Entscheidungsdatum
15.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W256 2206055-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 16. August 2018, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 4. März 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG 2005).
Am 5. März 2016 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer an, am XXXX geboren worden zu sein. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er (wortwörtlich wiedergegeben) Folgendes an: „Ich flüchtete von Somalia wegen der Al Shabbab. Ich wurde von dieser Gruppe entführt und 2 Jahre festgehalten. Mir ist die Flucht gelungen und daraufhin verließ ich mein Land.“
Mit Verfahrensanordnung vom 19. Juni 2016 stellte die belangte Behörde den XXXX als Geburtsdatum des Beschwerdeführers fest. Begründend wurde darin ausgeführt, dass laut einem Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 25. Mai 2016, der Beschwerdeführer als XXXX , geboren am XXXX bekannt sei. Da der Beschwerdeführer der Ladung zur Altersfeststellung nicht Folge geleistet habe, sei insofern dieses Datum als Geburtsdatum heranzuziehen gewesen.
In weiterer Folge konnte beim Beschwerdeführer eine Altersfeststellung in Form einer ärztlichen Untersuchung durchgeführt werden und wurde mit Verfahrensanordnung vom 29. September 2016 durch die belangte Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer spätestens am XXXX geboren worden sei.
Der Beschwerdeführer wurde am 20. Juni 2018 in Anwesenheit seiner gesetzlichen Vertretung durch ein Organ der belangten Behörde einvernommen. Dabei wiederholte er im Wesentlichen die von ihm behauptete Verfolgung durch Al Shabaab. Er sei während er mit Freunden Fußball gespielt habe, von Al Shabaab entführt worden. Nach mehreren Fluchtversuchen aus dem Lager der Al Shabaab habe er gemeinsam mit einem Freund Wache halten dürfen und sei ihm insofern die Flucht aus dem Lager gelungen. Anschließend sei er aus Somalia ausgereist. Unter einem legte er diverse Dokumente vor.
In seiner Stellungnahme vom 4. Juli 2018 führte der Beschwerdeführer u.a. ergänzend aus, ihm drohe auch aufgrund seines Aufenthaltes in Österreich und damit seiner westlichen Lebensweise, wie Fußballspielen, Verfolgung durch Al Shabaab im Falle einer Rückkehr.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia zulässig sei. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Der Beschwerdeführer könne eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu in Anspruch nehmen. Die Sicherheitslage sei dort als ausreichend sicher zu beurteilen und bestehe in der Stadt auch kein Risiko mehr von Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Der Beschwerdeführer verfüge in Somalia über Familienangehörige, insbesondere einen Onkel in Mogadischu. Es könne davon ausgegangen werden, dass es dem Beschwerdeführer möglich sein werde, zu seinem Onkel Kontakt aufzunehmen und sich bei diesem in Mogadischu niederzulassen. Als junger, erwachsener, arbeitsfähiger und zudem gebildeter Mann sei es dem Beschwerdeführer zumutbar, dass er sich mit Hilfe seiner eigenen Arbeitsleistung sowie der Unterstützung seiner Familie, zukünftig den Lebensunterhalt in Mogadischu sichern werde können. Zudem könne er auch Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde zu Unrecht von der Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen sei und die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers nicht ausreichend berücksichtigt habe. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen lebendig, genau und konsistent vorgetragen. Der Beschwerdeführer habe im Falle einer Rückkehr nach Somalia mit weiteren Drohungen bzw. Übergriffen durch Al Shabaab zu rechnen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht. Da er keinen aktuellen Kontakt zu seiner Familie habe, verfüge er bei einer Rückkehr nach Somalia auch über kein soziales oder verwandtschaftliches Auffangnetz. Er könne auch nicht in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Somalias verwiesen werden. Aufgrund seiner guten Integration wäre eine Rückkehrentscheidung eine Verletzung seines Rechtes auf Ausübung des Privatlebens.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Mit am 13. Juni 2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Beschwerdevorbringen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei ausreichend konkret gewesen und insofern für die belangte Behörde klar ersichtlich gewesen, in welche Richtung sie allfällige weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen. Der Beschwerdeführer habe somit seine Mitwirkungspflichten erfüllt und hätte die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht weitere Nachforschungen, insbesondere hinsichtlich der Aktivität der Al Shabaab in der Heimatregion des Beschwerdeführers und der Gefährdungssituation von jungen Männern, anstellen müssen. Der Beschwerdeführer habe konsistent vorgebracht, dass er zu seinem in Mogadischu lebenden Onkel keinen Kontakt habe und auch noch nie gehabt habe. Ob der Beschwerdeführer von seinem Onkel aufgenommen und unterstützt werden könne, sei von der belangten Behörde nicht ausreichend ermittelt bzw. begründet worden.
Mit Schreiben vom 15. April 2020 wurden den Parteien das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 17. September 2019 (im Folgenden: LIB) durch das Bundesverwaltungsgericht zum Parteiengehör übermittelt. Dabei wurde dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit eingeräumt, aktuelle Angaben zu seinem Verfahren zu machen.
Dazu hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
zur Person
Der – im Spruch genannte – Beschwerdeführer besitzt die somalische Staatsangehörigkeit (angefochtener Bescheid Seite 16).
Er wurde in XXXX (alternative Schreibweise XXXX ), in der Region Hiiraan in Somalia geboren (angefochtener Bescheid Seite 16).
Der Beschwerdeführer gehört dem Clan der Ashraf an. Er ist ledig und hat keine Kinder (angefochtener Bescheid, Seite 16).
Der Beschwerdeführer hat eine Schule besucht (angefochtener Bescheid, Seite 17).
Der Beschwerdeführer verfügt über Familienangehörige in Somalia. Davon ist sein Onkel väterlicherseits in Mogadischu aufhältig. Es ist dem Beschwerdeführer möglich, zu diesem Kontakt aufzunehmen und sich bei ihm in Mogadischu niederzulassen (angefochtener Bescheid, Seite 17).
Im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers kann er durch seine Familie unterstützt werden (angefochtener Bescheid, Seite 169, Seite 176).
Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung (angefochtener Bescheid, Seite 16 f, Seite 168).
Er ist seit seiner Antragsstellung im Bundesgebiet aufhältig (angefochtener Bescheid, Seite 3).
Der Beschwerdeführer wird im Rahmen der Grundversorgung versorgt (angefochtener Bescheid Seite 18; Auszug aus dem Grundversorgungssystem vom 12. Juni 2020). Zudem ist er strafgerichtlich unbescholten (angefochtener Bescheid, Seite 18; Strafregisterauszug vom 12. Juni 2020).
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Angehörigen und führt auch keine familienähnliche Beziehung im Bundesgebiet. Er hat Freundschaften geschlossen, aber keine darüberhinausgehenden enge soziale Kontakte (angefochtener Bescheid, Seite 18).
Der Beschwerdeführer besucht derzeit die Bildungseinrichtung XXXX und hat im Rahmen dieser Ausbildung am Modul „Deutsch als Zweitsprache“ teilgenommen und das A2 - Niveau erreicht (angefochtener Bescheid, Seite 18).
zur Lage in Somalia
Das Gebiet von Somalia ist faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird, aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert. Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (LIB Seite 8).
Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (LIB Seite 8).
Bundesstaat HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle):
Bislang ist die Macht der Regierung von HirShabelle auf Teile von Middle Shabelle bzw. Jowhar beschränkt. Sie hat Einfluss entlang der Straße von Jowhar nach Mogadischu. Zudem kann HirShabelle auch in Belet Weyne – beschränkt – Einfluss ausüben. Insgesamt sind bei den Verwaltungen von HirShabelle und Belet Weyne Verbesserungen zu verzeichnen. Zusätzlich konnte die Sicherheitslage entlang der Straße Jowhar - Buulo Barde - Belet Weyne wesentlich verbessert werden, die Straße gilt aber noch nicht als durchgehend sicher (LIB Seite 32 f).
Hiiraan: Belet Weyne, Buulo Barde, Jalalaqsi und Maxaas befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und AMISOM. Die beiden erstgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. In jüngerer Vergangenheit konnte westlich von Belet Weyne keine wesentliche Präsenz der al Shabaab verzeichnet werden. Vor allem der Bereich entlang der somalisch-äthiopischen Grenze ist aktuell als sicher anzusehen. Im April 2016 haben Gemeinden im südlichen Hiiraan al Shabaab Widerstand entgegengesetzt. Eine vereinigte Miliz von Hawadle-Subclans – die Macawuusley – haben seither al Shabaab aktiv bekämpft, um die lokalen Gemeinden vor der systematischen Ausbeutung und Gewalt durch al Shabaab zu schützen. In Hiiraan war es im Juni 2019 wegen Streitigkeiten um Wasser und Weide zu Auseinandersetzungen zwischen Subclans von Habr Gedir und Hawadle gekommen (LIB Seite 33).
Middle Shabelle: Jowhar, Balcad und Cadale befinden sich unter Kontrolle von Regierungskräften und AMISOM. Die beiden erstgenannten Städte können hinsichtlich einer Anwesenheit von (staatlichem) Sicherheitspersonal und etablierter Verwaltung als konsolidiert erachtet werden. Middle Shabelle dient al Shabaab als Angriffskorridor nach Mogadischu. Die größeren Städte befinden sich zwar unter Regierungskontrolle, diese Kontrolle ist jedoch instabil (LIB Seite 33).
Belet Weyne ist vergleichsweise stabil, es kommt nur sporadisch zu Gewalt oder Attacken der al Shabaab. In Belet Weyne gibt es eine relativ starke Bezirksverwaltung und lokal rekrutierte Polizeikräfte. Clan-Konflikte werden nicht mehr in der Stadt, sondern außerhalb ausgetragen. Es gibt dort Stützpunkte dschibutischer AMISOM-Truppen, der äthiopischen Armee sowie von einer Brigade der somalischen Armee. Die in Belet Weyne vorhandene Präsenz der al Shabaab scheint kaum relevant, es kommt zu wenigen Vorfällen. Allerdings hat al Shabaab die Präsenz in Belet Weyne verstärkt, im Bezirk gibt es vermehrt Zwischenfälle. Die Angriffe richten sich üblicherweise nicht gegen Zivilisten, wiewohl ein Risiko von Kollateralschäden besteht (LIB Seite 33).
In den beiden Regionen Hiiraan und Middle Shabelle lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,04 Millionen Einwohner. Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2017 insgesamt 62 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden [Kategorie „violence against civilians“]. Bei 44 dieser 62 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2018 waren es 50 derartige Vorfälle [davon 45 mit je einem Tote] (LIB Seite 34).
Mogadischu:
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM. Die vormals für Verbesserungen in der Sicherheitslage verantwortliche Mogadishu Stabilization Mission (MSM) wurde nunmehr deaktiviert. Ihre Aufgaben wurden erst an die 14th October Brigade übertragen, mittlerweile aber von der wesentlich verstärkten Polizei übernommen. Letztere wird von Armee, AMISOM und Polizeikontingenten von AMISOM unterstützt. Nach wie vor reicht die in Mogadischu gegebene Stärke der unterschiedlichen Sicherheitskräfte aber nicht aus, um eine flächendeckende Präsenz sicherzustellen (LIB Seite 28 f).
Für al Shabaab bietet die Stadt schon alleine aufgrund der dichten Präsenz von Behörden und internationalen Organisationen viele attraktive Ziele. Diesbezüglich ist es der Regierung nicht gelungen, eine erfolgreiche Strategie zur Bekämpfung von al Shabaab in der Stadt umzusetzen. Die Gruppe ist in der Lage, in weiten Teilen des Stadtgebiets Anschläge durchzuführen (LIB Seite 29).
Im September und Oktober 2018 ging die Anzahl an Anschlägen vorübergehend zurück; dahingegen nahm in diesem Zeitraum die allgemeine Kriminalität zu. Danach hat die Zahl an größeren Anschlägen in und um Mogadischu zugenommen. Es kommt regelmäßig zu Sprengstoffanschlägen oder aber zu gezielten Tötungen. Üblicherweise zielt al Shabaab mit größeren (mitunter komplexen) Angriffen auf Offizielle, Gebäude und Fahrzeuge der Regierung, Hotels, Geschäfte, Militärfahrzeuge und –Gebäude sowie Soldaten von Armee und AMISOM. Betroffen sind Regierungseinrichtungen, Restaurants und Hotels, die von nationalen und internationalen Offiziellen frequentiert werden. Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg der Aktivitäten, fast täglich war ein Anschlag mit einem improvisierten Sprengsatz zu verzeichnen. Vereinzelt kommt es zu großangelegten komplexen Angriffen durch al Shabaab, so etwa am 9.11.2018 auf das Sahafi Hotel (50 Tote, darunter sieben Angreifer). Bei einem Selbstmordanschlag im Juli 2019 kamen u.a. der Bürgermeister von Mogadischu und drei District Commissioners ums Leben (LIB Seite 29).
Al Shabaab greift Zivilisten nicht spezifisch an. Diese leiden auf zwei Arten an der Gewalt durch al Shabaab: Einerseits sind jene einem erhöhten Risiko ausgesetzt, die in Verbindung mit der Regierung stehen oder von al Shabaab als Unterstützer der Regierung wahrgenommen werden. Andererseits besteht für Zivilisten das Risiko, bei Anschlägen zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (LIB Seite 29).
Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu zurückerlangt. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko, von der Al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Bei einem Abzug von AMISOM aus Mogadischu droht hingegen die Rückkehr von al Shabaab. Es besteht kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugehörigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugehörigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (LIB Seite 29 f).
Erreichbarkeit:
Luftweg: Die sicherste Arte des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden. In die Städte Kismayo, Dhobley, Baidoa, Doolow, Xudur, Belet Weyne, Guri Ceel, Cadaado und Galkacyo gelangt man mit kleineren Fluglinien, wie African Express Airways, Daallo Airlines oder Jubba Airways (LIB Seite 110).
Zwangsrekrutierung:
Generell kommen Zwangsrekrutierungen ausschließlich in Gebieten unter Kontrolle der al Shabaab vor. So gibt es etwa in Mogadischu keine Zwangsrekrutierungen durch die al Shabaab (LIB Seite 66).
Minderheiten und Clans:
Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft. Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen. In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (LIB, Seite 82)
Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn (LIB, Seite 82ff).
Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten (LIB, Seite 82ff).
Ashraf und Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status. Beide Clans werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil-Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (LIB, Seite 88).
Die somalische Verfassung bekennt sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten „4.5 Lösung“ organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans bzw. Minderheitenclans zufällt. So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft (LIB, Seite 81).
Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion. Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung - nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (LIB, Seite 81).
zur Versorgungslage
Die humanitäre Krise in Somalia bleibt eine der komplexesten und am längsten dauernden weltweit. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln ist in weiten Teilen nicht gewährleistet. Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia zum Land mit dem fünftgrößten Bedarf an internationaler Nothilfe weltweit (LIB, Seite 122).
Große Teile der Bevölkerung sind hinsichtlich Armut und Nahrungsversorgung vulnerabel. Eine Schätzung besagt, dass rund 77 % der Bevölkerung mit weniger als 1,9 US Dollar pro Tag auskommen müssen und daher als extrem arm gelten – insbesondere in ländlichen Gebieten und IDP Lagern. Nach anderen Angaben leben 69 % der Bevölkerung in Armut. Dabei finden sich die höchsten Raten bei IDPs, in ländlichen Gebieten und Nomaden. Es gibt viele IDPs und Kinder, die auf der Straße leben und arbeiten. Die ländliche Bevölkerung und IDPs verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wett zu machen (LIB, Seite 122).
60 % der Somali leben zum größten Teil von der Viehzucht. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben die Frequenzen und Dauer von Dürre zugenommen. Deswegen wurden auch die Kapazitäten der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenanzahl in einem Haushalt die Vulnerabilität im Fall einer Katastrophe. Bereits 2016/2017 wurden im Zuge der Dürre fast eine Million Somali vertrieben. Nur aufgrund groß angelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot vermieden (LIB, Seite 122).
Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt. Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert – nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle (LIB, Seite 123).
Somalia steht nunmehr wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu- Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs verbessert. Trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal (LIB, Seite 123).
Schätzungen zufolge werden bis September 2019 5,4 Millionen Menschen von Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung betroffen sein; davon 3,2 Millionen in IPC-Phase 2 und 2,2 Millionen in den Phasen 3 und 4. Ca. eine Million Kinder unter fünf Jahren werden bis Mitte 2020 vor einer Situation der akuten Unterernährung stehen, 178.000 vor schwerer akuter Unterernährung. Bis zu 2,1 Millionen Menschen werden sich hinsichtlich Nahrungsmittelversorgung in einer Krisensituation finden (IPC >2), 6,3 Millionen werden von einer Versorgungsunsicherheit bedroht sein. Dieses Szenario gilt dann, wenn die gegenwärtig getätigten humanitären Interventionen nicht verstärkt werden. Mit Stand September 2019 verhindert eine großangelegte humanitäre Hilfe schlimmere Zahlen. Geht die Hilfeleistung zurück, ist von einer Verschlechterung auszugehen. Und auch für den Fall, dass die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) besser ausfallen sollte, wird sich dies frühestens Ende Dezember auf die Versorgungslage auswirken (LIB Seite 125).
Bei gegebener humanitärer Hilfe gilt für die meisten ländlichen Gebiete im September 2019 IPC 2. In Agrargebieten von Guban (Somaliland), Bay und Bakool sowie in Teilen von Hiiraan, Galgaduud, Lower und Middle Juba gilt IPC 3. Dahingegen haben stabile Lebensmittelpreise und Arbeitsmöglichkeiten in den meisten städtischen Gebieten dazu beigetragen, dass IPC 2 nicht überschritten wurde oder auch nur IPC 1 gilt. Lediglich in Städten in Sool, Sanaag und Hiiraan wird mitunter auch IPC 3 verzeichnet – bedingt durch hohe Lebenskosten und begrenzte Einkommensmöglichkeiten (LIB Seite 126).
zur Versorgungslage in Mogadischu
Die IPC-Food-Insecurity-Lagekarten zeigen die Situation im Zeitraum Juli 2018 bis September 2019 mit einer Prognose bis Dezember 2019. Für die Stadtbevölkerung von Mogadischu ist auf beiden Karten IPC 1 vermerkt (vgl LIB Seite 124).
Die Bundesregierung und Hilfsorganisationen haben einen Drought Impact Response Plan (DIRP) auf die Beine gestellt, damit soll 4,5 Millionen Menschen kritisch notwendige lebenserhaltende Unterstützung zukommen. Mit der Umsetzung wurde bereits begonnen. Die Kosten werden bis Dezember 2019 mit 686 Millionen US-Dollar beziffert. Insgesamt sind die Hilfsprogramme aber unterfinanziert, manche Agenturen müssen ihre Maßnahmen sogar zurückfahren. Im September 2019 war der DIRP nur zu 50% ausfinanziert. So wurden z.B. im Juni 2019 nur 1,4 Millionen Menschen mit Nahrungsmittelhilfe erreicht, angepeilt wurden hingegen 2,2 Millionen. Hilfsprojekte von internationalen Organisationen oder NGOs erreichen in der Regel nicht alle Bedürftigen (LIB Seite 126 f).
Al Shabaab und andere nichtstaatliche Akteure behindern die Leistung humanitärer Hilfe und die Lieferung von Hilfsgütern an vulnerable Bevölkerungsteile – speziell in Süd-/Zentralsomalia. In den Gebieten unter Kontrolle der Gruppe wurden Aktivitäten humanitärer Organisationen gänzlich verboten. Nach anderen Angaben erlaubt al Shabaab Hilfsorganisationen zunehmend, auf ihrem Gebiet tätig zu sein (LIB Seite 127 f).
Es gibt kein öffentliches Wohlfahrtssystem, keinen sozialen Wohnraum und keine Sozialhilfe. In Mogadischu muss für jede Dienstleistung bezahlt werden, es gibt keine öffentlichen Leistungen. Soziale Unterstützung erfolgt entweder über islamische Wohltätigkeitsorganisationen, NGOs oder den Clan. Wohnungs- und Arbeitsmarkt sowie Armutsminderung liegen im privaten Sektor. Das eigentliche soziale Sicherungsnetz für Personen, deren Unterhalt und Überleben in Gefahr ist, bilden (Sub-)Clan, erweiterte Familie und Remissen aus dem Ausland. Während Krisenzeiten (etwa Hungersnot 2011 und Dürre 2016/17) helfen neben Familie und Clan auch andere soziale Verbindungen – seien es Freunde, geschlechtsspezifische oder Jugendgruppen, Bekannte, Berufsgruppen oder religiöse Bünde. Meist ist die Unterstützung wechselseitig. Über diese sozialen Netzwerke können auch Verbindungen zwischen Gemeinschaften und Instanzen aufgebaut werden, welche Nahrungsmittel, medizinische Versorgung oder andere Formen von Unterstützung bieten. Auch für IDPs stellen solche Netzwerke die Hauptinformationsquelle dar, wo sie z.B. Unterkunft und Nahrung finden können (LIB Seite 128).
Generell stellt in (persönlichen) Krisenzeiten die Hilfe durch Freunde oder Verwandte die am meisten effiziente und verwendete Bewältigungsstrategie dar. 22% der bei einer Studie befragten IDP-Familien haben Kinder bei Verwandten, 28% bei institutionellen Pflegeeinrichtungen (7%) untergebracht. Weitere 28% schicken Kinder zum Essen zu Nachbarn. In der somalischen Gesellschaft – auch bei den Bantu – ist die Tradition des Austauschs von Geschenken tief verwurzelt. Mit dem traditionellen Teilen werden in dieser Kultur der Gegenseitigkeit bzw. Reziprozität Verbindungen gestärkt. Folglich wurden auch im Rahmen der Dürre 2016/17 die über Geldtransfers zur Verfügung gestellten Mittel und Remissen mit Nachbarn, Verwandten oder Freunden geteilt – wie es die Tradition des Teilens vorsah (LIB Seite 128).
Die hohe Anzahl an IDPs zeigt aber, dass manche Clans nicht in der Lage sind, der Armut ihrer Mitglieder entsprechend zu begegnen. Vor allem, wenn Menschen in weit von ihrer eigentlichen Clan-Heimat entfernte Gebiete fliehen, verlieren sie zunehmend an Rückhalt und setzen sich größeren Risiken aus. Eine Ausnahme davon bilden Migranten, die ihren Familien und Freunden mit Remissen helfen können (LIB Seite 128).
Andererseits liegen keine Informationen vor, wonach es gesunden jungen Männern im arbeitsfähigen Alter (15-29 Jahre; 14 % der Gesamtbevölkerung Somalias) an einer Existenzgrundlage mangeln würde, oder dass alle diese Männer keine Unterkunft haben würden (LIB Seite 129).
In Mogadischu sind 28% der Bevölkerung arbeitssuchend. 6% der Jugendlichen sind arbeitssuchend (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 19).
Es gibt in Mogadischu bessere Job-Aussichten als in den meisten anderen Teilen Somalias, auch für Jugendliche ohne Bildung und Arbeitserfahrung. Während in Somalia die meisten Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, arbeiten in Mogadischu die meisten Menschen im Handel bzw. im Dienstleistungssektor oder in höheren bildungsabhängigen Berufen (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 21).
Das Auswahlverfahren im Arbeitsleben basiert oft auf Clanbasis, gleichzeitig werden aber viele Arbeitsplätze an Rückkehrer aus der Diaspora vergeben. Es gibt auch Beschäftigungsmöglichkeiten, die von vielen Somaliern nicht in Anspruch genommen werden, da diese Arbeit als minderwertig erachtet wird, z.B. Friseur, Kellner oder Reinigungsarbeiten (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite. 22).
Die somalische Wirtschaft zeigt eine positive Entwicklung. Die Schaffung an Arbeitsplätzen bleibt jedoch unter den Bedürfnissen. Trotzdem gibt es in Mogadischu aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs zahlreiche Möglichkeiten. Das Durchschnittseinkommen für Jugendliche beträgt 190 USD im Monat. In Mogadischu beträgt das Durchschnittseinkommen 360 USD im Monat. Fast 10% der Jugendlichen in Mogadischu verdienen mehr als 400 USD im Monat (Anfragebeantwortung Mogadischu vom 11. Mai 2018, Seite 23 ff).
Rückkehrer:
Der Jilib [Anm.: in etwa die unterste Ebene des Clansystems] ist u. a. dafür verantwortlich, Mitglieder in schwierigen finanziellen Situationen zu unterstützen. Das traditionelle Recht (Xeer) bildet hier ein soziales Sicherungsnetz, eine Art der Sozial- und Unfallversicherung. Wenn eine Person Unterstützung braucht, dann wendet sie sich an den Jilib oder - je nach Ausmaß - an untere Ebenen (z.B. Großfamilie). Eine erfolgreiche Rückkehr und Reintegration kann in erheblichem Maße von der Clanzugehörigkeit bzw. von lokalen Beziehungen der rückkehrenden Person abhängig sein. Für Rückkehrer ohne Netzwerk oder Geld gestaltet sich die Situation schwierig. Im herausfordernden Umfeld von Mogadischu sind entweder ein funktionierendes Netzwerk oder aber genügend Eigenressourcen notwendig, um ein Auslangen finden zu können. Ein Netzwerk ist z.B. hinsichtlich Arbeitssuche wichtig. Eine andere Quelle gibt an, dass ein Netzwerk aus Familie, Freunden und Clan-Angehörigen für einen Rückkehrer insbesondere auf dem Land von Bedeutung sein wird, während dieses soziale Sicherheitsnetz in der Stadt weniger wichtig ist (LIB Seite 130).
Außerdem haben Rückkehrer nach Mogadischu dort üblicherweise einen guten Zugang zu Geld- oder sonstiger Hilfe von Hilfsagenturen. Hinzu kommen Remissen von Verwandten im Ausland. Hingegen erhalten IDPs vergleichsweise weniger Remissen. Bei Ankunft in Somalia bekommt jede Person eine Einmalzahlung von 200 US-Dollar, danach folgt eine monatliche Unterstützung von 200 US-Dollar pro Haushalt und Monat für ein halbes Jahr. Das World Food Programm gewährleistet für ein halbes Jahr eine Versorgung mit Nahrungsmitteln. Für Schulkosten werden 25 US-Dollar pro Monat und Schulkind ausbezahlt. Bei Erfüllung bestimmter Kriterien wird für die Unterkunft pro Haushalt eine Summe von 1.000 US-Dollar zur Verfügung gestellt, die etwa zur Organisation einer Unterkunft dienen können. Deutschland unterstützt in Jubaland ein Vorhaben, das der Vorbereitung der aufnehmenden Gemeinden für freiwillige Rückkehrer dient (LIB Seite 130).
Der Immobilienmarkt in Mogadischu boomt, die Preise sind gestiegen. Die Zurverfügungstellung von Unterkunft und Arbeit ist bei der Rückkehrunterstützung nicht inbegriffen und wird von den Rückkehrern selbst in die Hand genommen. Diesbezüglich auftretende Probleme können durch ein vorhandenes Netzwerk abgefedert werden. Es gibt keine eigenen Lager für Rückkehrer, daher siedeln sich manche von ihnen in IDP-Lagern an. Vom Returnee Management Office (RMO) der somalischen Immigrationsbehörde kann gegebenenfalls eine Unterkunft und ein innersomalischer Weiterflug organisiert und bezahlt werden, die Rechnung ist vom rückführenden Staat zu begleichen. Generell mahnen Menschenrechtsorganisationen, dass sich Rückkehrer in einer prekären Situation befinden (LIB Seite 131).
Die sicherste Arte des Reisens in Süd-/Zentralsomalia ist das Fliegen. Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden (LIB Seite 110).
Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Medizinische Grunddienste stehen nicht ausreichend zur Verfügung, de facto ist nur eine Primärversorgung verfügbar (LIB Seite 131).
Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Der Standard von Spitälern außerhalb Mogadischus ist erheblich schlechter. In Mogadischu gibt es mindestens zwei Spitäler, die für jedermann zugänglich sind (LIB Seite 132).
Die Primärversorgung wird oftmals von internationalen Organisationen bereitgestellt und ist für Patienten kostenfrei. Allerdings muss manchmal für Medikamente bezahlt werden. Private Einrichtungen, die spezielle Leistungen anbieten, sind sehr teuer (LIB Seite 132).
2. Beweiswürdigung:
Die einzelnen Feststellungen beruhen jeweils auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen und nicht, zumindest nicht substantiiert, bestrittenen Feststellungen.
Die Feststellungen zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit und seiner Teilnahme an der Grundversorgung ergeben sich auch aus einer Einsichtnahme in das Strafregister und das Grundversorgungsinformationssystem.
Die vom Beschwerdeführer behauptete konkret seine Person betreffende Bedrohung in Somalia durch Al Shabaab konnte – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht glaubhaft gemacht werden, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.
Es kann der belangten Behörde jedenfalls nicht entgegengetreten werden, wenn sie die vom Beschwerdeführer behauptete Gefährdung durch Al-Shabaab schon allein deshalb als nicht glaubhaft bewertet hat, weil die vom Beschwerdeführer dargestellte Fluchtgeschichte, insbesondere die Flucht vor Al-Shabaab als nicht plausibel anzusehen ist.
Dass Al-Shabaab einen entführten Jungen mit der Bewachung des Lagers und damit auch der dort befindlichen (ebenfalls) entführten Jungen betraut haben soll, kann – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – jedenfalls in keiner Weise nachvollzogen werden (angefochtener Bescheid, Seite 163 ff: „Zudem ist es nicht nachvollziehbar, dass der Chef der Wächter eingewilligt hätte, Sie und Ihren Freund als Wache einzusetzen, zumal er zunächst Ihr Ansinnen abgelehnt hätte.“ sowie Seite 165: „Da Ihre Angaben bezüglich dem Gespräch mit dem Chef der Wachen und seine plötzliche Bereitschaft die Wache Ihnen und Ihrem Bekannten zu überlassen, wenig nachvollziehbar und plausibel verblieben sind, wurden Sie dazu konkret [..] befragt. Sie waren nicht in der Lage darzustellen, wie es zu dem Sinneswandel des Chefs der Wachen gekommen sei … Darüber hinaus ist es lebensfremd, dass der Chef der Wächter, nachdem er bereits Ihr Ansinnen zuerst abgelehnt habe, [Ihnen] und Ihrem Bekannten alleine die Wache überließ, zumal es sich bei Ihnen um frisch Zwangsrekrutierte gehandelt habe.“).
Dies – lediglich der Ordnung halber angeführt – umso mehr, als der Beschwerdeführer zu dieser Zeit seinen eigenen Angaben zufolge sogar verletzt und im Übrigen bereits zwei (von Al Shabaab auch wahrgenommene) Fluchtversuche angestrengt haben soll (angefochtener Bescheid, Seite 10ff: „[…] Beim Laufen habe ich meine Hand gebrochen. Dann wurde ich aufgrund meiner Verletzung in einen anderen Ort gebracht. Dort habe ich dann diesen Bekannten getroffen. Alle waren verschleiert, ich auch. Man sah nur die Augen. Nur wenn wir gebetet haben, durften wir die Verschleierung entfernen. Da habe ich meinen Bekannten erkannt und er mich. Er ist zu mir gekommen und wir haben miteinander gesprochen. Er sagte mir, dass er mich bereits vorher gesehen hat. Er tratschte mit mir und sagte zu mir, was mit ihm passiert ist. Er ist bereits vor mir in das Camp gekommen und war schon sehr lange dort. Er sagte zu mir, dass wir probieren sollen, wegzulaufen. Denn im echten Camp hätten wir keine Chance. In der ersten Nacht haben wir es probiert, als die Leute geschlafen haben. Ein Mann der Al-Shabaab hat uns gesehen und fragte uns, wo wir hingehen. Wir sagten, dass wir auf die Toilette gehen müssen. Zwei Männer sind mit uns gegangen. Wir hatten keine Chance und gingen zurück. Wir haben es zum zweiten Mal probiert und es ist das Gleiche passiert. Sie fragten uns, wo wir hingehen. Wir sagten, es ist zu heiß und wir brauchen frische Luft. Dann gingen wir zurück, da Al-Shabaab bei uns war. Dann haben wir [ein] paar Tage gewartet. Ich habe dann mit dem Chef der Al-Shabaab Wächter gesprochen und fragte ihn, ob ich und mein Freund Wächter sein können. Das lehnte er ab und es hat nicht funktioniert. Wir sagten, dass es uns zu heiß ist und wir bleiben lieber munter und wach. Am Ende hat der Chef der Wächter unser Angebot akzeptiert, der Chef der Wächter gab dann meinem Freund eine Waffe, da meine Hand gebrochen war.“).
Es bestehen daher schon allein aufgrund dieser – von der belangten Behörde auch aufgezeigten – Umstände insgesamt keine Gründe, die Beweiswürdigung der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen, zumal diese (hier aufgezeigte) Beweiswürdigung vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch gar nicht (zumindest nicht substantiiert) in Abrede gestellt worden ist. Die bloß allgemein aufgestellte Behauptung des Beschwerdeführers in der Beschwerde, sein gesamtes Fluchtvorbringen sei „lebendig, genau und konsistent“, ist für sich allein jedenfalls nicht geeignet, die vorliegende Beweiswürdigung und damit den (nicht)festgestellten Sachverhalt ausreichend in Zweifel zu ziehen (siehe dazu u.a. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/09/0104).
Dabei wird nicht verkannt, dass - aufgrund der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Ereignisses und auch im Zuge der Befragung - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten bzw. Lücken und Unschärfen des Erinnerungsvermögens vorliegen können und auch hinzunehmen sind (siehe dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 2014, Zl. 2014/19/0020.). Diesem Umstand Rechnung tragend wurde in der vorliegenden Beweiswürdigung auf bestehende Widersprüchlichkeiten in der Erzählung in Bezug auf Detailfragen des Beschwerdeführers nicht eingegangen, sondern alleine die Plausibilität des Kerninhaltes seiner Erzählung herangezogen.
Letztlich darf in diesem Zusammenhang aber auch nicht übersehen werden, dass der Beschwerdeführer – wie von der belangten Behörde auch aufgezeigt und im obigen Verfahrensgang auch dargestellt wurde – im Zuge des Asylverfahrens unterschiedliche Angaben zu seiner Identität und seinem Alter gemacht haben soll. Da der Beschwerdeführer dazu im gesamten Verfahren – und zwar selbst in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht – keine Erklärungen abgegeben hat, bestehen von Seiten des erkennenden Gerichts auch keine Gründe, an der daraus gezogenen Schlussfolgerung der belangen Behörde, der Beschwerdeführer sei insgesamt als Person unglaubwürdig und damit seine Angaben speziell zu hinterfragen, nicht festzuhalten (angefochtener Bescheid Seite 160: „Bezüglich Ihrer festgestellt persönlichen Unglaubwürdigkeit ist festzuhalten, dass Sie bereits unwahre Angaben rund um Ihre Person gemacht haben, was durch das Vorliegen der Aliasdatensätze festzustellen war. Sie haben unwahre Angaben bezüglich Ihres Geburtsdatums und somit Ihrer Identität gemacht und sich somit persönlich unglaubwürdig gemacht. Laut Verwaltungsgerichtshof kommt der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und Herkunft grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen [..] Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Im Einzelfall kann hier die Verschleierung der Identität ein gewichtiges Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers darstellen.“ sowie Seite 161: „Wie bereits beweiswürdigend dargelegt worden ist, besteht in Ihrem Fall keine persönliche Glaubwürdigkeit, da Sie bereits in Bezug auf Ihre Person widersprüchliche Angaben getätigt haben. Somit ist es ersichtlich, dass es Ihnen keine Probleme bereit[et], unwahre Angaben vor der Behörde zu erstatten. Daher ist davon auszugehen, dass wenn Sie schon bezüglich Ihrer Person unwahre Angaben erstattet haben, Sie keine Hemmungen haben werden, dies auch bezüglich Ihres Fluchtvorbringens zu tun. Daher darf Ihre persönliche Unglaubwürdigkeit bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit Ihres Fluchtvorbringens nicht außer Acht gelassen werden.“).
Dass – wie in der Beschwerde moniert - auch die durch die belangte Behörde veranlasste Altersfeststellung des Beschwerdeführers dessen Minderjährigkeit hervorgebracht habe, ändert jedenfalls nichts daran, dass der Beschwerdeführer sowohl in Bezug auf seinen Namen, als auch in Bezug auf sein Geburtsdatum unterschiedliche Angaben gemacht haben soll.
Auch vor diesem Hintergrund kann das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers daher – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht als glaubhaft befunden werden, weshalb diesbezüglich auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.
Sonstige Anhaltspunkte, die für eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung in Somalia sprechen würden, liegen nicht vor und wurden solche auch vom Beschwerdeführer nicht dargelegt, weshalb dazu auch keine Feststellungen getroffen werden konnten.
Auch bestehen von Seiten des erkennenden Gerichts keine Gründe, die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer verfüge über Familienangehörige in Somalia, insbesondere über einen Onkel in Mogadischu und könne ihn diese(r) im Falle seiner Rückkehr auch unterstützen, zu übernehmen. Die belangte Behörde hat dazu – nicht zu beanstandend – ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zum Verbleib seiner Familie und auch zum Kontakt mit dieser konstant widersprüchliche Angaben getätigt hat, weshalb auch unter Berücksichtigung seiner ansonsten im Verfahren erstatteten kontroversen Angaben davon ausgegangen werden könne, dass ihn seine Familie, insbesondere sein in Mogadischu wohnhafter Onkel im Falle einer Rückkehr sehr wohl unterstützen werde (angefochtener Bescheid Seite 167ff: „So führten Sie in der Erstbefragung beim BFA am 20.06.2018 an, dass [..] Ihre Eltern und Ihre vier Brüder in Somalia wohnhaft seien. In der Einvernahme beim BFA führten Sie jedoch widersprüchlich dazu aus, dass einer Ihrer älteren Brüder Somalia verlassen hätte, als Sie sehr klein gewesen wären und einen weiteren älteren Bruder hätten Sie zuletzt gesehen, als Sie sehr klein gewesen seien. Diese[n] Angaben schenkt die Behörde keinen Glauben, da Sie [sich] bereits als unglaubwürdig erwiesen haben und nun weitere widersprüchliche Angaben in Bezug auf Ihre Familienangehörigen getätigt haben. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Sie anbei versucht haben, Ihre familiären Bindungen in Somalia zu verschleiern, um dadurch Vorteile für sich im gegenständlichen Verfahren zu erwirken. Davon zeugen auch Ihre Angaben in der Einvernahme vor dem BFA in Bezug auf Ihre Mutter. So führten Sie aus, dass diese im Jahr 2015 verstorben sei, Ihr Vater hätte es Ihnen jedoch erst im Jahr 2017 erzählt. Sie konnten dazu befragt, nicht näheres anführen. […] Es ist jedoch realitätsfremd, dass Ihr Vater Ihnen zwei Jahre lang den Tod Ihrer Mutter verheimlicht habe […]. Da Ihr Fluchtvorbringen eine gedankliche Konstruktion darstellt, hätte weder Ihre Familie, noch Ihr Onkel mütterlicherseits einen Grund gehabt, aus Somalia auszureisen, zumal Ihr Vater sich zum Zeitpunkt Ihrer Erstbefragung in Somalia befunden habe und er und Ihre Mutter eine Fleischerei in XXXX geführt haben. Bezüglich Ihrer Familie führten Sie weiterhin an, dass Ihr Onkel väterlicherseits zuletzt in Mogadischu gelebt habe. Sie hätten diesen jedoch nie gesehen und hätten zu diesem auch nie Kontakt gehabt. Dies wird durch die belangte Behörde als nicht glaubhaft erachtet, zumal der Familie, der Abstammung und der Clanzugehörigkeit eine große Bedeutung in Somalia zukommt […]. Darüber hinaus wird Ihren Angaben, wonach Sie keinen Kontakt zu Ihrem Vater haben würden, kein Glaube geschenkt, zumal es nicht nachvollziehbar ist, wie der Kontakt verloren gegangen sein könnte, wenn Sie weiterhin die gleiche Nummer haben würden und es Ihrem Vater daher möglich sei, Sie anzurufen. Dies ist vor allem aus dem Blickpunkt zu berücksichtigen, dass Sie zuvor laut eigenen Angaben über einen längeren Zeitraum einen regelmäßigen Kontakt zu Ihrem Vater unterhalten haben. Daher ist davon auszugehen, dass Sie durchaus in der Lage sein werden, Ihren Onkel zu kontaktieren und es Ihnen möglich sein wird, sich bei ihm in Mogadischu niederzulassen.“).
Der Beschwerdeführer bestreitet diese Überlegungen der belangten Behörde auch gar nicht, sondern insistiert er – wie bereits zuvor im Verfahren – in seiner Beschwerde bzw. in seiner Beschwerdeergänzung erneut darauf, dass er über keinen aktuellen Kontakt mit seiner Familie und auch seinem Onkel und damit über keine Unterstützungsmöglichkeit verfüge. Die bloße Wiederholung einer bereits im Verfahren aufgestellten und im Rahmen der Beweiswürdigung bereits widerlegten Behauptung ist für sich allein aber nicht geeignet, die dahinterstehende Beweiswürdigung der belangten Behörde ausreichend zu entkräften. Nähere Ermittlungen zu seiner Familie – wie vom Beschwerdeführer begehrt – waren daher nicht erforderlich.
zu den Feststellungen zur Lage in Somalia
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten – den Parteien übermittelten – Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der – auch in Übereinstimmung mit den von der belangten Behörde herangezogenen – Länderfeststellungen zu zweifeln, zumal der Beschwerdeführer dazu auch gar nichts – zumindest substantiiert – Gegenteiliges vorgebracht hat. Dass die Sicherheits- und Versorgungslage insgesamt in Somalia – wie vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde und seiner Beschwerdeergänzung angeführt – angespannt ist, kann mit den oben getroffenen Feststellungen jedenfalls nicht in Widerspruch gebracht werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
zu Spruchpunkt A.
zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 3 Abs 1 Asylgesetz 2005 BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2019/53 (im Folgenden: AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78 (im Folgenden: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art 9 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 2011/337, 9 [im Folgenden: Statusrichtlinie] verweist).
Flüchtling iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1974/78) – deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“
Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl bspw VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074 uva).
§ 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 der Statusrichtlinie, worunter – unter anderem – Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl 1958/210 idF BGBl III 2018/139 (im Folgenden: EMRK) keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (vgl VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).
Im vorliegenden Fall ist eine konkret gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung – der Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend – nicht hervorgekommen.
Auch eine den Beschwerdeführer treffende Verfolgung aufgrund bestimmter Eigenschaften kann nicht erkannt werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung nämlich nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten (siehe dazu zuletzt VwGH 23.2.2017, Ra 2016/20/0089 uvm).
Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, werden Angehörige des Clans der Ashraf in Somalia als religiöser Clan traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Von einer systematischen Vertreibung oder massiv diskriminierenden Benachteiligung und damit von einer asylrechtlichen (Gruppen-)Verfolgung im oben beschriebenen Sinn kann daher nicht ausgegangen werden, weshalb das Vorliegen einer Gruppenverfolgung zu verneinen war.
Dass jeder Rückkehrer aus dem Westen – wie vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nicht einmal mehr behauptet – asylrelevanter Verfolgung durch Al Shabaab ausgesetzt sein soll, kann den vorliegenden Länderberichten, wonach Al Shabaab Zivilsten eben gerade nicht spezifisch angreife, ebenfalls nicht entnommen werden.
Die gleichen Erwägungen gelten auch für die vorgebrachte Gefährdung aufgrund der Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur sozialen Gruppe der jungen Männer, welchen eine Zwangsrekrutierung durch al Shabaab drohe. Wie den Länderfeststellungen zwar zu entnehmen ist, kommt es nach wie vor zu Rekrutierungen durch Al Shabaab. Aus den Länderfeststellungen ist aber auch ersichtlich, dass Al Shabaab keineswegs im gesamten somalischen Gebiet ihren Einfluss geltend macht. In Mogadischu kommt es zu gar keinen Zwangsrekrutierungen mehr. Da somit die allgemeine Lage in Somalia nicht derart gestaltet ist, dass jeder Mann der Gefahr einer Zwangsrekrutierung ausgesetzt wäre, und auch sonst nicht hervorgekommen ist, dass der Beschwerdeführer im besonderem Maße gefährdet wäre, rekrutiert zu werden, war dem Beschwerdeführer auch aus diesem Grund der Status eines Asylberechtigten nicht zuzuerkennen.
Sonstige Anhaltspunkte für eine asylrelevante gegen den Beschwerdeführer gerichtete Bedrohung sind nicht hervorgekommen und wurden solche vom Beschwerdeführer auch gar nicht behauptet. Sohin kann insgesamt nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG 2005 droht, weshalb im Ergebnis die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen war.
zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach Abs 3 dieser Bestimmung sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht.
§ 11 Abs 1 AsylG 2005 ordnet an, dass Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21. Mai 2019, Ra 2019/19/0006-3, ausgesprochen, dass aus dem Wortlaut des § 8 Abs 1 AsylG ableitbar ist, dass für die Gewährung subsidiären Schutzes bereits jegliche Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 3 EMRK an sich, und zwar unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).
Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).
Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat; es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.01.2018, Ra2018/18/0001). Dabei handelt es sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118, mwN).
Vor diesem Hintergrund kann es im vorliegenden Fall daher dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatregion möglich ist oder nicht, weil ihm – wie auch von der belangten Behörde ausgeführt – jedenfalls in Mogadischu eine (ihm auch zumutbare) innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht.
Zwar wird nicht verkannt, dass die Sicherheitslage (auch) in der Stadt Mogadischu nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die somalische Regierung bzw. AMISOM die Kontrolle über Mogadischu hat. Darüber hinaus ist Mogadischu eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens sicher erreichbare Stadt.
Aus den Länderfeststellungen geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Mogadischu nicht auszuschließen sind und in regelmäßigen Abständen auch stattfinden. Diese vorwiegend der Terrororganisation Al Shabaab zuzuschreibenden Anschläge richten sich aber überwiegend gegen die Regierung. Die Stadtbewohner sind nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind. Die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen vermag für sich allein betrachtet aber nicht die Schlussfolgerung zu tragen, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre.
Gleiches gilt auch in Bezug auf die Versorgunglage, welche zwar – wie festgestellt – insgesamt nur sehr eingeschränkt möglich, aber dennoch grundlegend gesichert ist. Der aktuellen Berichtslage ist insbesondere e