TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 G307 2231024-1

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Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G307 2231024-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Kroatien, vertreten durch den Verein Menschenrechte in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.03.2020, Zahl XXXX zu Recht erkannt:

A)       

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.      Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden: BFA) forderte den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) mit Schreiben vom 04.09.2019 auf, zur in Aussicht genommenen Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sowie seinen persönlichen wie finanziellen Verhältnissen Stellung zu nehmen. Zu dieser am 16.09.2019 in der Justizanstalt XXXX persönlich übernommenen Aufforderung nahm der BF am 20.09.2019 Stellung.

2. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 02.04.2020, wurde gegen diesen gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

3. Mit Schreiben vom 13.05.2020, beim BFA eingebracht am selben Tag, erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde beantragt, den hier angefochtenen Bescheid zur Gänze aufzuheben, in eventu das ausgesprochene Aufenthaltsverbot zu beheben, in eventu zu verkürzen, in eventu der ersten Instanz die Ergänzung des Verfahrens anzuordnen, die aufschiebende Wirkung gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG zuzuerkennen sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

4. Die gegenständliche Beschwerde sowie der zugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA dem BVwG am 13.05.2020 vorgelegt und sind dort am 18.05.2020 eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) ist kroatischer Staatsangehöriger, ledig und für zwei in Österreich lebende Töchter im Alter von 9 und 11 Jahren unterhaltspflichtig. Diese leben bei der Kindesmutter. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF für seine beiden Kinder obsorgeberechtigt und geschieden ist. Davon abgesehen konnten keine weiteren beruflichen, gesellschaftlichen oder familiären Bindungen in Österreich festgestellt werden.

1.2. Der BF reiste erstmalig spätestens im Jahr 2003 nach Österreich ein und hatte bis dato – abgesehen von seinen Aufenthalten in Justizanstalten – keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich.

1.3. Der BF war im Bundesgebiet bis dato nicht legal beschäftigt. Vor seinem aktuellen Haftantritt war der BF in Kroatien als Lkw-Fahrer zu einem monatlichen Entgelt in der Höhe von € 1.250,00 tätig.

1.4. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.

1.5. Lebensmittelpunkt und Hauptwohnsitz des BF liegen in Kroatien. Seine Heimatadresse lautet: XXXX . Der BF beabsichtigt nicht, sich in Österreich niederzulassen, sondern nur hierher zu kommen, um seine Töchter zu besuchen.

1.6. Mit Bescheid vom 16.12.2004, Zahl XXXX , erließ das Fremdenpolizeiliche Büro der Bundespolizeidirektion XXXX (im Folgenden: FRB) gegen den BF wegen der Begehung strafbarer Handlungen ein ursprünglich unbefristetes, sodann auf 10 Jahre reduziertes Aufenthaltsverbot, welches bis zum 16.12.2014 gültig war.

Am 02.10.2005 reiste der BF – trotz aufrechten Aufenthaltsverbotes – mit einem verfälschten Reisepass, lautend auf XXXX , geboren am XXXX wieder in das Bundesgebiet ein und wurde deswegen am XXXX .2005 von einem Beamten der Polizeiabteilung der Staatsanwaltschaft XXXX einvernommen.

Mit Bescheid vom 02.11.2005, Zahl XXXX ordnete das FRB gegen den BF gemäß § 56 FrG die Abschiebung an. Am XXXX .2015 reiste der BF auf dem Luftweg freiwillig nach Kroatien aus.

1.7. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF an irgendwelchen Krankheiten leidet oder arbeitsunfähig wäre.

1.8. Dem BF liegen in Österreich folgende Verurteilungen zur Last:

1.       Landesgericht für Strafsachen XXXX (im Folgenden: LG XXXX ) zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2004 wegen versuchten schweren Einbruchsdiebstahls und Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 15, 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 U2, 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten,

2.       Landesgericht XXXX zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2006 wegen teils versuchten Einbruchsdiebstahls gemäß §§ 127, 15, 129 Z 1, 15, 129 Z 2 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten,

3.       LG XXXX zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2013 wegen gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls und dauernder Sachentziehung gemäß §§ 127, 129 Z 1, 130, 4. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 2 Jahren sowie

4.       LG XXXX zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2019 wegen teils versuchten gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls gemäß §§ 15, 127, 129 Abs. 1 Z 1, 130 Abs. 2., 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe in XXXX am XXXX .2019 versucht, gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wegzunehmen, indem er versucht habe, Bargeld und Wertgegenstände der XXXX durch Einbruch in das Zahntechniklabor in XXXX , XXXX , wegzunehmen, wobei er das Türschloss mit professionellem Einbruchswerkezug und entsprechenden Kenntnissen zum Schlossziehen gewaltsam zu öffnen versucht habe. Dabei sei er von Anrainern beobachtet worden.

Als mildernd wurden hiebei der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, als erschwerend die einschlägigen Verurteilungen gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt und die erwähnten Straftaten begangen hat.

Der BF wurde am XXXX .2019 festgenommen, befindet sich der BF aktuell in Haft und ist der frühest mögliche Entlassungszeitpunkt mit XXXX .2021 angesetzt.

Dem BF liegen ferner weitere einschlägige Vorstrafen aus der Zeit vor seiner ersten österreichischen Verurteilung zur Last.

1.9. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über ein regelmäßiges Einkommen oder Vermögen verfügt, an irgendwelchen Krankheiten leidet oder arbeitsunfähig wäre.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Der BF legte zum Beweis seiner Identität einen auf seinen Namen lautenden kroatischen Reisepass vor, an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

2.2.2. Die zu Familienstand , Existenz zweier Kinder, gemeinsame Haushaltsführung mit der Mutter, berufliche Tätigkeit des BF in Kroatien und hiefür bezogenes Entgelt, Lebensmittelpunkt und Anschrift in Kroatien sowie die Absicht, nur die Kindern in Österreich besuchen zu wollen getroffenen Feststellungen folgen dem in der Stellungnahme des BF vor dem BFA getätigten Vorbringen und decken sich mit den ZMR-Daten der beiden Töchter XXXX und XXXX , geb. am XXXX und XXXX , welche in XXXX Wien in der XXXX zusammen mit ihrer Mutter XXXX , geb. am XXXX in Wien wohnhaft sind.

Dass der BF geschieden ist, konnte nicht festgestellt werden, führt und führte die Mutter seine Kinder bis dato nicht seinen Namen und gibt es auch sonst keine Hinweise auf eine Eheschließung in der Vergangenheit.

Dass auch dem BF die Obsorge für die beiden Töchter zukommt, konnte er nicht bescheinigen, zumal bei ledigen Kindern von Gesetzes wegen die Obsorge grundsätzlich der Mutter zukommt, es sei denn, es wird vor dem Standesamt ein beiderseitiger Obsorgewunsch der Elternteile bekundet.

Aus dem Einlieferungsbericht der Kriminaldirektion 1 der BPD XXXX vom XXXX .2003, Zahl XXXX ist zu entnehmen, dass der BF erstmalig an diesem Tag in Österreich in Erscheinung getreten ist. Damit ist auch seine erstmalige Meldung in der Justizanstalt XXXX am XXXX .2003 in Einklang zu bringen.

Der auf den Namen des BF lautende Sozialversicherungsdatenauszug weist keine Beschäftigung aus.

Dem Akt waren keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit oder Krankheiten auf Seiten des BF zu entnehmen.

Der BF legte keine Bescheinigungsmittel für den Bestand von Deutschkenntnissen eines bestimmten Niveaus vor.

Der BF hob in seiner Stellungnahme und Einvernahme vom 25.10.2005 in der Polizeiabteilung der StA XXXX hervor, abgesehen von seinen Töchtern keinen Bezug zu in Österreich wohnhaften Personen zu haben.

Die ordentlichen Wohnsitze des BF ausschließlich in Justizanstalten wie die aktuelle Unterbringung in der JA XXXX ergeben sich aus dessen ZMR-Auszug.

Zeitpunkt der Festnahme und des frühest möglichen Entlassungszeitpunktes sind der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX vom 23.01.2020 zu entnehmen.

Die Verurteilungen samt einschlägigen Vorstrafen folgen dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich und sind ferner aus den im Akt einliegenden Urteilen des LG XXXX vom XXXX .2004 sowie vom XXXX .2019 ersichtlich.

Die zu den fremdenrechtlichen Verfahren sowie deren Ausgang getroffenen Feststellungen sind den im Akt einliegenden Bescheiden des FrB XXXX vom 16.12.2004 (AS 105) und 02.11.2005 (AS 163), dem Auszug aus der Fremdeninformation vom 02.11.2005 (AS 143) und die Ausreise aus dem Bundesgebiet der Ausreisebestätigung vom XXXX .2015 (AS 217) zu entnehmen.

Beweise für vorhandenes Vermögen oder ein regelmäßiges Einkommen lieferte der BF nicht.

Die Beschwerde warf keinerlei Argumente auf, welche der Bescheidbegründung entgegengetreten wären.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder jener, der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als lettischer Staatsbürger ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.

3.1.2. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2.       für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3.       als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er

1.       wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;

2.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;

3.       sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder

4.       eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1.       Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.       Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen abzuweisen:

Da vom BF, der aufgrund seiner kroatischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet weder seit mehr als 5 noch 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 1. Bis 4. Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.

Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 Abs. 1 FPG sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)“ (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039).

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (vgl. zum Ganzen VwGH 26.4.2018, Ra 2018/21/0027, mwN und VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118)

3.1.4. Der BF wurde unbestritten wegen zahlreicher Vermögens- und Eigentumsdelikte allein in Österreich 4 Mal rechtskräftig verurteilt.

Zuletzt wurde der BF wegen Begehung eines teilweise versuchten, gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Darin wurde dem BF vorgeworfen, er habe versucht, gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern durch Einbruch in das Zahntechniklabor, wegzunehmen.

In den Entscheidungsgründen dieses Urteils heißt es:

Aufgrund der drei einschlägigen Vorverurteilungen wegen Einbruchsdiebstählen, des zugestandenen geringen Einkommens des Angeklagten (BF), mit welchen er sich trotzdem Reisen in die Schweiz und in der Folge nach Österreich leisten können wollte und vor allem aufgrund des hochprofessionellen Vorgehens des Angeklagten mit einem extra für derartige Einbruchsdiebstähle angefertigten Werkzeug besteht für das Gericht überhaupt kein Zweifel, dass es sich beim Angeklagten um einen hochprofessionellen Profieinbrecher handelt, der selbstverständlich mit dem festgestellten Vorsatz handelt.

Auch all die anderen Verurteilungen förderten ausschließlich unbedingte Freiheitsstrafen zu Tage. Abgesehen davon hat der BF derart gezeigt, dass er keinesfalls gewillt ist, sich an österreichische Rechtsvorschriften zu halten, aus den Sanktionen nichts gelernt und damit sein Familienleben bewusst aufs Spiel gesetzt hat. Bezieht man die einschlägigen Vorstrafen in die Betrachtung mit ein, so kann von einer sogenannten „Verurteilungskette“ gesprochen werden.

Zudem hat der BF weder in der österreichischen Berufswelt noch im hiesigen Gesellschaftsleben Fuß gefasst. Er war in Österreich noch nie legal beschäftigt und außerhalb von Justizanstalten nicht privat gemeldet. Im Mittelpunkt seiner Aufenthalte im Inland standen ausschließlich seine strafbaren Handlungen. Es kann daher keinesfalls von einer Reue oder einer Einsicht in sein bisheriges Fehlverhalten gesprochen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Entscheidungen bereits mehrmals hervorgehoben, dass gewerbsmäßige Eigentumsdelikte als besonders verpönte Verhaltensweisen zu werten sind, die zu Aufenthaltsbeendigungen führen müssen (zuletzt Ra 2818/21/0063 vom 30.08.2018).

Das vom BF gezeigte Verhalten stellt jedenfalls eine Gefährdung öffentlicher Interessen dar und kann keinesfalls gebilligt werden (vgl. auch VwGH 22.02.2011, 2010/18/0417: hinsichtlich der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen durch Gewalt- und Eigentumsdelikte).

Der BF hat diese Taten begangen, obwohl er bereits Vater zweier Töchter war und wissen musste, dass er derart sein Aufenthaltsrecht auf Spiel setzt.

Unter diesem Aspekt vermag auch das Familienleben des BF keinen Verbleib in Österreich zu rechtfertigen, ergibt der Schutz der öffentlichen Interessen an der Hintanhaltung von Vermögensdelikten vorliegend eine zulässige Einschränkung des Familienlebens.

Der BF befindet sich zudem noch immer in Haft. Angesichts all dieser Umstände kann dem BF aktuell keine positive Zukunftsprognose zugestanden werden. Das massiv getrübte Vorleben erlaubt auch keine Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbotes.

Die immer wiederkehrende Deliktsneigung, der große Schaden durch seine strafbaren Handlungen sowie die Ignoranz gegenüber österreichischen Rechtsvorschriften bringen auch eine Gegenwärtigkeit, Tatsächlichkeit und Erheblichkeit der aus seinem Handeln resultierenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit sich.

Der belangten Behörde ist letztlich insofern Recht zu geben, dass das vom BF gezeigte Verhalten eine inakzeptable Missachtung gültiger Rechtsnormen darstellt und er damit einhergehend eine Gefährdung öffentlicher Interessen bewirkt hat.

3.2. Der mit „“ betitelte § 70 FPG lautet:

„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1.       nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2.       die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3.       der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“

Der mit „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“ betitelte § 18 BFA-VG lautet:

„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1.         der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2.         schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3.         der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4.         der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5.         das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6.         gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7.         der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Angesichts des oben zur Gefährlichkeit des BF und dessen negativen Zukunftsprognose Ausgeführten, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn diese die Effektuierung des ausgesprochenen Aufenthaltsverbotes im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für erforderlich erachtet.

3.3. Zu Spruchteil A.II.:

Auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP) – kommt der BF kein Antragsrecht zu, sondern hätte das Verwaltungsgericht vielmehr - amtswegig - das Wiederzuerkennen einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwH auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).

Im Ergebnis war der in der Beschwerde gestellte, besagte Antrag sohin als unzulässig zurückzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Interessenabwägung öffentliche Interessen strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2231024.1.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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