragung durchzuführen, bejahte dieser, er erklärte jedoch schon lange psychisch krank zu sein sowie Tabletten zum Schlafen und gegen Schmerzen zu nehmen. Er hätte Schlimmes erlebt und benötige einen „Arzt für die Seele“. Zwar sei er in keiner medizinischen Behandlung, sein Zahnarzt hätte ihm aber Medikamente verschrieben. (Der Beschwerdeführer wurde diesbezüglich aufgefordert, die in seinem Besitz befindlichen medizinischen Unterlagen in Vorlage zu bringen)
Dazu befragt, ob seine bereits getätigten Aussagen im Laufe der Erstbefragung der Wahrheit entsprochen hätten, äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, zu Beginn der Befragung seinen Aufenthalt in Kroatien verschwiegen zu haben, aus Angst wieder dorthin zurückkehren zu müssen. Im späteren Verlauf der Einvernahme habe er dies aber zugegeben und auch sonst habe er keine Korrekturen vorzunehmen. Angehörige oder sonstige Verwandte habe er keine in Österreich; Es lebe aber ein guter Freund, der für ihn wie ein Bruder sei, in Wien und habe er auch vorgehabt, bei diesem zu wohnen.
Damit konfrontiert, warum er, wenn er doch vorgehabt habe, in Österreich zu bleiben, bei der Einreise nach Deutschland aufgegriffen worden sei, äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, dass ihn seine Familie dazu gedrängt hätte, nach Deutschland zu reisen. Dort würden zwei Cousins von ihm leben. Weiters dazu befragt, warum er nicht auf die Grundversorgung verzichtet habe, wenn er doch bei seinem Freund hätte wohnen können, erklärte der Beschwerdeführer damit, dass er dann seine Krankenversicherung verloren hätte, was im Hinblick auf seine Zahnschmerzen nicht dienlich gewesen wäre.
Zur Frage, was einer Überstellung nach Kroatien entgegenstehe, gab der Beschwerdeführer an, in Kroatien geschlagen worden zu sein; und habe man ihm dort verwehrt einen Arzt zu sehen, als er wegen seinen Verletzungen um einen gebeten hatte.
Seine Inhaftierung in Kroatien erklärte der Beschwerdeführer damit, dort illegal eingereist zu sein. Erst nach zwei monatiger Haft, wären seine Fingerabdrücke genommen und er freigelassen worden. Einen Asylantrag habe er keinen gestellt, da er aufgrund der gegen ihn ausgeübten Gewalt nur mehr ein Entkommen im Sinn gehabt habe. Nach dem Gefängnis habe er dann für etwa zwei Tage auf der Straße gelebt und sei er schließlich mit Hilfe eines Schleppers nach Österreich gebracht worden. Die Frage, ob er die Missstände im Gefängnis gemeldet hätte, verneinte der Beschwerdeführer.
Zu den aktuellen Länderberichten zu Kroatien äußerte sich der Beschwerdeführer letztlich dahingehend, dass die Umstände dort nicht menschlich seien; Er habe deshalb auch mit Suizidgedanken gekämpft. In Österreich sei er hingegen gut behandelt worden. Er lerne fleißig Deutsch und habe auch schon österreichische Freunde gefunden.
5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2020, zugestellt am selben Tag, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Kroatien für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in Kroatien wurden folgende Feststellungen getroffen [unkorrigiert, ungekürzt]:
„ 1. Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2018; USDOS 20.4.2018 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Laut Statistik wurden 2018, bis zum 20. September, 816 Asylanträge gestellt und in 157 Fällen wurde Schutzstatus zuerkannt. Im Gesamtjahr 2017 gab es 1.887 Asylanträge, wobei 211 Personen Schutz gewährt wurde (GOC 3.10.2018).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
- GOC – Government of Croatia, Ministry of Interior (Autor), veröffentlicht von CoE-CommDH – Council of Europe – Commissioner for Human Rights (3.10.2018): Letter by the Council of Europe Commissioner for Human Rights - reply to be delivered,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445769/1226_1539159234_commdh-govrep-2018-12-letter-croatia-interior-minister-2018-10-en-and-hr-versions-pdf.pdf, Zugriff 31.10.2018
- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 – Croatia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430271.html, Zugriff 31.10.2018
- VB des BM.I für Kroatien (19.7.2018): Bericht des VB, per E-Mail
2.Dublin-Rückkehrer
Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem. Wenn Rückkehrer Kroatien vor dem Ende ihres ursprünglichen Verfahrens verlassen haben und das Verfahren daher suspendiert wurde, müssen sie bei Rückkehr gemäß Art. 18(2) der Dublin-III-VO neuerlich einen Asylantrag stellen. Wer hingegen vor Verlassen des Landes seinen Antrag explizit zurückgezogen hat bzw. eine Zurückweisung erhalten hat, gilt in so einem Fall als Folgeantragsteller (AIDA 3.2018).
Gemäß Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofs dürfen Migranten im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückgeschickt werden, die im Zuge der sogenannten „Flüchtlingskrise“ von 2015/2016 von Kroatien „durchgewunken“ worden waren. Die Weiterreise der betreffenden Migranten erfolgte dem EuGH zufolge illegal und die Dublin-Regeln sind anzuwenden (DS 26.7.2017; vgl. AIDA 3.2018).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
- DS – Der Standard (26.7.2017): Entscheidung zu Asylregeln: Kroatien befürchtet hunderte Rückschiebungen, http://derstandard.at/2000061843511/EU-Hoechstgericht-zu-Asylregeln-Kroatien-befuerchtet-hunderte-Rueckschiebungen, Zugriff 31.10.2018
- ECRE – European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016): Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system, https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 31.10.2018
- VB des BM.I für Kroatien (9.11.2016): Bericht des VB, per E-Mail
3.Non-Refoulement
Es gibt weiterhin Berichte über sogenannte „Push-backs“ von Migranten an der Grenze zu Serbien, Slowenien und Bosnien und Herezgowia, aber teilweise auch aus dem tiefsten Landesinnern (AIDA 3.2018; vgl. FRA 9.2018; AI 22.2.2018).
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats zeigte sich besorgt wegen Berichten von Flüchtlings- und Migrantenorganisationen über "eine Großzahl" von kollektiven Rückschiebungen von irregulären Migranten von Kroatien nach Serbien und Bosnien-Herzegowina. "Besonders besorgniserregend" seien Vorwürfe über "systematische Gewalt", auch gegen Schwangere und Kinder. Nach Angaben des UNHCR soll Kroatien seit Beginn 2018 bereits 2.500 Migranten kollektiv abgeschoben haben. Von diesen berichten 1.500, dass ihnen verwehrt wurde, einen Asylantrag zu stellen, 700 beklagten Gewalt und Diebstahl durch kroatische Polizeibeamte. In einer Reaktion wies das kroatische Innenministerium die Beschuldigungen über kollektive Abschiebungen und Polizeigewalt gegenüber Migranten zurück. Alle eingegangenen Anzeigen von Menschenrechtsorganisationen wurden demnach im Rahmen der Möglichkeiten überprüft. Weiters wurde betont, dass die Migranten keine Absicht hätten, in Kroatien zu bleiben, sondern es nur als Transitland nutzen würden. Die Statistik zeige, dass Kroatien den Bürgern von Drittländern den Zugang zu internationalem Schutz gewährt (CoE-CommDH 20.9.2018; vgl. GOC 3.10.2018; DS 5.10.2018; DK 5.10.2018; AJ 5.10.2018).
Es gibt eine Liste von zehn sicheren Herkunftsstaaten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Kosovo, Montenegro, Serbien, Marokko, Algerien, Tunesien und Türkei. Bisher wurde das Konzept des sicheren Herkunftslandes meist bei Algeriern und Marokkanern angewandt. Laut Gesetz ist ein sicherer Drittstaat einer, in welchem ein Antragsteller sicher ist vor Verfolgung oder dem Risiko einen ernsten Schaden zu erleiden; welcher das Non-Refoulement-Prinzip beachtet und welcher effektive Zugang zum Asylverfahren gewährt. Ob dies zutrifft, ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn ein Antragsteller bereits in einem anderen Staat Schutz erhalten hat oder Refoulement-Schutz genießt, kann sein Antrag in Kroatien als unzulässig zurückgewiesen werden (AIDA 3.2018).
Quellen:
- AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Croatia,
https://www.ecoi.net/de/dokument/1444202.html, Zugriff 31.10.2018
- AIDA – Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
- AJ – Al Jazeera (5.10.2018): Council of Europe urges Croatia to probe police abuse allegations, https://www.aljazeera.com/news/europe/2018/10/council-europe-urges-croatia-probe-police-abuse-allegations-181005104405894.html?utm_source=ECRE+Newsletters&utm_campaign=e334b196b4-EMAIL_CAMPAIGN_2018_10_08_12_37&utm_medium=email&utm_term=0_3ec9497afd-e334b196b4-422318529, Zugriff 31.10.2018
- CoE-CommDH – Council of Europe - Commissioner for Human Rights (20.9.2018): Letter by the Council of Europe Commissioner for Human Rights,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445749/1226_1539158417_commdh-2018-22-letter-pm-croatia-en-pdf.pdf, Zugriff 31.10.2018
- DK – Der Kurier (5.10.2018): Europarat sieht Polizeigewalt gegen Flüchtlinge in Kroatien, https://kurier.at/politik/ausland/europarat-sieht-polizeigewalt-gegen-fluechtlinge-in-kroatien/400137953, Zugriff 31.10.2018
- DS – Der Standard (5.10.2018): Europarat besorgt über Behandlung von Migranten in Kroatien, https://derstandard.at/2000088780239/Europarat-besorgt-ueber-Behandlung-von-Migranten-in-Kroatien, Zugriff 31.10.2018
- ECRE – European Council for Refugees and Exiles (15.12.2016): Balkan route reversed. The return of asylum seekers to Croatia under the Dublin system, https://www.ecre.org/wp-content/uploads/2016/12/balkan_route_reversed.pdf, Zugriff 31.10.2018
- FRA – Agency for Fundemantal Rights (9.2018): Periodic data collection on the migration situation in the EU - September Highlights - 1 July–31 August 2018, http://fra.europa.eu/en/publication/2018/migration-overviews-september-2018, Zugriff 31.10.2018
- GOC – Government of Croatia, Ministry of Interior (Autor), veröffentlicht von CoE-CommDH – Council of Europe – Commissioner for Human Rights (3.10.2018): Letter by the Council of Europe Commissioner for Human Rights - reply to be delivered,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1445769/1226_1539159234_commdh-govrep-2018-12-letter-croatia-interior-minister-2018-10-en-and-hr-versions-pdf.pdf, Zugriff 31.10.2018
4. Versorgung
Asylwerber in Kroatien haben das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens. Dieses Recht umfasst Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung und gilt ab dem Zeitpunkt, an dem sie den Willen zur Asylantragsstellung erkennen lassen. Nur für Folgeantragsteller gelten Einschränkungen. Die monatliche finanzielle Unterstützung gibt es ab Unterbringung in einem Zentrum. Diese betrug Ende 2017 100 Kuna (EUR 13,30) für eine Person. Gibt es abhängige Familienmitglieder, erhöht sich der Betrag. Trotzdem gilt die Unterstützung als sehr gering bemessen. Seit Mitte 2016 dürfen Asylwerber in Zagreb die öffentlichen Verkehrsmittel gratis benützen. Asylwerber deren Verfahren nach 9 Monaten noch nicht entschieden ist, haben das Recht zu arbeiten. Der faktische Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber wird durch die Sprachbarriere und hohe Arbeitslosigkeit behindert. Asylwerber haben keinen Zugang zu Jobtrainings, sie können aber innerhalb der Unterbringungszentren mitarbeiten und werden in Form zusätzlicher Bedarfsartikel entlohnt (AIDA 3.2018).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
4.1. Unterbringung
Gemäß Asylgesetz haben Asylwerber während des Asylverfahrens das Recht auf Unterbringung in Unterbringungszentren für Asylwerber. Auf Antrag können sie auf eigene Kosten außerhalb eines Zentrums wohnen. Kroatien verfügt über 2 offene Unterbringungszentren für Asylwerber, in Zagreb „Hotel Porin“ (Kapazität: 600 Plätze) und in Kutina (Kapazität: 100 Plätze). Beide Zentren werden vom kroatischen Innenministerium geführt, wobei Kutina primär der Unterbringung vulnerabler Asylwerber dient. Bezüglich der Unterbringungsbedingungen werden keine besonderen Probleme berichtet, bis auf den schlechten Zustand der Zimmer in Zagreb, der sich aber durch die im Jahr 2018 durchgeführten Renovierungsarbeiten ändern soll. Es gibt in den Zentren u.a. präventive Maßnahmen gegen sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt, Sprachkurse, Arbeitsvermittlung usw. Mehrere NGOs sind in den Zentren präsent und bieten Unterstützungsmaßnahmen an (AIDA 3.2018).
In beiden Zentren erhalten die Bewohner drei Mahlzeiten pro Tag und schwangere Frauen, Wöchnerinnen und Kinder bis 16 Jahre erhalten auch eine Nachmittagsjause. In Kutina gibt es Küchen, in denen die Asylwerber selbst kochen können. Die Eröffnung von zwei Kitchenetten in Zagreb wurde bis Ende Februar 2017 geplant. Im März 2018 waren die Küchen nicht geöffnet; sie wurden nur für besondere Anlässe benutzt. Spezielle Anforderungen an die Ernährung (z.B. ärztliche Verschreibung oder religiöse Gründe) werden berücksichtigt, wobei es angeblich einige Probleme gab (AIDA 3.2018).
Nach Angaben des Kroatischen Roten Kreuzes bieten Sozialarbeiter täglich psychosoziale Unterstützung und organisieren soziale und pädagogische Aktivitäten mit Asylsuchenden in Zagreb (Montag-Samstag) und Kutina (Montag-Sonntag). Hauptaktivitäten sind: Unterstützung (Unterbringung, Erstinformation, usw.); Individuelle und familiäre psychosoziale Unterstützung nach Bedarf; Unterstützung von unbegleiteten Minderjährigen; Besondere Betreuung für Personen mit psychischen Problemen und potenziellen Opfern von Folter und Trauma; Spiel- und Bildungsaktivitäten mit Kindern; Unterstützung bei Schulaufgaben; Einführung in die kroatische Kultur, Sitten und Gebräuche; Gruppen- und Einzelarbeit mit einzelnen Frauen, einschließlich Einzelgesprächen zur Verhütung von Menschenhandel und sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt; Konflikt- und Gewaltprävention, Workshops zur Verhütung des Menschenhandels; Sportliche Aktivitäten innerhalb und außerhalb der Empfangszentren; Sprachkurse für Kroatisch und Englisch; Hygieneförderung und Gesundheitserziehung; Jobcenter; Bibliothek; Friseursalon; Bereitstellung von Informationen, praktische Unterstützung im täglichen Leben; Verweis an das Innenministerium zur Gesundheitsversorgung, an spezialisierte Einrichtungen der psychologischen und psychischen Gesundheit; und Organisation von Gemeindeversammlungen in Kutina und Zagreb (Vox Populi). Der Jesuitische Flüchtlingsdienst (JRS) hat einen Computerraum mit neun Computern in Zagreb eingerichtet. Das Klassenzimmer ist täglich von Montag bis Freitag mit der Anwesenheit eines Dolmetschers und freiwilligen Unterstützern geöffnet. Gelegentlich ist die Klasse auch samstags und sonntags geöffnet. Seit November 2016 halten Freiwillige einmal wöchentlich einen Computerkurs nur für Frauen und einmal wöchentlich einen gemischten Kurs ab. 2016 waren viele internationale und nichtstaatliche Organisationen wie IOM, UNICEF, Save the Children und nationale NGOs (Kroatisches Rotes Kreuz, Croatian Law Center, JRS, Center for Peace Studies, u.a.) in beiden Empfangszentren aktiv. Es wurden auch verschiedene soziale und pädagogische Aktivitäten für Frauen und Kinder organisiert. Kroatisch-Sprachkurse werden vom Kroatischen Roten Kreuz, dem Center for Peace Studies und dem Jesuitischen Flüchtlingsdienst organisiert. Die Freiwilligen des Centre for Peace Studies sind in beiden Aufnahmezentren für Asylwerber präsent. Freiwillige führen psychosoziale Hilfstätigkeiten für Asylsuchende in den Zentren durch (Information über Asylsystem, kroatische Kultur und Geschichte, psychosoziale Unterstützung, kroatische Sprache, Sport- und gesellschaftliche Aktivitäten, Workshops). Weiters bietet seit November 2017 das Centre for Peace Studies eine Rechtsberatung für Asylwerber an. Das kroatische Babtist Aid ist im Unterbringungszentrum in Zagreb präsent und bietet Sprachkurse in kroatischer und deutscher Sprache, kreative Workshops, IT-Kurse und organisiert Tagesausflüge (AIDA 3.2018; vgl. VB 8.11.2017).
Im Sommer 2018 begann die Renovierung des Unterbringungszentrums „Hotel Porin“ in Zagreb; geplante Fertigstellung ist im Juni 2019. Als Erstes wird der linke Flügel, in dem sich 56 Zimmer befinden, renoviert. Aufgrund der geringeren Anzahl von Asylwerbern wurden diese während der Renovierungsarbeiten nicht umgesiedelt, sondern lediglich in einemn anderen Flügel verlegt. Dies führte dazu, dass einige im Zentrum tätige Organisationen ihre Räumlichkeiten verloren. Während der Teilrenovierung stehen von 600 Plätzen ca. 400 zur Verfügung. Die Errichtung eines neuen Aufnahmezentrums in Mala Gorica ist in Planung (W-CCRI 23.7.2018; vgl. VB 20.4.2018).
Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben. Wenn eine rechtskräftig negative Entscheidung vorliegt und die postulierte Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist, muss das Zentrum verlassen werden. In Einzelfällen gab es, obwohl rechtlich nicht vorgesehen, immer wieder humanitäre Ausnahmen (AIDA 3.2018).
Mit Stand am 4.11.2018 waren in den kroatischen Unterbringungseinrichtungen insgesamt 372 Personen aufhältig: in Zagreb „Hotel Porin“ 293 Asylwerber (205 Männer, 48 Frauen, 40 Minderjährige); in Jezevo 21 Asylwerber (18 Männer, 3 Frauen) und in Kutina 58 Asylwerber (14 Männer, 13 Frauen, 31 Minderjährige) (VB 6.11.2018).
Zudem verfügt Kroatien über ein geschlossenes (Schubhaft-) Zentrum (Center for Foreigners) in Jezevo mit 95 Plätzen (27 Plätze für Vulnerable). Darüber hinaus gibt es ein Transitzentrum in Trilj mit 62 Plätzen (12 Plätze für Vulnerable) und in Torvarnik ebenfalls mit 62 Plätzen (12 Plätze für Vulnerable) – nach Angaben des Verbindungsbeamten des BM.I beträgt die Kapazität ca. 90 Plätze pro Zentrum; beide Zentren werden statt dem Asylbereich für die Verwahrung festgenommener illegaler Migranten genutzt. 2017 wurden gemäß kroatischen Innenministerium 134 Asylwerber in Jezevo festgehalten. Betreffend der Zahl der dort festgehaltenen Minderjährigen gehen die Quellen auseinander. Nach Angaben des kroatischen Innenministeriums wurden 2017 ein Kind und sechs UMA in Jezevo inhaftiert. Laut der Direktion der Grenzsicherung wurden hingegen 68 Kinder, davon fünf UMA dort festgehalten. 2017 wurden in Tovarnik 27 Kinder und in Trilj fünf Kinder verhaftet. Weiters wurde 2017 ein Opfer von Menschenhandel in Jezevo inhaftiert. Nach Angaben des Innenministeriums wurde die Person sofort freigelassen, nachdem ihre Vulnerabilität erkannt wurde. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst kritisierte jedoch die mangelhafte Vorgehensweise der Behörde, da sich der Opfer im jeweiligen Fall ein Monat lang in Haft befand (AIDA 3.2018; vgl. VB 8.11.2017).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
- UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (26.5.2017): Refugees sent back from Austria find new hope in Croatia, http://www.unhcr.org/news/stories/2017/5/5922f6064/refugees-sent-austria-find-new-hope-croatia.html, Zugriff 31.10.2018
- VB des BM.I für Kroatien (6.11.2018): Bericht des VB, per E-Mail
- VB des BM.I für Kroatien (20.4.2018): Bericht des VB, per E-Mail
- VB des BM.I für Kroatien (8.11.2017): Bericht des kroatischen Innenministeriums, per E-Mail
- W-CCRI – Welcome – Croatian Central Refugee Information (23.7.2018): Europe is implementing „pass the buck“ approach, http://welcome.cms.hr/index.php/en/2018/07/23/europe-is-implementing-pass-the-buck-approach/, Zugriff 31.10.2018
4.2. Medizinische Versorgung
Asylwerber haben das Recht auf medizinische Notversorgung und notwendige medizinische und psychologische Behandlung. Diese Behandlung ist verfügbar im Unterbringungszentrum Zagreb und wenn nötig auch im Unterbringungszentrum Kutina. In Kutina kommt der Arzt auf Anfrage oder wenn eine bestimmte Anzahl von Asylwerbern medizinische Versorgung benötigen. Ansonsten ist medizinische Versorgung in der Notaufnahme verfügbar. Ein Zahnarzt bietet seine Dienste auf freiwilliger Basis an (AIDA 3.2018). Zusätzlich zu diesen Maßnahmen arbeitet Médecins du Monde (MdM) mit zwei Allgemeinmedizinern, einer Krankenschwester und zwei Dolmetschern in beiden Zentren. Das Team bietet primäre medizinische Beratung 4 Tage/Woche in Zagreb und 2 Tage/Woche in Kutina. Daneben führt es 2 Tage/Woche eine offizielle Erstuntersuchung von neu eingetroffenen Asylwerbern durch und organisiert auch zweimal im Monat Besuche von externen Fachärzten für Gynäkologie, Pädiatrie, Psychiatrie und von einem Physiotherapeuten (AIDA 3.2018; vgl. MdM 6.2018). Weiters führt ein Psychologe vom MdM Untersuchungen zur Beurteilung der psychischen Gesundheit und psychotherapeutische Einzelberatung durch. Darüber hinaus bietet als Teil des MdM-Teams ein Sozialarbeiter Informationen, Anleitungen und praktischen Support (z.B. Begleitung von Patienten in Gesundheitseinrichtunen, Begleitung von Kindern von Asylwerbern zur Impfung) für Asylwerber, aber auch für Schutzberechtigte, damit sie ihre Rechte geltend machen können. Durch Workshops oder individuelle Beratung informiert das medizinische Team von MdM über Prävention von Infektionskrankheiten, Hygiene, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Familienplanung (MdM 6.2018). Daneben wurde im August 2017 im Gesundheitszentrum in Dugave ein Ambulatorium für Asylwerber in Betrieb genommen. Der Verband baptistischer Kirchen organisiert unter anderem auch den Transport zu einem Zahnarzt. Mehrere andere NGOs (Jesuitischer Flüchtlingsdienst, Society for Psychological Assistance, Croatian Law Centre oder Rehabilitation Centre for Stress and Trauma) boten 2016 psychologische Betreuung an. Vulnerable Antragsteller, insbesondere Opfer von Folter, Vergewaltigung oder sonstigen schwerwiegenden Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt, sind entsprechend medizinisch zu behandeln. In der Praxis ist diese zusätzliche Gesundheitsversorgung jedoch nicht regelmäßig zugänglich. Ein Mechanismus zur Identifizierung Vulnerabler existiert nicht, sie werden oft an den Arzt im Unterbringungszentrum verwiesen. Für traumatisierte Asylsuchende, die in Kutina untergebracht sind, ist psychosoziale Unterstützung im neuropsychiatrischen Krankenhaus in Popova?a verfügbar. Seit 2010 betreibt das Croatian Law Centre das Projekt “Protection of Victims of Torture among Vulnerable Groups of Migrants”. Das Projekt wird auch 2018 fortgesetzt. Es ist psychosoziale Unterstützung durch das Kroatische Rote Kreuz und psychologische Beratung durch externe Psychologen für Asylbewerber und Flüchtlinge verfügbar. Auch das Rehabilitation Centre for Stress and Trauma bietet psychologische Unterstützung, unter anderem für Folteropfer. Der Jesuitische Flüchtlingsdienst unterstützt besonders Frauen beim Zugang zu medizinischer und psychologischer Hilfe. Seit März 2015 bietet das Zentrum für Kinder, Jugend und Familie (Modus), kostenlose Beratung und Psychotherapie für Asylsuchende und Flüchtlinge im Zentrum Zagreb an. Im Jahr 2016 und 2017 wurde die Beratung vor allem in ihren Räumlichkeiten organisiert, und zwar von ausgebildeten Beratern und Psychotherapeuten und Dolmetschern (AIDA 3.2018; vgl. EASO o.D.; VB 8.11.2017).
MdM, das Rehabilitation Centre for Stress and Trauma, JRS sowie andere NGOs berichten über Defizite im Gesundheitssystem sowie über eine enge Auslegung des gesetzlichen Rahmens. Der Mangel an Übersetzern ist weiterhin ein Problem für die medizinische Betreuung (AIDA 3.2018). Weites ist einem Bericht vom MdM vom 2018 zu entnehmen, dass die psychische Gesundheit von Flüchtlingskindern und Asylwerbern weiterhin eine der größten Herausforderungen bei der Organisation eines umfassenden und dauerhaften Supportsystems für Asylwerber darstellt – nicht nur in Kroatien, sondern sowohl im übrigen Europa als auch weltweit (MdM 6.2018).
Asylsuchende in Kroatien haben gemäß den Gesetzen Anspruch auf medizinische und psychologische Versorgung. Das Asylgesetz beschränkt die Krankenversorgung auf Notfallversorgung und essenzielle Behandlung von Krankheiten und ernsthaften psychischen Zuständen. Dies hat besonders Auswirkungen auf asylwerbende bzw. migrierende Kinder und Schwangere. Eine zusätzliche Barriere beim Zugang zu medizinischer Versorgung ist die Sprache, da der Staat für diese Zwecke keine kostenlose Dolmetschdienstleistungen zur Verfügung stellt und die meisten Asylsuchenden diese nicht selbst bezahlen können. Es wird auch bemängelt, dass viele Kinder von Asylwerbern bzw. Migranten nicht gegen vermeidbare Krankheiten geimpft werden. Es wird berichtet, dass sich die medizinische Versorgung im „Hotel Porin“ seit September 2016 durch regelmäßige Anwesenheit eines Hausarztes und durch die Unterstützung der NGO Médecins du Monde (MdM) verbessert hat. Allerdings wird moniert, dass die nationalen Behörden die von MdM angebotenen Leistungen selbst erbringen sollten. Auch kritisiert wird, dass es in Kutina keine regelmäßigen Ordinationszeiten eines Hausarztes gibt (UNHRC 28.4.2017).
Derzeit gibt es keine registrierten drogensüchtigen Asylwerber in Kroatien. Wenn sich aber ein Asylwerber bei seinem ersten Gesundheitscheck als drogenabhängig deklariert (das gilt auch für Dublin-Rückkehrer, falls im Rahmen des Dublin-Verfahrens keine medizinischen Unterlagen übermittelt wurden), wird eine medizinische Überprüfung vorgenommen und eine für den Betreffenden notwendige Therapie festgelegt. Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen Asylwerber auf einer höheren Dosis oder anderen Substitutionsmedikamenten bestanden haben und angaben, diese auch in anderen Mitgliedsstaaten erhalten zu haben. Kroatien betont jedoch, dass jedem Asylwerber, welcher sich als Drogensüchtiger deklariert, nach medizinischen Tests seitens der zuständigen Behörde, die notwendige Therapie vorgeschrieben wird (VB 8.11.2017).
MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).
Quellen:
- AIDA – Asylum Information Database (3.2018): National Country Report Croatia, provided by Croatian Law Centre and European Council on Refugees and Exiles, https://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hr_2017update.pdf, Zugriff 31.10.2018
- EASO – European Asylum Support Office (o.D.): Annual report on the situation of asylum in the European Union – 2017, https://www.easo.europa.eu/easo-annual-report, Zugriff 31.10.2018
- MdM – Médecins du Monde (6.2018): Croatia – Hidden (human) faces of European Union’s Dublin regulation from a health perspective, https://dujieoqn176qs.cloudfront.net/sites/www.doktersvandewereld.be/files/publicatie/attachments/mdm-be_-_croatia_hidden_human_faces_dublin_-_june_2018.pdf, Zugriff 13.11.2018
- MedCOI – Medical Country of Origin Information (14.12.2016): Auskunft MedCOI, per E-Mail
- UNHRC – UN Human Rights Council (28.4.2017): Report of the Special Rapporteur on the right of everyone to the enjoyment of the highest attainable standard of physical and mental health on his visit to Croatia, http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1496843413_g1710770.pdf, Zugriff 31.10.2018
- VB des BM.I für Kroatien (8.11.2017): Bericht des kroatischen Innenministeriums, per E-Mail“
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sei, weil gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Kroatien für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet und eine systematische, notorische Verletzung fundamentaler Menschenrechte in Kroatien sei nicht erkannt worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.
Am 24.02.2020 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ambulanzbericht des Uniklinikum Salzburg ein, woraus hervorgeht, dass der Beschwerdeführer an einer Post-traumatischen Belastungsstörung leide und sich diesbezüglich am 21.02.2020 in ambulanter Behandlung befand. Als Therapieempfehlung wurde eine regelmäßige psychiatrische und psychotherapeutische Weiterbehandlung angeführt und wurde darauf hingewiesen, dass im Falle einer Abschiebung von einer psychopathologischen Verschlechterung auszugehen sei.
6. Gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob der Beschwerdeführer am 05.03.2020 durch seine Vertretung gemäß § 52 BFA-VG fristgerecht das Rechtmittel der Beschwerde und wurde gleichzeitig der Antrag gestellt, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zusammengefasst wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde außer Acht gelassen habe, dass es in Kroatien zu massiver Gewalt gegenüber Flüchtlingen und Migranten komme, wobei insbesondere auf aktuelle Berichte hinsichtlich illegaler „Push-backs“ und Misshandlungen von Seiten der kroatischen Polizei, hingewiesen wurde. Demnach gebe es ausreichende Hinweise dafür, dass Kroatien nicht die Grundrechte einhalte, weshalb die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG nicht angewendet werden könne. Es seien die individuellen Umstände des Beschwerdeführers nicht hinreichend geprüft und sein Gesundheitszustand nicht ausreichend ermittelt worden. Es drohe die Gefahr einer Kettenabschiebung, was gegen das Non-Refoulement-Prinzip verstoße, und seien die herangezogenen Länderberichte zu Kroatien unvollständig beziehungsweise veraltet. Darüber hinaus sei nicht berücksichtigt worden, dass der Beschwerdeführer über ein Privat- und Familienleben in Österreich verfüge und sei keine individuelle Zusicherung durch die kroatischen Behörden erfolgt, wonach der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Kroatien adäquat untergebracht, versorgt sowie Zugang zum Asylverfahren erhalten werde.
7. Die Beschwerdevorlage langte am 10.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
8. Während der Dauer des anhängigen Beschwerdeverfahrens wurden die aktuellen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie begleitend beobachtet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger aus Syrien, reiste spätestens am 11.12.2019 irregulär in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 12.12.2019 wurde ihm die Einreise nach Deutschland verweigert und wurde er daraufhin nach Österreich rücküberstellt, wo er am 13.11.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer in Kroatien am 06.12.2019 erkennungsdienstlich behandelt wurde. Nach Ausreise aus Kroatien hat der Beschwerdeführer das Gebiet der „Dublin-Staaten“ nicht verlassen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 18.12.2019 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Dublin III VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien, dem die kroatische Dublinbehörde mit Schreiben vom 17.02.2020 ausdrücklich zustimmte.
Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Kroatien wieder beendet hätte, liegt nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Kroatien an.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Kroatien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe beziehungsweise einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Der Beschwerdeführer befand sich am 21.02.2020 zur ambulanten Behandlung im Universitätsklinikum Salzburg und wurde bei ihm eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Es kann nicht festgestellt werden, dass es sich dabei um eine akut lebensbedrohliche Krankheit handelt, welche in Kroatien nicht behandelbar wäre. Er benötigt keine stationäre Behandlung.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis beziehungsweise eine besonders enge Beziehung besteht und hat er auch sonst keine sozialen Kontakte, die ihn im besonderem Maße an Österreich binden.
Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist notorisch:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gab es mit Stand 17.04.2020, 14370 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 393 Todesfälle; in Kroatien wurden zu diesem Zeitpunkt 1741 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen und wurden bisher 34 Todesfälle bestätigt (WHO, 17.04.2020).
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Reiseweg ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.
Die Feststellungen zum Verfahrensgang, insbesondere zum Konsultationsverfahren, ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem darin befindlichen Vorbringen des Beschwerdeführers sowie dem Schriftwechsel zwischen der österreichischen und kroatischen Dublin-Behörde.
Die Feststellungen zur Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultieren aus den umfangreichen und durch Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur medizinischen und allgemeinen Versorgungslage von Asylwerbern auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO) getroffen. Sofern Quellen älteren Datums herangezogen wurden, ist davon auszugehen, dass sich die Lage in Kroatien nicht maßgeblich geändert hat.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das kroatische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens sowie auf die Versorgungslage von Asylsuchenden in Kroatien den Feststellungen der verwaltungsbehördlichen Entscheidung zu folgen.
Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Kroatien wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt 3.1.2.1. des gegenständlichen Erkenntnisses).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers basieren auf dem unbedenklichen medizinischen Befund des Klinikum Salzburg vom 21.02.2020. Diesem ist nicht zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer eine lebensbedrohliche Krankheit vorliegt, die einer Überstellung nach Kroatien entgegenstehen würde. In einer Gesamtschau ist davon auszugehen, dass kein Vorbringen erstattet wurde, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der privaten, familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Zumal der Beschwerdeführer seinen in Wien lebenden Freund erwähnt, der wie ein Bruder für ihn sei, so ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer erst seit kurzer Zeit in Österreich aufhältig ist und schon allein deshalb eine besondere Bindung zum Freund zu bezweifeln ist.
2.1. Die getroffenen notorischen Feststellungen zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ergeben sich aus den unbedenklichen tagesaktuellen Berichten und Informationen. Demnach ist nicht zu erkennen, dass sich die Situation in Kroatien schlechter darstelle als in Österreich;
Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt - wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß - vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), welche die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung - seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde - möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin-III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben respektive keine sogenannten Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen sogenannten Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.
Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse sind aus heutiger Sicht - aller Wahrscheinlichkeit nach - zeitlich begrenzt; es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin-III-VO geregelte grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist) wieder aufgenommen werden können;
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu Kroatien im vorliegenden Gerichtsverfahren nicht zu beanstanden und hinreichend; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann - und nur dann - Überstellungen durchgeführt werden, wenn Kroatien – entsprechend seiner unionsrechtlichen Verpflichtungen, deren durchgehende Einhaltung bis zum Beweis des Gegenteils vorausgesetzt werden kann - für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um keine besonders vulnerable Person handelt und keine Anzeichen dafür vorliegen, dass er aktuell im besonderen Maße auf eine medizinische Versorgung angewiesen wäre. (vgl. diesbezüglich BVwG vom 14.04.2020, W125 2229105-1)
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die maßgeblichen Bestimmungen des nationalen Rechts sind §§ 5 und 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG; unionsrechtlich sind primär Art. 3, 7, 13, 16, 17, 18, 21, 22 und 25 Dublin III-VO relevant.
3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz):
3.1.1. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Kroatiens zur Prüfung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat kommend die Landgrenze Kroatiens überschritten und sohin das Gebiet der „Dublinstaaten“ betreten hat.
Die Verpflichtung Kroatiens zur Aufnahme des Beschwerdeführers basiert auf der diesbezüglich ausdrücklichen Zustimmung der kroatischen Dublinbehörde gemäß …. Mängel im Konsultationsverfahren sind im gegenständlichen Fall nicht hervorgekommen; insbesondere wurden alle von der Dublin III-VO normierten Fristen eingehalten.
Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Kroatien finden sich keine Anhaltspunkte. Die Zuständigkeit Kroatiens ist auch nicht etwa zwischenzeitig wieder erloschen.
Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages des Beschwerdeführers.
Nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sofern die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben sollte, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre:
3.1.2. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:
Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung in Bezug auf seine Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).
Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K 13 zu Art. 19).
Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, zur Dublin II-VO aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.
Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15, Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen ist, dass […] ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriteriums […] geltend machen kann.
Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S. ua/Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.
Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG – unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation – in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist. (vgl dazu auch näher Baumann/Filzwieser in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht – Jahrbuch 2018, Seiten 213ff.).
3.1.2.1. Kritik am kroatischen Asylwesen/die Situation in Kroatien
Der angefochtene Bescheid enthält für den gegenständlichen Fall hinreichende Feststellungen zum kroatischen Asylwesen. Diese stammen von der Staatendokumentation, die zur Objektivität verpflichtet ist und der Beobachtung eines Beirates unterliegt. Sie stützen sich auf verlässliche und unzweifelhafte aktuelle Quellen von angesehenen staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen, und wurden ausgewogen zusammengestellt. Im Übrigen ist hinsichtlich der Feststellungen älteren Datums anzumerken, dass sich in Bezug auf gegenständliches Beschwerdevorbringen keine entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben haben und sich die Lage in Kroatien in diesen Zusammenhängen im Wesentlichen unverändert darstellt. In Bezug auf die in der Beschwerde angeführten Berichte, wonach es in Kroatien regelmäßig zu massiver Gewalt gegenüber Flüchtlingen und Migranten von Seiten der kroatischen Polizei komme, ist darauf hinzuweisen, dass es denklogisch ist, dass die im Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen von singulär betrachteten Berichten abweichen würden. Dies kann aber zu keiner Erschütterung des Ergebnisses der Länderberichte führen. Abgesehen davon beziehen sich die zitierten Berichte lediglich auf Fälle sogenannter „Push-backs“, eine generelle Kritik am kroatischen Asylwesen kann daraus hingegen nicht entnommen werden.
Vor dem Hintergrund der gegenständlich herangezogenen Länderberichte und der verwaltungsbehördlichen Erwägungen kann folglich nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Kroatien überstellt werden, aufgrund der kroatischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.
Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann in Kroatien im Hinblick auf die behördlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden.
Vom Beschwerdeführer wurde auch kein glaubhaftes konkretes Vorbringen erstattet, das geeignet wäre anzunehmen, dass der rechtliche und faktische Standard des kroatischen Asylverfahrens eine Verletzung fundamentaler Menschenrechte erkennen lässt.
Die in der Beschwerde geäußerten vagen Befürchtungen, die Versorgung und der Zugang zum Asylverfahren in Kroatien seien im Falle seiner Rückstellung nicht gesichert, wurden in keiner Weise belegt und können diese anhand der Länderfeststellungen zuverlässig zerstreut werden. Aus diesen geht nämlich hervor, dass in Kroatien ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit besteht und Personen, die im Rahmen der Dublin-VO nach Kroatien zurückkehren, vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem haben. (vgl AIDA 3.2018; USDOS 20.4.2018) Darüber hinaus haben Asylwerber ein Recht auf materielle Versorgung während ihres Asylverfahrens, welches ein Recht auf Unterbringung, Verpflegung, Kleidung und finanzielle Unterstützung umfasst. (vgl. AIDA 3.2018).
Das Bundesverwaltungsgericht geht demnach nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Kroatien mangelnder Versorgung ausgesetzt wäre beziehungsweise keinen Zugang zum Asylverfahren hat. Auch ist es unerheblich, dass der Standard der kroatischen Unterbringungseinrichtungen möglicherweise nicht dem österreichischen entspricht, solange grundlegende Versorgungsgarantien gewährleistet sind, was aus den in dem bekämpften Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen unzweifelhaft zu entnehmen ist.
Im Übrigen sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass sich dem Urteil des EGMR vom 04.11.2014, 29217/12, Tarakhel/Switzerland nicht entnehmen ließe, dass vor einer Rückführung in einen anderen Dublin-Staat als Italien in jedem Fall Garantien über die Unterbringung (von Familien) einzuholen wären (vgl VwGH vom 8.9.2015, Ra 2014/18/0157). Vor diesem Hintergrund war das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch nicht gehalten eine „individuelle Unterbringungszusicherung“ für den Beschwerdeführer einzuholen.
Das Asyl- und Refoulementschutzverfahren in Kroatien und die Sit