Entscheidungsdatum
10.06.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W277 2166217-1/34E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. ESCHLBÖCK, MBA über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die XXXX , gegen den Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , XXXX , nach Durchführung mündlicher Verhandlungen am XXXX und XXXX , zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Absatz 1 Asylgesetz 2005 der Status einer Asylberechtigten zuerkannt.
II. Gemäß § 3 Absatz 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge BF), eine Staatsangehörige Somalias, reiste illegal in das Bundesgebiet ein, stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, dass ihr Vater sie im Alter von XXXX gegen Bezahlung an einen „alten Mann“ zwangsverheiratet hätte. Sie sei die Zweitfrau dieses Mannes gewesen. Er hätte sie misshandelt und geschlagen. Ihre Verwandten hätten für sie einen Schlepper gesucht und sie wäre geflüchtet.
2. Die BF wurde am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) niederschriftlich einvernommen.
3. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , wurde ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Status als subsidiär Schutzberechtigte wurde zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt (Spruchpunkt III.).
Der Beweiswürdigung zu Spruchpunkt I. ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass die Angaben der BF bezüglich ihres Fluchtvorbringens nicht glaubhaft seien.
3.1. Das BFA stellte der BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.
4. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF, vertreten durch den XXXX , binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.
5. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF, vertreten durch die XXXX , binnen offener Frist eine weitere Beschwerde und brachte hinsichtlich ihrer Einvernahme vor dem BFA am XXXX einen Verstoß gegen § 20 AsylG 2005 vor, da ihr Fluchtvorbringen betreffend eine Zwangsverheiratung einen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung darstelle und sie vor einer weiblichen Organwalterin und unter Beiziehung einer Dolmetscherin desselben Geschlechts befragt hätte werden müssen. Aufgrund aufrechter Vollmacht zur XXXX und des Einbringens der Beschwerde durch XXXX in Unkenntnis der BF wurde weiters beantragt, die Beschwerde vom XXXX als obsolet zu betrachten.
6. Mit Beschwerdevorlage vom XXXX legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.
7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX wurde der Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides aufgehoben und die Angelegenheit nach § 28 Abs. 3 VwGVG zur neuerlichen Befragung und Erlassung eines Bescheides auf dieser Grundlage an das BFA zurückverwiesen.
8. Die BF wurde am XXXX bezüglich ihres Asylantrages erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Zu ihren Fluchtgründen gab sie im Wesentlichen an, dass diese immer noch aktuell seien.
Im Rahmen der Einvernahme legte die BF eine XXXX - und XXXX an einem XXXX vor.
9. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , XXXX , wurde ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten erneut abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Beweiswürdigung zu Spruchpunkt I. ist zu entnehmen, dass die Angaben der BF bezüglich ihres Fluchtvorbringens nicht glaubhaft seien.
9.1. Das BFA stellte der BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.
10. Mit Schriftsatz vom XXXX erhob die BF gegen den Bescheid vom XXXX vertreten durch die XXXX , das Rechtsmittel der Beschwerde.
11. Mit Beschwerdevorlage vom XXXX legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem BVwG vor.
12. Mit Schriftsatz vom XXXX brachte die BFV eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen zur Situation in Somalia ein und brachte darin im Wesentlichen vor, dass der BF im Falle einer Rückkehr kein staatlicher Schutz vor einer Zwangsheirat bzw. vor der Familie oder der Terrormiliz al-Shabaab zur Verfügung stehe.
13. Das Bundesverwaltungsgericht führte am XXXX eine öffentliche, mündliche Verhandlung unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Somali durch, an welcher die BF sowie ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Das BFA verzichtete vorab mit Schreiben vom XXXX auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und ist folglich nicht erschienen. Die BF wurde ausdrücklich zu ihrer Person und den Fluchtgründen befragt, und es wurde ihr Gelegenheit gegeben, ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen sowie zu den im Rahmen der Verhandlung in das Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen. XXXX .
14. Am XXXX führte das BVwG eine weitere, mündliche und öffentliche Verhandlung unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Somali durch, an welcher die BF teilnahm. Die Rechtsvertretung ist unangekündigt nicht erschienen. Die BF gab ausdrücklich an, dass sie auf die Teilnahme ihrer rechtsfreundlichen Vertretung bei der Verhandlung verzichte. Das BFA verzichtete vorab mit Schreiben vom XXXX auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und ist folglich nicht erschienen.
15. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX wurde XXXX zur Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Frauenheilkunde und Geburtenhilfe zur Erstellung eines schriftlichen Gutachtens bestellt. Die seitens der BF vorgelegten Befunde wurden der Sachverständigen zur schriftlichen Gesamtbeurteilung vorgelegt und ihr aufgetragen die BF hinsichtlich einer erfolgten Beschneidung der BF, einer stattgefundenen Geburt sowie das Vorliegen einer nachträglichen Vernähung im Intimbereich zu untersuchen.
15.1. Am XXXX erfolgte die Vorlage von Unterlagen betreffend einer XXXX im Intimbereich der BF am XXXX .
15.2. Dem schriftlichen Gutachten von XXXX vom XXXX ist zusammenfassend zu entnehmen, dass die BF beschnitten wurde (Typ III Beschneidung). Unzweifelhaft hätte die BF bereits ein Kind geboren und sei nach der Geburt vernäht worden.
15.3. Am XXXX wurde das Sachverständigengutachten vom XXXX im Zuge eines Parteiengehörs der rechtsfreundlichen Vertretung sowie dem BFA übermittelt und eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gewährt.
15.4. Mit Schriftsatz vom XXXX erfolgte eine Stellungnahme der BF. Auf Seite 3 des medizinischen Gutachtens ergäbe sich eine Ungereimtheit aufgrund eines Missverständnisses betreffend ob die BF ihr Kind „zu Hause“ geboren hätte. Die BF wäre seitens der Gutachterin gefragt worden sei, ob sie das Kind im Krankenhaus zur Welt gebracht hätte, welches sie verneint hätte. Dem Umkehrschluss folgend, hätte die Gutachterin fälschlicherweise daraus geschlossen, die Geburt sei „zu Hause“ erfolgt. Dies sei jedoch unzutreffend, da die BF ihr Kind während ihrer Gefangenschaft geboren hätte.
Des Weiteren wurden eine Ambulanzkarte und ein Patientenbrief betreffend die Operation am XXXX nachgereicht.
16. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , Zl. XXXX wurde XXXX zum Sachverständigen auf dem Fachgebiet der Sprachanalyse/Sprachermittlung zur Feststellung des Herkunftsorts der BF bestellt. Sämtliche durch das BFA vorgelegten Unterlagen wurden dem Sachverständigen zur schriftlichen Gesamtbeurteilung vorgelegt und weiters aufgetragen zu beantworten, ob die BF aus XXXX stammt und wenn nicht, woher sie sonst stamme.
16.1. Dem Gutachten vom XXXX ist im Wesentlichen zusammenfassend zu entnehmen, dass die BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Süden Somalias im Sprachgebiet der XXXX -Dialekte hauptsozialisiert wurde, zu welchem auch die Stadt bzw. der Bezirk XXXX in der somalischen Region XXXX gehören. Auch eine gesicherte Zuordnung des Dialekts der BF auf die Region XXXX sei nicht möglich. Der Sachverständige konnte keine dezidierte Aussage treffen, ob die BF in XXXX hauptsozialisiert wurde. Er könne dies weder feststellen, noch ausschließen.
16.2. Im Zuge eines Parteiengehörs wurde am XXXX das Sachverständigengutachten vom XXXX der rechtsfreundlichen Vertretung der BF sowie dem BFA übermittelt und eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gewährt.
16.3. Mit Schriftsatz vom XXXX erfolgte hierzu Stellungnahme der BF.
17. Das Bundesverwaltungsgericht führte Strafregisterabfragen durch. Es scheint keine Verurteilung auf.
II. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich daraus wie folgt:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person der BF
1.1.1. Die BF ist eine volljährige, somalische Staatsbürgerin sunnitisch-muslimischen Glaubens. Sie wurde in Somalia geboren und ist dem Clan der XXXX zugehörig.
1.1.2. Vor ihrer Ausreise hat die BF in XXXX gelebt.
1.1.3. Die BF hat in ihrem Heimatstaat XXXX lang eine Privatschule besucht. Sie hat im Herkunftsstaat keine Berufsausbildung absolviert und ist ebendort keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen.
1.1.4. Die Mutter der BF ist XXXX verstorben.
Die BF hat vor ihrer Ausreise mit ihrem Vater, dessen Zweitfrau, ihren Geschwistern XXXX im gemeinsamen Haushalt gelebt.
Ihr Vater, die zweite Frau des Vaters, fünf Schwestern, XXXX ein Onkel und drei Tanten väterlicherseits sowie eine Tante mütterlicherseits leben im Herkunftsstaat.
Die BF hat seit ihrer Ausreise zu keinem Mitglied ihrer Familie Kontakt.
Sie hat im Herkunftsstaat ein Kind geboren.
1.1.5. Die BF ist gesund.
1.1.6. Sie ist im Bundesgebiet strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zum Fluchtvorbringen der BF
Die BF ist aufgrund der Geburt eines unehelichen Kindes einer konkreten, asylrelevanten Bedrohung und Verfolgung durch ihren Vater im Herkunftsstaat Somalia ausgesetzt.
Eine asylrelevante Verfolgung XXXX oder aus sonstigen Gründen liegt nicht vor.
1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
Aus den ins Verfahren eingeführten und im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17.09.2019 (in der Folge: LIB 2019) zitierten Länderberichten zur Lage in Somalia sowie dem Bericht des Informationszentrums Asyl- und Migration - Minderheiten in Somalia aus XXXX ergibt sich entscheidungsrelevant Folgendes:
1.3.1. Bevölkerungsstruktur
Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird (SEM - Staatssekretariat für Migration (Schweiz) (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minderheiten). Dieses Identifikationsmerkmal bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019b): Somalia – Innenpolitik).
1.3.2. Clan der XXXX
XXXX und XXXX werden als religiöse Clans bezeichnet. Die XXXX beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten. Sie werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Ein Teil der XXXX lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil-Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview, S. S.46f/103).
Kennzeichen der Gruppe ist ihre Religiosität. Sie sind vor allem im urbanen Umfeld vertreten, hauptsächlich in großen Städten des Benadir . Der Status von Angehörigen der Ashraf ist äußerst vielfältig: Einerseits haben sich Ashraf im Hinterland unterschiedlichen Clans zum Schutz angeschlossen. Andererseits zählen sie in ihren Hauptsiedlungsgebieten zu den städtischen Minderheiten.“ (Informationszentrum Asyl- und Migration - Minderheiten in Somalia XXXX
1.3.3. Frauen
Die Verfassung verbietet die Diskriminierung von Frauen (USDOS 13.3.2019, S.30). Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär (AA 4.3.2019, S.14). Frauen werden in der somalischen Gesellschaft, in der Politik und in den Rechtssystemen systematisch Männern untergeordnet (LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (16.4.2019): Somalia – Kvinnlig könsstympning, S.10). Sie genießen nicht die gleichen Rechte wie Männer und werden systematisch benachteiligt. Frauen leiden unter Diskriminierung bei Kreditvergabe, Bildung, Politik und Unterbringung. Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Scharia wird ausschließlich von Männern angewendet, die oftmals zugunsten von Männern entscheiden (USDOS 13.3.2019, S.30f).
Auch wenn Gewalt gegen Frauen laut Verfassung verboten ist (USDOS 13.3.2019, S.29), bleiben häusliche (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. AA 4.3.2019, S.14; FIS - Finnish Immigration Service (Finnland) (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, S.33) und sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem. Bezüglich Gewalt in der Ehe – darunter auch Vergewaltigung – gibt es keine speziellen Gesetze (USDOS 13.3.2019, S.29).
Vergewaltigung ist zwar gesetzlich verboten (AA 4.3.2019, S.14), die Strafandrohung beträgt 5-15 Jahre, vor Militärgerichten auch den Tod (USDOS 13.3.2019, S.29). Ein neues, progressives „Sexual Offences Bill“ wurde im Mai 2018 von der Regierung verabschiedet, allerdings danach vom Parlament noch nicht beschlossen (HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Somalia; vgl. NLMBZ 3.2019, S.45; ICG 27.6.2019, S.3). Das Gesetz steht weiterhin in der Kritik – v.a. seitens religiöser Führer (UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somalia, S.14).
Die Regierung tut wenig, um sich des Problems der sexuellen Gewalt anzunehmen (ICG 27.6.2019, S.3). Bestehende Gesetze werden nicht effektiv durchgesetzt (USDOS 13.3.2019, S.29). Es gibt de facto keinen Rechtsschutz gegen Vergewaltigung (FIS 5.10.2018, S.32). Generell herrscht Straflosigkeit (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. TE - The Elephant / Rasna Warah (11.3.2019): The Invisible Clan: Is Somalia Ready for a Women’s Revolution?), Strafverfolgung oder Verurteilungen wegen Vergewaltigung oder anderer Formen sexueller Gewalt sind rar (AA 4.3.2019, S.14). Dabei werden Vergewaltigungen ohnehin nur selten der formellen Justiz zugeführt (USDOS 13.3.2019, S.29), denn sexuelle Gewalt ist ein Tabu-Thema, weswegen viele Opfer nicht darüber sprechen (DI - Development Initiatives (6.2019): Towards an improved understanding of vulnerability and resilience in Somalia, S.9). Außerdem leiden Vergewaltigungsopfer an Stigmatisierung (USDOS 13.3.2019, S.29; vgl. FIS 5.10.2018, S.33). Meldet eine Person sexuelle Gewalt, dann ist es wahrscheinlicher, dass diese Person wegen Verleumdung verhaftet wird, als dass der eigentliche Täter belangt wird (NLMBZ 3.2019, S.45). Opfer, die sich an Behörden wenden, werden oft angefeindet; in manchen Fällen sogar getötet (TE 11.3.2019). Zudem untersucht die Polizei Fälle sexueller Gewalt nur zögerlich; manchmal verlangt sie von den Opfern, die Untersuchungen zu ihrem eigenen Fall selbst zu tätigen (USDOS 13.3.2019, S.29).
So hat sich aufgrund von Anarchie und Gesetzlosigkeit seit 1991 eine Kultur der Gewalt etabliert, in welcher Männer Frauen ungestraft vergewaltigen können (TE 11.3.2019). Es mangelt an staatlicher Autorität, wirksamer Schutz gegen solche Übergriffe ist – insbesondere in IDP-Lagern – bisher nicht gewährleistet. Frauen und Mädchen bleiben daher den Gefahren bezüglich Vergewaltigung, Verschleppung und systematischer sexueller Versklavung ausgesetzt (AA 4.3.2019, S.14).
Positiv zu erwähnen ist, dass die Bundesregierung und Regionalbehörden Maßnahmen getroffen und Gesetze verbessert haben, um die Strafverfolgung bei Fällen sexueller Gewalt zu stärken (HRW 17.1.2019). Außerdem kommt es zu Ausbildungsmaßnahmen. So wurden etwa dutzende Soldaten und Polizisten in Baidoa, Belet Weyne und Kismayo hinsichtlich konfliktbezogener sexueller Gewalt und den damit verbundenen Menschenrechten weitergebildet; ähnliches ist für Mogadischu geplant (AMISOM (3.3.2019): Somali Security officers trained on tackling conflict-related sexual violence). Auch für Polizisten und Polizistinnen gibt es derartige Ausbildungen (UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (3.2019): New Policing Model Newsletter, Edition 24, S.2). Bei der Armee wurden einige Soldaten wegen des Vorwurfs von Vergewaltigung verhaftet (USDOS 13.3.2019, S.29).
Sexuelle Gewalt - Unterstützung: Für Opfer sexueller Gewalt gibt es von UN-Agenturen oder nationalen und internationalen NGOs organisierte Zufluchtsstätten. Angeboten werden medizinische und psycho-soziale Unterstützung, Rechtsberatung und materielle Unterstützung sowie Schutzunterkünfte (UNFPA - United Nations Population Fund / Somalia GBV Sub-Cluster (8.2018): Somalia GBV Sub-Cluster Bulletin - April to June 2018, S.2).
In den von ihr kontrollierten Gebieten gelingt es al Shabaab, Frauen und Mädchen ein gewisses Maß an physischem Schutz zukommen zu lassen. Die Gruppe interveniert z.B. in Fällen häuslicher Gewalt (ICG - International Crisis Group (27.6.2019): Women and Al-Shabaab’s Insurgency, S.2/6). Es sind Fälle bekannt, wo sich vergewaltigte Frauen an Gerichte der al Shabaab gewendet haben (FIS - Finnish Immigration Service (Finnland) (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, S.33). Al Shabaab hat Vergewaltiger – mitunter zum Tode – verurteilt (USDOS 13.3.2019, S.14; vgl. ICG 27.6.2019, S.6). Dies ist auch ein Grund dafür, warum es in den Gebieten der al Shabaab nur vergleichsweise selten zu Vergewaltigungen kommt (ICG 27.6.2019, S.6; vgl. DI - Development Initiatives (6.2019): Towards an improved understanding of vulnerability and resilience in Somalia, S.9).
Berichte legen nahe, dass sexualisierte Gewalt von al Shabaab gezielt als Taktik im bewaffneten Konflikt eingesetzt wird (AA 4.3.2019, S.14). Es kommt zu Zwangsehen (USDOS 13.3.2019, S.30), die diesbezügliche Zahl hat in jüngerer Vergangenheit zugenommen (DI 6.2019, S.9). Solche Zwangsehen gibt es nur in den von al Shabaab kontrollierten Gebieten (USDOS 13.3.2019, S.32). Das Ausmaß ist unklar. Manchmal werden die Eltern der Braut bedroht. Zwangsehen der al Shabaab in städtischen Zentren sind nicht bekannt (DIS - Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (3.2017): South and Central Somalia Security Situation, al-Shabaab Presence, and Target Groups. Report based on interviews in Nairobi, Kenya, 3 to 10 December 2016, S.19/25). Nach anderen Angaben werden die meisten Ehen mit Mitgliedern der al Shabaab freiwillig eingegangen (ICG 27.6.2019, S.8; vgl. DIS 3.2017, S.19), auch wenn der Einfluss von Eltern und Clan sowie das geringe Alter bei der Eheschließung nicht geringgeschätzt werden dürfen. Eine solche Ehe bietet der Ehefrau und ihrer Familie ein gewisses Maß an finanzieller Stabilität, selbst Witwen beziehen eine Rente (ICG 27.6.2019, S.8). Demgegenüber stehen Berichte, wonach viele Eltern ihre Töchter in Städte gebracht haben, um sie vor dem Zugriff durch al Shabaab in Sicherheit zu bringen (DI 6.2019, S.9).
Bei Eheschließungen gilt das Scharia-Recht. Polygamie ist somit erlaubt, ebenso die Ehescheidung (ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia, S.11; vgl. LI - Landinfo (Norwegen) (14.6.2018): Somalia: Marriage and divorce, S.16/18f). Es gibt keine Zivilehe (LI 14.6.2018, S.7). Eine Ehe gilt erst dann als rechtskräftig, wenn sie vollzogen worden ist. Von daher gibt es zwar die Möglichkeit, einen Ehevertrag durch einen Stellvertreter abzuschließen; jedoch wird der Vertrag erst bei „Konsumation“ (=Geschlechtsverkehr) formell rechtsgültig (LI 14.6.2018, S.16).
Die Ehe ist extrem wichtig, und es ist in der somalischen Gesellschaft geradezu undenkbar, dass eine junge Person unverheiratet bleibt. Gleichzeitig besteht gegenüber der Braut die gesellschaftliche Erwartung, dass sie bei ihrer ersten Eheschließung Jungfrau ist (LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (16.4.2019): Somalia – Kvinnlig könsstympning, S.38). Gerade bei der ersten Ehe ist die arrangierte Ehe die Norm (LI 14.6.2018, S.8f). Eheschließungen über Clangrenzen [Anm.: großer bzw. „nobler“ Clans] hinweg sind normal (FIS 5.10.2018, S.26f).
Gemäß somalischem Zivilrecht ist für eine Eheschließung ein Mindestalter von 15 Jahren vorgesehen. Eine geplante Anhebung auf 18 Jahre scheitert bisher an der Geistlichkeit (ICG 27.6.2019, S.8). Scharia und Tradition nehmen eine Heiratsfähigkeit bei Erreichen der Pubertät an (LI 14.6.2018, S.7). Laut Übergangsverfassung sollen beide Ehepartner das „age of maturity“ erreicht haben; als Kinder werden Personen unter 18 Jahren definiert. Außerdem sieht die Verfassung vor, dass beide Ehepartner einer Eheschließung freiwillig zustimmen müssen (USDOS 13.3.2019, S.32). Trotzdem ist die Kinderehe verbreitet (USDOS 13.3.2019, S.32; vgl. FH - Freedom House (5.6.2019b): Freedom in the World 2019 - Somalia, G3) – gerade in ärmeren, ländlichen Gebieten (ICG 27.6.2019, S.8; vgl. FIS 5.10.2018, S.27; vgl. LI 14.6.2018, S.7). Oft werden Mädchen zwischen 10 und 16 Jahren verheiratet, wobei die Eheschließung von den Eltern schon sehr früh vereinbart wird. Die eigentliche Hochzeit erfolgt, wenn das Mädchen die Pubertät erreicht (FIS 5.10.2018, S.27). Bei einer Umfrage im Jahr 2017 gaben ca. 60% der Befragten an, dass eine Eheschließung für Mädchen unter 18 Jahren kein Problem ist (AV - Africa’s Voices (2017): Beliefs and practices of Somali citizens related to child protection and gender, S.33).
Der Übergang von arrangierter zur Zwangsehe ist fließend. Bei ersterer liegt die mehr oder weniger explizite Zustimmung beider Eheleute vor, wobei hier ein unterschiedliches Maß an Druck ausgeübt wird. Bei der Zwangsehe hingegen fehlt die Zustimmung gänzlich oder nahezu gänzlich (LI 14.6.2018, S.9f). Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 4.3.2019, S.14f). Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 gibt eine von fünf Frauen an, zur Ehe gezwungen worden zu sein; viele von ihnen waren bei der Eheschließung keine 15 Jahre alt (LIFOS 16.4.2019, S.10). Es gibt keine bekannten Akzente der Bundesregierung oder regionaler Behörden, um dagegen vorzugehen. Außerdem gibt es kein Mindestalter für einvernehmlichen Geschlechtsverkehr (USDOS 13.3.2019, S.32). Gegen Frauen, die sich weigern, einen von der Familie gewählten Partner zu ehelichen, wird mitunter auch Gewalt angewendet. Das Ausmaß ist unklar, Ehrenmorde haben diesbezüglich in Somalia aber keine Tradition. Vielmehr können jene, die mit traditionellen Normen brechen, den Schutz und die Unterstützung durch Familie und Clan verlieren (LI 14.6.2018, S.10).
Bereits eine Quelle aus dem Jahr 2004 besagt, dass sich die Tradition gewandelt hat, und viele Ehen ohne Einbindung, Wissen oder Zustimmung der Eltern geschlossen werden (LI 14.6.2018, S.9f). Viele junge Somali akzeptieren arrangierte Ehen nicht mehr (LIFOS 16.4.2019, S.11). Gerade in Städten ist es zunehmend möglich, den Ehepartner selbst zu wählen (LIFOS 16.4.2019, S.11; vgl. LI 14.6.2018, S.8f). In der Hauptstadt ist es nicht unüblich, dass es zu – freilich oft im Vorfeld mit den Familien abgesprochenen – Liebesehen kommt (LI 14.6.2018, S.8f). Dort sind arrangierte Ehen eher unüblich. Zusätzlich gibt es auch die Tradition der „runaway marriages“, bei welcher die Eheschließung ohne Wissen und Zustimmung der Eltern erfolgt (FIS 5.10.2018, S.26f). Diese Art der Eheschließung ist in den vergangenen Jahren immer verbreiteter in Anspruch genommen worden (LI 14.6.2018, S.11). Gemäß einer Schätzung konnten sich die Eheleute in 80% der Fälle ihren Partner selbst aussuchen bzw. bei der Entscheidung mitreden (FIS 5.10.2018, S.26f).
In Somalia gibt es keine Tradition sogenannter Ehrenmorde im Sinne einer akzeptierten Tötung von Frauen, welche bestimmte soziale Normen überschritten haben – z.B. Geburt eines unehelichen Kindes (LI 14.6.2018, S.10). Ein uneheliches Kind wird allerdings als Schande für die ganze Familie der Frau erachtet. Mutter und Kind werden stigmatisiert, im schlimmsten Fall werden sie von der Familie verstoßen (FIS 5.10.2018, S.27; vgl LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (1.6.2017): Women in Somalia – Pregnancies and Children out of Wedlock, S.8ff).
1.3.4. Uneheliche Schwangerschaft in Somalia
Eine somalische Frau, welche unehelich schwanger wird, unterliegt schwerer Stigmatisierung. Sie wird mit großer Wahrscheinlichkeit von ihrer Familie abgelehnt werden und keinen Schutz und Unterstützung durch den Clan erfahren. Die unehelichen Kinder leiden ebenso unter Stigmatisierung ( LIFOS 01.06.2017 , S. 4). Da im somalischen Clansystem fast jeder den Anderen kennt wäre es schwierig, einen solchen Hintergrund zu verbergen ( LIFOS 01.06.2017 , S. 15).
Bei Schwangerschaft einer unverheirateten Frau wird dies von der Familie und der Gesellschaft als Verrat gegen die Ehre der Familie angesehen. Die Position und der Respekt dieser Frau in der Gesellschaft werden schwer beschädigt. Die männlichen Verwandten könnten sich unter Anwendung von Gewalt gegen diese Frau wenden, üblicher ist es jedoch, dass sie verstoßen wird. Eine vom Clan verstoßene Frau genießt keinen Clanschutz. Möglich ist es jedoch auch, dass sie mit ihrer Familie weiterlebt, wenn sie dies akzeptieren, obwohl dies für sie nicht die gleiche Sicherheit wie ein Clanschutz bedeutet ( LIFOS 01.06.2017 , S. 14).
2. Beweiswürdigung
2.1. Zur Person der BF
2.1.1. Die Identität der BF konnte mangels Vorlage von Dokumenten nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich Namen und Geburtsdatum der BF Verfahrensidentität vorliegt (AS 1, AS 83, AS 313 sowie Niederschrift der ersten, mündlichen Verhandlung; in der Folge: 1./ NSV S. 7).
Die Feststellungen bezüglich ihrer Staats- und Religionszugehörigkeit sowie ihrer somalischen Herkunft ergeben sich aus ihren insoweit glaubhaften Angaben in den bisherigen Befragungen sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG bzw. ihren Kenntnissen der somalischen Sprache. Gleichermaßen verhält es sich betreffend die Angabe der Clanzugehörigkeit zu den XXXX , die auch im Bescheid des BFA festgestellt wurde (AS 1, AS 83, AS 315, 1./ NSV S. 8, Bescheid S. 37).
2.1.2. In ihrer Erstbefragung gab die BF an, XXXX lang in XXXX die Schule besucht zu haben (AS 1). Beim BFA und vor dem BVwG gab sie an aus XXXX zu stammen und ausschließlich ebendort gelebt zu haben (AS 315, 1./ NSV S. 7, 2./ NSV S. 11). In der mündlichen Verhandlung ergaben sich dahingehende Zweifel, da sie nur vage und unpräzise Angaben zu XXXX und dem Bezirk XXXX machen konnte. So konnte sie weder die Umgebung beschreiben, noch markante Gebäude bzw. die nächstgelegenen Ortschaften nennen (1./ NSV S. 8, 9, 10).
Es wurde daher ein Sprachermittler mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Der Sachverständige, XXXX , konnte im Ergebnis zwar feststellen, dass die BF mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Süden Somalias hauptsozialisiert wurde, jedoch nicht, ob sie aus XXXX bzw. aus XXXX stamme. Eine Hauptsozialisierung in XXXX sei weder feststellbar, noch ausschließbar (S. 55 f./ Gutachten). Zumal das BFA feststellte, dass die BF aus XXXX stamme (S. 37 des belangten Bescheides) ist in einer Gesamtbetrachtung und vor dem Hintergrund des Gutachtens, welches beinhaltet, dass sie den ortsüblichen Dialekt zum Teil beherrscht, davon auszugehen, dass die BF vor ihrer Ausreise zumindest eine Zeit lang ebendort gelebt hat.
2.1.3. Dass die BF XXXX lang eine Privatschule im Herkunftsstaat besucht hat, ist ihren konstanten Angaben im Verfahren zu entnehmen (AS 1, AS 101, AS 315, 1./ NSV S. 8). Ebenso verhält es sich zu ihren Angaben über keine Berufsausbildung zu verfügen und im Herkunftsstaat keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen zu sein (AS 1, AS 315, 1./ NSV S. 16).
2.1.4. Dass die Mutter der BF im XXXX in Folge einer Krankheit verstorben ist, ist aufgrund ihrer diesbezüglichen Schilderungen glaubhaft (AS 85, 2./ NSV S. 9 und 10).
Ebenso verhält es sich zu ihren Angaben, dass sie vor ihrer Ausreise mit ihrem Vater, dessen Zweitfrau, ihren Geschwistern und den XXXX in einem gemeinsamen Haushalt (AS 313 und 315, 1./ NSV S. 10) sowie in einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zum Vater gelebt hat (AS 315, AS 325).
Die Angaben zu ihren, damaligen Lebensumständen mit ihren fünf Schwestern sowie den XXXX (AS 5, AS 85, 1./NSV S. 10 und 11, 2./ NSV S. 9) zur damalig prekären, häuslichen Situation (1./ NSV S. 30, 2./ NSV S. 9 und 10) sind glaubhaft. Der von ihr angegebene Widerspruch, mit den XXXX in einem Haus gelebt zu haben, diese jedoch „nie gesehen“ zu haben, klärte sich nachvollziehbar als Redewendung vor dem Hintergrund ihrer Angaben, ihre „ XXXX “ nicht als ihre Geschwister anzuerkennen und mit diesen keine Bindung haben zu wollen (1./NSV S. 10 und 30).
Glaubhaft ist auch, dass sich ihre persönliche Situation nach dem Tod ihrer Mutter sowie das Verhältnis zu ihrem Vater nach seiner zweiten Ehe verschlechterte (1./ NSV S.11), sowie dieser und die Zweitfrau des Vaters ihre Anwesenheit im gemeinsamen Haushalt nicht guthießen, sie diskriminierten sowie schlecht behandelten (2./ NSV S.9 f.). Es haben sich keine Hinweise ergeben, an ihren Angaben, dass der Vater sie und ihre ältere Schwester misshandelte und diese folglich vor der Familie flüchtete (2./NSV S.10), zu zweifeln. Ebenso verhält es sich zu ihren Angaben aktuell keinen Kontakt zu ihren Familienmitgliedern zu haben (AS 85, AS 99, AS 323, 1./ NSV S. 13). Dass sie davon ausgeht, dass ihr Vater mit ihren restlichen Geschwistern weiterhin im Herkunftsstaat lebt, ist nachvollziehbar (AS 5, AS 85, AS 323, 1./ NSV S. 10 und 11, 2./ NSV S. 9).
Dass die BF ein Kind geboren hat, gilt aufgrund des Gutachtens von XXXX als erwiesen. Ebenso verhält es sich zu ihren Angaben betreffend eine Beschneidung (Typ III) bzw. einer nach der Geburt vorgenommenen Vernähung (S. 5 des Gutachtens).
2.1.5. Die BF hat sich am XXXX einer Operation XXXX unterzogen. Die BF ist gesund. Eine akut, lebensbedrohliche Erkrankung liegt nicht vor und hat die BF auch nicht behauptet (AS 83, AS 313, AS 315, 1. NSV S. 6, 2. NSV S. 5).
2.1.6. Die Feststellung, dass die BF strafrechtlich unbescholten ist dem aktuellen Strafregisterauszug zu entnehmen.
2.2. Zum Fluchtvorbringen
Die Feststellung, dass die BF einer konkreten, asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung im Herkunftsstaat Somalia ausgesetzt ist, ergibt sich daraus, dass ihr Vorbringen überwiegend nachvollziehbar und sie somit glaubwürdig war.
Ihre Schilderungen betreffend das schwierige Verhältnis zum Vater und dessen Zweitfrau (1./ NSV S.11), der geplanten Zwangsverheiratung mit einem älteren Mann sowie der Geburt ihres unehelichen Kindes und des daraus resultierenden Ausschlusses aus ihrem Familienverband und der Morddrohungen ihres Vaters waren glaubhaft und aus ihren Schilderungen nachvollziehbar.
2.2.1. Die Angaben der BF betreffend die Zwangsverheiratung im Herkunftsstaat waren im gesamten Verfahren stringent (AS 9, AS 85, AS 91, AS 317, AS 327, 1./ NSV S. 15). Vor dem Hintergrund ihrer familiären Situation und der fehlenden Nahebeziehung zu ihrem Vater (1./ NSV 10, 23, 26) sind ihre Angaben, dass dieser gegen Bezahlung ihre Verehelichung mit einem älteren Mann zugesagt hat (AS 9, AS 85, AS 91, NSV S. 15) glaubhaft, zumal sie nach der Flucht ihrer Schwester von dem Elternhaus (1./NSV 13 sowie 2./ NSV, S. 10) das älteste Kind des Vaters war (2. NSV S. 9 und 10).
Es ergaben sich keine Hinweise an ihren Angaben betreffend eine außereheliche Beziehung zu einem anderen Mann namens XXXX (AS 85, AS 317, 1./NSV S. 12), welchen sie in der Privatschule kennengelernt hätte, zu zweifeln (AS 93 und 1./ NSV S. 12). Ebenso verhält es sich zu ihren Angaben, dass er geflüchtet sei, weil der Mann der BF ihn bedroht hätte (AS 97, AS 327, 1. NSV S. 27).
2.2.2. Ihre Angaben betreffend ihre behauptete Verurteilung, ihre Verhaftung und ihre Flucht aus dem Gefängnis im Herkunftsstaat, der Geburt eines Kindes in Gefangenschaft sowie eine aktuell bestehende Bedrohungs- und Verfolgungsgefahr durch die al Shabaab sind nicht glaubhaft.
Vor dem BFA führte die BF zunächst an, dass sie vor ihrem Mann weggelaufen sei, welcher sie im XXXX aufgrund ihrer Schwangerschaft mit einem anderen Mann bei der al Shabaab angezeigt hätte (AS 97). Sie wäre von einem Gericht zur Steinigung verurteilt (AS 87 und 89) und folglich in Gefangenschaft genommen worden (AS 89).
In ihrer zweiten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA gab sie an, dass ihr Mann ihr zum Haus ihres Freundes gefolgt wäre. Er hätte sie mit Gewalt in sein Haus bringen wollen. Weil sie laut um Hilfe geschrien hätte, wären die al Shabaab aufmerksam geworden und hätten sie und ihren Mann mitgenommen (AS 329).
In der mündlichen Verhandlung gab sie abweichend hierzu an, dass ihr Mann und dessen Tochter sie in deren Haus zurückzuholen wollten (1./ NSV S. 17 und 27). Insgesamt ist hierbei von einer Steigerung des Fluchtvorbringens auszugehen.
Ihre weitere Angabe, dass auch der Chef der al Shabaab XXXX unter den durch das Geschrei aufmerksam gewordenen Männern gewesen wäre (1./ NSV S. 27) ist als zusätzliche Steigerung des Fluchtvorbringens zu werten.
Auch in einer hiervon isolierten Betrachtung sind die Angaben ihrer behaupteten Gefangenschaft sowie Verurteilung zum Tode (AS 85) nicht nachvollziehbar. So konnte sie weder zum Gericht, das sie verurteilt hätte, noch zum Gefängnis konkrete Angaben machen. Sie bezeichnete sowohl den Bezirk, in welchem sich beides befunden hätte, als auch das Gericht mit „ XXXX “ (AS 89, 1. NSV S. 28). Auch das Gefängnis nannte sie „ XXXX “ bzw. „ XXXX “, (AS 331, zur Bedeutung von „ XXXX “ / „Polizeistation“ aus 1./ NSV S. 18). Ihre vagen und pauschal beschriebenen Schilderungen, dass sich das Gefängnis als auch das Gericht in einem Gebäude neben einem Markt befunden hätten (1./ NSV S. 18 und 28), sie vom Gericht zum Gefängnis mit dem Auto gebracht worden wäre (1./ NSV S. 28) und das Gefängnis unter der Leitung der al Shabaab gewesen sein soll (AS 341) ließen erkennen, dass die BF nicht von einer selbst wahrgenommenen Situation und Umgebung berichtete. Auch konnte dieses Gefängnis nach einer Recherche und Aufforderung an die BF, den Standort auf einer aktuellen Ortskarte zu zeigen, nicht gefunden werden (1. NSV S. 18).
Ihre Angaben, an welchem Ort sie ihr Kind geboren hätte, waren ebenso widersprüchlich (AS 89, AS 329, 1. NSV S. 6, S. 17) wie die Schilderungen der zeitlichen Abfolge dieser Gefangenschaft und in keiner von ihr dargestellten Variante nachvollziehbar. Beim BFA gab sie zunächst an, dass sie vom Zeitpunkt ihrer Verurteilung am XXXX bis zum XXXX , dem Tag an welchem sie Geburtswehen bekommen hätte, in Gefangenschaft gewesen sei (AS 89). Sie hätte das Kind am XXXX geboren und Somalia am XXXX verlassen (AS 79). In ihrer zweiten niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA gab sie widersprüchlich dazu an, dass sie von XXXX bis XXXX im Gefängnis gewesen sei und Somalia XXXX nach ihrem Gefängnisaufenthalt verlassen hätte (AS 313). In der gleichen Einvernahme führte sie jedoch auch an, von XXXX im Gefängnis gewesen zu sein (AS 329). In der Beschwerde gab sie an, dass sie die Zeit zwischen der Geburt ihres Sohnes am XXXX und ihrer darauffolgenden Ausreise am XXXX erneut im Gefängnis verbracht hätte (S. 5 der Beschwerde).
In der mündlichen Verhandlung erzählte sie, von XXXX bis XXXX im Gefängnis gewesen zu sein (1. NSV S. 17). Dies steht jedoch im Widerspruch zu ihren Angaben, dass ihr Mann sie XXXX bei der al Shabaab angezeigt hätte (AS 93).
Widersprüchlich sind auch ihre Angaben betreffend ihre Flucht aus dem Gefängnis. Ihre Angaben, dass ihre Tante sie einen Tag nach der Geburt des Kindes bei der Hebamme besucht und ihr von einem vor der Türe wartenden Mann berichtet hätte, welcher sie „wegbringen“ würde (AS 329), sind vor dem Hintergrund ihren weiteren Angaben, dass die Tante nicht gewusst hätte, dass sie vorübergehend nicht im Gefängnis, sondern bei einer Hebamme untergebracht wäre (AS 331), denkunmöglich.
In einer Gesamtbetrachtung ist daher auszuschließen, dass die BF im Herkunftsstaat von einem Gericht zum Tode verurteilt wurde, sie sich in Gefangenschaft befunden hat und ebendort ihr Kind geboren hätte. Eine aktuelle Verfolgung oder Bedrohung durch Mitglieder der XXXX ist ebenso auszuschließen.
2.2.3. Die BF konnte im Verfahren eine Bedrohung bzw. Verfolgung durch ihre Familie, im Besonderen durch ihren Vater glaubhaft machen. Dass die BF ein Kind geboren hat, gilt vor dem Hintergrund des Gutachtens der im Verfahren bestellten Sachverständigen und, dass sich diesbezüglich keine Zweifel ergaben als erwiesen. Dass sie ein uneheliches Kind geboren hat ist glaubhaft (AS 85, AS 317, AS 327, 1. NSV S. 11). Eine Verfolgung durch den Vater aufgrund einer außerehelichen Beziehung und unehelichen Geburt, ist vor dem Hintergrund der Länderberichte objektivierbar. Den unter II.1.3.4 zitierten Länderberichten zufolge kann die Geburt eines unehelichen Kindes von manchen Familien als Schande erachtet werden. Mutter und Kind gelten als stigmatisiert und werden im schlimmsten Fall von der ganzen Familie verstoßen (LIB S. 94) sowie der Schutz und die Unterstützung durch den Clan entzogen. Als Folgen einer außerehelichen Schwangerschaft kann es zur Gewalt durch männliche Familienmitglieder gegenüber der Frau kommen. Die Beweggründe des Vaters mit dem Zweck die BF als älteste Tochter aus dem gemeinsamen Haushalt zu bekommen und seine Reaktion auf ihre außereheliche Beziehung sowie die Schwangerschaft konnte die BF nachvollziehbar schildern. Dies zumal eine solche Situation in dem Clansystem Somalias, in welchem fast jeder den Anderen kennt, schwer zu verbergen ist (Bericht S. 15) und eine Schande für die gesamte Familie darstellt. Die BF gab zudem an, dass die Nachbarn und somit das weitere Umfeld der Familie hiervon wussten und mit ihrem Vater besprochen hätten, dass die BF getötet werden müsse (AS 317). Die von der BF geäußerte Furcht, von ihrem Vater umgebracht zu werden (AS 105, AS 319, AS 325), ist vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Umstände somit nachvollziehbar, zumal er sie auch schon vor ihrer Ausreise mit dem Tode bedroht hat (1./ NSV S. 22).
Eine Unterstützung durch ihre restliche Familie ist nicht zu erwarten (1./ NSV S. 19), zumal sich auch der Onkel vor ihrer Ausreise geweigert hat, ihr zu helfen, weil sie nach seiner Ansicht „ihre Religion verraten“ hätte und getötet werden sollte (1./ NSV S. 22). Die Unterstützung durch ihre Geschwister ist ebenfalls nicht wahrscheinlich, zumal die BF auch nachvollziehbar angab Angst zu haben, dass diese sogar bei einer fernmündlichen Kontaktaufnahme von ihr vom Vater geschlagen werden würden oder mit Repressalien zu rechnen hätten (1./ NSV S. 14).
Ihre Angaben, dass ihr Clan sie im Fall einer Rückkehr nicht schützen würde, da es sich um einen religiösen Clan handle (1. NSV S. 25), sind vor dem Hintergrund der zitierten Länderinformationen nachvollziehbar (vgl. II.1.3.4.). Der Schutz durch den Clan ist im hohen Maße nicht wahrscheinlich. Die BF ist somit schutzlos.
In einer Gesamtbetrachtung konnte die BF eine Bedrohung gegen Leib und Leben durch ihre Familie, insbesondere durch ihren Vater, aufgrund ihrer nachvollziehbaren Angaben vor dem Hintergrund der zitierten Länderberichte, glaubhaft schildern.
2.3. Zu den Feststellungen der maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Dieses gründet sich auf den jeweils angeführten Berichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das BVwG kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, zumal ihnen nicht substantiiert entgegengetreten wurde. Die konkret den Feststellungen zugrundeliegenden Quellen wurden unter Punkt II.1.3. zitiert.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zum Spruchteil A)
3.1.1. Zu Spruchpunkt I. und II.
3.1.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
3.1.1.2. Flüchtling iSd. Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist demnach, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen."
Der zentrale Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist somit die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).
3.1.1.3. Das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ist ganzheitlich unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens zu würdigen (vgl. VwGH 26.11.2003, Ra 2003/20/0389).
3.1.1.4. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. VwGH 30.09.2015, Ra 2015/19/0066). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der BF bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher BF im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, dass sie im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des VwG) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 13.12.2016, Ro 2016/20/0005); die entfernte Gefahr einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).
3.1.1.5. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder aufgrund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.1.1.6. Gemäß § 6 leg.cit. ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und solange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt, einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt, aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.
3.1.1.7. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall folgt hieraus, dass, wie bereits in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.2. erörtert wurde, die BF substantiiert und nachvollziehbar angeben konnte, dass eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung und Bedrohung gegeben ist. Sie war in ihrem Vorbringen überwiegend persönlich glaubhaft. Zudem untermauert das eingeholte Gutachten der Sachverständigen die Angaben der BF betreffend die Geburt eines Kindes.
Im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat droht ihr aufgrund der Geburt eines unehelichen Kindes eine aktuelle und maßgeblich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr (Drohungen gegen Leib und Leben und Ermordung) durch ihre Familie, insbesondere durch ihren Vater. Hinzukommt, dass sie keinen Clanschutz erwarten kann.
Die Angaben der BF hinsichtlich des Ausschlusses aus dem Familienverband und der Drohungen durch Familienmitglieder sowie der mangelnden Unterstützung durch den Clan sind auch vor dem Hintergrund der zitierten Länderberichte plausibel, welchen zu entnehmen ist, dass sich aktuell die Lage von Frauen in Somalia, die ein uneheliches Kind geboren haben, als prekär darstellt. Die wohlbegründete Furcht ist daher im gegenständlichen Fall nachvollziehbar.
Die die BF treffende Verfolgungsgefahr findet ihre Deckung in einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe.
Angesichts der Berichtslage in den zitierten Länderberichten zu Somalia kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die staatlichen Sicherheitsbehörden im vorliegenden Fall ausreichend schutzfähig und schutzwillig wären, um die die BF treffende Verfolgungsgefahr genügend zu unterbinden.
Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative kommt aufgrund des der BF zukommenden Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Somalia nicht in Betracht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).
Es haben sich keine Hinweise auf das Bestehen von Asylausschlussgründen iSd. § 6 AsylG 2005 ergeben.
Aufgrund des Bestehens einer aktuellen, maßgeblich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, ist der BF der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird diese Entscheidung mit der Feststellung verbunden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
3.2. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die unter 3.1. zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im gegenständlichen Fall konnte sich daher das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen.
Es ist somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung Flüchtlingseigenschaft Schutzunfähigkeit Schutzunwilligkeit soziale Gruppe ZwangseheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W277.2166217.1.00Im RIS seit
09.10.2020Zuletzt aktualisiert am
09.10.2020