TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 I415 2230467-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

AVG §57 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §76 Abs2a
FPG §76 Abs3 Z2
FPG §76 Abs3 Z9
FPG §77
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

I415 2230467-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Nordmazedonien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

III. Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z. 3 und Z. 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (BF) ist nordmazedonischer Staatsangehöriger, seine Identität steht fest. Der BF reiste von Nordmazedonien u.a. über Slowenien und Österreich in die Schweiz. Der BF wurde am 10.03.2020 von den Schweizer Behörden nach Österreich rücküberstellt und eine Einvernahme durchgeführt. Darin gab er an, Familie in Form seiner Gattin, seiner Kinder, seiner Schwester und Mutter in der Schweiz zu haben. In Österreich habe er hingegen keine Angehörigen. Er führte an in der Schweiz Autos kaufen zu wollen, um diese in Skopje/Nordmazedonien zu verkaufen. Gegen den BF besteht ein aufrechtes Einreise- und Aufenthaltsverbot. Dieses wurde von den Schweizer Behörden am 04.01.2011 bis 04.01.2026 schengenweit erlassen.

1.2. Nach Durchführung einer niederschriftlichen Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX , vom 12.03.2020, Zl. XXXX , gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet und dazu begründend ausgeführt, der BF habe durch sein Vorverhalten die Tatbestandsmerkmale des § 76 Abs. 3 Zi. 2 u. 9 FPG erfüllt und sei daher von Fluchtgefahr auszugehen. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit habe ergeben, dass die privaten Interessen der Schonung der persönlichen Freiheit des BF dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen habe. Ein gelinderes Mittel sei nach Sicht der Behörde nicht als ausreichende Sicherung anzusehen, um von einer gesicherten Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat ausgehen zu können. Die gegenständliche Schubhaft sei daher notwendig und rechtmäßig. Dieser Schubhaftbescheid wurde dem BF am 12.03.2020 um 11:55 Uhr persönlich ausgefolgt und rechtswirksam erlassen.

1.3. Mit dem am 22.04.2019 um 18:49 Uhr - außerhalb der Amtsstunden - beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 12.03.2020 im PAZ XXXX und wurde im Wesentlichen die Unverhältnismäßigkeit der laufenden Schubhaft vorgebracht. Er beantragte, den Bescheid zu beheben, die bisherige Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären und auszusprechen, dass die Voraussetzungen für die weitere Anhaltung nicht vorlägen. Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der BF versucht habe seine freiwillige Ausreise zu organisieren. Dies sei ihm seitens des BFA aber nicht gewährt worden. Laut telefonischer Auskunft des nordmazedonischen Konsulats sei die Einreise für nordmazedonische Staatsbürger weiterhin über Bulgarien möglich. Die in der Schweiz lebende Ehefrau des BF wäre in der Lage und dazu bereit die Ausreise des BF zu finanzieren. Für den Fall, dass eine eigenständige Ausreise bis zur Wiederaufnahme der Direktflüge (nach Beendigung der pandemiebedingten Maßnahmen im Zusammenhang mit CoViD-19) nicht möglich sein sollte, würde der BF mit den Behörden kooperieren. So wäre der BF beispielsweise bereit, sich einer regelmäßigen Meldeverpflichtung im Rahmen eines gelinderen Mittels zu unterziehen. Begehrt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Einvernahme des BF sowie der Ersatz der Aufwendungen gemäß VwG-Aufwandersatzverordnung.

1.4. Auf Grund der entsprechenden Verfügung des BVwG zur Aktenvorlage vom 24.04.2020 wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , noch am selben Tag die Bezug habenden Verwaltungsakten elektronisch übermittelt und eine Stellungnahme zur gegenständlichen Beschwerde erstattet.

1.5. Am 27.04.2020 langte beim BVwG eine Beschwerdeergänzung, wobei insbesondere die Gefährdung durch CoViD-19 für Menschen mit Diabetes thematisiert wurde.

1.6. Am 28.04.2020 langte beim BVwG eine Stellungnahme des BFA zur Beschwerdeergänzung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person:

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft; er ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien und somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Seine Identität steht fest.

Der BF leidet an Diabetes und wurde diesbezüglich in Nordmazedonien ausreichend behandelt.

Der BF reiste illegal von Nordmazedonien u.a. über Slowenien und Österreich am 07.03.2020 in die Schweiz. Der BF wurde am 10.03.2020 von den Schweizer Behörden nach Österreich rücküberstellt.

Abgesehen von der Nebenwohnsitz Meldung im PAZ XXXX ist der BF in Österreich melderechtlich bis dato nicht in Erscheinung getreten.

Nach seiner Einvernahme vor dem BFA wurde der BF mit dem im Spruch angeführten Bescheid am 12.03.2020 um 11:55 Uhr in Schubhaft genommen.

1.2. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

Gegen den BF besteht ein aufrechtes Einreise-/Aufenthaltsverbot. Dieses wurde von den Schweizer Behörden vom 04.01.2011 bis 04.01.2026 schengenweit erlassen.

Der BF hatte die Absicht, in der Schweiz Autos zu kaufen, um diese in Nordmazedonien zu verkaufen. Der BF hatte nicht die Absicht, länger in Österreich zu bleiben. Der BF verfügt über keinen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich und hat er im Bundesgebiet auch keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der BF hält sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der BF gab an vom Einreiseverbot betreffend die Schweiz Kenntnis zu haben, jedoch nicht zu wissen, warum es erlassen wurde.

Gegen den BF wurde am 13.03.2020 eine Rückkehrentscheidung betreffend seinen Herkunftsstaat Nordmazedonien erlassen, welche noch nicht durchsetzbar ist. Eine Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde bis dato nicht erhoben, dennoch ist der Bescheid aufgrund des Laufs der Rechtsmittelfristen iSv § 1 CoViD-19-VwBG (iVm § 6 CoViD-19-VwBG) derzeit noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Der BF ist im Besitz eines nordmazedonischen Reisedokuments.

Der BF ist haftfähig.

1.3. Zum Sicherungsbedarf:

Der BF ist trotz eines aufrechten Einreise-/Aufenthaltsverbotes neuerlich ins Schengengebiet eingereist, dies unter Umgehung der Grenzkontrolle.

Gegen den BF liegt eine aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor, welche noch nicht durchsetzbar ist.

Der BF ist nicht vertrauenswürdig.

Der BF gibt zwar vor rückkehrwillig zu sein, jedoch ist eine legale Ausreise nach Nordmazedonien über Bulgarien wie in der Beschwerde moniert bzw. über andere Schengenländer aufgrund des bestehenden Einreise-/Aufenthaltsverbotes betreffend den ganzen Schengenraum nicht möglich.

Zudem besteht eine erhebliche Gefahr des Untertauchens.

1.4. Zur familiären/sozialen Komponente:

In Österreich bestehen keine familiären und sonstigen nennenswerten sozialen Beziehungen.

Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig, nicht im Besitz von wesentlichen Barmitteln und weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

Er verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Existenzsicherung.

Der BF hat in Österreich keinen gesicherten Wohnsitz. Dass der BF bei irgendjemandem wohnen könnte, wurde nicht behauptet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang und zur Person des BF:

Der Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde, insbesondere der Einvernahme des BF vor dem BFA am 12.03.2020 sowie der Vorlage seines nordmazedonischen Reisepasses sowie Führerscheins.

Außer Diabetes, welche in Nordmazedonien ausreichend behandelt wurde, sind keine nennenswerten Erkrankungen des BF aktenmäßig erfasst. Das Gericht konnte daher davon ausgehen, dass der BF im Wesentlichen gesund ist. Wenn nunmehr in der Beschwerdeergänzung vom 27.04.2020 moniert wird, dass es sich beim BF aufgrund seiner medikamentös behandelten Diabetes um eine besonders vulnerable Person im Hinblick auf CoViD-19 aufgrund seiner Vorerkrankung handelt und seine weitere Anhaltung in Schubhaft jedenfalls unverhältnismäßig sei, so ist auszuführen, dass der BF aufgrund der genannten Vorerkrankung (Diabetes) zu einer Risikogruppe zählt. Laut Auskunft des PAZ XXXX ist der BF in einer Einzelzelle alleine untergebracht und erhält regelmäßig zwei Mal täglich (morgens und um 17:00 Uhr) seine Medikamente (Glukosetabletten Metformin 1000mg) bezüglich seiner Erkrankung. Außerdem hätte der BF im Notfall täglichen Zugang zum Arzt. Zudem wurde bei der Zugangs-/Haftfähigkeitsuntersuchung durch den Arzt festgestellt, dass eine Unterbringung trotz Risikogruppe möglich ist (siehe Stellungnahme des BFA vom 28.04.2020). Aus dieser Stellungnahme ergibt sich weiters, dass in Bezug auf CoVid-19 behördenseitig sehr streng auf Hygiene geachtet werden muss.

Wenn in der Beschwerdeergänzung vom 27.04.2020 weiters Bezug genommen wird auf https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/europa/2056678-Europarats-Kommissarin-fordert-Alternativen-zur-Haft.html und hierbei insbesondere auf die Empfehlung des Menschenrechtskommissars des Europarats verwiesen wird, Inhaftnahmen zum Zwecke der Außerlandesbringung vorläufig zu suspendieren sowie „Gefängnisse allgemein nicht genügend gegen eine Ausbreitung des Virus gewappnet seien und empfohlene Maßnahmen wie körperliche Distanz nicht umsetzen“, so sei erwähnt, dass im selben Artikel an anderer Stelle festgehalten wird wie folgt: „In Österreich machen die bisher gesetzten Maßnahmen im Justizbereich laut Justizministerin Alma Zadic (Grüne) Österreich im europäischen Kontext zum "Vorreiter". Die Regelungen würden von den Häftlingen gut angenommen. Gefahr von Massenansteckungen oder gar Aufständen sieht die Ministerin derzeit nicht. Bisher gibt es bundesweit nur einen bestätigten infizierten Insassen in heimischen Haftanstalten. Das ist laut Zadic auf die sehr früh, nämlich ab Ende Februar gesetzten Maßnahmen zurückzuführen. So wurden etwa die Hygienestandards verschärft, Mitte März Besuche untersagt und für Neuzugänge eine 14-tägige Isolation verordnet. Letzteres habe sich bewährt und "uns vor vielen Ansteckungen gerettet", lobte Zadic die für sie "wichtigste Maßnahme". Die Gefahr von Masseninfektionen sieht sie deshalb nicht. Eine Umfrage in den Justizanstalten (JA) in der vergangenen Woche habe gezeigt, dass die Stimmung insgesamt gut sei und die Maßnahmen gut angenommen werden. Man müsse sich aber überlegen, wie man trotz Besuchsverboten und Ausgangsbeschränkungen diese Stimmung aufrechterhalten kann, so Zadic. Das sei auch Thema einer Video-Konferenz mit ihren EU-Kollegen am Montag gewesen.“

Insofern kann aufgrund des zuvor Gesagten der Beschwerdeergänzung nicht gefolgt werden, wonach die weitere Anhaltung des BF in Schubhaft angesichts seiner besonderen Vulnerabilität aufgrund seiner Vorerkrankung unverhältnismäßig wäre.

Aus dem Gesagten in Kombination mit den Eintragungen in der Anhaltedatei ergibt sich auch die Haftfähigkeit des BF.

2.2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft:

Dass gegen den BF ein aufrechtes Einreiseverbot für den Schengenraum besteht, ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten und wurde dies auch seitens des BF nicht in Zweifel gezogen. Die Verwaltungsbehörde hat entgegen der Beschwerde ein einwandfreies Ermittlungsverfahren geführt. Das seitens der Schweizer Behörden erlassene und von der belangten Behörde zutreffend aufgrund der Abfrage des Fremdeninformationssystems festgestellte Einreise-/Aufenthaltsverbotes für die Dauer von 15 Jahren wurde auf Anfrage des BVwG beim PKZ XXXX vom 27.04.2020 von diesem bestätigt.

Dass gegen den BF mit Bescheid des BFA vom 13.03.2020 eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde und gegen diesen Bescheid bis dato keine Beschwerde erhoben wurde, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Dass dieser Bescheid dennoch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, ergibt sich aufgrund des Laufs der Rechtsmittelfristen iSv § 1 CoViD-19-VwBG (iVm § 6 CoViD-19-VwBG). Insoweit geht die Behauptung im Beschwerdeschriftsatz vom 22.04.2020, wonach die belangte Behörde trotz Anhaltung des BF seit 10.03.2020 bisher keine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen hat, ins Leere.

2.3. Zum Sicherungsbedarf:

Der BF gibt zwar vor freiwillig nach Nordmazedonien rückkehren zu wollen, jedoch ist ihm eine legale Ausreise von Österreich nach Nordmazedonien aufgrund des gegen ihn bis 04.01.2026 bestehenden Einreise-/Aufenthaltsverbotes für den gesamten Schengenraum nicht möglich. Insofern geht auch die in der Beschwerde getätigte Aussage, wonach nach telefonischer Auskunft des nordmazedonischen Konsulats eine Einreise für [nordmazedonische] Staatsbürger weiterhin über Bulgarien möglich sei, ins Leere: Schließlich ist es dem BF – am Landweg – nicht möglich von Österreich legal durch die Schengenstaaten Ungarn oder Slowenien nach Bulgarien zu gelangen. Aus diesem Blickwinkel ist auch durch die Behauptung in der Beschwerde, wonach die in der Schweiz lebende Ehefrau des BF in der Lage und dazu bereit wäre die Ausreise des BF zu organisieren, nichts gewonnen.

Aus dem gesamten Verhalten des BF ergibt sich, dass dieser nicht vertrauenswürdig ist. Dies zeigt sich auch dadurch, dass der BF im Wissen eines aufrechten Einreise-/Aufenthaltsverbotes betreffend seine Person dennoch in die Schweiz bzw. den Schengenraum eingereist ist. Darüber hinaus hat der BF auch auf Nachfrage des BFA im Rahmen der Einvernahme am 12.03.2020 keine Angaben hinsichtlich des Grundes für sein seitens der Schweizer Behörden erlassenen Einreiseverbot gemacht, sondern lediglich lapidar angegeben, dies nicht zu wissen. Aus der Stellungnahme des PKZ XXXX vom 27.04.2020 ergibt sich klar, dass der BF in der Schweiz u.a. 1998 wegen Einbruchdiebstahls, sowie 2001 und 2005 wegen Suchtgiftdelinquenzen straffällig wurde und deshalb ein derart massives Einreise-/Aufenthaltsverbot erlassen wurde. Auch aufgrund der erheblichen Mobilität des BF ist von einer Fluchtgefahr auszugehen. So reiste der BF vom 06.03.2020 von Nordmazedonien kommend über diverse Schengenstaaten in die Schweiz ein, mit der Absicht dort Autos zu kaufen und mit diesen nach Nordmazedonien zurückzufahren um sie dort zu verkaufen. Auch dies wäre dem BF aufgrund des aufrechten Einreise-/Aufenthaltsverbotes nicht möglich gewesen. Somit ist naheliegend, dass der BF untergetaucht wäre oder zumindest versucht hätte illegal wieder nach Nordmazedonien einzureisen - da dies nur über Schengenländer möglich gewesen wäre.

Damit hat der BF klar gezeigt, dass er entgegen seiner Darstellung in der Beschwerde weder als kooperativ, noch als vertrauenswürdig angesehen werden kann. Dass der BF – wie in der Beschwerde behauptet – mit den Behörden kooperieren und sich beispielsweise einer regelmäßigen Meldeverpflichtung im Rahmen eines gelinderen Mittels unterziehen würde, lässt sich aus dem aufgezeigten Vorverhalten des BF eben gerade nicht folgern.

Wenn in der Beschwerde weiters moniert wird, dass die belangte Behörde die Ausreisebemühungen des BF am 25.03.2020 regelrecht sabotiert hätte, so ist dem zu entgegnen, dass der Flughafen in Skopje/Nordmazedonien – wie das BFA zutreffend festhält – laut Informationen von IOM (AVRR-Information) seit dem 18.03.2020 bis voraussichtlich 04.05.2020 gesperrt ist und eine Ausreise am 25.03.2020 ohnehin nicht möglich gewesen wäre.

Entgegen der Behauptung in der Schubhaftbeschwerde vom 22.04.2020 hat die belangte Behörde zudem sehr wohl eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen, auch wenn der diesbezügliche Bescheid vom 13.03.2020 aufgrund Fristenlaufs in Zusammenhang mit der CoViD-19 Pandemie noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist – eine Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid vom 13.03.2020 wurde laut Auskunft der belangten Behörde bis dato nicht erhoben.

Die Inschubhaftnahme ist daher vor diesem Wissen um die Reichweite des Einreise-/Aufenthaltsverbotes zu sehen. In diesem Sinne hatte die Verwaltungsbehörde im Ergebnis zu Recht Fluchtgefahr angenommen.

Gerade auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Schubhafteinvernahme aufbauend, war die Schlussfolgerung des Bestehens von Fluchtgefahr gegeben.

2.4. Familiäre/soziale Komponente:

Aufgrund der Aktenlage (behördliche und gerichtlicher Schubhaftakt) ergibt sich, dass der BF über keinerlei familiäre oder anderweitige wesentliche soziale Kontakte in Österreich verfügt. Derartiges wurde auch nicht behauptet, im Gegenteil, gab er in der Einvernahme vom 12.03.2020 auf Nachfrage an wie folgt: „Ich habe mit Österreich nichts zu tun.“

Der BF hat eine legale Berufstätigkeit nicht behauptet und kann nicht von einem periodischen Einkommen ausgegangen werden. Eine nachhaltige Einkunftsquelle im Bundesgebiet, die dem BF zur Deckung seiner Lebensbedürfnisse verhelfen kann, ist nicht gegeben. So hat der Beschwerdeführer bei der Einvernahme glaubhaft ausgeführt aktuell über Barmittel in Form ca. EUR 30,- und ca. CHF 20,- zu verfügen.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist keine Wohnmöglichkeit für den BF im Bundesgebiet erkennbar geworden und wurde derartiges auch nicht behauptet. Dass die Frau, sowie die Kinder, die Schwester und die Mutter des BF in der Schweiz leben hat der Beschwerdeführer in der Einvernahme vom 12.03.2020 auf Nachfrage glaubhaft ausgeführt.

2.5. zum Ermittlungsverfahren:

Die Verwaltungsbehörde hat entgegen der Beschwerde ein einwandfreies Ermittlungsverfahren geführt.

Sie hat ihre Ermittlungsergebnisse des Beschwerdeführers ausdrücklich im Rahmen der nachfolgenden Schubhafteinvernahme zur Kenntnis gebracht und dem Beschwerdeführer ausführlich Gelegenheit gegeben, sich dazu zu äußern. Auch wurde der Beschwerdeführer zu den übrigen Schubhaft relevanten Punkten – z.B. Vermögen, familiäre, soziale und berufliche Bindungen etc. – eingehend befragt und erst danach der Schubhaftbescheid erlassen.

Auch dieser stößt auf keine Bedenken:

Die Verwaltungsbehörde hat klar und übersichtlich die einzelnen Bescheid(begründungs)elemente dargestellt und ergibt sich aufgrund der von der Verwaltungsbehörde getroffenen Feststellungen der illegalen Einreise nach Österreich, der Einreise trotz Einreise-/Aufenthaltsverbotes, der mangelnden beruflichen und sozialen Verankerung in Österreich der daraus rechtlich gezogenen Schlussfolgerung der Vertrauensunwürdigkeit jedenfalls das Bestehen der erheblichen Gefahr des Untertauchens.

Inwiefern vor diesem Hintergrund die Anwendung eines gelinderen Mittels in Frage kommen sollte, ist nicht nachvollziehbar; aber auch damit hat sich die Verwaltungsbehörde auseinandergesetzt:

So hatte sie zu Recht die Anwendung einer finanziellen Sicherheitsleistung wegen Fehlens entsprechender Mittel von vornherein ausgeschlossen, auch weil aufgrund der persönlichen Lebenssituation und des bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens besteht.

2.6. Vom Absehen einer mündlichen Verhandlung:

Von der Durchführung einer Verhandlung konnte vor dem Hintergrund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgesehen werden:

In seiner Entscheidung vom 03.09.2015, Ro 2015/21/0012, bekräftigte der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung (in Schubhaftbeschwerdeverfahren), dass „Der im vorliegenden Fall einschlägige § 21 Abs. 7 BFA-VG […] auch im Fall eines ausdrücklich darauf gerichteten Antrags das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ermöglicht, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht“.

Nicht nur dass nach der aktuellen Judikatur keine allgemeine Verhandlungspflicht besteht, sondern diese auch in Fällen, in denen das (Beschwerde)Vorbringen offensichtlich - zweifelsfrei - mit der Aktenlage - bisherigen Ermittlungen - im Widerspruch steht, was zum Teil, nämlich bezogen auf das (Beschwerde)vorbringen in Bezug auf das Vorliegen von Kooperationsbereitschaft und hinsichtlich der mangelhaften Verfahrensführung, gegenständlich der Fall ist:

Nach der aktuellen Judikatur konnte sohin von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden – dies aber auch deswegen, weil gerade die Angaben des Beschwerdeführers in der Schubhafteinvernahme zugrunde gelegt wurden.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen: Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

zu Spruchpunkt A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlage:

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 –FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

Die Bestimmung des §22a BFA-VG idgF bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

Darauf aufbauend wiederum folgende innerstaatliche Normen des Fremdenpolizeigesetzes 2005, welche in der anzuwendenden geltenden Fassung lauten:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“(VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfeststellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessene Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Gemessen also an §76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen des Sachverhaltes herausgeschälten, und zwar

?        die illegale Einreise trotz rechtskräftigem für den Schengen Raum gültigen Einreise-/Aufenthaltsverbotes in dessen Bewusstsein;

?        der Mangel an sozialen, familiären und beruflichen Bindungen in Österreich

unzweifelhaft „die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird“.

Nach Ansicht des Gerichtes kann der BF – wie umseits dargestellt – aufgrund seines Vorverhaltens nicht als kooperativ oder aber als vertrauenswürdig angesehen werden.

Das Gericht geht daher in einer Gesamtsicht des Verhaltens unter den umseits angeführten und festgestellten Tatbeständen des § 76 Abs. 3 jedenfalls vom Bestehen erheblichen Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Person des BF aus. Die im Bescheid erwähnten Kriterien zur Annahme des Sicherungsbedarfes haben sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens als weiterhin zutreffend erwiesen. Das Gericht sieht daher ebenso ausreichenden Sicherungsbedarf für gegeben an.

Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaftnahme nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland, zeigt sich, dass der BF keinerlei nennenswerte familiären/sozialen Kontakte im Inland hat, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung bzw. eines Belassen in Freiheit zu beeinflussen ausreichend waren. Der BF hat durch seine Ignoranz betreffend sein schengenweites Einreise-/Aufenthaltsverbot basierend auf seine wiederholte Straffälligkeit in der Schweiz zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das bestehende Rechtssystem beabsichtigt.

Daraus lässt sich sohin auch ein erhöhtes Interesse der Öffentlichkeit an einer gesicherten Außerlandesbringung des BF klar erkennen. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF weit weniger schwer als das öffentliche Interesse einer baldigen gesicherten Außerlandesbringung des BF. Das Gericht geht daher – wie umseits angeführt – von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus, zumal der BF über gültige Reisedokumente seines Herkunftsstaates verfügt und nicht erst ein Heimreisezertifikat erlangt werden muss. Dabei ist die manifestierte mangelnde Kooperationsbereitschaft des BF herauszuheben wie umseits dargestellt.

Wie das BFA in seiner Stellungnahme vom 24.04.2020 zutreffend festhält, ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft auch in der aktuellen Situation im Zusammenhang mit dem Corona-Virus (CoViD-19) als verhältnismäßig einzustufen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der BF zwar unter die Risikogruppe „Vorerkrankung Diabetes“ fällt, jedoch im PAZ in einer Einzelzelle aufhältig ist, seitens der Behörde sehr auf hygienisch einwandfreie Zustände geachtet werden, der BF zwei Mal täglich seine Medikamente erhält und im Notfall jederzeit einen Arzt kontaktieren könnte wie umseits beweiswürdigend ausgeführt. Entsprechend der medialen Berichterstattung werden zwar aktuell die Reisebewegungen weltweit vermehrt eingeschränkt. Jedoch handelt es sich bei den derzeitigen Restriktionen um zeitlich begrenzte Maßnahmen. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall eine Abschiebung zwar derzeit nicht möglich ist, jedoch in den kommenden Wochen sehr wahrscheinlich möglich sein wird. Mit Blick auf die höchstzulässige Schubhaftdauer iSd § 80 Abs. 4 Z. 2 FPG zeigt sich, dass die voraussichtliche Anhaltung in Schubhaft (in Hinblick auf einen realistischen Abschiebetermin) damit ohnehin länger andauert, als die Aufrechterhaltung der aktuellen Pandemie-Restriktionen gegenwärtig zu erwarten ist.

Die Ausführungen in der Stellungnahme des BFA waren ausreichend, um gerichtlicherseits davon ausgehen zu können, dass – bei baldiger Zurücknahme der pandemiebedingten Maßnahmen – eine daran anknüpfende Abschiebung des BF innerhalb der gesetzlichen Fristen durchaus möglich erscheint.

Sich rechtswidrig und unkooperativ zu verhalten, aber im Gegenzug die Dauer der Schubhaft sehr bald als unverhältnismäßig darzustellen, vermag das erkennende Gericht nicht zu überzeugen. Die laufende Schubhaft ist daher auch aus diesem Gesichtspunkt weiter verhältnismäßig.

Das Gericht schließt nicht aus, dass es aufgrund der derzeitigen Pandemie (CoViD-19) in den kommenden Wochen weiterhin zu Verzögerungen oder Annullierungen von Flügen im internationalen Flugverkehr kommen könnte. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung im Sommer 2020 ist aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch. Aus derzeitiger Sicht ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit CoViD-19 zumindest noch vor dem Sommer weitgehend gelockert und Abschiebungen wieder durchführbar werden – so wurden beispielsweise von der Bundesregierung bereits heute das Auslaufen der derzeit geltenden strengen Ausgangsbeschränkungen mit 30.04.2020, 24:00 Uhr angekündigt. Fallzahlen betreffend CoVid-19 in Mazedonien sind – wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung vom 27.04.2020 selbst festhält – bisher eher gering.

Nach Ansicht des Gerichtes ist es derzeit zu früh, verlässliche Prognosen über den weiteren Verlauf der Pandemie in Österreich und im Herkunftsstaat des BF abzugeben und kann auch die Wirksamkeit und Wechselwirkungen der in vielen Ländern gesetzten Maßnahmen zur Eindämmung der Weiterverbreitung des Virus für einen in der Zukunft liegenden Zeitpunkt (mehrere Monate im Voraus) nicht verlässlich beurteilt werden. Derartige Prognosen stellen aus heutiger Sicht lediglich Spekulationen dar, die zur Begründung einer gerichtlichen Entscheidung nicht hinreichen können.

Wie umseits angeführt, hat der BF ihn treffende Rechtsnormen im In- und Ausland geradezu ignoriert und wurde auch zum Straftäter. Dieses Verhalten war vom Gericht in die Beurteilung miteinzubeziehen. Dieses Fehlverhalten des BF kann nicht unbeachtet bleiben. Das öffentliche Interesse an einer gesicherten Abschiebung des BF ist im vorliegenden Fall durchaus erkennbar und ist es dem BF daher auch aus diesen Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit zumutbar, weiter in Haft zu verbleiben.

Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit einer konkreter werdenden Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt „Sicherungsbedarf“ erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass BF, nicht untertauchen würde, da er weder sozialen Anschluss, noch einen gesicherten Wohnsitz vorweisen konnte. Es besteht daher für das Gericht kein Grund davon auszugehen, dass ein gelinderes Mittel eine ausreichende Sicherung der Abschiebung des BF bedeuten würde. Auch die im vorliegenden Fall u.U. mögliche finanzielle Sicherheitsleistung wäre nach Ansicht des Gerichts nur ungenügend in der Lage, ein Untertauchen des BF zu unterbinden, zumal er diese Geldmittel zur persönlichen Versorgung dringend benötigen würde. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist die Behörde daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als „ultima ratio“ und wird die Schubhaft auch bis zur erfolgreichen Abschiebung vorerst weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der „ultima ratio“ im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

Die Behörde hat im gegenständlichen bekämpfen Schubhaftbescheid die Beweggründe für die Erforderlichkeit der Verhängung der Haft erkennbar aufgezeigt und sich mit der konkreten Situation des BF auseinandergesetzt. Wie umseits näher ausgeführt wird, gelangt die gerichtliche Überprüfung der laufenden Schubhaft nicht zu einer Unrechtmäßigkeit der bescheidmäßig verhängte Schubhaft.

3.2. Zu Spruchpunkt II. – Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft:

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine, die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernde Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. und IV. – Kostenbegehren

Beide Parteien begehrten den Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen. Da die Verwaltungsbehörde vollständig obsiegte, steht ihr nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Spruchpunkt B. – Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie zu Spruchpunkt I. und II. ausgeführt sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in Bezug auf beide Spruchpunkte nicht zuzulassen. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage in den übrigen Spruchpunkten war die Revision gleichfalls nicht zuzulassen.

Schlagworte

Anhaltung aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltsverbot Aufwandersatz Außerlandesbringung Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot Feststellungsverfahren Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Gefährdung der Sicherheit gelinderes Mittel Interessenabwägung Kostenersatz Mandatsbescheid öffentliche Interessen private Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Schubhaftverfahren Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I415.2230467.1.00

Im RIS seit

06.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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