TE Bvwg Beschluss 2020/6/3 I403 2116525-2

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Veröffentlicht am 03.06.2020
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Entscheidungsdatum

03.06.2020

Norm

AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AVG §69 Abs1 Z1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §32
VwGVG §32 Abs1 Z1
VwGVG §32 Abs3

Spruch

I403 2116525-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über das Beschwerdeverfahren von XXXX, geb. XXXX, StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.10.2015, Zl. XXXX:

A)

Das rechtskräftig abgeschlossene Beschwerdeverfahren zur Zl. I403 2116525-1 wird im Umfang des Spruchpunktes II. des Erkenntnisses vom 11.11.2015, Zl. I403 2116525-1/5E gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 3 VwGVG von Amts wegen wiederaufgenommen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin hatte am 22.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Am XXXX2015 wurde die Tochter der Beschwerdeführerin in Österreich geboren, wobei die Beschwerdeführerin für diese am 04.09.2015 ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz einbracht hatte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 16.10.2015 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihr gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihr eine Frist für eine freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Inhaltlich wurde insbesondere vorgebracht, dass die Tochter der Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin sei und deren - ebenfalls mit Bescheid des BFA vom 16.10.2015 verhängte - Abschiebung daher rechtswidrig sei. Im Falle einer Abschiebung würde es zu einer Familientrennung kommen. Ein Staatsbürgerschaftsnachweis der Tochter war dem Beschwerdeschriftsatz angeschlossen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2015, Zl. I403 2116525-1/5E, wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 16.10.2015 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.). In Bezug auf Spruchpunkt III. wurde der Beschwerde angesichts der österreichischen Staatsangehörigkeit der Tochter der Beschwerdeführerin stattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria auf Dauer für unzulässig erklärt und der Beschwerdeführerin der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt (Spruchpunkt II.). Dieses Erkenntnis erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Mit E-Mail vom 06.03.2020 regte die belangte Behörde die Wiederaufnahme des Verfahrens, welches mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2015 rechtskräftig abgeschlossen worden war, an. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Tochter der Beschwerdeführerin die österreichische Staatsbürgerschaft zwischenzeitlich aberkannt und ihre nigerianische Staatsangehörigkeit festgestellt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin gab in ihrer Erstbefragung im Rahmen ihres Asylverfahrens am 25.12.2014 zu Protokoll, nicht schwanger zu sein und am 21.12.2014 auf dem Luftweg aus Nigeria ausgereist zu sein.

Die Tochter der Beschwerdeführerin wurde am XXXX2015 in Österreich geboren. Laut Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen einer Vorsprache vor dem Amt der XXXX Landesregierung am 28.01.2020 handelte es sich hierbei um keine Frühgeburt.

Am 17.08.2015 erkannte ein österreichischer Staatsbürger, welchen die Beschwerdeführerin nach ihrer Einreise in Österreich kennengelernt hat, vor dem Standesamt XXXX die Vaterschaft zur Tochter der Beschwerdeführerin an, sodass dieser temporär, abgeleitet vom anerkennenden Vater, ebenfalls die österreichische Staatsangehörigkeit zukam.

Am 25.04.2017 stellte der anerkennende Vater beim Bezirksgericht XXXX einen Antrag auf Rechtsunwirksamerklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses vom 17.08.2015 und bestritt seine Vaterschaft zur Tochter der Beschwerdeführerin.

Mit Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 19.06.2017, Zl. XXXX, rechtskräftig mit 18.07.2017, wurde festgestellt, dass das am 17.08.2015 vor dem Standesamt XXXX abgegebene Anerkenntnis der Vaterschaft zur Tochter der Beschwerdeführerin rechtsunwirksam ist. Ein im Rahmen dieser Familienrechtssache eingeholtes Abstammungsgutachten eines medizinischen Sachverständigen gelangte zum Ergebnis, dass der die Vaterschaft anerkennende österreichische Staatsbürger aufgrund der Verteilung der vererbbaren DNA-Merkmale als leiblicher Vater der Tochter der Beschwerdeführerin auszuschließen ist.

Die Tochter der Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Nigeria.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang sowie die unter Punkt II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zl.en I403 2116525-1 (betreffend das Asylverfahren der Beschwerdeführerin) sowie I403 2116523-1 (betreffend das Asylverfahren der Tochter der Beschwerdeführerin), überdies aus dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes angeforderten Gerichtsakt des Bezirksgerichts XXXXzur Zl. XXXX (betreffend das Vaterschaftsaberkennungsverfahren) sowie aus der E-Mail-Korrespondenz des Bundesverwaltungsgerichtes mit der belangten Behörde ab dem 06.03.2020, im Zuge derer die gegenständliche Wiederaufnahme des Verfahrens angeregt wurde.

Die nigerianische Staatsangehörigkeit der Tochter der Beschwerdeführerin ergibt sich bereits kraft Art. 25 Abs. 1 lit. c der nigerianischen Verfassung, wonach jeder Person, welche außerhalb Nigerias geboren ist und zumindest einen Elternteil mit nigerianischer Staatsangehörigkeit hat, ebenfalls die nigerianische Staatsangehörigkeit zukommt (vgl. https://wipolex.wipo.int/en/text/179202; Zugriff am 27.05.2020) und überdies aus einer Abfrage im zentralen Personenstandsregister der Republik Österreich, wo sie seit dem 14.11.2017 ebenfalls wieder als nigerianische Staatsangehörige geführt wird.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof gegen das Erkenntnis nicht mehr zulässig ist und 1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder 2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder 3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder 4. Nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

Gemäß § 32 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind gemäß § 32 Abs. 5 VwGVG die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen.

Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können.

So hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Bestimmung des § 69 AVG ausgesprochen, dass, sofern mit einem rechtskräftigen Bescheid mehrere Verfahren abgeschlossen wurden - was nicht nach der formalen Zusammenfassung im Spruch des Bescheides, sondern nach dem Inhalt der erledigten Angelegenheiten zu beurteilen ist - eine Durchbrechung der Rechtskraft des früheren Bescheides nur insoweit in Betracht kommt, als für die einzelnen Angelegenheiten je für sich die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens bestanden und deshalb die Wiederaufnahme verfügt wurde. Maßgebend dafür, welche Verfahren betreffend rechtskräftig abgeschlossene Angelegenheiten in einem konkreten Fall wieder aufgenommen wurden, ist der Spruch des Wiederaufnahmebescheides (VwGH 26.01.2006, 2005/16/0256; 05.04.1991, 89/17/0226 (mwN); überdies Stoll, BAO-Kommentar, S. 2958, zum sog. "Bescheidbündel", sowie Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetz I2, E 6 zu § 70 AVG).

Da es sich im vorliegenden Fall hinsichtlich der Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten einerseits (Spruchpunkt I. des ho. Erkenntnisses vom 11.11.2015) sowie der Erklärung einer dauerhaften Unzulässigkeit einer gegen sie gerichteten Rückkehrentscheidung und der damit einhergehende Erteilung eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung" andererseits (Spruchpunkt II. des ho. Erkenntnisses vom 11.11.2015) um inhaltlich trennbare Spruchpunkte handelt und überdies der in der nunmehr geänderten Staatsangehörigkeit ihrer Tochter gelegene Wiederaufnahmegrund auch keinerlei Entscheidungsrelevanz hinsichtlich der Frage der Gewährung von internationalem Schutz für die Beschwerdeführerin entfaltet, ist im Lichte der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur und Lehre gegenständlich auch eine Wiederaufnahme nur im Umfang des zweiten Spruchpunktes - betreffend das Verfahren hinsichtlich der Erlassung einer gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Rückkehrentscheidung - als zulässig zu erachten.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein "Erschleichen" eines Bescheides vor, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind, wobei Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist. Dabei muss die Behörde auf die Angaben der Partei angewiesen sein und eine solche Lage bestehen, dass ihr nicht zugemutet werden kann, von Amts wegen noch weitere, der Feststellung der Richtigkeit der Angaben dienliche Erhebungen zu pflegen. Wenn es die Behörde verabsäumt, von den ihr im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offenstehenden Möglichkeiten Gebrauch zu machen, schließt dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG zu werten (VwGH 29.01.2004, 2001/20/0346, 13.12.2005, 2003/01/0184, 08.06.2006, 2004/01/0470).

Mit Irreführungsabsicht hat die Partei dann gehandelt, wenn sie vorsätzlich, also wider besseren Wissens, falsche Angaben gemacht oder entscheidungsrelevante Umstände verschwiegen hat (VwGH 25.4.1995, 94/20/0779) und damit das Ziel verfolgte, daraus einen (vielleicht) sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen (VwGH 10.09.2003, 2003/18/062; 29.01.2004, 2001/20/0346; 08.06.2006, 2004/01/0470). Die Behörde hat aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen in freier Beweiswürdigung auf das eventuelle Vorliegen einer solchen Absicht zu schließen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69 Rz 14).

Der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat nach herrschender Ansicht absoluten Charakter; es kommt nicht darauf an, ob ohne das verpönte Verhalten voraussichtlich ein anders lautender Bescheid ergangen wäre (VwGH 08.06.2006, 2004/01/0470; vgl. auch VwGH 25.09.1990, Zl. 86/07/0071, VwGH 6.11.1972, 1915/70; siehe weiters Hengstschläger/Leeb, AVG, § 69 Rz 27). Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts hat die Bewilligung bzw. Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht allein die Zulässigkeit einer neuerlichen Entscheidung der schon einmal entschiedenen Sache zur Folge, sondern darüber hinaus auch die Aufhebung der seinerzeitigen Entscheidung (VwGH 21.11.2002, 2001/07/0027). Der das vorangegangene, das Verwaltungsverfahren abschließende Bescheid tritt bereits im Zeitpunkt der Erlassung (Zustellung) der Bewilligung (Verfügung) der Wiederaufnahme des Verfahrens außer Kraft (VwGH 23.03.1977, 1341/75 [verstärkter Senat], VwGH 13.11.1986, 86/08/0163, VwGH 17.11.1995, 93/08/0114).

Im gegenständlichen Fall ist evident, dass die Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht objektiv unrichtige Angaben hinsichtlich der Vaterschaft sowie der daraus abgeleiteten Staatsangehörigkeit ihrer Tochter tätigte, um daraus einen Vorteil zu ziehen (konkret: einen Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" in Österreich zu erlangen). Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich in seinem Erkenntnis vom 11.11.2015 auf den vermeintlichen Umstand, dass es sich bei der Tochter der Beschwerdeführerin um eine österreichische Staatsbürgerin handeln würde. Die Frage ihrer Staatsangehörigkeit war daher im Hinblick auf die Erklärung einer dauerhaften Unzulässigkeit einer gegen die Beschwerdeführerin gerichteten Rückkehrentscheidung und der damit einhergehenden Erteilung eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung" entscheidungsrelevant.

Die Beschwerdeführerin reiste am 21.12.2014 im Bundesgebiet sein. Ihre Tochter wurde bereits am XXXX2015 in Österreich geboren und handelte es sich hierbei laut Angaben der Beschwerdeführerin um keine Frühgeburt. Ihre Behauptung, bei dem Kindesvater habe es sich um einen (zunächst die Vaterschaft auch anerkennenden) österreichischen Staatsbürger gehandelt, welchen sie erst im Bundesgebiet - und somit frühestens Ende Dezember 2014 - kennengelernt habe, ist somit nicht mit dem allseits unbestrittenen Geburtsdatum ihrer Tochter in Einklang zu bringen.

Aufgrund der objektiv unrichtigen Angaben kann somit von einer Irreführungsabsicht der Beschwerdeführerin ausgegangen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht nimmt daher das mit Erkenntnis vom 11.11.2015 rechtskräftig abgeschlossene Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz im Umfang des Spruchpunktes II., mit welchem der Beschwerde in Bezug auf Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides vom 16.10.2015, Zl. XXXXstattgegeben, eine Rückkehrentscheidung in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria auf Dauer für unzulässig erklärt und der Beschwerdeführerin der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt worden war, gemäß § 32 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 VwGVG von Amts wegen wieder auf.

Mit Erlassung des gegenständlichen Beschlusses tritt das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.11.2015, Zl. I403 2116525-1/5E im Umfang von Spruchpunkt II. ex tunc außer Kraft (vgl. Hengstschläger-Leeb, AVG § 70 AVG Rz 6).

Da die Sachlage wie dargestellt aufgrund der Aktenlage als geklärt erscheint, konnte eine mündliche Erörterung anlässlich der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aberkennungsverfahren amtswegige Wiederaufnahme Aufenthaltsberechtigung Aufenthaltstitel Außerkrafttreten Erschleichen ex tunc Irreführung Kausalzusammenhang österreichische Staatsbürgerschaft Rechtskraft der Entscheidung Staatsangehörigkeit unrichtige Angaben Vaterschaft Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2116525.2.00

Im RIS seit

08.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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