Entscheidungsdatum
17.06.2020Norm
ASVG §311Spruch
W156 2205245-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt Wien vom 17.07.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt
A) Der Beschwerde wird stattgeben und der angefochtene Bescheid behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb die Pensionsversicherungsanstalt der Beschwerdeführerin gemäß § 311 Absatz 1 ASVG vor, für Mag. Dr. XXXX , der aus dem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis ausgeschieden war, einen näher bezifferten Überweisungsbetrag zu leisten. Durch die Zahlung des Überweisungsbetrages gelten die näher bezeichneten Zeiten als Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung. Ein näher bezifferter Betrag sei bereits überwiesen worden, die Beschwerdeführerin wurde ersucht, den noch offenen Differenzbetrag zu überweisen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde. Zusammengefasst brachte sie unter Verweis auf Judikatur des VfGH im Wesentlichen vor, dass der Bescheid an den falschen Adressaten ergangen sei, weiter sei die Berechnung der belangten Behörde nicht nachvollziehbar und es seien auch Versicherungszeiten angeführt worden, in denen sich die genannte Person in einem Angestelltenverhältnis befunden habe, weshalb diese Zeiten für den Überweisungsbetrag gemäß § 311 ASVG keine Relevanz hätten. Bezüglich der Verzugszinsen führte die Beschwerdeführerin unter Verweis auf Judikatur des VwGH und Kommentierungen aus, dass diese als Annex zum Anspruch in der Hauptsache dessen rechtliches Schicksal teilten, Beitragsschuldner sei der Bund.
3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt und Äußerung dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
4. Über Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts übermittelte die Beschwerdeführerin Belege dafür, dass Mag. Dr. XXXX am Tag vor dem vollen Wirksamwerden des Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, an der Universität im Planstellenbereich Universitäten ernannt und einer Einrichtung einer Medizinischen Fakultät zugeordnet war, sohin nicht als Vertragsbediensteter, sondern als Beamter beschäftigt und daher dem Amt der Medizinischen Universität XXXX als Dienstbehörde zugeordnet war.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Mag. Dr. XXXX war am 31.12.2003 an der Universität XXXX im Planstellenbereich Universitäten ernannt und einer Einrichtung der Medizinischen Fakultät der Universität XXXX als Beamter zugeordnet und beschäftigt.
1.2. Mag. Dr. XXXX war am Stichtag 31.12.2003 dem Amt der Medizinischen Universität XXXX als Dienststelle zugeordnet.
1.3. Bescheidadressatin des angefochtenen Bescheides war die Beschwerdeführerin.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich eindeutig aus der unbedenklichen Aktenlage. Hinsichtlich der Beschäftigung als Beamter legte die Beschwerdeführerin das Ernennungsdekret des Mag. Dr. XXXX der Universität XXXX vom 20.10.1998 vor, aus denen sich diese Qualifikation unzweifelhaft ergibt. In Zusammenschau mit den weiteren dem Akt erliegenden Unterlagen (Schreiben des Amtes der Medizinischen Universität XXXX vom 20.07.2017, aus dem sich die effektiven Bundesdienstzeiten vom 01.02.1998 bis 30.09.2009 ergeben, Bescheid des Amtes der Medizinischen Universität vom 02.06.2005 betreffend Gewährung von Karenzurlaub gemäß § 75 Beamten-Dienstrecht) ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nachgewiesen, dass Mag. Dr. XXXX am 31.12.2003 als Beamter an der Medizinischen Universität XXXX tätig war.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.1. Maßgebliche rechtliche Bestimmungen
§ 311 ASVG regelt die Leistung von Überweisungsbeträgen bei Ausscheiden aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis durch den Dienstgeber an den Pensionsversicherungsträger, der aus dem Dienstverhältnis zuletzt zuständig gewesen wäre.
§ 125 Universitätsgesetz 2002 (BGBl. I Nr. 120/2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 52/2018) regelt die Überleitung des Personals betreffend Beamtinnen und Beamte des Bundes:
§ 125. (1) Für den Bereich jeder Universität wird ein „Amt der Universität ...“ eingerichtet, das in seiner Bezeichnung den Namen der betreffenden Universität zu führen hat. Das „Amt der Universität ...“ ist der Bundesministerin oder dem Bundesminister unmittelbar nachgeordnet und wird von der Rektorin oder dem Rektor dieser Universität geleitet. Diese oder dieser ist in dieser Funktion an die Weisungen der Bundesministerin oder des Bundesministers gebunden. Das „Amt der Universität ...“ ist die zuständige Dienstbehörde. In Dienstrechtsverfahren hat die Rektorin oder der Rektor als Leiterin oder Leiter des „Amts der Universität ...“ das Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984, BGBl. Nr. 29/1984, anzuwenden. Über Beschwerden gegen Bescheide des „Amts der Universität …“ entscheidet das Bundesverwaltungsgericht.
(2) bis (3) […]
(4) Beamtinnen oder Beamte, die am Tag vor dem vollen Wirksamwerden dieses Bundesgesetzes an der Universität im Planstellenbereich Universitäten ernannt und einer Einrichtung einer Medizinischen Fakultät zugeordnet sind, gehören ab dem auf diesen Zeitpunkt folgenden Tag (Stichtag) für die Dauer ihres Dienststandes dem Amt jener Medizinischen Universität an, welche die Nachfolgeeinrichtung der betreffenden Medizinischen Fakultät ist, und sind dieser Medizinischen Universität zur dauernden Dienstleistung zugewiesen, solange sie nicht zu einer anderen Bundesdienststelle versetzt werden.
(5) […]
(6) Die in den Abs. 2 bis 5 genannten und in einem definitiven Bundesdienstverhältnis stehenden Beamtinnen und Beamten sind den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Universität in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis organisationsrechtlich gleichgestellt.
(7) bis (11) […]
(12) Für dem „Amt der Universität ...“ zugewiesene Beamtinnen und Beamten hat die Universität dem Bund den gesamten Aktivitätsaufwand samt Nebenkosten zu ersetzen und einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwands zu leisten. Dieser Beitrag beträgt 31,8 vH des Aufwandes an Aktivbezügen. Als Aktivbezüge gelten alle Geldleistungen, von denen ein Pensionsbeitrag zu entrichten ist. Die von den Beamtinnen und Beamten einzubehaltenden Pensionsbeiträge sind anzurechnen. Im Falle einer künftigen Änderung der Höhe des Pensionsbeitrages der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten gemäß § 22 Gehaltsgesetz 1956 ändert sich der Prozentsatz des Deckungsbeitrages im gleichen Ausmaß. Ab 1. Jänner 2004 geleistete besondere Pensionsbeiträge und Überweisungsbeträge sind umgehend und in voller Höhe an den Bund zu überweisen. Die sonstigen Zahlungen an den Bund sind jeweils am 10. des betreffenden Monats fällig. Sozialversicherungsrechtliche Überweisungsbeträge anlässlich des Ausscheidens aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis sind von der Universität zu leisten. Die dafür erforderlichen Mittel sind der Universität durch den Bund im Globalbudget zur Verfügung zu stellen.
(13) bis (15) […]
3.2. Judikatur des Verfassungsgerichtshofs
Mit Erkenntnis vom 14.06.2017, G 279/2016, hat der Verfassungsgerichtshof für den Beschwerdefall relevant in Rz. 3.3. ausgesprochen, dass die antragstellende Partei kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung des dafür zuständigen Bundesgesetzgebers nicht Dienstgeberin der an der Universität vor der mit dem UG 2002 vorgenommenen Ausgliederung der Universitäten beschäftigten Beamten des Bundes ist, sondern dass diese vielmehr gemäß § 125 Abs2 UG 2002 ausdrücklich dem Amt der Universität (also einer Dienststelle des Bundes) angehören. Dabei hat der Bund die zugewiesenen Beamten weiterhin zu besolden, wobei die Universitäten dem Bund diese Aufwendungen zu ersetzen haben (darunter auch einen Anteil für den künftigen Pensionsaufwand).
Des weiteren hat der Verfassungsgerichtshof in obzitierten Erkenntis in Rz 3.4. klargestellt, da der Bund somit auch die Pensionslasten der Beamten in rechtlicher Hinsicht weiterhin zu tragen habe, der Bund Adressat der Bestimmungen des §311 ASVG, insbesondere von dessen angefochtenem Abs1 (VfSlg 18.155/2007) sei. Der Umstand allein, dass die antragstellende Partei dem Bund für die Nutzung der Arbeitskraft der Beamten ein Entgelt in der Höhe des Aktivitätsaufwandes zuzüglich eines "Deckungsbeitrages" für den Pensionsaufwand zu leisten habe (sei es aus den vorher vom Bund auf Grund seiner Finanzierungsverantwortung für die Universitäten zur Verfügung gestellten Budgetmitteln, sei es aus Drittmitteln), mache sie nicht zur Trägerin des Pensionsaufwandes selbst.
3.3. Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies:
Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin Dienstgeberin und daher zur Leistung des Überweisungsbetrags verpflichtet war.
§ 125 UG regelt die Rechtsstellung der am 31. Dezember 2003, dem Tag vor dem vollen Wirksamwerden des Universitätsgesetz 2002, im Planstellenbereich Universitäten oder Universitäten der Künste ernannten aktiven Bundesbeamten. Mit dem Wirksamwerden der Vollrechtsfähigkeit hat die Universität ab 01.01.2004 ihre Eigenschaft als Dienststelle des Bundes verloren (Kucsko-Stadlmayer in Perthold-Stoitzner, UG 3.01 § 125 (Stand 1.12.2018, rdb.at) Rz 1). Eingerichtet wurde daher ein „Amt der Universität . . .“ als neue, dem Bundesminister unmittelbar nachgeordnete Bundesdienststelle, dem die der betreffenden Universität zugewiesenen Beamten nach dem Modell einer „Organleihe“ angehören (siehe Kucsko-Stadlmayer in Perthold-Stoitzner, UG 3.01 § 125 (Stand 1.12.2018, rdb.at) Rz 9 unter Verweis auf VfGH 14.06.2017, G 279/2016).
Da Mag. Dr. XXXX am 31.12.2003 an der Medizinischen Universität XXXX im Planstellenbereich Universitäten ernannt und der Einrichtung der Medizinischen Fakultät XXXX zugeordnet und als Beamter beschäftigt war, war dieser nach dem 31.12.2003 der Dienstbehörde „Amt der Medizinischen Universität“ zugeordnet.
Somit ist im Beschwerdefall Adressat der Bestimmungen des § 311 Absatz 1 ASVG der Bund und nicht die Beschwerdeführerin.
Daher war der an die Beschwerdeführerin gerichtete Bescheid antragsgemäß zu beheben.
3.4 Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Die Beschwerdeführerin hat keine Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG auch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).
In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Arbeitgeber Beamter Bescheidadressat Bund Überweisungsbetrag UniversitätEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2205245.1.00Im RIS seit
07.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.10.2020