Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des H Y, geboren am 3. August 1962, vertreten durch
Mag. Dr. Wolfgang Fromherz, Rechtsanwalt in Linz, Graben 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 17. Februar 1995, Zl. Fr-5425/1/95, betreffend Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 54 FrG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 17. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg, mit dem sein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Türkei sowie nach Bulgarien, Rumänien und Ungarn als unzulässig zurückgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat gemäß § 54 Abs. 2 FrG nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden könne. Der Beschwerdeführer sei im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unter dem Namen "Cemil Zerig, geboren am 18. Oktober 1963, türkischer Staatsangehöriger", aufgetreten und es sei gegen ihn unter diesen Personalien von der Behörde erster Instanz gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 6 und 7 iVm den §§ 19 und 20 FrG ein bis zum 7. November 1999 zeitlich befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden. Dieser Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 7. November 1994 zugestellt, eine Berufung dagegen nicht erhoben worden. Am 25. November 1994 habe der Beschwerdeführer seinen richtigen Namen, nämlich Hasan Yanar und sein tatsächliches Geburtsdatum mit 3. August 1962 bekanntgegeben. Am 29. November 1994 habe der Beschwerdeführer schließlich den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in die bezeichneten Staaten gestellt.
Die Behörde erster Instanz habe zutreffend darauf hingewiesen, daß das gegen den Beschwerdeführer am 7. November 1994 erlassene Aufenthaltsverbot in Rechtskraft erwachsen sei. Somit sei der Feststellungsantrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG verspätet eingebracht worden und als unzulässig zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer sei im übrigen während des Verfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrages gemäß § 54 Abs. 1 FrG hingewiesen worden, was er anläßlich der am 4. November 1994 aufgenommenen Niederschrift bestätigt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde beantragte in einer fristgerecht erstatteten Gegenschrift, die Beschwerde kostenpfichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 54 Abs. 2 FrG kann ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden. Der Antrag gemäß § 54 Abs. 1 FrG kann daher nur (ab Einleitung) bis zum rechtskräftigen Abschluß eines solchen Verfahrens gestellt werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0472, vom 23. Juni 1994, Zl. 94/18/0282 und vom 28. Juni 1995, Zl. 95/21/0674). Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, daß diese materielle Voraussetzung für den vorliegend gestellten Antrag des Beschwerdeführers deshalb nicht vorliege, weil das gegen den Bescheidadressaten "Cemil Zerig" erlassene Aufenthaltsverbot den Beschwerdeführer betroffen habe und dagegen keine Berufung erhoben worden sei. Demgemäß sei das gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG bereits rechtskräftig abgeschlossen (gewesen).
Demgegenüber vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß das am 7. November 1994 gegen den Bescheidadressaten "Cemil Zerig, geboren am 18. Oktober 1963", erlassene Aufenthaltsverbot ihm gegenüber keine Rechtswirkungen erzeugt haben könne. Hätte er dagegen eine Berufung erhoben, so wäre sie als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Unbestritten stehe nämlich fest, daß er im Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unter einem falschen Namen (mit falschem Geburtsdatum) aufgetreten sei und, davon völlig abweichend, seine richtige Identität Hasan Yanar, geboren am 3. August 1972, laute. Auch wenn die unterschiedlichen Personalien ein und dieselbe Person beträfen, könne das Aufenthaltsverbot - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten, weil die darin genannten persönlichen Merkmale ihn in Wirklichkeit nicht erfaßten und es sich bei "Cemil Zerig" um eine andere, tatsächlich existierende Person handle.
Die belangte Behörde ist in ihrer Gegenschrift dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe sich zum Nachweis seiner zunächst fälschlich behaupteten Identität des Reisepasses einer anderen Person, nämlich von "Cemil Zerig", bedient, sodaß es sich dabei nicht um erfundene Personalien handle, nicht entgegengetreten. Dennoch hat die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend angenommen, daß sich der Beschwerdeführer nicht darauf berufen könne, das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn sei infolge unrichtiger Adressierung an "Cemil Zerig, geb. am 18. Oktober 1963" noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Nach der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen hat sich der Beschwerdeführer bewußt eines gefälschten Reisepasses einer anderen Person bedient, um seine wahre Identität vor der Behörde zu verschleiern. Der Beschwerdeführer, der sich während des Verfahrens zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes in Schubhaft befand und dem das Aufenthaltsverbot mündlich verkündet wurde, konnte überhaupt keinen Zweifel darüber haben, daß sich der mit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme ausgedrückte Wille der Behörde ungeachtet der unrichtigen Bezeichnung im Bescheid auf ihn selbst bezog. Es wäre ihm auch jederzeit offengestanden, seine richtige Identität darzulegen.
Nach § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde die Berichtigung von Schreib- und Rechenfehlern oder anderen offenbar auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen vornehmen. Eine derartige Berichtigung hat durch Bescheid zu erfolgen und bewirkt, daß der berichtigte Bescheid rückwirkend auf den Zeitpunkt seiner Erlassung geändert wird. Nach dem Bericht des Verfassungsausschusses, 30 der Beilagen II. GP, ist die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozeßökonomie dadurch dienen, daß besonders offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können.
Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (vgl. beispielsweise das Erkenntnis vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/02/0248). Auch eine unrichtige Namensbezeichnung kann eine solche Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG darstellen, wenn die Identität der Person feststeht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0047). Wenn auch § 62 Abs. 4 AVG grundsätzlich zur Berichtigung von Fehlern der Behörde dient, die bei entsprechender Aufmerksamkeit vermeidbar gewesen wären, so schließt § 62 Abs. 4 AVG aber die Berichtigung einer unrichtigen Parteibezeichnung, die allein auf eine von der Verfahrenspartei rechtsmißbräuchliche Irreführung der Behörde zurückzuführen ist, nicht aus. Von einer Berichtigung der Parteibezeichnung kann dabei immer dann gesprochen werden, wenn nur die Bezeichnung des als bisherige Verfahrenspartei aufgetretenen Rechtssubjektes geändert wird, ohne daß dadurch an die Stelle des bisher als Partei betrachteten und behandelten Rechtssubjektes ein anderes treten soll. Da der Beschwerdeführer auch keinen Zweifel haben konnte, daß sich der Behördenwille auf ihn als (unrichtig bezeichneten) Empfänger des Verwaltungsaktes bezog (vgl. hg. Erkenntnisse vom 4. September 1986, 86/02/0115 und vom 24. November 1996, 86/10/0143, wonach es für die Offenkundigkeit einer Unrichtigkeit ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit erkennen können und diese von der Behörde hätte vermieden werden können), hat der Bescheid mit Verkündung gegenüber dem Beschwerdeführer seine rechtliche Existenz erlangt und konnte er nach Zustellung mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Auch eine Nichtbehebung dieser Unrichtigkeit der Parteienbezeichnung im Wege einer Berichtigung führt gerade in Fällen wie dem hier vorliegenden, in denen Fehler bei der Bezeichnung einer Partei von dieser schikanös als Grundlage für eine Bestreitung der Bescheiderlassung herangezogen werden, nicht dazu, daß der Bescheid vom 7. November 1994 infolge unrichtiger Bezeichnung seines Bescheidadressaten als ein Nichtbescheid anzusehen wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0487, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausführte, es komme in Ansehung der Schubhaft nicht entscheidend auf den Namen (oder auch auf die Nationalität) des Betroffenen, sondern darauf an, ob jene Person als Objekt des behördlichen Handelns feststeht; eine andere Betrachtungsweise würde zu dem geradezu sinnwidrigen Ergebnis führen, daß die Schubhaft gegenüber einem Fremden, dem es gelingt, seine wahre Identität zu verschleiern, rechtswidrig wäre). Diese Grundsätze sind auch sinngemäß auf die Erlassung eines Ausweisungsbescheides übertragbar, soll doch der rechtswidrige Aufenthalt eines bestimmten Fremden im Bundesgebiet aus den im § 17 Abs. 2 FrG genannten Gründen ehestmöglich beendet und die Abschiebung desselben bewerkstelligt werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 1997, Zl. 96/02/0389). Gleiches gilt für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Eine andere Betrachtungsweise würde auch in diesem Fall zu dem geradezu sinnwidrigen Ergebnis führen, daß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über einen Fremden, dem es gelingt, seine wahre Identität zu verschleiern, rechtswidrig wäre. Vielmehr dient die diesbezügliche namentliche Bezeichnung des Beschwerdeführers notwendiger Weise dazu, die Partei des Verwaltungsverfahrens bestimmt zu bezeichnen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1997, Zl. 97/18/0061). Der vorliegende Fall ist auch nicht mit dem dem hg. Beschluß vom 15. März 1995, Zl. 94/01/0728, zugrundeliegenden vergleichbar, weil es in jenem Fall um einen anders gelagerten Sachverhalt in einem Verfahren nach dem Asylgesetz ging (vgl. auch dazu das Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 95/02/0274).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Einhaltung der Formvorschriften Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995210348.X00Im RIS seit
20.11.2000