TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/22 W176 2170032-1

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Veröffentlicht am 22.05.2020
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Entscheidungsdatum

22.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
DMSG §1
DMSG §3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W176 2170032-1/27E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Florian NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch em. RA Mag. Dr. Walter ANDERL, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 10.07.2017, Zl.BDA-46337.obj/0003-RECHT/2017, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), iVm §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 (DMSG), als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 22.05.2009, Zl. 46.337/1/2009, stellte das Bundesdenkmalamt (im Folgenden: belangte Behörde) fest, dass die Erhaltung der "Außenerscheinung, des Hauptstiegenhauses und des Festsaals des XXXX hauses (Haus der Akademischen Verbindung XXXX )" in Innsbruck, XXXX , Gst. Nr. . XXXX , EZ XXXX , KG XXXX Innsbruck, gemäß §§ 1 und 3 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist; dabei verwies es im Wesentlichen auf ein von XXXX erstattetes Amtssachverständigengutachten. In der Bescheidbegründung wird überdies festgehalten, dass nur die straßenseitige Außenerscheinung von der Unterschutzstellung betroffen sei.

2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin der Rechtsmittel der Berufung.

3. Mit Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 05.04.2010, Zl. XXXX , wurde der Berufung insofern Folge gegeben, als die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde. Begründend wurde festgehalten, dass zwischen dem Spruch und der Begründung des Bescheides ein offenkundiger Widerspruch hinsichtlich des Umfangs der Unterschutzstellung bestehe und das Amtssachverständigengutachten überdies unzureichend sei, da es auf den Umstand, dass bereits Teile der Außenerscheinung verändert wurden, nicht eingehe.

4. Im fortgesetzten Verfahren vor der belangen Behörde legte die Beschwerdeführerin am 20.05.2010 ein von XXXX am 11.04.2010 erstattetes (Privat)Gutachten zur Denkmalbedeutung des gegenständlichen Objektes vor, in dem dieser zum folgenden Ergebnissen kommt: Die Fassade und ihre bildhauerische Gestaltung sei "qualitativ als äußerst mittelmäßig" einzustufen. Was das Stiegenhaus angehe, sei die dort befindliche Eisentreppe zwar ein bemerkenswertes technisches Denkmal; da sie aber ausgebaut und zB im einem Museum eingebaut werden könne, sei eine Unterschutzstellung des Stiegenhauses nicht gerechtfertigt. Das ursprüngliche Erscheinungsbild des Festsaales sei durch nachträgliche bauliche Veränderungen nachhaltig zerstört worden.

5. Am 27.05.2010 sowie am 20.04.2016 fanden jeweils ein Augenschein statt, bei dem das Objekt begangen wurde.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Erhaltung des verfahrensgegenständlichen Objektes - "in folgendem Umfang: straßenseitige Außenerscheinung, Hauptstiegenhaus und Festsaal" - gemäß §§ 1 und 3 DMSG im öffentlichen Interesse gelegen ist. In der Begründung wurde im Wesentlichen auf ein von XXXX am 30.06.2016 erstattetes Amtssachverständigengutachten verwiesen, wonach dem Objekt geschichtliche, künstlerische und sonstige kulturelle Bedeutung zukomme. Im Gegensatz zum Privatgutachten bestünden keine Zweifel an dessen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit, sodass ihm zu folgen gewesen sei.

7. Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, die im Wesentlichen Folgendes vorbringt: Die Bedeutung der der Akademischen Verbindung XXXX und ihrer Mitglieder sei geringer als von der Amtssachverständigen angenommen. Von den Umbauten durch Clemens Holzmeister sei nichts mehr vorhanden. Änderungen an der Fassade würden nicht hinreichend berücksichtigt. Würde die Eisentreppe ausgebaut, bliebe ein Treppenhaus wie überall anders auch. Weiters wird auf eine vom 02.08.2017 datierende Ergänzung des Gutachtens von XXXX verwiesen. Darin führt dieser im Wesentlichen aus, dass die Begründung von XXXX zur Bedeutung des Festsaals nicht nachvollziehbar sei; dabei hielt er fest, dass die belangte Behörde von einer Unterschutzstellung der Bettelwurfhütte in Hinblick auf die wiederholten baulichen Veränderungen Abstand genommen habe.

8. Am 08.09.2017 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

9. Mit Schriftsatz vom 14.09.2017 ergänzte die Beschwerdeführerin die Beschwerde insofern, als sie im Wesentlichen rügte, die belangte Behörde habe sich nicht hinreichend mit dem (Privat)Gutachten von XXXX auseinandergesetzt und sei den im dargestellten Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur angeführten Ermittlungsaufträgen nur unzureichend nachgekommen sowie durch die Unterschutzstellung von "straßenseitiger Außenerscheinung", "Hauptstiegenhaus" und "Festsaal" seiner Konkretisierungspflicht nicht nachgekommen.

10. In der Folge zog das Bundesverwaltungsgericht XXXX (in der Folge: SV), die als Amtssachverständige beim Bundesdenkmalamt, Abteilung für Wien, tätig ist, als gerichtliche (Amts)Sachverständige dem Verfahren bei, und beauftragte sie, ein (schriftliches) Gutachten zur Denkmalbedeutung des gegenständlichen Objektes (einschließlich der Frage, ob alle von der belangten Behörde unterschutzgestellten Teile des Objekts Denkmalbedeutung aufweisen) sowie dessen Stellenwert im regionalen bzw. österreichweiten Kulturgutbestand zu erstatten.

11. In ihrem Gutachten vom 28.11.2018 gelangt die SV zum Ergebnis, dass die mit dem angefochtenen Bescheid unterschutzgestellten Teile des Objektes künstlerische und - sonstige - kulturelle (sowie geschichtliche) Bedeutung hätten und eine weitere Reduktion des Unterschutzstellungsumfangs nicht möglich sei; überdies stellt sie - u.a. durch einen Vergleich des Objektes mit anderen Verbindungshäusern sowie seiner Fassade mit anderen "altdeutschen" Fassaden - dessen Stellenwert im Denkmalbestand dar.

12. Am 30.11.2018 schrieb das Bundesverwaltungsgericht für 15.01.2019 eine Beschwerdeverhandlung aus und gab zugleich den Verfahrensparteien Gelegenheit, mittels eines spätestens am 08.01.2019 einlangenden Schriftsatzes zum Gutachten der SV Stellung zu nehmen.

13. Mit einem vom 08.01.2019 datierenden und am 11.01.2019 eingelangten Schriftsatz nahm die Beschwerdeführerin zum Gutachten Stellung und beantragte überdies die zeugenschaftliche Einvernahme von XXXX zum Beweis dafür, dass Clemens Holzmeister ihr gegenüber erklärt habe, dass im verfahrensgegenständlichen Objekt fast nichts mehr von seinen Arbeiten vorhanden sei, sowie von XXXX zum Beweis dafür, dass der Festsaal mehrfach umgebaut und verändert wurde worden sei und sich der Mittelpunkt studentischen Lebens mittlerweile im Parterre bzw. in der Kellerbar befinde.

14. In der Beschwerdeverhandlung vom 15.01.2019 wurde die SV zur Denkmalbedeutung des gegenständlichen Objektes sowie dessen Stellenwert im österreichischen Denkmalbestand befragt; dabei nahm sie auch zum Vorbringen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 08.01.2019 Stellung. Überdies wurde den Verfahrensparteien Gelegenheit gegeben, Fragen an die SV zu stellen bzw. Vorbringen zu erstatten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.1. Das Objekt hat in seinen im angefochtenen Bescheid unterschutzgestellten Teilen insofern künstlerische Bedeutung, als

- die Fassade zum einen mit ihrer spezifischen Form der Gotikrezeption eine Sonderstellung innerhalb des "altdeutschen" Fassadenbestandes in Österreich aufweist und zum anderen mit ihrem reichen plastischen Schmuck hohen Dokumentationswert für die Innsbrucker Bauskulptur der 1900er Jahre hat,

- im (Haupt)Stiegenhaus mit der in der Verwendung einer Eisenstiege mit seitlichen Tragholmen eine für den Bauzeitpunkt 1903/04 sehr moderne Strategie verfolgt wurde und

- der Festsaal bei gleichzeitiger mehrfacher Überformung seine formale Kontinuität bewahrt hat und auch als Teil des Frühwerks von Clemens Holzmeister signifikant ist.

1.1.2. Dem Objekt kommt im genannten Umfang insofern (sonstige) kulturelle Bedeutung zu, als

- seine Fassade den Lokalpatriotismus der Akademischen Verbindung " XXXX " sowie die hohe Wertschätzung der Tiroler Baukultur vor Entstehung der Heimatschutzverein veranschaulicht und

- der Festsaal als einzig erhalten gebliebener Saal eines studentischen Verbindunghauses jedenfalls in Innsbruck das (einst) dort bestehende studentische Leben sowie die Innsbrucker Festkultur in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts dokumentiert.

1.2. In Hinblick auf die in den genannten Bereichen gegebene Denkmalbedeutung kommt dem Objekt jedenfalls vor dem Hintergrund des regionalen Denkmalbestandes ein hoher Stellenwert zu.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen stützen sich (wie unten im Einzelnen ausgeführt wird) auf die Ausführungen der SV im (schriftlichen) Gutachten sowie in der Beschwerdeverhandlung.

Die SV ist als Amtssachverständige im Bundesdenkmalamt, Abteilung für Wien, tätig und daher in der Lage ist, ein Gutachten zur Denkmalbedeutung von Objekten wie dem gegenständlichen sowie deren Stellenwert im österreichischen Denkmalbestand zu erstatten.

Die Ausführungen der Sachverständigen in ihrem Gutachten sowie in ihren Antworten auf die ihr in der Beschwerdeverhandlung gestellten Fragen zeigen, dass sie sich umfassend und tiefgreifend mit den maßgeblichen Fragegestellungen auseinandergesetzt hat.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist das Gutachten der SV vollständig; denn es weist einen Befund sowie ein Gutachten im engeren Sinne auf.

Überdies ist das Gutachten der SV aus der Sicht des Gerichtes schlüssig, da die SV darlegt, wie sie zu ihren Aussagen gelangt ist und die Schlüsse im Gutachten im engeren Sinn sowohl auf dem Befund des Gutachtens fußen sowie nachvollziehbar sind. Dabei ist festzuhalten, dass die SV die entscheidungswesentlichen Aussagen zur Denkmalbedeutung des Objektes und seine Position im Denkmalbestand hinreichend durch einschlägige Literatur belegt und überdies mit zahlreichen Fotos unterlegt hat.

Auch ist es dem Beschwerdevertreter nach Ansicht des Gerichtes in der Beschwerdeverhandlung nicht gelungen aufzuzeigen, dass das Gutachten der SV unschlüssig wäre, d.h. dass etwa die von ihr gezogenen Schlussfolgerungen unzutreffend wären.

Schließlich ist - wie im Folgenden im Einzelnen dargelegt werden wird - der Einschätzung der SV und nicht jener von XXXX in seinem (Privat)Gutachten samt Ergänzung zu folgen.

2.2.1.1. Die Feststellungen zur künstlerischen Bedeutung des Objekts ergeben sich zunächst aus den Ausführungen der SV, wonach die Fassade anders als sonstige - an ortsfremden Vorbildern wie den Musterbüchern der Spätrenaissance oder an deutschen, französischen und niederländischen Vorbildern orientierte - "altdeutsche" Fassaden tatsächliche Vorbilder aus regionalen Architektur (Elemente wie der Erker des Goldenen Dachls in Innsbruck und der Turm des Fuggerhauses in Schwaz) hatte und den Aussagen der SV zum reichen plastischen Schmuck der Fassade, der in seiner künstlerischen Qualität (mit dekorativen Über- und Unterschneidungen und mit dem charakteristisch historisierenden "horror vacui", aber auch mit der sehr speziellen Material- und Farbwahl) jenem des Winkler-Hauses (Innsbruck, Maximilianstraße 1) vergleichbar sei.

Sofern XXXX in seinem Gutachten vom 11.04.2010 ausführt, die Fassade und ihre bildhauerische Gestaltung sei "qualitativ äußerst mittelmäßig", folgt das Gericht der Einschätzung der SV, da diese ihre Auffassung ausführlich begründet, während XXXX für seine Ansicht im Wesentlichen (bloß) den Umstand ins Treffen führte, dass die Fassade des Objektes im - von XXXX verfassten - Beitrag "Architektur des Historismus" im Standardwerk "Kunst in Tirol" (Bd. 2, Innsbruck-Bozen 2007) nicht erwähnt sei; dies wurde von der SV in der Beschwerdeverhandlung jedoch nachvollziehbar damit erklärt, dass "Kunst in Tirol" ein Übersichtswerk sei, das die gesamte historische Tiroler Kunstproduktion darstelle und daher der Tiroler Architektur der Gründerzeit nur geringen Raum gebe, weshalb die fehlende Nennung des Gebäudes im genannten Beitrag nicht als Grundlage für die Beurteilung der Qualität der Fassade des gegenständlichen Objektes herangezogen werden könne.

Was die Frage von Veränderungen an der Fassade angeht, ergibt sich aus dem Gutachten der SV zunächst, dass im Falle, dass die beiden Reliefs in den (nach dem Text der Eröffnung 1904 "vorerst ohne bildnerischen Schmuck" bleibenden) Seitenflächen des Mittelerkers, die stärker stilisiert und plastischer gestaltet seien als jene der Erker-Vorderfront, erst später eingesetzt wurden, sie sich in Konzept und Material nahtlos in den Bestand fügen und seine Denkmalbedeutung keineswegs schmälern. Sofern dem Gutachten der SV überdies zu entnehmen ist, dass das Objekt nach dem Zweiten Weltkrieg neue Fensterstöcke erhielt, die Fassade 1978/79 renoviert wurde (Reinigung, Sanierung von Schäden an den Steinen, grüne Färbelung), die Ritterfigur vom Turm entfernt wurde, der Eingangsbereich mit der Tür sowie die Buntglasfenster rezent erneuert wurden und die Gitter der Kellerfenster eine spätere Zutat sind, betrifft dies keine Charakteristika, aus denen die Denkmalbedeutung der Fassade abgeleitet wird.

Was das (Haupt)Stiegenhaus angeht, stützen sich die Feststellungen zu künstlerischen Bedeutung zunächst auf die Ausführungen der SV, wonach die Verwendung einer Eisenstiege mit seitlichen Tragholmen in einem derartigen Gebäude außergewöhnlich fortschrittlich war, da man eine solche 1903/04 zwar in einem Zweckbau, nicht aber in einem Stadthaus erwarten könnte.

Überdies geht auch XXXX in seinem Gutachten davon aus, dass die Eisenstiege "ein bemerkenswertes technisches Denkmal" ist. Sofern er aber festhält, eine Unterschutzstellung des Stiegenhauses sei dadurch nicht gerechtfertigt, da die Stiege ausgebaut und in einem Museum oder einem anderen Gebäude eingebaut werden könne, ist wiederum den Ausführungen der SV zu folgen, wonach eine Dislozierung der Stiege nicht den Grundsätzen des Denkmalschutzes entspreche und die - für und zusammen mit dem gegenständlichen Haus geplante und gebaute - Stiege in situ bleiben müsse (vgl. auch VwGH 29.10.1997, 95/09/0299, wonach der Verbleib eines Denkmals an dem Ort, für den es geschaffen wurde, im Sinne der Denkmalpflege durchaus anzustreben ist).

Die Feststellungen zur künstlerischen Bedeutung des Festsaales basieren auf den Ausführungen der SV, wonach die Raumstruktur des Originals gut erkennbar überliefert und von Holzmeisters Umbau 1924 nicht berührt ist, Holzmeister den bereits bestehenden Wappenfries in situ gelassen hat und dieser mit nur wenigen Eingriffen - der Brüstungsmauer der Galerie (deren abgerundeter Schwung dem Zeitgeschmack der 1920er Jahre entgegenkam, der großformigen Konsolen und die Rahmung der Bühnenöffnung dem Saal) - zeittypische Elemente zugefügt hat, die auch durch die späteren Umbauten kaum verunklärt wurden.

Sofern XXXX in seinem Gutachten zur Auffassung gelangt, dass das ursprüngliche Erscheinungsbild, das den damaligen Vorstellungen entsprochen habe, durch die später durchgeführten baulichen Veränderungen nachhaltig zerstört worden sei und mit bestem Willen weder Struktur noch Proportion aus der Entstehungszeit zu erkennen sei, ist auf die plausiblen Ausführungen der SV zu verweisen, wonach die beiden ursprünglichen Raumteile des Saales, Festsaal und Kneipe, lediglich durch einen Vorhang, also nicht baulich, getrennt waren, die (schlechten) Lichtverhältnisse im Saal von Anfang an durch eine elektrische Decken- und Wandbeleuchtung kompensiert wurden, die Umbau- und Adaptierungsmaßnahmen am Saal wie Bodenerneuerung, Zumauern der Fenster oder Entfernung der Kachelöfen weder die Raumform noch die Raumgröße derart verändert haben, dass der Saal nicht mehr die entsprechenden Bauphasen dokumentieren würde, Holzmeister nur wenige Eingriffe vorgenommen hat und auch die späteren Eingriffe - die abgehängten Deckenpaneele seien eine reversible Maßnahme und die Wandverkleidungen der Nachkriegszeit dürften im Wesentlichen in Erneuerung von bereits zuvor existierenden Verkleidungen hergestellt worden sein - das Erscheinungsbild des Saales nicht zerstört haben.

2.2.1.2. Die Feststellungen zur (sonstigen) kulturellen Bedeutung des Objektes stützen sich zum einen auf die von der SV in plausibler Weise angenommenen Gründe für die außergewöhnliche und seltene spezifisch tirolerische Stilwahl der Fassade und zum anderen auf ihre ebenso nachvollziehbare Aussage, dass der Saal, der der einzig erhalten gebliebene Saal eines studentischen Verbindunghauses jedenfalls in Innsbruck ist, das dort (einst) bestehende studentische Leben dokumentiert. Dass der Saal überdies auch außerhalb der Verbindungsveranstaltungen ein Ort der Innsbrucker Festkultur war, stützt auf die von der SV in der Beschwerdeverhandlung diesbezüglich angeführten Belege für dort nachweisbare Tagungen, Vorträge, Christbaumfeste, Familienabende und bunte Abende in den Jahren von 1909 bis 1927.

Das Vorbringen, die Kellerbar sei seit ihrer Errichtung Kristallationspunkt der Verbindung steht dem nicht entgegen, da - wie die SV schlüssig dargelegt hat - der Saal, der gleichsam das Herzstück des Objektes ist, um den herum Bau und Fassade geplant wurden, (wie zahlreiche historische Fotos zeigen) historisch Veranstaltungszentrum studentischen Lebens war.

2.2.2. Die Feststellung zum Stellenwert des gegenständlichen Objektes im österreichischen Denkmalbestand fußt auf den diesbezüglichen Ausführungen der SV.

Diese hat das Objekt nicht nur hinsichtlich seiner Fassade mit zahlreichen anderen Gebäuden mit "altdeutscher" Fassade (darunter auch mit den äußerst seltenen mit spezifisch tirolerischer Stilwahl), sondern auch betreffend den Saal mit anderen Verbindungshäusern verglichen und ist dabei zum Ergebnis gelangt, dass ein Verlust der Fassade lokal, regional und österreichweit eine empfindliche Schmälerung des ohnehin vergleichsweise geringen Bestands an altdeutschen Fassaden in der Architektur der Gründerzeit wäre und der Saal der vermutlich österreichweit einzige erhaltene Saal eines Verbindungshauses der Zeit um 1900 ist und somit eine sehr spezifische Funktion im Rahmen eines sehr speziellen Raumprogramms repräsentiert. Was das Stiegenhaus angeht, würde ein Verlust der bestehenden Eisenstiege, die vermutlich die einzige Treppe dieser Art in Innsbruck ist, nach den schlüssigen Ausführungen der SV eine Schmälerung des Denkmalbestandes jedenfalls auf regionaler und vielleicht auch österreichweiter Ebene bedeuten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 51/2012, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen Entscheidungen und Anordnungen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, durch Beschluss.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 DMSG sind Denkmale von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung. Diese Bedeutung ergibt sich aus der in der Fachwelt vorherrschenden Wertschätzung. Sie ist die ausschließliche Grundlage des öffentlichen Interesses an einer Erhaltung (VwGH 20.10.1991, 91/09/0047). Für die Begründung der Denkmaleigenschaft genügt es, wenn die Bedeutung in einem der drei genannten Bereiche (geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung) besteht (VwGH 03.06.2004, 2001/09/0010).

Die Bedeutung ist eine Tatsache, die durch Amtssachverständigenbeweis zu ermitteln ist (Bazil/Binder-Krieglstein/Kraft, Denkmalschutzrecht, 2. Aufl., § 1 Anm. 31). Der Amtssachverständige hat die Tatsachen zu erheben (Befund) und aus diesen Tatsachen aufgrund besonderer Fachkunde tatsächliche Schlussfolgerungen zu ziehen (Gutachten). Ein Gutachten besteht somit aus zwei Teilen: dem Befund und dem eigentlichen Gutachten (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2009, 199).

Zur Begründung einer Denkmaleigenschaft hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 09.11.2009, 2008/09/0322, fest: "Für die Lösung der Frage, ob einem Objekt eine geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung zukommt, ist die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend. Dabei ist insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen. Grundlage der Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, aus dem sich jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung ableiten lässt, aus der der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist" (vgl. auch VwGH 20.02.2014, 2013/09/0154 mwN).

In ähnlicher Weise erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass Grundlage einer Unterschutzstellung ein Fachgutachten ist, aus dem sich die geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung ergibt sowie jener Dokumentationscharakter iSd. § 1 Abs. 2 DMSG näher dargelegt wird, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist (VwGH 22.03.2012, 2009/09/0248). Inhalt eines Denkmalschutzgutachtens sollen Ausführungen zur geschichtliche Entwicklung, eine Beschreibung des Objektes samt Veränderungen sowie Ausführungen zur Bedeutung sein (vgl. VwGH 16.09.2009, 2009/09/0044).

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass dem Fachgutachten des Amtssachverständigen zur geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung außer bei Unschlüssigkeit oder ersichtlicher Tatsachenwidrigkeit solange zu folgen ist, als seine Richtigkeit nicht im Verwaltungsverfahren durch Gegenausführungen und Gegenbeweise von vergleichbarem Aussagewert widerlegt wurde (VwGH 20.02.2014, 2013/09/0154 mwN, vgl. auch VwGH 03.06.2004, 2002/09/0134).

Die geschichtliche Dokumentation bezieht sich auch auf kunstgeschichtliche und kulturelle Zeugnisse der Lebens- oder Arbeitsweise einer Bevölkerungsgruppe und auf Geburts-, Wohn-, Arbeits- und Sterbehäuser berühmter Persönlichkeiten, selbst wenn ihr Aussehen zwischenzeitig verändert ist (Regierungsvorlage 1769 BlgNR XIII. GP zu § 1 Abs. 2 DMSG).

Für das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals ist nicht wesentlich, ob dieses in allen Details im Originalzustand erhalten ist; entscheidend ist vielmehr, ob dem Denkmal noch Dokumentationscharakter zukommt. Spätere Veränderungen vermögen den Charakter eines Gebäudes als Denkmal für sich allein nicht zu hindern (VwGH 04.10.2012, 2010/09/0079 mwN). Die Bedeutung eines Denkmales kann auch von der Bedeutung der Umgebung mitbeeinflusst sein (VwGH 20.11.2001, 2001/09/0072). Gefordert ist weder eine hervorragende oder außerordentliche Bedeutung des Objektes. Wesentlich ist nicht der absolute Rang, der dem Denkmal zukommt, sondern inwieweit es als Repräsentant einer bestimmten Stilrichtung oder Epoche der Geschichte der Kunst anzusehen ist (VwGH 15.09.2004, 2001/09/0219).

3.2.1.2. Wie oben festgestellt, kommt dem Objekt eine künstlerische sowie eine (sonstige) kulturelle Bedeutung zu.

3.2.2.1. Welche Kriterien für die Entscheidung der Rechtsfrage, somit der Frage, ob die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, maßgeblich sind, ergibt sich aus § 1 Abs. 2 DMSG. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Erhaltung dann im öffentlichen Interesse liegt, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.

Eine Konkretisierung dieser Kriterien ergibt sich aus den Materialien zum DMSG bzw. erfolgt sie durch die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

3.2.2.2. Aufgrund des angenommenen Sachverhalts steht für das Bundesverwaltungsgericht fest, dass es sich bei dem gegenständlichen Objekt (in seinen unterschutzgestellten Teilen) um ein zu schützendes Denkmal handelt: Denn in Hinblick auf die Position des gegenständlichen Objektes jedenfalls im regionalen Denkmalbestand muss angenommen werden, dass der von § 1 Abs. 2 DMSG geforderte Seltenheitswert gegeben ist.

3.2.3. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem gegenständlichen Objekt - hinsichtlich der straßenseitigen Außengestaltung, des (Haupt)Stiegenhauses sowie des (Fest)Saales - um ein Denkmal handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes bedeuten würde; seine Erhaltung liegt damit im öffentlichen Interesse.

Sofern die Beschwerdeführerin vorbrachte, die Unterschutzstellung von "straßenseitiger Außenerscheinung", "Hauptstiegenhaus" und "Festsaal" verstoße gegen das Konkretisierungsgebot, ist ihr entgegenzuhalten, dass für das Gericht nicht ersichtlich ist, inwiefern eine Abgrenzung dieser Bereiche des Objektes problematisch sei (dies wurde im betreffenden Schriftsatz der Beschwerdeführerin auch nicht näher dargelegt) und etwa auch in der Beschwerdeverhandlung nicht fraglich war, was unter diesen Bereichen zu verstehen ist.

3.2.4. Die Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.

3.2.5. Von der Einvernahme von XXXX (zum Beweis dafür, dass Clemens Holzmeister ihr gegenüber erklärt habe, dass im Objekt fast nichts mehr von seinen Arbeiten vorhanden sei), konnte abgesehen werden, da auch im Falle, dass der (Fest)Saal nicht als Frühwerk von Holzmeister Denkmalbedeutung hätte, das Objekt dennoch auch bezüglich des Saales als einzig erhaltenem Saal eines studentischen Verbindungshauses jedenfalls in Innsbruck ein zu schützendes Denkmal ist.

Überdies konnte von der Einvernahme von XXXX abgesehen, werden, da auch die SV davon ausgeht, dass der Festsaal mehrfach umgebaut und verändert wurde und das Beweisthema, ob sich der Mittelpunkt studentischen Lebens mittlerweile im Parterre bzw. in der Kellerbar befindet, (wie oben unter Punkt 2.2.1.2. ausgeführt) nicht entscheidungswesentlich ist.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (siehe die unter Punkt 3.2. zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Denkmalbedeutung Denkmalbegriff Denkmaleigenschaft Denkmalschutz Erhaltungsinteresse kulturelle Bedeutung künstlerische Bedeutung öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W176.2170032.1.00

Im RIS seit

09.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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