TE Bvwg Beschluss 2020/5/27 G306 2138153-3

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Veröffentlicht am 27.05.2020
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Entscheidungsdatum

27.05.2020

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
BFA-VG §22
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G306 2138153-3/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER in dem amtswegig eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.05.2020, Zl. XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes des XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA: Albanien, vertreten durch RA Dr. WAGENEDER, beschlossen:

A)       Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist rechtmäßig.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die beschwerdeführende Partei (bfP) stellte am XXXX .2005 in Österreich erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei brachte diese im Wesentlichen vor, sie habe in Albanien Probleme, da sie ein Mitglied der PDSH Partei wäre und aufgrund von Teilnahmen an Versammlungen und Protestmärschen von der Polizei immer wieder verhört und geschlagen worden wäre. Des Weiteren brachte die bfP vor, dass sie und ihre Familie Probleme mit der Mafia hätten. Sie (Familie) würde daher vom Staat gesucht werden und wären sie in ihrer Abwesenheit zu 8 bzw. 9 Jahre Haft verurteil worden. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 22.10.2005 abgewiesen. Eine dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des damals zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenates abgewiesen und erwuchs dieser am 25.10.2007 in Rechtskraft. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis vom 31.01.2008 abgewiesen.

Die bfP wurde im Bundesgebiet in Folge mehrmals straffällig und führten dies zu folgenden Verurteilungen:

1)       Vom Bezirksgericht XXXX unter der Zahl: XXXX am XXXX .2005 (RK XXXX .2005) wegen Urkundenfälschung und fahrlässiger Körperverletzung nach den §§ 223/2 und 88/1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe 2 von Monaten;

2)       Vom Landesgericht XXXX unter der Zahl XXXX am XXXX .2006 (RK XXXX .2006) wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 28/1 (1. und 2. Fall, 27/1 1. und 2. FALL SMG und wegen Verleumdung und Urkundenfälschung nach den §§ 297/1 Halbsatz und 229/1 StGB zu einer Freiheitsstrafe 9 Monaten, davon 6 Monate bedingt;

3)       Vom Landesgericht XXXX unter der Zahl XXXX vom XXXX .2007 (RK XXXX .2007) wegen Übertretungen nach dem Suchmittelgesetz nach den §§ 27/1 1.2.6. Fall, 27 Abs 2/2 1. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten;

4)       Vom Landesgericht XXXX unter der Zahl XXXX am XXXX .2009 (RK XXXX .2009) wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz nach den §§ 28 Abs. 1 5. Fall, 27 Abs. 1/11.2. Fall, 28 Abs 1 6. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren;

5)       Vom Landesgericht XXXX unter der Zahl XXXX am XXXX .2009 (RK XXXX .2009) wegen schwerer Körperverletzung nach den §§ 83/1, 84/1 StGB. Es wurde keine Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX XXXX verhängt;

6)       Vom Bezirksgericht XXXX unter der Zahl XXXX am XXXX .2010 (RK wegen Raufhandel nach § 91/2 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Monat;

7)       Vom Landesgericht XXXX unter der Zahl XXXX am XXXX .2012 (RK XXXX .2012) wegen gewerbsmäßigem schweren Diebstahles durch Einbruch nach §§ 127, 128 (1) Z 4,129 Z 1,130 4. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten;

Aufgrund dieser strafrechtlichen Verurteilungen wurde gegen die bfP ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (BPD XXXX vom XXXX .2008, Zl.: XXXX ).

Die bfP wurde am XXXX .2013 gemäß § 133a StVG (bereit erklärt in seinen Heimatstaat zurückzukehren) aus der Haft entlassen und reiste nach Albanien aus.

Entgegen dem Aufenthaltsverbot, wurde die bfP wieder am XXXX .2014 im Bundegebiet angetroffen und einer Personenkontrolle unterzogen. Die bfP wurde festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Die bfP reiste wieder am XXXX .2014 freiwillig aus dem Bundesgebiet in Richtung ihres Heimatlandes aus.

Die bfP wurde am XXXX .2014 von einem deutschen Staatsangehörigen adoptiert und hielt sie sich aufgrund dessen ab diesem Zeitpunkt in Deutschland auf.

Am XXXX .2014 stellte die bfP einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Begründet wurde es damit, dass die bfP durch die Adoption seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hätte, sie dort strafrechtlich unbescholten sei. Dem Antrag wurde vom BFA stattgegeben und das Aufenthaltsverbot am 28.10.2014, ZI.: XXXX , ersatzlos behoben.

Am 05.05.2015 stellte die bfP beim Magistrat XXXX einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben.

Am XXXX .2015 wurde von den ungarischen Behörden unter der Zahl:
XXXX ein Schengen weites Einreiseverbot gegen die bfP erlassen, gültig bis 14.09.2017. Grund dafür war laut Mitteilung der ungarischen Behörden, dass die bfP die Seiten 11-12, 13-14, 27-28 ihres albanischen Reisepasses mit der Nr. XXXX verfälscht habe.

Die bfP trat abermals strafrechtlich in Erscheinung und führte dies zu folgenden Verurteilungen:

1)       Vom Landesgericht XXXX , Zahl XXXX vom XXXX .2015 wegen § 125 StGB zu einer Gelstrafe von 280 € verurteilt.

2)       Vom Landesgericht XXXX , Zahl XXXX vom XXXX .2016, rechtskräftig wegen § 27 SMG, § 28a (1) 5. Fall SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Am XXXX .2016 wurde die bfP vorzeitig aus der Haft entlassen.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich vom 29.09.2016 wurde gegen die bfP eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 erlassen, ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Einer Beschwerde wurde gemäß § 18 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und es wurde gegen die bfP ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dagegen erhob die bfP fristgerecht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Mit Beschluss des BVwG vom 13.04.2018, GZ: G311 2138153-1/19E wurde der Beschwerde gegen die Entscheidung der Regionaldirektion Oberösterreich stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG mit der Begründung behoben, dass gem. § 10 Abs. 1 AsylG 2005 diese Rückkehrentscheidung mit der negativen Entscheidung über ihren Antrag auf internationalen Schutz zu verbinden ist (bfP stellte inzwischen einen Folgeantrag).

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2016, Zahl XXXX , rechtskräftig am XXXX .2017, wurde die Ehe der bfP wegen einer aufrechten Vorehe der Ehegattin für nichtig erklärt.

In der Zwischenzeit wurde die bfP abermals strafrechtlich verurteilt und zwar:

Vom Landesgericht XXXX unter der Zahl XXXX vom XXXX .2017, rk mit XXXX .2017, gemäß § 12 3. Fall StGB §§ 28a (1) 2.3. Fall, 28a (4) Z 3 SMG § 15 StGB Datum der (letzten) Tat XXXX .2015 zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. (Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG XXXX XXXX RK XXXX .2016")

Im Stande der Strafhaft stellte die bfP am XXXX .2018 neuerlich, nunmehr seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Nunmehr führte die bfP den Namen XXXX . Begründet brachte die bfP vor, dass sie die im ersten (Asyl-)Verfahren gemachten Angaben aufrecht halte und neue Fluchtgründe vorbringen möchte. Als neuen Fluchtgrund führte die bfP an, dass sie im Jahr 2016 im Strafverfahren gegen verdeckte Ermittler (LKA XXXX ) und Vertrauenspersonen ( XXXX und XXXX ) ausgesagt habe. Die bfP habe wegen der „getätigten Aussagen große Probleme mit seinen Landsleuten und Kosovo-Albanern in Österreich sowie in Albanien und Kosovo“. Bei einer Rückkehr fürchte die bfP dass seine „Landsleute und die Kosovo Albaner“ sie töten werden. Die bfP sei von der Familie bzw. Freunden „der Vertrauensperson“ im November oder Dezember 2016 bei seiner Arbeitsstelle in Österreich bedroht worden. Auch habe sie im Jahr 2016 eine „offizielle schriftliche Drohung“ in Form eines Drohbriefes von XXXX bekommen.

Dieser zweite Antrag wurde in weiterer Folge mit Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle West vom 06.06.2018, XXXX gem. § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gem. § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gegen die bfP wurde eine Rückkehrentscheidung gern. § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen und es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Albanien gem. § 46 FPG zulässig ist. Gem. § 55 Abs. 1a FPG bestand keine Frist für die freiwillige Ausreise. Es wurde ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Eine gegen die Entscheidung des BFA eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 24.07.2019, GZ: G303 2138153-2/6E betreffend die Spruchpunkte I. bis VI. als unbegründet abgewiesen, der Beschwerde zu Spruchpunkt VII. wurde stattgegeben und die Dauer des Einreiseverbotes wurde auf 6 Jahre herabgesetzt. Diese Entscheidung erwuchs mit 27.07.2019 in Rechtskraft. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes Ra 2019/18/0333-5 vom 17. Oktober 2019, wurde die außerordentliche Revision als unbegründet abgewiesen.

Die bfP wurde am XXXX .2019 aus der Justizanstalt XXXX entlassen und wurde als fremdenpolizeiliche Maßnahme ein gelinderes Mittel verhängt.

Die bfP hat sich in weiterer Folge dem gelinderen Mittel entzogen. Einem Festnahmeauftrag, konnte daher in Folge nicht entsprochen werden.

Die bfP wurde am XXXX .2020 von Beamten der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung FGA XXXX PI Fremdenpolizei, befragt und gab diese an, dass Sie sich von Oktober 2019 bis Jänner 2020 in Deutschland aufgehalten habe. Die Mutter, als auch die bfP wären bedroht worden. Die Mutter hätte keine Anzeige machen können, wegen der Corona-Krise. Wenn die bfP nach Albanien komme, werde man sie umbringen. Die bfP wurde nach der durchgeführten Kontrolle und Befragung, aufgrund des aufrechten Einreiseverbot, festgenommen.

Im Zuge dieser Amtshandlung stellten die bfP nunmehr ihren dritten Antrag auf interanationalen Schutz. Diese nunmehrige dritte Antragstellung begründete die bfP im Wesentlichen mit dem nahezu identen Vorbringen wie beim Erst- und Zeitantrag auf internationalen Schutz. Die bfP brachten zwar gesteigerte Sachverhalte zu den vorangegangenen Anträgen vor, jedoch verwickelte sich die bfP in Widersprüche und kam das Bundesamt zum Entschluss, dass das Vorgebrachte absolut unglaubwürdig und wiederholt erfunden ist.

Die bfP wurde gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG in Schubhaft genommen und befindet sich diese nach wie vor in dieser.

Die bfP erklärte sich am XXXX .2020 bereit freiwillig in ihr Heimatland Albanien zurückzukehren.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 20.05.2020 vor dem BFA, verkündete der Leiter der Amtshandlung, dass der faktische Abschiebeschutz gem. § 12, 12a Abs 2 AsylG idgF aufgehoben werde. Die Behörde traf dabei Feststellungen zur Person und zum Herkunftsstaat auf Grundlage des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation, aktueller Stand, und kam im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorliegen würden.

Weder in Bezug auf das Privat- und Familienleben der bfP noch in Bezug auf die Situation in ihrem Herkunftsland Albanien hat sich die Situation seit dem Abschluss der vorangegangenen Verfahren entscheidungswesentlich geändert.

Am 26.05.2020 langte der Verwaltungsakt elektronisch und am 27.05.2020 physisch zur amtswegigen Überprüfung gem. § 22 BFA-VG beim BVwG ein und wurde die Behörde vom Einlangen unverzüglich verständigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der oben festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA sowie aus dem Gerichtsakt des BvWG.

Ein über die Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber hinausgehendes Aufenthaltsrecht der bfP wird von ihr nicht behauptet und lässt sich den Akten und dem Auszug aus dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) nicht entnehmen, zumal gegen sie 2007 eine rechtskräftige Ausweisung sowie 2019 eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot rechtskräftig erlassen und festgestellt wurde, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig ist. Bei der Einvernahme am 07.05.2020 sowie 20.05.2020 machte die bfP keine, die Gesundheit betreffenden, Angaben. Bei der Einvernahme am 24.04.2020 vermeinte die bfP gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Daher ist davon auszugehen, dass sie derzeit jedenfalls an keiner schwerwiegenden behandlungsbedürftigen Erkrankung leidet.

Das gegen die bfP 2007 eine Ausweisung und 2019 eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen wurden ist im IZR und im GVS-Betreuungsinformationssystem nachvollziehbar und konsistent dokumentiert.

Die von der bfP in den Asylverfahren jeweils angegebenen Fluchtgründe werden anhand der Vorhalte zu den früheren Asylverfahren und seiner Angaben bei der Erstbefragung sowie anhand seiner Aussage bei der Einvernahme vor dem BFA am 07.05.2020 festgestellt.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen der bfP beruhen auf dem Strafregisterauszug, die Feststellungen zum Strafvollzug und auf der Vollzugsinformation, den Haupt- und Nebenwohnsitzmeldungen in Justizanstalten laut dem Zentralen Melderegister (ZMR) und den Vollzugsdaten, die aus dem Strafregister hervorgehen.

Dass die bfP sich gegenwärtig in Schubhaft befindet ergibt sich aus der Anhaltedatei sowie aus dem ZMR.

Die Feststellung, dass sich die Situation in Bezug auf das Privat- und Familienleben der bfP seit der Entscheidung in den Vorverfahren nicht entscheidungswesentlich geändert hat, beruht darauf, dass sich weder aus ihrer Schilderung noch aus den vorgelegten Akten und den vom BVwG vorgenommenen Registerabfragen entscheidungswesentlichen Änderungen ergeben. Seine in Österreich lebenden Angehörigen (Frau und Kinder sowie Vater) und seine hier geknüpften Sozialkontakte wurden bereits in den vorangegangenen Verfahren berücksichtigt, ebenso seine in Albanien, Deutschland und Frankreich lebenden Familienmitglieder (Mutter, Schwestern).

Das BFA legt seiner Entscheidung Informationen über die allgemeine Situation in Albanien zugrunde, die von verschiedenen anerkannten Institutionen stammen und ein konsistentes Gesamtbild ergeben. Das BVwG hegt keine Zweifel an der Richtigkeit der in den zu überprüfenden Bescheid unter Angabe konkreter Quellen aufgenommenen Feststellungen zur Lage in Albanien und übernimmt diese. Entscheidungswesentliche Änderungen seit dem Bescheid des BFA vom 06.06.2018 bzw Erkenntnis des BVwG vom 24.07.2019 liegen nicht vor, zumal sich die in diesen Bescheid aufgenommenen Länderinformationen nur unwesentlich von den in den nunmehr zu beurteilenden Bescheid aufgenommenen unterscheiden und die Situation in Albanien nicht volatil ist. Es gibt unter Berücksichtigung der aktuellen Berichte zur Lage in Albanien keine Anhaltspunkte dafür, dass die damals getroffenen Feststellungen zur Situation dort unrichtig oder nicht mehr aktuell sein könnten oder dass in der Zwischenzeit eine entscheidungswesentliche Änderung eingetreten wäre, zumal Albanien laut § 1 HStV

jedenfalls seit 2009 als sicherer Herkunftsstaat gilt. Darüber hinaus hat sich die bfP freiwillig bereit erklärt nach Albanien zurückzukehren (AS 113-117).

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 22 Abs 10 AsylG ergehen Entscheidungen des BFA über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem BVwG unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das BVwG.

Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes entscheidet das BVwG im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss. Dabei wird einerseits geprüft, ob die materiellen Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG vorliegen und andererseits, ob das BFA bei der Durchführung des Verfahrens die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten hat. Beides ist hier der Fall.

§ 12a Abs 2 AsylG ermöglicht dem BFA die bescheidmäßige Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes bei Folgeanträgen, wenn kein Fall des § 12a Abs 1 AsylG (Folgeanträge nach einer Entscheidung gemäß § 4a AsylG [Schutz in einem anderen EWR-Staat oder in der Schweiz] oder § 5 AsylG [Zuständigkeit eines anderen Staats]) vorliegt. Voraussetzung ist, dass gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht (Z 1), der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist (Z 2), und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Ein Folgeantrag ist gemäß § 2 Abs 1 Z 23 AsylG jeder weitere Antrag auf internationalen Schutz, der einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag zeitlich nachfolgt. Da dem Antrag auf internationalen Schutz vom 24.04.2020 bereits rechtskräftig erledigte Anträge der bfP vorangingen, handelt es sich um einen Folgeantrag. Es liegt kein Fall des § 12a Abs 1 AsylG vor. Gegen die bfP besteht eine aufrechte Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot.

Das BFA geht nach dem derzeitigen Verfahrensstand zu Recht davon aus, dass auch der zweite Folgeantrag der bfP voraussichtlich gemäß § 68 AVG zurückzuweisen sein wird, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht geändert hat. Bei der dabei anzustellenden Prognoseentscheidung ist relevant, ob eine Sachverhaltsänderung behauptet wird, die zu einem anderen Ergebnis als im vorangegangenen Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Sache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern (vgl VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783).

Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs 2 Z 2 AsylG ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs 2 AsylG. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art 41 Abs 1 lit b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte (siehe VwGH 18.09.2019, Ra 2019/18/0338).

Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil die bfP den zweiten Folgeantrag erst nach der Festnahme aufgrund des rechtwidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet stellte, ohne die nunmehr behaupteten Umstände, schon früher geltend zu machen. Auf die Frage warum sie erst nach dem illegalen Aufgriff und Festnahme den nunmehr dritten Asylantrag stellte, gab die bfP an, weil sie wusste, dass sie dann ich Schubhaft genommen würde. Des Weiteren beziehen sich die nunmehr angeführten Fluchtgründe auf dieselben wie beim Vorverfahren. Auch die nunmehr von der Mutter der bfP vorgelegte Anzeige aus Albanien kann daran nichts ändern, zumal es sich dabei um einen Gefälligkeitsakt handeln könnte, um eine vermeintliche Bedrohung zu untermauern. Des Weiteren gingen diese vermeintlichen Bedrohungen von denselben Personen aus, die die bfP bereits im Vorverfahren thematisierte. Die bfP begründet den nunmehrigen Antrag im Wesentlichen mit den bereits in den früheren Asylverfahren geltend gemachten Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen.

Die weiters behauptete Bedrohung der bfP durch Drohanrufe von Personen die in Österreich aufhältig sind bzw. die vermeintliche Bedrohung der Mutter in Albanien, kann dagegen keinem Konventionsgrund zugeordnet werden, sodass schon aus diesem Grund keine asylrelevante Verfolgung vorliegen kann, selbst wenn diese Behauptung zutreffen sollte. Die albanischen Behörden sind außerdem in Bezug auf eine derartige Bedrohung durch eine Privatperson - wie sich aus den in den mündlich verkündeten Bescheid vom 20.05.2020 aufgenommenen Länderinformationen ergibt - schutzfähig und -willig, zumal Albanien gemäß § 19 Abs 5 BFA-VG iVm § 1 Z 2 HStV als sicherer Herkunftsstaat gilt. Die Festlegung eines Staates als sicherer Herkunftsstaat spricht für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden dieses Staates, zumal hier keine spezifischen fallbezogenen Umstände aufgezeigt wurden, die dazu führen könnten, dass der vorhandene staatliche Schutz in Albanien gerade der bfP nicht zuteil werden würde (siehe VwGH 30.10.2019, Ra 2019/14/0436).

Im Ergebnis liegt daher keine relevante Sachverhaltsänderung vor; es ist vielmehr davon auszugehen, dass der BF nur deshalb neuerlich internationalen Schutz beantragt hat, um die unmittelbar bevorstehende Durchsetzung der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme zu verhindern.

Vor Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12 Abs 2 Z 3 AsylG eine Refoulement-Prüfung im weiteren Sinn und eine Interessenabwägung iSd Art 8 EMRK vorzunehmen. Das BFA ist hier zutreffend davon ausgegangen, dass die Abschiebung für die bfP keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 (Recht auf Leben), Art 3 (Verbot der Folter) oder Art 8 (Recht auf Privat- und Familienleben) EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (Abschaffung der Todesstrafe) bedeutet und für ihn als Zivilperson auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Weder in den vorangegangenen Verfahren noch in diesem Verfahren sind konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen Gefahr hervorgekommen. Es liegen - insbesondere angesichts der stabilen Situation in Albanien, wo die Todesstrafe abgeschafft ist und kein bewaffneter Konflikt herrscht - keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die bfP abweichend von dieser Einschätzung nunmehr durch die Rückkehr in ihr Heimat doch dem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Auch zur Interessenabwägung iSd Art 8 EMRK ist auf die Entscheidung des BFA zu verweisen. Eine maßgebliche Änderung der für den Verbleib der bfP in Österreich sprechenden Interessenlage, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen könnte, liegt nicht vor, sodass nach wie vor kein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Privat- und Familienleben anzunehmen ist. Im nunmehrigen Verfahren haben sich keine Anhaltspunkte für eine maßgebliche weitere soziale Verfestigung oder Integration ergeben, zumal gegen die bfP bereits eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung samt 6 jährigem Einreiseverbot aus dem Jahr 2019 besteht welche im Instanzenzug vom Höchstgericht bestätigt wurde.

Das BFA hat die bei der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes einzuhaltenden Verfahrensschritte eingehalten und ist der ihm obliegenden Verpflichtung, ein Ermittlungsverfahren gemäß § 18 AsylG durchzuführen, ordnungsgemäß nachgekommen. Der bfP wurde Parteiengehör eingeräumt; es wurde ihr auch Gelegenheit zur Stellungnahme zu den wesentlichen Berichten zur allgemeinen Lage in Albanien gegeben. Im Ergebnis ist daher die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG durch den mündlich verkündeten Bescheid des BFA festzustellen.

Erhebliche Rechtsfragen von der über den Einzelfall hinausgehenden, grundsätzlichen Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG stellten sich nicht, weshalb die Revision an das Höchstgericht nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2138153.3.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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