TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/15 G306 2224691-1

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Veröffentlicht am 15.06.2020
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Entscheidungsdatum

15.06.2020

Norm

BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs1 Z2

Spruch

G306 2224688-1/5E

G306 2224690-1/5E

G306 2224691-1/5E

G306 2224687-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) der XXXX , geb. XXXX , 2.) der XXXX , geb. XXXX , 3.) der XXXX , geb. XXXX , sowie 4.) des XXXX , geb. XXXX , allesamt StA.: Serbien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2019, Zlen. XXXX , XXXX , XXXX und XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass jeweils der Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide entfällt und die Spruchpunkte II. wie folgt zu lauten haben:

„II. Gegen sie wird gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) und gesetzliche Vertreterin der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), der Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3) sowie des Viertbeschwerdeführers (im Folgenden: BF4), wurde wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet am 19.08.2019 sowie 10.09.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

2. Mit den oben im Spruch genannten Bescheiden, den Beschwerdeführern (im Folgenden: BF) zugestellt am 17.09.2019, wurde den BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG, gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 18 Abs .2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V. (BF1) bzw. IV. (BF2 bis BF4), sowie festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 4 eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht bestehe (Spruchpunkt VI (BF1) bzw. Spruchpunkt V. (BF2 bis BF4). Zudem wurde gegen die BF1 gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 6 FPG ein auf drei (3) Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).

3. Am XXXX .2019 wurden die BF auf dem Luftweg nach Serbien abgeschoben.

4. Mit per E-Mail am 15.10.2019 eingebrachtem gemeinsamen Schriftsatz erhoben die BF durch ihre Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).

Darin wurde neben der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Behebung der Rückkehrentscheidungen, die Behebung des gegen die BF1 ausgesprochenen Einreiseverbotes, in eventu die Herabsetzung der Befristung desselben, in eventu die Zurückverweisung der gegenständlichen Rechtssachen zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, in eventu die Zulassung der ordentlichen Revision beantragt.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo sie am 23.10.20 einlangten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF führen die im Spruch genannten Identitäten (Namen und Geburtsdaten) und sind Staatsangehörige von Serbien. Die Muttersprache der BF ist serbisch und sind die BF im Besitz gültiger biometrischer Reisepässe.

Die BF1 ist mit XXXX , geb. XXXX , StA: Serbien, verheiratet und Mutter der gemeinsamen Kinder, der BF2 bis BF4.

Die BF1, die BF2 und die BF3 nahmen beginnend im Jahr 2016 wechselweise in Serbien und Österreich Aufenthalt und hielten sich von 17.01.2018 bis 25.01.2019 durchgehend in Österreich auf, wo der BF4 am XXXX .2018 geboren wurde.

Zuletzt reisten die BF am 19.08.2019 ins Bundesgebiet ein wo sie bis zu ihrer Abschiebung am XXXX .2019 durchgehend aufhältig waren.

Die BF sind und waren nicht im Besitz eines zum Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstitels.

Mit am XXXX .2018 in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung der LPD XXXX , GZ.: XXXX , vom XXXX .2018, wurde die BF1 wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet, sowie – in Verantwortung als Erziehungsberechtigte – auch in Bezug auf die BF2 und die BF3, mit einer Geldstrafe im Gesamtausmaß von EUR 1.200,- belangt. Der Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass die BF1, die B2 und die BF3 sich am XXXX .2018 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, da sie aufgrund ihrer Aufenthaltsnahme in Österreich beginnend am 17.01.2018, in Ermangelung eines zum Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstitels, die höchstzulässige sichtvermerksfreie Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum überschritten haben.

Mit Straferkenntnis der LPD XXXX , GZ.: XXXX , vom XXXX .2019, wurde die BF1 wegen fortgesetzten unrechtmäßigen Aufenthalts seit XXXX .2018 im Bundesgebiet, sowie – in Verantwortung als Erziehungsberechtigte – auch in Bezug auf die BF2 und die BF3, mit einer Geldstrafe im Gesamtausmaß von EUR 5.500,- belangt.

Von 30.05.2017 bis 12.04.2019 waren die BF durchgehend im Bundesgebiet mit Hauptwohnsitz gemeldet und wiesen sie seit 19.08.2019 eine Nebenwohnsitzmeldung in Österreich auf.

Bei der BF1 traten erstmals am XXXX .2018 Komplikationen bei ihrer Schwangerschaft auf wurde der BF1 ab 18.10.2018 eine Reiseunfähigkeit attestiert. Die Geburt des BF4 erfolgte jedoch ohne Komplikationen.

Die BF sind gesund und die BF1 zudem arbeitsfähig. Die BF1 hat in Serbien acht Jahre lang die Schule besucht und ging bis dato keiner Erwerbstätigkeit weder in Serbien noch in Österreich nach. Die BF leben überwiegend vom Einkommen des Mannes der BF1.

Der Mann der BF1 hielt sich von 16.03.2019 bis 18.09.2019 in Österreich auf und ging im Zeitraum 17.04.2019 bis 27.08.2019 Erwerbstätigkeiten in Österreich nach, ohne im Besitz dafür notwendiger Berechtigungen gewesen zu sein, mit welchen er sich seinen Unterhalt in Österreich finanzierte. Darüber hinaus erweist sich dieser als mittellos.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über legale Einnahme- bzw. Geldquellen und/oder einen Rechtsanspruch auf konkrete Geldleistungen verfügt.

Die BF verfügen über keine familiären und sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und halten sich Familienangehörige in Serbien auf, wo diese Liegenschaften besitzen.

Die BF sind der deutschen Sprache nicht mächtig und konnten auch sonst keine Anhaltspukte für das Vorliegen einer besonderen Integration in Österreich festgestellt werden.

In strafrechtlicher Hinsicht erweisen sich die BF als unbescholten.

Serbien gilt als sicheres Herkunftsland und konnten in Bezug auf die BF keine Rückkehrhindernisse festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zu den Feststellungen:

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Insofern oben Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zum Familienstand der BF1, zur Mutterschaft der BF1 gegenüber den BF2 bis BF4, zur Muttersprache der BF, zum Besitz von Reisepässen, zu den wechselweisen Aufenthalten in Österreich und Serbien beginnend mit dem Jahr 2016, zum durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet von 17.01.2018 bis 25.01.2019, zur Rechtskraft der verwaltungsstrafrechtlichen Belangungen der BF1, zum Gesundheitszustand, zur finanziellen Abhängigkeit vom Mann der BF1 sowie zu den fehlenden Deutschsprachkenntnissen der BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Die Ehe mit XXXX beruht auf den Angaben der BF1 vor der belangten Behörde, welche durch Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde gestützt werden (siehe AS 135).

Die Geburt des BF4 in Österreich vermochten die BF durch die Vorlage einer Ablichtung der entsprechenden Geburtsurkunde belegen (siehe AS 109) und konnten die oben genannten Wohnsitzmeldungen durch Abfrage des Zentralen Melderegisters ermittelt werden.

Die letzte Einreise der BF nach Österreich beruht auf deren Angaben vor der belangten Behörde, welche sie in der gegenständlichen Beschwerde bekräftigten und wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgehalten, dass ein diesbezüglicher Einreisevermerk im Reisepass der BF angebracht worden sei, was die Angaben der BF stützt.

Die Abschiebung der BF nach Serbien ergibt sich aus einem Bericht des Stadtpolizeikommandos XXXX , GZ.: XXXX , vom XXXX .2019 (siehe AS 241) und konnte das Fehlen von Aufenthaltstiteln durch Abfrage des Zentralen Fremdenregisters ermittelt werden.

Die verwaltungsstrafrechtlichen Belangungen der BF1 samt deren Begründung sind durch Ausfertigungen der oben zitierten Strafverfügung bzw. –erkenntnis dokumentiert (siehe AS 21 und 55).

Die Wohnsitzmeldungen der BF in Österreich wurden von der belangten Behörde festgestellt und sind im Zentralen Melderegister zudem dokumentiert.

Die Arbeitsfähigkeit der BF1 ergibt sich aus deren Gesundheitszustand sowie der Nichtbehauptung einer Arbeitsunfähigkeit seitens derselben.

Der Schulbesuch in Serbien, das Nichterlernen eines Berufes samt bisheriger Erwerbslosigkeit seitens der BF1, die familiären Anknüpfungspunkte in Serbien und das Fehlen solcher im Bundesgebiet sowie der Besitz von Liegenschaften in Serbien beruhen auf den Angaben der BF1 vor der belangten Behörde.

Ferner vermochten die BF weder legale Einnahmequellen noch sonstige Rechtsansprüche auf Geldleistungen nachzuweisen. Das bloße Vorbringen über Einnahmen aus Liegenschaftsbesitz im Herkunftsstaat zu verfügen und von Seiten des Ehegatten der BF1 finanziell unterstützt zu werden, genügt als Nachweis gegenständlich nicht. So haben die BF weder regelmäßige Zahlungen aus Liegenschaftsvermietungen noch ein Bankkonto nachgewiesen und auch sonst keine Belege über Geldbezugsquellen offengelegt. Zudem wurde seitens des BVwG im am heutigen Tag im zu GZ.: 2224686-1 protokollierten Beschwerdeverfahren des Ehegatten der BF1 ergangenen Erkenntnisses die Mittellosigkeit desselben sowie dessen Nachgehen von unrechtmäßigen Erwerbstätigkeiten im Bundesgebiet aufgrund unzureichender Einkommen in Serbien festgestellt. Auf den Feststellungen im besagten Erkenntnis beruht auch die Feststellung des Aufenthaltes des Ehemannes der BF1 in Österreich.

Das Auftreten von Schwangerschaftskomplikationen am XXXX .2018, die Attestierung einer Reiseunfähigkeit mit XXXX .2018 sowie die komplikationslose Geburt des BF4 vermochte die BF1 durch die Vorlage von medizinischen Unterlagen belegen (siehe AS 93ff) und beruht die Feststellung, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt auf § 1 Z 6 HStV.

Die Nichtfeststellbarkeit von Anhaltspukten für das Vorliegen einer besonderen Integration der BF in Österreich beruht auf dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen Sachverhaltes seitens derselben.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit beruht auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

Letztlich wurde von Seiten der BF keine Rückkehrhindernisse dargetan. Vielmehr gestand die BF1 ein, im Herkunftsstaat über Angehörige und eine Unterkunft zu verfügen und sich im Falle ihrer Arbeitslosigkeit beim serbischen Arbeitsamt anmelden zu können.

2.2.2. Wie die wiederholte niederschriftliche Einvernahme der BF1 vor der belangten Behörde zeigt, wurde dieser hinreichend die Möglichkeit geboten sich zu Sache, sowie zu jener der BF2 bis BF4 zu äußern und Beweismittel in Vorlage zu bringen.

Die bloße Behauptung von Ermittlungsmängeln ohne Nennung der allfällig nicht berücksichtigten Beweismittel und/oder eines nicht erhobenen Sachverhaltes genügt für eine substantiiere Entgegnung keinesfalls. So hätte der BF neben der Nennung allfälliger Ermittlungs-/Einvernahmemängel jene relevanten Sachverhalte und/oder Beweise offenlegen müssen, welche im Falle einer „korrekten“ Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde ins Verfahren eingebracht werden hätten können. Vor dem Hintergrund, dass in der gegenständlichen Beschwerde weder ein relevanter neuer oder von den Feststellungen der belangten Behörde abweichender Sachverhalt konkret vorgebracht noch belegt wurde, gelang den BF im Ergebnis keine substantiierte Entgegnung wodurch ihnen das Aufzeigen relevanter Ermittlungsmängel seitens der belangten Behörde ebenfalls nicht gelang.

Letztlich gelingt es den BF mit dem Verweis auf seinerzeit bestehende Schwangerschaftskomplikationen bei der BF1 auch nicht deren damaligen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu rechtfertigen. Zum einen – wie von der belangten Behörde in ausgeführt – traten diese erst nach bereits erfolgter Überschreitung der höchstzulässigen sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer auf und wurde der BF erst vier Monate nach erstmaligem Auftreten von Komplikationen eine Reiseunfähigkeit attestiert, wobei die Geburt ohne Komplikationen erfolgte. Zum anderen wurde die BF1 zudem wegen des in Rede stehenden unrechtmäßigen Aufenthaltes wiederholt verwaltungsstrafrechtlich belangt und deren tatbestandsmäßiges Verhalten damit rechtskräftig festgestellt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zu den Spruchpunkten I., II. und III. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1.  Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2.         dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4.         ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a.      nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7.         Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

3.1.2.  Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

3.1.2.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Die BF sind aufgrund ihrer serbischen Staatsangehörigkeit sohin Drittstaatsangehörige iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2.2. Staatsangehörige der Republik Serbien, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind nach Art. 1 Abs. 2 iVm Anlage II der Verordnung (EG) Nr. 539/2011 vom 15.03.2001, ABl. L 81 vom 21.03.2001, S. 1, von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerksbefreite Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen. Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art 6 Abs. 4 letzter Absatz Schengener Grenzkodex kann die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und — im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber — Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Die BF fallen nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

3.1.2.3. Die BF sind und waren nicht im Besitz eines zum Aufenthalt in Österreich berechtigenden Rechtstitels und reisten zuletzt am 19.08.2019 ins Bundesgebiet ein.

Die BF wären sohin grundsätzlich zum vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigte gewesen. Jedoch konnten die BF den Besitz von finanziellen Mitteln nicht nachweisen (siehe VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309: wonach Fremde des Besitz von hinreichenden finanziellen Mitteln nachzuweisen haben und diese Geldmittel zudem aus legalen Quellen stammen müssen).

Da der Besitz von – aus legalen Quellen – stammender finanzieller Mittel in Bezug auf die BF nicht festgestellt werde konnte, erfüllen diese die sichtvermerksfreien Einreise- und Aufenthaltsbedingungen iSd. oben zitierten Bestimmungen nicht und erweist sich der aktuelle Aufenthalt der BF in Österreich als durchgehend unrechtmäßig.

Aufgrund des unrechtmäßigen Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet und deren nach Erlass des gegenständlich angefochtenen Bescheides am XXXX .2019 erfolgten Abschiebung aus Österreich, ist gegenständlich die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage zu prüfen. (vgl. VwGH Ra 2017/21/0234).

3.1.2.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. „legitimate family“ bzw. „famille légitime“) oder einer unehelichen Familie („illegitimate family“ bzw. „famille naturelle“), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, ?erife Yi?it, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

-        die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

-        das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

-        die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

-        den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

-        die Bindungen zum Heimatstaat,

-        die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

-        auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).

Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

3.1.2.5. Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).

Die BF verfügen weder über berücksichtigungswürdige familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich noch können sie auf einen längeren Aufenthalt in Österreich zurückblicken. Auch sonst konnten keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Integration in Österreich festgestellt werden und halten sich Familienangehörige der BF in Serbien auf.

Nach einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG, unter Beachtung der ständigen Judikatur des VwGH, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293) ein hoher Stellenwert zuzukommen habe, ist die belangte Behörde sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts der BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet verfahrensgegenständlich überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

3.1.2.6. Schließlich, unter Verweis auf die Judikatur des VwGH, wonach über die Unzulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz abzusprechen sei und demzufolge die Feststellung iSd. § 52 Abs. 9 FPG bloß der Festlegung des Zielstaates der Abschiebung diene, (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119), jedoch dem Vorbringen substantiierter Rückkehrhindernisse Beachtung zu schenken sei (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234) sind im Hinblick auf die gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung der BF nach Serbien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert behauptet. (vgl. auch VwGH 22.01.2013, 2012/18/0182; 17.04.2013, 2013/22/0068; 20.12.2012, 2011/23/0480, wonach im Verfahren über das Treffen einer Rückkehrentscheidung nicht primär die Fragen des internationalen Schutzes im Vordergrund stünden, sondern dies Aufgabe eines eigenen Verfahrens sei).

Da die BF am XXXX .2019 nach Serbien abgeschoben wurden, war aufgrund des Wegfalles der Voraussetzung für eine amtswegige Prüfung iSd. § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG (unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet), verfahrensgegenständlich ein Abspruch über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der diesbezüglichen Aufenthaltstatbestände iSd. § 57 AsylG nicht vorzunehmen. (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra2017/21/0234)

Demzufolge waren die Beschwerden in diesem Umfang – unter Aufhebung der Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheides – spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides der BF1 ausgesprochenen Einreiseverbotes:

3.2.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.         den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.         bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3.         ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4.         ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

3.2.2. Die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot war abzuweisen: Dies aus folgenden Erwägungen:

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FrPolG 2005 etwa VwGH 22.1.2013, 2012/18/0191; 13.9.2012, 2011/23/0156, jeweils mwN; vgl. weiters der Sache nach bei der Beurteilung gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 auf diese Judikatur abstellend VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0129, Rn. 11 und 12). (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309)

Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen. (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

Die BF1 vermochte den Besitz von hinreichenden aus legalen Quellen stammenden Geldmittel nicht nachzuweisen.

Damit ist der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG dem Grunde nach erfüllt.

Darüber hinaus wurde die BF1 bereits zweimal wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet verwaltungsstrafrechtlich belangt und nahm dennoch erneut unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich. Letztlich zeigt sich die BF1 zudem nicht einsichtig, sondern versucht durch Verweis auf schwangerschaftsbedingte Gesundheitsprobleme die Unrechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes zu rechtfertigen. Dabei lässt diese jedoch außer Acht, dass – wie bereits oben ausgeführt – die besagten Komplikationen erst nachdem die BF1 bereits die höchstzulässige Aufenthaltsdauer überschritten hatte, sohin nachdem ihr Aufenthalt unrechtmäßig wurde eintraten und eine Reiseunfähigkeit der BF erst Monate danach attestiert worden ist. Der bloße Verweis auf unbelegte Einkommen und die Behauptung nicht von der Unrechtmäßigkeit der Erwerbstätigkeit ihres Mannes gewusst zu haben, vermag als Rechtfertigung gegenständlich ebenfalls nicht zu genügen. Vielmehr hätte die BF1 sich vor deren Einreise nach Österreich bzw. den Schengen-Raum über die gültigen Bestimmungen zu informieren und das Vorliegen der Voraussetzungen, sohin auch die Herkunft allfälliger finanzieller Mittel zu prüfen gehabt.

Der BF1 sind sohin wiederholte teils über einen längeren Zeitraum hinweg anhaltende Rechtsverstöße anzulasten, welche nahelegen, dass die BF1 im Grunde kein großes Interesse an der Beachtung gültiger Rechtsnormen hegt.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich Verstöße gegen fremden-, unions-, und verwaltungsrechtliche Bestimmungen, kann eine maßgebliche Gefährdung von öffentlichen Interessen als gegeben angenommen werden [vgl. insbesondere VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282 (von mit Mittellosigkeit einhergehende potentielle Gefährdung öffentlicher Interessen), VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293 (Beachtlichkeit der Einhaltung fremdenrechtlicher Normen) und VwGH 06.03.2009, AW 2009/18/0050 (Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen durch unrechtmäßige Aufenthaltsnahme)]

Ferner lässt die BF1 – wie oben ausgeführt – Reue und Einsicht vermissen. Der BF1 zeigte sich weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde geständig. Vor diesem Hintergrund kann eine neuerliche Einreise und unrechtmäßige Aufenthaltsnahme in Österreich durch die BF1 nicht ausgeschlossen werden, weshalb dieser auch keine positive Zukunftsprognose erstellt werden kann.

Es kann daher der belangten Behörde nichts vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer maßgeblichen Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Ordnung, sowie wirtschaftlicher Belange Österreichs ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Verstöße gegen österreichische und unionsrechtliche Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele geboten erscheint.

So hat auch der VwGH festgehalten, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiere, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist. (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282)

Auch die im Lichte des Art 8 EMRK gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen der BF1 mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte im gegenständlichen Einzelfall eine

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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