TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/16 W237 2170712-1

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Veröffentlicht am 16.06.2020
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Entscheidungsdatum

16.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs3
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W237 2170712-1/28E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Martin WERNER über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX alias XXXX ), StA. Somalia, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2017, Zl. 1072336710-150626425, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.05.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Z 1, § 57 und § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 55 Abs. 3 FPG wird die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum 31.07.2020 festgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise ins Bundesgebiet am 07.06.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1. Anlässlich dessen wurde er am 09.07.2015 niederschriftlich zu seinem Reiseweg nach Österreich, seinem Herkunftsort, seinen Familienangehörigen im Herkunftsland sowie seinen wesentlichen Fluchtgründen polizeilich erstbefragt.

1.2. Nach Weiterreise und anschließender Rücküberstellung des Beschwerdeführers aus Deutschland fand am 21.07.2017 eine Einvernahme mit ihm vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in der der Beschwerdeführer näher zu seiner Herkunft aus Somalia, seinem Werdegang sowie seinen Fluchtgründen befragt wurde.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 22.08.2017 den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu, erließ im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt III.); schließlich hielt die Behörde fest, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

2. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid durch seinen zur vollumfänglichen Vertretung im Beschwerdeverfahren bevollmächtigten Rechtsberater am 05.09.2017 Beschwerde.

2.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte diese dem Bundesverwaltungsgericht am 15.09.2017 samt Bezug habendem Verwaltungsakt vor.

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 17.05.2018 eine mündliche Verhandlung an, zu welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschien; der Rechtsberater gab daraufhin dem Bundesverwaltungsgericht bekannt, dass die ihm erteilte Vertretungsvollmacht zurückgelegt werde.

2.3. Am 18.05.2018 stellte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren über die Beschwerde gemäß § 24 Abs. 2 erster Satz AsylG 2005 ein, weil der Beschwerdeführer nicht aufrecht im Bundesgebiet gemeldet war und sein Rechtsberater keinen Kontakt zu ihm herstellen konnte.

2.4. Der Beschwerdeführer wurde am 13.09.2018 aus Deutschland rücküberstellt und nach der Stellung eines weiteren Antrags auf internationalen Schutz am 18.09.2018 zunächst polizeilich erstbefragt und sodann am 29.11.2018 seitens des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dieses regte in weiterer Folge die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens beim Bundesverwaltungsgericht an.

Mit Beschluss vom 18.01.2019 setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 2 zweiter Satz AsylG 2005 fort.

2.5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 29.05.2020 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und eines Dolmetschers für die somalische Sprache eine öffentliche mündliche Verhandlung durch; an der Verhandlung nahm ebenso der Rechtsberater des Beschwerdeführers teil, den dieser neuerlich zur vollumfänglichen Vertretung im Beschwerdeverfahren bevollmächtigte. In der Verhandlung wurde der Beschwerdeführer näher zu seinem Werdegang, seiner behaupteten Herkunftsregion in Somalia sowie seinem Leben in Österreich näher befragt. Weiters führte der erkennende Richter weitere Länderinformationen und Berichte in das Verfahren ein und räumte dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen ein, um zu diesen Berichten Stellung zu nehmen.

2.6. Am 09.06.2020 erstattete der Beschwerdeführer eine schriftliche Stellungnahme dahingehend, dass die ins Verfahren eingeführten Berichte seine Angaben zu seiner Clanzugehörigkeit decken würden; aus den Berichten gehe auch hervor, dass seine Rückkehr nach Somalia einer Verletzung seiner Rechte nach Art. 3 EMRK gleichkomme. Da auch eine Niederlassung in Mogadischu für ihn nicht in Betracht komme, halte er seine Beschwerde aufrecht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist ein somalischer Staatsangehöriger und bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er gelangte Anfang Juni 2015 nach Österreich und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz; der Verfahrensgang wird wie unter Pkt. I dargelegt festgestellt. Seinen Antrag begründete der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, in der südsomalischen Region Buulobarde als Ziegenhirte aufgewachsen zu sein und dem Minderheitsclan der Gabooye bzw. Madhibaan angehört zu haben. Er habe sich in ein Mädchen eines höher stehenden Clans verliebt, das von ihm schwanger geworden sei. Daraufhin habe er sich verstecken müssen, weil die Brüder des Mädchens der Terrormiliz Al Shabaab angehört und den Beschwerdeführer sonst gesteinigt hätten. Schließlich habe er sich auf Anraten seines Vaters zur Flucht aus Somalia entschlossen; als er bereits in der Türkei gewesen sei, hätten die Familienmitglieder des Mädchens den Vater des Beschwerdeführers umgebracht.

Ende 2016 oder Anfang 2017 reiste der Beschwerdeführer zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt nach Deutschland und stellte dort ebenfalls einen Asylantrag; der Beschwerdeführer wurde im April 2017 aus Deutschland nach Österreich rücküberstellt. Im März 2018 reiste er erneut nach Deutschland, von wo er am 13.09.2018 rücküberstellt wurde; anschließend stellte er einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen seines Aufenthalts im Inland befand sich der Beschwerdeführer aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet; er lebt in einer Privatwohnung und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Der strafgerichtlich unbescholtene und gesunde Beschwerdeführer geht derzeit keiner legalen Arbeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er leistete im Juni und Juli 2019 in der Straßenreinigung und Gartenpflege Aushilfstätigkeiten in seiner damaligen oberösterreichischen Wohnsitzgemeinde; an zwei Tagen im November 2016 arbeitete er unentgeltlich beim Auf- und Abbau eines Bücherflohmarkts mit. Weiters ist der Beschwerdeführer seit mehreren Jahren Mitglied eines Chors. Er besuchte Deutschkurse des Sprachniveaus A1, absolvierte im Juli 2019 eine entsprechende Sprachprüfung und vermag sich in gebrochenem Deutsch mit einfachen Sätzen auf alltagstauglichem Niveau zu verständigen.

1.2. Die konkrete Herkunft, Identität und Clanzugehörigkeit des Beschwerdeführers sind unbekannt; er erstattete im Asylverfahren sowohl diesbezüglich als auch hinsichtlich des Grundes seiner Reise nach Europa unwahre Angaben. Ob und bejahendenfalls wo der Beschwerdeführer familiäre Angehörige in Somalia hat, ist ebenso unbekannt wie seine dortige Vermögenssituation.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:

Politische Lage

Hinsichtlich der meisten Tatsachen ist das Gebiet von Somalia faktisch zweigeteilt, nämlich in: a) die somalischen Bundesstaaten; und b) Somaliland, einen 1991 selbst ausgerufenen unabhängigen Staat, der international nicht anerkannt wird (AA 4.3.2019, S.5), aber als autonomer Staat mit eigener Armee und eigener Rechtsprechung funktioniert (NLMBZ 3.2019, S.7). Während Süd-/Zentralsomalia seit dem Zusammenbruch des Staates 1991 immer wieder von gewaltsamen Konflikten betroffen war und ist, hat sich der Norden des Landes unterschiedlich entwickelt (BS 2018, S.4).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2018, S.5). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten (AA 5.3.2019b). Das Land hat bei der Bildung eines funktionierenden Bundesstaates Fortschritte erzielt (UNSC 15.5.2019, Abs.78), staatliche und regionale Regierungsstrukturen wurden etabliert (ISS 28.2.2019). Der Aufbau von Strukturen auf Bezirksebene geht hingegen nur langsam voran (UNSC 15.5.2019, Abs.50).

Somalia ist damit zwar kein failed state mehr, bleibt aber ein fragiler Staat. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind sehr schwach, es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt (AA 4.3.2019, S.4f). Die Regierung verfügt kaum über eine Möglichkeit, ihre Politik und von ihr beschlossene Gesetze im Land durch- bzw. umzusetzen (FH 5.6.2019b, C1). Das Land befindet sich immer noch mitten im Staatsbildungsprozess (BS 2018, S.33).

Die Herausforderungen sind dabei außergewöhnlich groß, staatliche Institutionen müssen von Grund auf neu errichtet werden. Zusätzlich wird der Wiederaufbau durch die Rebellion von al Shabaab, durch wiederkehrende Dürren und humanitäre Katastrophen gehemmt. Außerdem sind Teile der staatlichen Elite mehr mit der Verteilung von Macht und Geld beschäftigt, als mit dem Aufbau staatlicher Institutionen (BS 2018, S.33). In vielen Bereichen handelt es sich bei Somalia um einen „indirekten Staat“, in welchem eine schwache Bundesregierung mit einer breiten Palette nicht-staatlicher Akteure (z.B. Clans, Milizen, Wirtschaftstreibende) verhandeln muss, um über beanspruchte Gebiete indirekt Einfluss ausüben zu können (BS 2018, S.23). Zudem ist die Bundesregierung finanziell von Katar abhängig, das regelmäßig außerhalb des regulären Budgets Geldmittel zur Verfügung stellt (SEMG 9.11.2018, S.30).

Somalia ist keine Wahldemokratie, auch wenn die Übergangsverfassung eine Mehrparteiendemokratie und Gewaltenteilung vorsieht (BS 2018, S.13f). Es gibt keine freien und fairen Wahlen auf Bundes- (USDOS 13.3.2019, S.23; vgl. FH 5.6.2019b, A1) und auch keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler oder regionaler Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 4.3.2019, S.5f). Allgemeine Wahlen sind für das Jahr 2020 geplant (AA 5.3.2019b). Angesichts der bestehenden Probleme bleibt aber abzuwarten, ob diese Wahlen wirklich stattfinden werden (NLMBZ 3.2019, S.9). Bei den Vorbereitungen dafür wurden bisher nur wenige Fortschritte gemacht (FH 5.6.2019b, A3). Eigentlich sollte die Bundesregierung auch die Übergangsverfassung noch einmal überarbeiten, novellieren und darüber ein Referendum abhalten. Dieser Prozess ist weiterhin nicht abgeschlossen (USDOS 13.3.2019, S.23), und es gibt diesbezüglich Konflikte mit den Bundesstaaten (NLMBZ 3.2019, S.7).

Die beiden Kammern des Parlaments wurden mittels indirekter Wahlen durch ausgewählte Älteste Ende 2016 / Anfang 2017 besetzt (USDOS 13.3.2019, S.1/23). Über 14.000 Wahlmänner und -frauen waren an der Wahl der 275 Abgeordneten beteiligt. Zuvor waren Abgeordnete unmittelbar durch einzelne Clanälteste bestimmt worden (AA 4.3.2019, S.6; vgl. AA 5.3.2019b). Das Unterhaus wurde nach Clan-Zugehörigkeit besetzt, das Oberhaus nach Zugehörigkeit zu Bundesstaaten. Die Wahlen zu beiden Häusern wurden generell als von Korruption durchsetzt und geschoben erachtet (USDOS 13.3.2019, S.1/23). Sie wurden von Schmiergeldzahlungen, Einschüchterungen, Stimmenkauf und Manipulation begleitet (BS 2018, S.14/19). Dieses Wahlsystem ist zwar noch weit von einer Demokratie entfernt und unterstreicht die Bedeutung der politischen Elite (BS 2018, S.22). Trotz allem waren die Parlamentswahlen ein bemerkenswerter demokratischer Fortschritt (AA 4.3.2019, S.6; vgl. AA 5.3.2019b; BS 2018, S.22).

Insgesamt erfolgte die Zusammensetzung des Unterhauses entlang der 4.5-Formel, wonach den vier Hauptclans jeweils ein Teil der Sitze zusteht, den kleineren Clans und Minderheiten zusammen ein halber Teil (USDOS 13.3.2019, S.26; vgl. BS 2018, S.13f). Die 4.5-Formel hat zwar politischen Fortschritt gewährleistet, ist aber zugleich Ursprung von Ressentiments (SRSG 13.9.2018, S.2).

Die Präsidentschaftswahl fand am 8.2.2017 statt. Die beiden Parlamentskammern wählten den früheren Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmaajo“ zum Präsidenten (AA 4.3.2019, S.6; vgl. BS 2018, S.14; USDOS 13.3.2019, S.1). Seine Wahl wurde als fair und transparent erachtet (USDOS 13.3.2019, S.1). Im März 2017 bestätigte das Parlament Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 5.3.2019b; vgl. BS 2018, S.14). Die aktuelle Regierung agiert wie eine Regierung der nationalen Einheit. Sie wurde so zusammengesetzt, dass alle relevanten Clans und Gruppen sich in ihr wiederfinden (AA 4.3.2019, S.10).

Das Konzept einer politischen Opposition ist nur schwach ausgeprägt, die Regeln der Politik sind abgestumpft. Misstrauensanträge, Amtsenthebungsverfahren und Wahlen werden zur Bereicherung und zum politischen Machtausbau missbraucht (SRSG 13.9.2018, S.4). Generell sind die Beziehungen zwischen Bundesregierung und Parlament problematisch. Außerdem kam es 2018 zu einer großen Zahl an Personaländerungen, so wurde etwa der Bürgermeister von Mogadischu, zahlreiche Minister und der Chief Justice ersetzt (NLMBZ, S.8f). Ein nationaler Versöhnungsprozess ist in Gang gesetzt worden. Dieser wird international unterstützt (UNSC 21.12.2018, S.6).

Föderalisierung: Während im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, wurden im Rahmen eines international vermittelten Abkommens von 2013 bis 2016 die Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und HirShabelle neu gegründet (AA 5.3.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019, S.1; BS 2018, S.4f/12). Offen sind noch der finale Status und die Grenzen der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 5.3.2019b; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.22). Mit der Gründung der Bundesstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel konnten wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus gestellt werden (AA 4.3.2019, S.4). Beim Prozess der Föderalisierung gab es in den letzten Jahren signifikante Fortschritte (BS 2018, S.3). Allerdings hat keine dieser Verwaltungen die volle Kontrolle über die ihr nominell unterstehenden Gebiete (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. BS 2018, S.15).

Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance: Galmudug und HirShabelle für die Hawiye; Puntland und Jubaland für die Darod; der SWS für die Rahanweyn; Somaliland für die Dir. Allerdings finden sich in jedem Bundesstaat Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plötzlich zur Minderheit wurden (BFA 8.2017, S.55f).

Wichtige Detailfragen zur föderalen Staatsordnung sind weiterhin ungeklärt, z.B. die Einnahmenverteilung zwischen Bund und Bundesstaaten; die jeweiligen Zuständigkeiten im Sicherheitsbereich; oder die Umsetzung der für 2020 geplanten Wahlen (AA 5.3.2019b; vgl. NLMBZ 3.2019, S.7) – und die gesamte Frage der Machtverteilung zwischen Bund und Bundesstaaten (UNSC 15.5.2019, Abs.25; vgl. UNSC 21.12.2018, S.5).

Die Bundesregierung tut sich schwer, in den Bundesstaaten Macht und Einfluss geltend zu machen (NLMBZ 3.2019, S.7). Außerdem kommt es in den Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten immer wieder zu (politischen) Spannungen (AA 5.3.2019b; vgl. NLMBZ 3.2019, S.7), die manchmal auch in Gewalt eskalierten (BS 2018, S.4).

Zusätzlich haben die Bundesstaaten abseits des Nationalen Sicherheitsrates 2017 einen Kooperationsrat der Bundesstaaten (CIC) geschaffen, welcher unter Ausschluss der Bundesregierung arbeitet (SEMG 9.11.2018, S.5; vgl. AA 5.3.2019b). Während andere Mitglieder des CIC den Dialog mit der Bundesregierung verweigerten (AMISOM 12.10.2018), hat der Präsident von HirShabelle, Mohamed Abdi Waare, diesen zwischenzeitlich gesucht (AMISOM 12.10.2018; vgl. UNSC 21.12.2018, S.1). Der CIC hat bereits zweimal die Kooperation mit der Bundesregierung suspendiert (SEMG 9.11.2018, S.31f), so etwa im September 2018. Im Oktober 2018 haben alle Bundesstaaten außer HirShabelle angekündigt, gemeinsame Sicherheitskräfte aufzustellen (UNSC 21.12.2018, S.1). Generell herrscht zwischen Bundesregierung und Bundesstaaten ein besorgniserregendes Maß an Misstrauen (SRSG 13.9.2018, S.3). Dadurch wird auch die Lösung von Schlüsselfragen zu Politik und Sicherheit behindert (UNSC 15.5.2019, Abs.2; vgl. SRSG 3.1.2019, S.2).

Bei dieser Auseinandersetzung kommt u.a. die Krise am Golf zu tragen: In Somalia wird eine Art Stellvertreterkrieg ausgetragen, bei welchem die unterschiedlichen Interessen und Einflüsse speziell von Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine Rolle spielen. Dies hat die schon bestehenden Spannungen zwischen der Bundesregierung und den Bundesstaaten weiter verschärft, erstere ist in zunehmende Isolation geraten (SEMG 9.11.2018, S.4/30; vgl. ICG 12.7.2019, S.9; FH 5.6.2019b, C1). Diese Entwicklung hat zur Destabilisierung Somalias beigetragen (NLMBZ 3.2019, S.10). Allerdings gibt es zumindest Anzeichen für eine Verbesserung der Situation (UNSC 15.5.2019, Abs.80). So hat sich Präsident Farmaajo für die Verschlechterung der Beziehungen zu den Bundesstaaten öffentlich entschuldigt (ICG 12.7.2019, S.9). Die Bundesregierung versucht insbesondere HirShabelle und Galmudug in ihr Lager zu ziehen (BMLV 3.9.2019). Trotzdem bleiben die Spannungen bestehen (UNSC 15.8.2019, Abs.2).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019b): Somalia – Innenpolitik, URL, Zugriff 10.4.2019

-        AMISOM (5.7.2019): Somalia starts process to integrate Ahlu Sunna forces into the Somali Security Forces, URL, Zugriff 16.7.2019

-        AMISOM (17.1.2019a): 17 January 2019 - Morning Headlines [Quelle: Halbeeg News], Newsletter per E-Mail

-        AMISOM (15.1.2019a): 15 January 2019 - Daily Monitoring Report [Quelle: Halbeeg News], Newsletter per E-Mail

-        AMISOM (12.10.2018): 12 October 2018 - Daily Monitoring Report [Quelle: Jowhar News], Newsletter per E-Mail

-        BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Deutschland) (26.8.2019): Briefing Notes 26. August 2019

-        BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, URL, Zugriff 31.5.2019

-        BMLV - Bundesministerium für Landesverteidigung (Österreich) (3.9.2019): Anfragebeantwortung an die Staatendokumentation

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, URL, Zugriff 19.3.2019

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, URL, Zugriff 24.6.2019

-        FH - Freedom House (5.6.2019b): Freedom in the World 2019 - Somalia, URL, Zugriff 22.7.2019

-        ICG - International Crisis Group (12.7.2019): Somalia-Somaliland: The Perils of Delaying New Talks - Africa Report N°280, URL, Zugriff 8.7.2019

-        ISS - Institute for Security Studies / Meressa K Dessu / Dawit Yohannes (28.2.2019): Is this the right time to downsize AMISOM?, URL, Zugriff 13.3.2019

-        ME - Militärstrategischer Experte (27.6.2019): Interview mit der Staatendokumentation

-        Mohamed, Abdirizak Omar / Hiiraan.com (17.8.2019): The Recent Al-Shabab Resurgence: Policy Options for Somalia, URL, Zugriff 23.8.2019

-        NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somalia (nicht veröffentlichte englische Version), niederländische Version auf URL, 18.6.2019

-        SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group / UN Security Council (9.11.2018): Report of the Monitoring Group on Somalia and Eritrea submitted in accordance with resolution 2385 (2017), URL, Zugriff 8.1.2019

-        SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Nicholas Haysom (3.1.2019): Statement to the Security Council on Somalia, URL, Zugriff 6.5.2019

-        SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Michael Keating (13.9.2018): Briefing to the Security Council on Somalia, URL, Zugriff 6.5.2019

-        UNSC - UN Security Council (15.8.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 22.8.2019

-        UNSC - UN Security Council (15.5.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 15.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (27.12.2018): January 2019 Monthly Forecast, URL, Zugriff 15.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 7.5.2019

-        UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (24.10.2017): Mohamed Abdi Waare inaugurated as the second President of HirShabelle state, URL, Zugriff 4.9.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, URL, Zugriff 18.3.2019

-        VOA - Voice of America / Mohamed Olad Hassan (20.12.2018): Somalia's Parliament Drops Impeachment of President, URL, Zugriff 22.1.2019

Somaliland

Die Republik Somaliland hat sich im Mai 1991 für unabhängig erklärt, wurde aber bis dato international nicht anerkannt (BS 2018, S.4; vgl. AA 4.3.2019, S.5f). Die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten bemühen sich in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit (AA 4.3.2019, S.5f).

Obwohl Somaliland kaum internationale Unterstützung erhielt, gilt das Land heute als Vorbildstaat am Horn von Afrika (SZ 13.2.2017; vgl. ECO 13.11.2017). Somaliland hat schrittweise staatliche Strukturen wieder aufgebaut und war auch bei demokratischen Reformen erfolgreich (BS 2018, S.4/23/33; vgl. UNDP 10.12.2017). Das Land verfügt über zahlreiche Zeichen der Eigenständigkeit: Es gibt eine Zivilverwaltung, Streitkräfte, eine eigene Währung (ICG 12.7.2019, S.1), eine Regierung, eine Verfassung und seit Jahren ökonomische Stabilität (DW 30.11.2018). Mit internationaler Hilfe konnten Bezirksverwaltungen und Bezirksräte etabliert werden (BFA 8.2017, S.94).

Seit 1997 herrschen Frieden und politische Stabilität (BS 2018, S.32). Die Regierung bekennt sich zu Demokratie und Marktwirtschaft (BS 2018, S.37). Die Bindung bzw. das Commitment Somalilands zum demokratischen System ist groß (BS 2018, S.21f), denn letzteres hat sich aus einer Reihe großer Clankonferenzen entwickelt und ist damit mit einem hohen Maß an Legitimität versehen. Der gesellschaftliche Zusammenhalt zwischen Regierung und Bürgern ist ungewöhnlich stark (ECO 13.11.2017). Die demokratischen Institutionen Somalilands sind relativ stabil, es mangelt aber an Ressourcen und Expertise (BS 2018, S.21f).

Trotzdem kämpft das Land mit massiven strukturellen Restriktionen. Der Staatsapparat bleibt schwach und unterfinanziert und das Land ist von einem inakzeptablen Maß an Armut geprägt (BS 2018, S.33). Der Staat ist von Wirtschaftstreibenden abhängig, auf allen Ebenen der Verwaltung kommt es zu Korruption und Clan-Patronage (BS 2018, S.6/21f). Zudem sind staatliche Institutionen bei ihren Entscheidungen an das Einverständnis einflussreicher Clanältester gebunden, wenn sie Spannungen und – in Einzelfällen – Gewalt vorbeugen wollen (BS 2018, S.15). Dabei hat Somaliland aber im Wesentlichen mit Verhandlungen zwischen und mit unterschiedlichen Akteuren gute Erfahrungen gemacht (BS 2018, S.36).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019b): Somalia – Innenpolitik, URL, Zugriff 10.4.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-        AMISOM (15.1.2019b): 15 January 2019 - Daily Monitoring Report [Quelle: Somaliland Standard], Newsletter per E-Mail

-        BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, URL, Zugriff 31.5.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, URL, Zugriff 19.3.2019

-        DW - Deutsche Welle (30.11.2018): Somaliland: Return of the migrants, URL, Zugriff 19.7.2019

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation, URL, Zugriff 24.6.2019

-        ECO - The Economist (13.11.2017): Why Somaliland is east Africa’s strongest democracy, URL, Zugriff 19.7.2019

-        FH - Freedom House (5.6.2019a): Freedom in the World 2019 - Somaliland, URL, Zugriff 22.7.2019

-        ICG - International Crisis Group (12.7.2019): Somalia-Somaliland: The Perils of Delaying New Talks - Africa Report N°280, URL, Zugriff 8.7.2019

-        ISS - Institute for Security Studies (10.1.2018): Somaliland's New President Has Work to Do, URL, Zugriff 19.7.2019

-        SZ - Süddeutsche Zeitung / von Eichhorn, Caroline (13.2.2017): Wo Mütter die Wirtschaft schmeißen, URL, Zugriff 19.7.2019

-        UNDP - UN Development Programme (10.12.2017): Somaliland applies global resilience expertise to drought response, URL, Zugriff 19.7.2019

-        UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, URL, Zugriff 12.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (15.5.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 15.7.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, URL, Zugriff 18.3.2019

Puntland

Puntland hat sich 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Es strebte nie eine Unabhängigkeit von Somalia an und wurde vielmehr zum Vorbild bei der Bildung weiterer Bundesstaaten (BS 2018, S.4/12). Heute ist Puntland einer von fünf Bundesstaaten Somalias – allerdings mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden (AA 4.3.2019, S.5; vgl. AA 5.3.2019b; BS 2018, S.4), und damit ist Puntland insgesamt weniger fragil als die südlicher gelegenen Bundesstaaten (AA 4.3.2019, S.11; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.33f).

Bereits im Jahr 2014 kam es zu einem friedlichen Machtwechsel an der Staatsspitze (USDOS 13.3.2019, S.24). Anfang 2019 wählte das Parlament Saed Abdullahi Deni zum neuen Präsidenten. Er hat sich in mehreren Wahlgängen gegen insgesamt 20 Konkurrenten durchgesetzt. Der bisherige Präsident Abdiweli Mohamed Ali „Gaas“ wurde abgewählt (VOA 8.1.2019; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.5). Auch dieser Machtwechsel verlief friedlich (AA 5.3.2019b; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.5). Zuvor war im Dezember 2018 das Parlament neu besetzt worden. Die Clans haben 66 Mitglieder als Abgeordnete nominiert (UNSC 21.12.2018, S.2; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.5). Im Jahr 2012 hat das Parlament eine Verfassung verabschiedet, welche ein Mehrparteiensystem vorsieht (USDOS 13.3.2019, S.24).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019b): Somalia – Innenpolitik, URL, Zugriff 10.4.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, URL, Zugriff 19.3.2019

-        LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (3.7.2019): Säkerhetssituationen i Somalia, URL, Zugriff 29.8.2019

-        UNSC - UN Security Council (15.5.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 15.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 7.5.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, URL, Zugriff 18.3.2019

-        VOA - Voice of America / Mohamed Olad Hassan (8.1.2019): Somalia's Puntland Region Elects New President, URL, Zugriff 22.1.2019

Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten

Die Sicherheitslage bleibt instabil und unvorhersagbar (AMISOM 7.8.2019, S.2). Zwar ist es im Jahr 2018 im Vergleich zu 2017 zu weniger sicherheitsrelevanten Zwischenfällen und auch zu einer geringeren Zahl an Todesopfern gekommen, doch ist die Sicherheitslage weiterhin schlecht. Sie ist vom bewaffneten Konflikt zwischen AMISOM (African Union Mission in Somalia), somalischer Armee und alliierten Kräften auf der einen und al Shabaab auf der anderen Seite geprägt. Zusätzlich kommt es in ländlichen Gebieten zu Luftschlägen (NLMBZ 3.2019, S.17). Weiterhin führt der Konflikt unter Beteiligung der genannten Parteien zu zivilen Todesopfern, Verletzten und Vertriebenen (USDOS 13.3.2019, S.1). Wer sich in Somalia aufhält, muss sich der Gefährdung durch Terroranschläge, Kampfhandlungen, Piraterie sowie kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein (AA 17.9.2019). Auch der Konflikt um Ressourcen (Land, Wasser etc.) führt regelmäßig zu Gewalt (BS 2018, S.31).

Die Regierung und ihre Verbündeten kontrollieren zwar viele Städte, darüber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Behörden oder Verwaltungen gibt es nur in den größeren Städten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Städten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das „urban island scenario“ besteht also weiterhin, viele Städte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich große Teile des Raumes in Süd-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017, S.21; vgl. BMLV 3.9.2019).

Dahingegen können nur wenige Gebiete in Süd-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden – etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies für größere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017, S.21/91f; vgl. BMLV 3.9.2019). Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen (ACLED 2019). Auch das Maß an Kontrolle über bzw. Einfluss auf einzelne Gebiete variiert. Während Somaliland die meisten der von ihm beanspruchten Teile kontrolliert, ist die Situation in Puntland und – in noch stärkerem Ausmaß – in Süd-/Zentralsomalia komplexer. In Mogadischu und den meisten anderen großen Städten hat al Shabaab keine Kontrolle, jedoch eine Präsenz. Dahingegen übt al Shabaab über weite Teile des ländlichen Raumes Kontrolle aus. Zusätzlich gibt es in Süd-/Zentralsomalia große Gebiete, wo unterschiedliche Parteien Einfluss ausüben; oder die von niemandem kontrolliert werden; oder deren Situation unklar ist (LIFOS 9.4.2019, S.6).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (17.9.2019): Somalia – Reise- und Sicherheitshinweise – Reisewarnung, URL, Zugriff 17.9.2019

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2019): Africa (Data through 19 January 2019), URL, Zugriff 23.1.2019

-        AMISOM (7.8.2019): Progress Report of the Chairperson of the Commission on the situation in Somalia/AMISOM, URL, Zugriff 22.8.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, URL, Zugriff 19.3.2019

-        BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, URL, Zugriff 31.5.2019

-        LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (9.4.2019): Somalia – Folkbokförning, medborgarskap och identitetshandlngar, URL, Zugriff 8.5.2019

-        NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somalia (nicht veröffentlichte englische Version), niederländische Version auf URL, 18.6.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, URL, Zugriff 18.3.2019

Somaliland

Der in Somaliland etablierten de facto-Regierung ist es gelungen, ein für die Region durchaus bemerkenswertes Maß an Stabilität und Ordnung herzustellen (AA 5.3.2019b; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.45). Friede und politische Stabilität wurden 1997 erlangt (BS 2018, S.32), und es ist dort auch nach wie vor vergleichsweise friedlich (BS 2018, S.9; vgl. DW 30.11.2018). Die Regierung übt über das ihr unterstehende Gebiet Kontrolle aus (USDOS 13.3.2019, S.1; vgl. LIFOS 9.4.2019, S.6), nur das Randgebiet zu Puntland ist umstritten (LIFOS 9.4.2019, S.6), bzw. hat die Regierung dort nicht die volle Kontrolle (FH 5.6.2019a, C1).

Die Sicherheitskräfte können in einem vergleichsweise befriedeten Umfeld ein höheres Maß an Sicherheit im Hinblick auf terroristische Aktivitäten und allgemeine Kriminalität herstellen als in anderen Landesteilen. Dies gilt insbesondere für die Regionen Awdal und Woqooyi Galbeed mit den Städten Hargeysa und Berbera (AA 17.9.2019). Somaliland ist damit das sicherste Gebiet Somalias, die Sicherheitslage ist dort deutlich stabiler (UNHRC 6.9.2017, Abs.52/71ff; AA 4.3.2019, S.4; ÖB 9.2016, S.23). Mehrere Quellen bezeichnen Somaliland als sicher. Die Einwohner bewegen sich frei und gewiss, nicht angegriffen zu werden. In Hargeysa und auch in den ländlichen Gebieten – mit Ausnahme der umstrittenen Teile – sind lebensbedrohliche Zwischenfälle eine Seltenheit (BFA 8.2017, S.94f).

Somaliland war in der Lage, die Bedrohung durch al Shabaab einzudämmen (UNHRC 6.9.2017, Abs.73). Die Terrorgruppe kontrolliert einerseits keine Gebiete in Somaliland (AA 4.3.2019, S.5/7/13), andererseits gibt es so gut wie keine Angriffe durch al Shabaab bzw. wurden Versuche erkannt und Anschläge verhindert (NLMBZ 3.2019, S.15). Es gibt keine signifikanten Aktivitäten der al Shabaab in Somaliland (LIFOS 3.7.2019, S.37f), und seit 2008 hat es keine terroristischen Aktivitäten mehr gegeben (BFA 8.2017, S.105). Al Shabaab kann in Somaliland auch keine Steuern einheben (LIFOS 3.7.2019, S.37f). Die relativ homogene Bevölkerung resultiert in einer starken sozialen Kontrolle, eine Art Nachbarschaftswache findet Anwendung (NLMBZ 3.2019, S.15). Aufgrund der Mitwirkung der Bevölkerung wurden zahlreiche Mitglieder der al Shabaab verhaftet. Immer wieder hört man auch von Verhaftungen an Straßensperren (BFA 8.2017, S.110).

Trotzdem bleibt die Gruppe für Somaliland eine Bedrohung. Es ist davon auszugehen, dass sie in Hargeysa über eine Präsenz verfügt, deren Kapazitäten aber gering sind. Eine (temporäre) Präsenz und sporadische Aktivitäten von al Shabaab werden aus den umstrittenen Gebieten in Ost-Somaliland und aus Burco gemeldet (BFA 8.2017, S.105f). Deserteure der al Shabaab scheinen in Somaliland kaum gefährdet zu sein. Es gibt keine Berichte, wonach in Hargeysa schon einmal ein Deserteur der al Shabaab exekutiert worden wäre (BFA 8.2017, S.107f).

Clankonflikte bestehen wie überall in Somalia auch in Somaliland, und es kann zu Auseinandersetzungen und Racheakten kommen, die zivile Opfern fordern. Clankonflikte stellen aber kein Sicherheitsproblem dar, das die politische Stabilität der Region gefährdet. Somaliland hat Regierungsstrukturen aufgebaut, die das Machtstreben der verschiedenen Clans ausbalancieren. Das ganze politische System beruht auf Kompromissen zwischen den Clans (ÖB 9.2016, S.20f). Außerdem konnten mit internationaler Hilfe Bezirksverwaltungen und Bezirksräte etabliert werden (BFA 8.2017, S.94f). Den Behörden ist es gelungen, einen relativ wirksamen Schutz gegen Banden und Milizen zu gewährleisten (AA 4.3.2019, S.16). Hinsichtlich Hargeysa gibt es keine Sicherheitsprobleme. Die Kriminalitätsrate ist relativ niedrig. Wenn es zu einem Mord kommt, dann handelt es sich üblicherweise um einen gezielten Rachemord auf der Basis eines Clan-Konflikts. Hargeysa und Burco sind relativ ruhig (BFA 8.2017, S.95). Clan-Konflikte werden v.a. im umstrittenen Grenzgebiet zu Puntland gewaltsam ausgetragen. Die Dürre und damit verbundene Ressourcenkonflikte haben die Gefahr dort noch größer werden lassen (LIFOS 3.7.2019, S.38).

In der Region Sanaag hat sich ein seit langem laufender Konflikt zwischen den Isaaq-Clans der Habr Jeclo und Habr Yunis weiter intensiviert. Dies hat soweit geführt, dass Präsident Bihi im Mai 2019 über drei Bezirke in Sanaag den Ausnahmezustand verhängen wollte, um die Möglichkeiten der Armee auszuweiten. Dieser Plan traf im Parlament auf Widerstand (ICG 12.7.2019, S.10). Ende Juni wurde der Ausnahmezustand auch wieder aufgehoben. Im Juli 2019 brachen die Clankämpfe erneut aus, dabei wurden 18 Zivilisten getötet (UNSC 15.8.2019, Abs.10). Eigentlich steht der Osten der Region Sanaag nicht unter Kontrolle der somaliländischen Regierung. Teile dieser Gebiete werden von den dort lebenden Warsangeli de facto selbst verwaltet (BFA 8.2017, S.25/102). Teile der Warsangeli haben sich im Mai 2019 gänzlich auf die Seite Puntlands geschlagen (UNSC 15.8.2019, Abs.9).

Die Grenze zu Puntland ist umstritten (AA 4.3.2019, S.5). Sowohl Somaliland als auch Puntland beanspruchen Sool, Sanaag und Cayn (BS 2018, S.6). Normalerweise kommt es dort nur zu kleineren Scharmützeln mit ansässigen Milizen (AA 5.3.2019b). In den gewaltsamen Konflikt involviert sind Somaliland, Puntland, Kräfte des selbsternannten Khatumo-Staates und lokale Clanmilizen (BS 2018, S.34). Die Grenzfrage ist das größte Sicherheitsproblem Somalilands (LIFOS 3.7.2019, S.37). Im Jahr 2018 gab es jedoch teils heftigere militärische Auseinandersetzungen zwischen somaliländischen und puntländischen Truppen, v.a. im Bereich der Ortschaft Tuko Raq (auch: Tukaraq) (AA 4.3.2019, S.5; vgl. AA 5.3.2019b; USDOS 13.3.2019, S.16; BS 2018, S.34). Bei Kampfhandlungen im Jänner 2018 gab es auf beiden Seiten dutzende Verluste, und ca. 2.500 (SEMG 9.11.2018, S.5/35) – nach anderen Angaben 12.500 – Zivilisten wurden dabei vertrieben (HRW 17.1.2019). Im Mai und Juni 2018 kam es zu weiteren Gefechten. Im Juli 2018 folgten die ersten internationalen Vermittlungsversuche (SEMG 9.11.2018, S.36). UN, IGAD [regionale Staatenorganisation] und andere haben diplomatisch vermittelt (SRSG 13.9.2018, S.1; vgl. SRSG 3.1.2019, S.4). Danach wurde der Konflikt eingedämmt und zwischen beiden Seiten eine ca. zwei Kilometer breite Pufferzone eingerichtet. Seither stehen sich somaliländische und puntländische Kräfte im Abstand von zwei Kilometern in konsolidierten militärischen Positionen gegenüber (SEMG 9.11.2018, S.5/35; vgl. LIFOS 3.7.2019, S.39). Der de-facto-Waffenstillstand hält (SRSG 3.1.2019, S.4) weitgehend, auch wenn die Situation in und um Tuko Raq weiterhin angespannt ist und es sporadisch zu Gefechten zwischen beiden Seiten kommt (UNSC 21.12.2018, S.3; vgl. ICG 12.7.2019, S.3) – etwa im November 2018 (ICG 12.7.2019, S.3). Im April (UNSC 15.5.2019, Abs.18) und im Juni 2019 kam es zu einer Kampfhandlung zwischen der somaliländischen Armee und einer lokalen Miliz, die möglicherweise von Puntland unterstützt wird. Im Bereich Tuko Raq ist die Lage nach wie vor volatil (SLS 12.6.2019; vgl. UNSC 15.5.2019, Abs.18; LIFOS 3.7.2019, S.39).

Vorfallzahlen: In den somaliländischen Regionen Awdal, Sanaag, Sool, Togdheer und Woqooyi Galbeed lebten einer Schätzung im Jahr 2014 zufolge ca. 3,5 Millionen Einwohner (UNFPA 10.2014, S.31ff). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2017 insgesamt 24 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten getötet wurden (Kategorie „Violence against Civilians“). Bei 17 dieser 24 Vorfälle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin getötet. Im Jahr 2018 waren es 22 derartige Vorfälle (davon 21 mit je einem Toten).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (17.9.2019): Somalia – Reise- und Sicherheitshinweise – Reisewarnung, URL, Zugriff 17.9.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.3.2019b): Somalia – Innenpolitik, URL, Zugriff 10.4.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (4.3.2019): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2019): Africa (Data through 19 January 2019), URL, Zugriff 23.1.2019

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2017): Africa Data, Version 8 (1997-2017), URL, Zugriff 10.1.2018

-        ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project/University of Sussex (2016): Africa Data, Version 7 (1991-2016), URL, Zugriff 21.12.2017

-        BFA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Staatendokumentation (8.2017): Fact Finding Mission Report Somalia. Sicherheitslage in Somalia. Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, URL, Zugriff 31.5.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Somalia Country Report, URL, Zugriff 19.3.2019

-        DW - Deutsche Welle (30.11.2018): Somaliland: Return of the migrants, URL, Zugriff 19.7.2019

-        FH - Freedom House (5.6.2019a): Freedom in the World 2019 - Somaliland, URL, Zugriff 22.7.2019

-        HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Somalia, URL, Zugriff 10.4.2019

-        ICG - International Crisis Group (12.7.2019): Somalia-Somaliland: The Perils of Delaying New Talks - Africa Report N°280, URL, Zugriff 8.7.2019

-        LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (3.7.2019): Säkerhetssituationen i Somalia, URL, Zugriff 29.8.2019

-        LIFOS - Lifos/Migrationsverket (Schweden) (9.4.2019): Somalia – Folkbokförning, medborgarskap och identitetshandlngar, URL, Zugriff 8.5.2019

-        NLMBZ - Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande) (3.2019): Country of Origin Information Report on South and Central Somalia (nicht veröffentlichte englische Version), niederländische Version auf URL, 18.6.2019

-        ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (9.2016): Asylländerbericht Somalia

-        SEMG - Somalia and Eritrea Monitoring Group / UN Security Council (9.11.2018): Report of the Monitoring Group on Somalia and Eritrea submitted in accordance with resolution 2385 (2017), URL, Zugriff 8.1.2019

-        SLS - Somaliland Standard (12.6.2019): Somaliland Army Clashes with Rebel Fighters, URL, Zugriff 23.7.2019

-        SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Nicholas Haysom (3.1.2019): Statement to the Security Council on Somalia, URL, Zugriff 6.5.2019

-        SRSG - Special Representative of the Secretary-General for Somalia, Mr. Michael Keating (13.9.2018): Briefing to the Security Council on Somalia, URL, Zugriff 6.5.2019

-        UNFPA - UN Population Fund (10.2014): Population Estimation Survey 2014 – Somalia, URL, Zugriff 23.7.2019

-        UNHRC - UN Human Rights Council (6.9.2017): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, URL, Zugriff 12.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (15.8.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 22.8.2019

-        UNSC - UN Security Council (15.5.2019): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 15.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (21.12.2018): Report of the Secretary-General on Somalia, URL, Zugriff 7.5.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Somalia, URL, Zugriff 18.3.2019

Süd-/Zentralsomalia

Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 15.8.2019, Abs.13; vgl. AA 17.9.2019). Al Shabaab bleibt auch weiterhin die größte Quelle von Unsicherheit in Somalia (SRSG 3.1.2019, S.3; vgl. SEMG 9.11.2018, S.4; UNSC 21.12.2018, S.3).

Al Shabaab führt nach wie vor eine effektive Rebellion (LWJ 8.1.2019). Al Shabaab hat sich ihre operative Stärke und ihre Fähigkeiten bewahrt (UNSC 21.12.2018, S.3; vgl. NLMBZ 3.2019, S.20), führt weiterhin Angriffe auf Regierungseinrichtungen, Behördenmitarbeiter, Sicherheitskräfte, internationale Partner und öffentliche Plätze – z.B. Restaurants und Hotels – durch (UNSC 15.8.2019, Abs.13; vgl. AA 17.9.2019).

Dabei hat sich die Gruppe in erster Linie auf die Durchführung von Sprengstoffanschlägen und gezielten Attentaten verlegt (SRSG 3.1.2019, S.3) und kann sowohl gegen harte (militärische) als auch weiche Ziele vorgehen (NLMBZ 3.2019, S.10). Al Shabaab bleibt zudem weiterhin in der Lage, komplexe asymmetrische Angriffe durchzuführen (SEMG 9.11.2018, S.4). Neben Angriffen auf militärische Einrichtungen und strategischen Selbstmordanschlägen auf Regierungsgebäude und städtische Gebiete wendet al Shabaab auch Mörser- und Handgranatenangriffe an, legt Hinterhalte und führt gezielte Attentate durch (NLMBZ 3.2019, S.10). Al Shabaab verfügt auch weiterhin über Kapazitäten, um konventionelle Angriffe und größere Attentate (u.a. Selbstmordanschläge, Mörserangriffe) durchzuführen (LWJ 15.10.2018). Al Shabaab ist auch in der Lage, fallweise konventionelle Angriffe gegen somalische Kräfte und AMISOM durchzuführen, z.B. am 1.4.2018 gegen sogenannte Forward Operational Bases der AMISOM in Buulo Mareer, Golweyn und Qoryooley (Lower Shabelle) (SEMG 9.11.2018, S.22). Nach anderen Angaben kann al Shabaab keine konventionellen Angriffe mehr durchführen. Die Gruppe hat sich v.a. auf Sprengstoffanschläge und gezielte Attentate verlegt (SRSG 3.1.2019, S.3).

Im März und April 2019 kam es zu einem signifikanten Anstieg an Angriffen in Mogadischu. Es kommt weiterhin zu Anschlägen mit improvisierten Sprengsätzen, Mörserangriffen und gezielten Attentaten. Alleine im März 2019 wurden 77 Anschläge mit Sprengsätzen verzeichnet – die höchste Zahl seit 2016. Der Großteil dieser Anschläge betraf Mogadischu, Lower Shabelle, Lower Juba und Gedo (UNSC 15.5.2019, Abs.12f). Ähnliches gilt für den Monat Ramadan (5.5.-3.6.); danach ging die Zahl an Vorfällen zurück (UNSC 15.8.2019, Abs.14). Von Gewalt durch al Shabaab am meisten betroffen sind Mogadischu, Lower und Middle Shabelle; Jubaland, Bay und Hiiraan sind zu einem geringeren Ausmaß betroffen (UNSC 21.12.2018, S.4). Al Shabaab hat auch die Angriffe mit Mörsern verstärkt. Dabei ist eine zunehmende Treffsicherheit zu verzeichnen. Außerdem führt die Gruppe weiterhin (sporadisch) komplexe Angriffe durch (UNSC 15.5.2019, Abs.14f).

Kampfhandlungen: In Teilen Süd-/Zentralsomalias (südlich von Puntland) kommt es zu örtlich begrenzten Kampfhandlungen zwischen somalischen Sicherheitskräften/Milizen bzw. AMISOM (African Union Mission in Somalia) und al Shabaab (AA 4.3.2019, S.16; vgl. AA 17.9.2019). Die Gruppe führt täglich kleinere Angriffe auf AMISOM, Armee und Regierung durch, alle paar Wochen kommt es zu ei

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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